Risse in den Stelen - Berliner Holocaust-Mahnmal wird weiter Baustelle bleiben

Fr 04.08.23 | 07:59 Uhr
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03.08.2023: Blick auf das Baumaterial am Denkmal für die ermordeten Juden Europas. (Quelle: dpa/Hannes P Albert)
Video: rbb24 | 04.08.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/Hannes P Albert

Kaum wurde das Holocaust-Mahnmal 2005 in Berlin-Mitte eröffnet, traten an den Stelen Risse auf. Seit 15 Jahren gilt das Denkmal als sanierungsbedürftig. Ein schnelles Ende der Bauarbeiten ist nicht in Sicht.

Das Holocaust-Mahnmal in Berlin wird für noch unbestimmte Zeit eine Baustelle bleiben. Das erst 2005 für fast 28 Millionen Euro vom Bund errichtete Denkmal für die ermordeten Juden Europas mit seinen mehr als 2.700 Stelen ist seit rund 15 Jahren sanierungsbedürftig. Weiterhin müssen beim Besuch des Geländes in unmittelbarer Umgebung des Brandenburger Tores Absperrungen und Baumaßnahmen in Kauf genommen werden.

"Die Einschränkungen, die die Besucherinnen und Besucher aufgrund der Arbeiten am Stelenfeld erleben, sind sehr bedauerlich", sagte ein Sprecher von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), wie die DPA am Freitag berichtete. "Dennoch ist die Sanierung des Stelenfeldes nicht nur aus Sicherheitsgründen geboten, sondern auch, um dieses wichtige erinnerungskulturelle Denkmal für kommende Generationen zu sichern und zu erhalten."

Rissbilder sind dank Stahlmanschetten mittlerweile stabil

Zahlreiche Betonstelen des Holocaust-Mahnmals weisen Risse auf. Seit 2008 wird zwischen den Beteiligten in einem Beweisverfahren über die Ursache gestritten. Mehr als 40 der bis zu 4,7 Meter hohen und bis zu 16 Tonnen schweren Stelen mussten provisorisch gesichert werden. Als vorläufig kostengünstigste und schnellste Maßnahme werden sie durch Stahlmanschetten verstärkt. Seitdem seien die Rissbilder stabil, hieß es bei der zuständigen Stiftung.

Nach jahrelangen gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren wurde nach Angaben der Stiftung 2021 mit Sachverständigen der Universität Aachen ein Ingenieurvertrag zur Erstellung eines Konzeptes zur Sanierung von Stelen und zum Schließen der Risse vereinbart. Dafür seien in den vergangenen zwei Jahren weitere Temperaturmessungen an den Stelen verteilt über die Jahreszeiten vorgenommen worden. Grund für die Risse könnten etwa Temperaturschwankungen im Inneren der hohlen Stelen sein.

Das neue Konzept soll bis September oder Oktober vorliegen, dann sollen die weitere Vorgehensweise und die Verteilung der Kosten zwischen den Beteiligten abgestimmt werden.

Auch bei der Beleuchtung hakt es seit rund 15 Jahren

"Die Sanierungsarbeiten, die unterschiedliche Bereiche des Stelenfeldes betreffen, sind anspruchsvolle bauliche Vorhaben", so der Sprecher von Roth. Wegen Haftungsfragen und für eine nachhaltige Lösung sei eine sorgsame Begutachtung der Schäden nötig.

Hinzu kommen weitere Arbeiten, für die Teile des gut 19.000 Quadratmeter großen Stelenfeldes gesperrt werden müssen. Derzeit wird die seit 2006/2007 nicht mehr funktionierende Beleuchtung in drei Bauabschnitten saniert. Mit dem dritten Abschnitt sollen die Arbeiten laut Stiftung voraussichtlich bis Ende August abgeschlossen sein.

Das Mahnmal gilt als internationaler Publikumsmagnet. Allein die Ausstellung im darunter gelegenen Ort der Information lockt jährlich fast eine halbe Million Menschen an.

Sendung: rbb24, 04.08.2023, 13:00 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Regierung und Verwaltung ist voll von JuristInnen und niemand in der Lage "wasserdichte" Verträge abzuschließen?
    Das ganze Mahnmal zeigt, wie verdreht das Gedenkan sein kann. Kommen zu den authentischen Orte in Sachsenhausen und Ravensbrück etc. auch entsprechend viele Menschen?

  2. 13.

    Das Mahnmal ist auch im Winter bei Eis und Schnee oft gesperrt. Es hätte beim Bau eine "Fußbodenheizung" (ähnlich Rasenheizung bei Fußballplätzen) eingebaut werden müssen! Dadurch hätten die Temperaturschwankungen etwas ausgeglichen werden können und das Mahnmal wäre Ganzjährig zu besichtigen. Vielleicht halten die Blöcke auch nicht auf Dauer die Zweckentfremdung als Turngeräte aus.

  3. 12.

    Man ist heutzutage nicht mehr in der Lage irgendetwas zu bauen. Es wird minderwertiges Zeug zum höchstmöglichen Preis verbaut. Alle klatschen vor Begeisterung, was sie tolles vollbracht haben. So sieht es in ganz Deutschland aus. L

  4. 11.

    Frau Roth, die begnadete Politikerin, versucht die Blamage noch hinaus zu zögern. Es ist ein Total-Sanierungsfall. Mit außerlichen Verstärkungen da mit Stahlbändern herum zu doktern könnte allerdings den Totalabriss so weit hinausschieben, dass die politisch Veantwortlichen dann nicht mehr im Amte sind.

  5. 10.

    Mal abgesehen von der Blamage mit dem Beton - 2005 eröffnet, und 2006/7 war dann schon die Beleuchtung kaputt?? Und war seitdem nicht wieder in Gang zu bringen?????? Schon erstaunlich.
    Also, jedenfalls verstehe ich den Artikel so...

  6. 9.

    Danke für deinen Kommentar.Dem ist nichts hinzuzufügen.Frau Roth müsste rot vor Scham werden und die ganze Regierung dazu.

  7. 8.

    "Als vorläufig kostengünstigste und schnellste Maßnahme werden sie durch Stahlmanschetten verstärkt. Seitdem seien die Rissbilder stabil, hieß es bei der zuständigen Stiftung." Da folgt ein Murks dem nächsten. Frost und Wasser werden ihren Weg finden. Es scheint so zu sein, dass man einfach massige Betonquader dort abstellte. Wie diese Quader mit welchen Beimischungen gegen Zerfall gesichert wurden, konnte ich nirgends lesen. "Seit 15 Jahren gilt das Denkmal als sanierungsbedürftig", mit anderen Worten, es war extrem minderwertiger Beton, denn der Zerfall begann bereits wenige Jahre nach Neuerstellung. Hätte man vielleicht bei den Brückenbauern nachfragen sollen. die rechnen mit Zerfall nach 25 Jahren.

  8. 7.

    Das Dilemma: Künstler sind keine Technologen oder Statiker. In anderen (Kunst)Bereichen ist es auch mit der Haltbarkeit so eine Sache. Und dann gibt es Dinge, da wundert man sich, wie lange die Jahrhunderte lang überdauern können...
    Da fällt mir ein Superdatenträger ein: Das Papier. Oder Naturstein.

  9. 6.

    Berlin und Beton…….

  10. 5.

    Vollkommen richtig, auch meines Erachtens: Es wird mehr Energie - verstanden im doppeldeutigen Sinne - durch versicherungsrechtlichen Streit bis zum Ultimo gebunden als durch Willen freigesetzt, den vorherigen Zustand möglichst bald wieder herzustellen.

  11. 4.

    Es geht garantiert um Verantwortung, Kosten und wie am preiswertesten zu sanieren. Wie so oft bei Pfusch am Bau wird erstmal gestritten, wer Schuld ist und wer den Schaden bezahlen soll. Dazu werden Gutachter und Juristen eingeschaltet und am Ende wird alles teurer als die von Ihnen zurecht angedachte Lösung. Ein Trauerspiel, das sich leider nicht nur bei diesem Denkmal zeigt.

  12. 3.

    Stefan:
    "das muss doch in 6 Wochen erledigt sein." - sicher nicht, ich habe da eher den BB-Flughafen vor Augen.
    Übrigens, obwohl Jahrzehnte in Berlin ansässig war ich noch nie dort, lediglich vorbei gefahren.

  13. 2.

    Peinlich. Peinlich. Peinlich.
    Und desaströs in der Außenwirkung: Deutschland hat beim Denkmal für die ermordeten Juden Europas gepfuscht, auf dass es zerbröselt! Und niemand der Verantwortlichen und Offiziellen schämt sich.

  14. 1.

    Vielleicht ist das sehr naiv gedacht, aber irgendwie denke ich: Wie kompliziert kann das sein: Alte Steele raus, neue Steele gießen, neue Steele rein, fertig. 40 Stück ist auch eine übersichtliche Menge, das muss doch in 6 Wochen erledigt sein.

    Wâre es woanders wohl auch ...

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