Sulfatbelastung in der Spree - Warum der Europäische Gerichtshof über Frankfurter Trinkwasser verhandelt
In Frankfurt (Oder) sorgt man sich um das Trinkwasser - durch die Flutung des Cottbuser Ostsees könnte die Sulfatbelastung künftig weiter steigen. Am Donnerstag befasste sich der Europäische Gerichtshof mit dem Thema. Von Michael Lietz
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich am Donnerstag in Luxemburg in einer mündlichen Verhandlung mit der Trinkwasserproduktion für 65.000 Menschen in Frankfurt (Oder) und Umgebung beschäftigt. Zu einer abschließenden Entscheidung kamen die Richter aber nicht. Um sich eingehender mit der Materie auseinanderzusetzen, wurde ein weiterer Verhandlungstermin im März 2023 angesetzt. Das teilte eine Sprecherin der Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft (FWA) dem rbb mit.
Das Trinkwasser für Frankfurt (Oder) wird im Wasserwerk Briesen (Landkreis Oder-Spree) erzeugt. Aus der Spree wird Oberflächenwasser entnommen, gereinigt und mit Grundwasser gemischt. Beim Reinigen des Spreewassers kann eine chemische Verbindung nicht herausgefiltert werden – Sulfat. Sulfate sind Salze der Schwefelsäure. Sie können in hohen Konzentrationen zu Durchfall führen, vor allem Ältere und Kleinkinder können betroffen sein. Deshalb gibt es einen Grenzwert von 250 Milligramm pro Liter Trinkwasser. Steigt also der Sulfatgehalt in der Spree weiter an, muss mehr kostbares Grundwasser beigegeben werden, um den Sulfat-Grenzwert nicht zu überschreiten.
Durch weitere Flutung noch mehr Sulfate in der Spree?
Das Problem ist in der FWA seit vielen Jahren bekannt. Um den Grundwasserpegel im Raum Briesen nicht weiter zu strapazieren, soll deshalb ein kaum noch genutztes Wasserwerk im nahen Müllrose ertüchtigt werden. Die Kosten dafür soll u.a. das Bergbauunternehmen LEAG tragen. Das nämlich lässt seit 2019 den Cottbuser Ostsee fluten. In der Sohle des Bergbaurestloches sind Sulfate gebunden, die sich bei der Flutung lösen können. Ist der Ostsee komplett geflutet, würden diese zusätzlichen Sulfate in die Spree gelangen. Vor Beginn der Flutung hat die FWA im Planfeststellungsverfahren auf diese Gefahr aufmerksam gemacht.
Cottbuser Richter sahen europäisches Recht betroffen und riefen den EuGH an
Die FWA argumentierte damals, dass auf die Gefahr der steigenden Sulfatbelastung im Planfeststellungsverfahren nicht eingegangen worden sei und klagte gemeinsam mit der Stadt Frankfurt gegen den Planfeststellungsbeschluss am Verwaltungsgericht Cottbus. Die Cottbuser Richter sahen Europäisches Recht betroffen, setzten den Fall folglich aus und legten alles dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Dieser möge in einer Vorabentscheidung klären, inwieweit die europäische Wasserrahmenrichtlinie eingehalten wird "insbesondere zum Verschlechterungsverbot und der Möglichkeit, einen Verstoß gegen dieses Verbot gerichtlich geltend zu machen", teilte der EuGH mit.
Später wird das Cottbuser Verwaltungsgericht entscheiden
Der EuGH konnte sich am Donnerstag kein abschließendes Bild machen und gab sich ein paar mehr Monate Zeit, um sich abschließend mit der Materie zu beschäftigen. Für März kommenden Jahres soll ein weiterer Verhandlungstermin in Luxemburg anberaumt werden. Erst dann wird eine Antwort der EuGH-Richter an das Cottbuser Verawaltungsgericht erwartet.
Wer für künftig steigende Sulfatwerte in der Spree und daraus resultierende Folgekosten verantwortlich ist und ob der Planfeststellungsbeschluss für den Cottbuser Ostsee korrekt gefasst wurde, das zu klären bleibt Aufgabe des Verwaltungsgerichts Cottbus.
Sendung: rbb24 Inforadio, 24.11.2022, 10 Uhr