Berlin-Mitte - Umbenennung der Mohrenstraße wird vor Gericht verhandelt

Mi 05.07.23 | 13:58 Uhr
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Symbolbild:An der Mohrenstraße steht am Zietenplatz ein Denkmal für Hans-Joachim von Zieten.(Quelle:dpa/S.Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.07.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/S.Stache

Berlin-Mitte will die Mohrenstraße umbenennen, weil der Name Schwarze herabwürdige. Anwohner wollen das verhindern. Jetzt entscheidet ein Gericht. Allerdings setzt es an einem ganz anderen Punkt als der Rassismus-Debatte an.

  • Nach jahrelangem Streit nun Gerichtsverhandlung zur Umbenennung der Mohrenstraße
  • Argument der Anwohner: Kein öffentliches Interesse an Umbenennung in "Anton-Wilhelm-Amo-Straße"
  • Bezirk sei darüberhinaus Mitwirkungsrechten der Anwohner nicht ausreichend nachgekommen
  • Urteil könnte schon am Donnerstag fallen

Ist der Name Mohrenstraße erlaubt oder nicht? Ist er möglicherweise rassistisch? Darüber wird in Berlin und anderen Städten schon länger gestritten. Nun wird die geplante Umbenennung und der darum entstandene Protest von Anwohnern der Berliner Mohrenstraße am Donnerstag vor Gericht verhandelt.

Die politisch-gesellschaftliche Debatte um den Begriff "Mohr", mit dem vor Jahrhunderten schwarze Menschen bezeichnet wurden, steht allerdings nicht im Fokus des Gerichtsverfahrens. Vielmehr wird es um juristische Fragen des Verwaltungsrechts gehen.

Anwohner klagen gegen geplante Umbenennung

Anwohner der Mohrenstraße im Zentrum Berlins hatten gegen die vom Bezirk Mitte geplante Umbenennung wegen des von manchen als rassistisch empfundenen Begriffs "Mohr" vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Nach der mündlichen Verhandlung am Donnerstag könnte nach Angaben eines Gerichtssprechers noch am selben Tag ein Urteil gesprochen werden.

Sieben klagende Anwohner argumentieren, es gebe kein öffentliches Interesse an der Umbenennung in "Anton-Wilhelm-Amo-Straße" - nach dem ersten Gelehrten afrikanischer Herkunft an einer preußischen Universität im 18. Jahrhundert. Weiter betonen sie, der von Grünen und SPD geführte Bezirk habe bei der Entscheidung ihre privaten Interessen nicht ausreichend berücksichtigt.

Bezirk hatte Umbenennung vor Jahren geplant

Der bekannte Historiker und Journalist Götz Aly, der zu den Klägern gehört, schrieb 2021 in der "Berliner Zeitung", laut Gesetz wäre das Bezirksamt verpflichtet gewesen, die "Mitwirkung der Einwohnerinnen und Einwohner zu fördern" und diese rechtzeitig "über ihre Mitwirkungsrechte zu unterrichten". Das sei nicht geschehen. Der Bezirk sei stattdessen nur den Forderungen einer kleinen antikolonialistischen Gruppierung nachgekommen. "Dagegen sollte man sich zur Wehr setzen."

Mehr als 1.000 Menschen beschwerten sich beim Bezirk. Klagen durften aber nur direkt betroffene Bewohner der Straße. Grüne, SPD und Linke im Bezirk Mitte hatten die Umbenennung schon vor Jahren angekündigt, weil der Name rassistisch und kolonialistisch sei.

Begriffsherkunft von "Mohr" unklar

Die damalige Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), deren Ministerium an der Mohrenstraße liegt, hatte im Jahr 2020 den Plan als "sichtbares Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung" begrüßt.

Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG wollten damals auch ihre U-Bahnstation Mohrenstraße umbenennen. Sie sollte Glinkastraße heißen nach der benachbarten Straße, deren Namen auf den russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857) zurückgeht. Nach Vorwürfen, Glinka sei Antisemit gewesen, wurde der Plan erstmal zurückgezogen.

Dabei ist unklar, woher der Begriff "Mohr" stammt. Die einen argumentieren, er sei eine diskriminierende Bezeichnung für schwarze Menschen. Andere sagen, das Wort gehe auf "Maure" zurück, eine neutrale Benennung für muslimische Nordafrikaner.

Viele Mohren-Apotheken änderten ihr Logo und ihren Namen, der auf die frühere Heilkunst im Nahen Osten und Nordafrika zurückgeht. Die Süßigkeit "Mohrenköpfe" heißt jetzt "Schokoküsse".

Historiker plädiert für Fortbestand

Der klagende Historiker Aly betonte in einem Artikel, die Mohrenstraße gehöre seit 330 Jahren zum historischen Stadtkern Berlins. Damals seien bestimmte Gruppen durch Straßennamen nicht diskriminiert, sondern hervorgehoben worden.

Daher gebe es die Schützenstraße, die Jüdenstraße, den Gendarmenmarkt, den Kadettenweg und den Hugenottenplatz. Straßennamen seien "Schriftdenkmale, die es uns Heutigen ermöglichen, die Vergangenheit unserer Stadt zu lesen und besser zu verstehen". Zudem werde das Wort "Mohr" im Deutschen seit langer Zeit nicht mehr als Bezeichnung für Menschen dunkler Hautfarbe verwendet und existiere auch nicht als Schimpfwort.

Sendung: rbb24 Abendschau, 06.07.2023, 19:30 Uhr

71 Kommentare

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  1. 71.

    Nein, das Problem (ohne "") sind Leute wie sie, die meinen Rassimus noch etwas Positives abgewinnen oder Rassimus verklären zu können. Die ganz verwundert bis empört sind wenn sie nicht mehr Zi*geunerschnitzel oder N*gerkuss sagen dürfen.

    Die dann gerne von "vorauseilender Political Correctness" schwadronieren oder gar von Sprachpolizei und Wokeness schwafeln.

    Sie sind das Problem.

  2. 70.

    Hat der Wahnsinn immer noch kein Ende?

  3. 69.

    Ich bin mir absolut sicher, dass in einigen Jahrzehnten eine Rückbesinnung auf den uralten, historischen Namen erfolgen wird und die Straße - wie nach dem Ende der DDR - wieder rückbenannt wird, wenn die Zeit dafür gekommen ist und nicht mehr die lautesten Schreihälse bestimmen, was wie zu heißen hat. Die Mohrenstraße ist und bleibt die Mohrenstraße, seit über 300 Jahren! Politisch motivierte Umbenennungen waren nie besonders dauerhaft.

  4. 68.

    Aber Vorsicht bei Flora und Fauna!
    Stiefmütterchenweg, Fette-Henne-Straße = zweideutig
    Lindenstraße, Rote-Rosen-Weg = evtl. Werbung für Fernsehsendung
    Tränendes-Herz-Gasse = auch nicht für jeden etwas
    Vielleicht doch Zahlen, aber nicht 0815 oder 4711!

  5. 67.

    Warum werden immer dort Probleme gemacht, wo keine sind? Man hätte sich die letzten Jahrzehnte über den Straßennamen echauffieren können. Für mich total unsinnig, zudem sich auch niemand, wirklich niemand über den Namen schert. Wer so sensibel ist und sich dadurch angegriffen fühlt, soll sich selbst einmal hinterfragen, als etwaige Straßennamen zu verbannen.

  6. 66.

    "Wenn immer ganz fix alles Vergangene vernichtet werden soll, wie sollen dann wir und erst recht unsere Enkel noch wissen, woher wir kommen.?"

    Wenn es also nach ihnen ginge dann hätten wir noch eine Göringstraße, einen Reichskanzlerplatz oder gar einen Adolf-Hitler-Platz?

    Oder wie soll man das verstehen?

  7. 65.

    Das (Zitat:) "Problem" ist eine völlig außer Kontrolle geratene, vorauseilende Political Correctness, die nicht mal von den Betroffenen kommt sondern von "Weißen", die meinen, ganze Gruppen zu Opfern erklären zu müssen. Das hilft den wirklich von Rassismus Betroffenen zwar kein bisschen und die wollen auch keine pauschalen Opfer sein, es erleichtert aber das Gewissen der handelnden Personen. Und genau darum geht es.
    Mohr war im Übrigen niemals ein Ausdruck der Diskriminierung sondern im Gegenteil ein Ausdruck der Bewunderung für das Exotische. Der Ursprung soll aus dem Wort Maure stammen, bezeichnet also Menschen aus dem Orient, die im Mittelalter sehr positive Einflüsse nach Europa gebracht haben, unter anderem sehr leckeres, weil gut gewürztes Essen statt der sonst üblichen Kräuterkost.

  8. 64.

    "...Menschen werden nicht diskriminiert, wir leben nämlich im Jahr2023."
    Auch vorher wurde keiner diskriminiert. Man benennt ja Straßen, um jemanden zu ehren. Wer und wieviele von unseren entsprechenden Mitbürgern stört sich denn nun wirklich daran und kämpft gegen diesen Namen? Oder sind das doch eher Weiße, die sich diesen Standpunkt kulturell aneignen? Auweia...

  9. 63.

    "...nicht extrem negativ und diskriminierend wahrgenommen wird. "
    So gut wie keiner hat das so wahrgenommen, es war einfach ein Straßenname, wie Jägerstraße oder Schützenstraße.
    Es gibt aber immer wieder Minderheiten, die partout ihre Deutung durchsetzen wollen - und damit erst ein großes Problem schaffen, wo vorher gar keines war.
    Ich erinnere mich an das Wörtchen "man", das ich Zeit meines Lebens bis dahin nie mit "Mann" verbunden hatte - bis dann auch dort die "Experten" kamen, die mit einem Mal von "frau" faselten. Und schon konnte man das völlig neutrale Wort "man" nicht mehr unbefangen verwenden...

  10. 62.

    Sie können sich ernsthaft nicht erklären, was eine Strassenumbenennung für Folgen hat? Alleine vom Verwaltungsaufwand?

  11. 61.

    WAS genau ist denn nach Lesart der Gutmenschen am Namen ANTON-WILHELM-Amo nicht kolonialistisch? Nicht weiter als ein ideologisch beschränkte Sichtweise, was Millionen von Steuergeldern kostet und wofür? Damit [Text Zitat] dem "von manchen als rassistisch empfundenen Begriffs "Mohr" entsprochen wird. Dann sind ja alle beruhigt, unfassbar!!!!

  12. 60.

    Da lob ich mir die richtige deutsche unmissverständliche Sprache. Denn sie ist dann gut wenn man sich versteht. Mohrenstraße ist nicht neu zu vergeben aber auch nicht abzuschaffen. Und es könnte ja auch viel viel schlimmer kommen. Würden nachfolgende Generationen sicher kopfschüttelnd behaupten: Wenn eine „Veganer:innenstraße“ umbenannt werden müßte, wegen unausgewogener Ernährung? Zu weit hergeholt?

  13. 59.

    Es gibt Verkürzungen, es gibt diskriminierende Verkürzungen und es gibt Beleidigungen. Die Grenzen dazwischen sind sicher fließend, doch zweifellos gibt es Unterschiede. Diese sollten aufgehellt werden.

    Direkt beleidigende Begriffen brauchen hier nicht zitiert werden, Jede/r kennt sie.

    Eine diskrimierende Verkürzung, die glücklicherweise aus der Mode geraten ist, ist bspw. "englisch einkaufen", andere sind die Walachei im entlegenen Rumänien, bei uns abwertend die Provinz oder Hinterwäldler als Sinnbild der Unwissenden.

    Nicht unproblematische Verkürzungen sind Amerika für die USA, England für Großbritannien, Holland für die Niederlande. Das Wort "Mohr" würde ich irgendwo im großen Feld zwischen dem Zweit- und dem Drittgenannten ansiedeln.

    Was mit Ersterem zu tun hat, sollte beseitigt werden, auch auf Straßenschildern; das Zweite verlangt nach ergänzender, sichtbarer Aufklärung, das Dritte Mut inmitten lebendiger Kommunikation.

  14. 58.

    Also wenn wir schon alles Geschichtliche tilgen, dann bitte tutto completo. Nur noch Namen von neutralen Dingen, Fauna und Flora - dann gibt´s für die Überkorrektennix mehr zu meckern. Natürlich müssen dann aber Puma, Tiger, Marder, Leopard auch ausgeschlossen sein, weil die ja militärisch genutzt werden - also auch doof als Straßennamen.....

  15. 57.

    Dafür werden dann die Straßennamen so lang, dass die kaum noch auf ein normnales Straßenschild passen, weils dann aus 10 Vor- und Nachnamen besteht. Klasse - vor allem für die, die noch Briefe schreiben und Pakete versenden.

  16. 56.

    Moor (n.)
    "North African, Berber, one of the race dwelling in Barbary," late 14c., from Old French More, from Medieval Latin Morus, from Latin Maurus "inhabitant of Mauretania" (Roman northwest Africa, a region now corresponding to northern Algeria and Morocco), from Greek Mauros, perhaps a native name, or else cognate with mauros "black" (but this adjective only appears in late Greek and may as well be from the people's name as the reverse).

    Also applied to the Arabic conquerors of Spain. Being a dark people in relation to Europeans, their name in the Middle Ages was a synonym for "Negro;" later (16c.-17c.); being the nearest Muslims to Western Europe, it was used indiscriminately of Muslims (Persians, Arabs, etc.) but especially those in India. Cognate with Dutch Moor, German Mohr, Danish Maurer, Spanish Moro, Italian Moro. Related: Mooress.

  17. 55.

    "Die Süßigkeit "Mohrenköpfe" heißt jetzt "Schokoküsse"."
    Die Schaumdinger von Dickmann hießen noch nie Mohrenköpfe. Die hießen anders.

  18. 54.

    Wenn mir ein Straßenname so wichtig wäre, würde ich in solch einem Fall dort eben nicht hinziehen.

  19. 53.

    Mir scheint das Wort „Mohr“ keineswegs herabsetzend sondern eine neutrale Bezeichnung wie z.B. „Germane“.

  20. 52.

    Ich kenne sehr viele Leutchen , die sich angesprochen fühlten könnten , was sie aber nicht machen . Im Gegenteil , sie lachen uns aus ! Weil wir aus einer Mücke einen Elefanten machen . Wir haben echt andere Probleme als dieses !!!!!!!

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