Interview | Planetarium Potsdam - "Wir dürfen uns auf mehr Polarlicht-Nächte über Brandenburg freuen"

Mo 25.09.23 | 15:41 Uhr
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Polarlichter über Brandenburg am 19.09.2023 (Quelle: TeleNewsNetwork)
TeleNewsNetwork
Video: rbb|24 | 24.04.2023 | Material: TNN | Bild: TeleNewsNetwork

Um Polarlichter zu sehen, muss man nicht mehr nach Norden reisen. Es gibt sie nun auch in Brandenburg. Das liegt daran, dass die Sonne besonders aktiv ist. Und das wird sie auch erst einmal bleiben, sagt Simon Plate vom Urania-Planetarium in Potsdam.

rbb|24: Herr Plate, viele Menschen buchen eigens eine Norwegen-Reise, um einmal im Leben Polarlichter zu sehen. Das ist aber offenbar gar nicht mehr nötig – denn wir haben sie ja zum wiederholten Male hier bei uns in der Region. Wie kommt das?

Simon Plate: Das hat mit der derzeit erhöhten Aktivität unserer Sonne zu tun. Polarlichter sind zunächst einmal ein atmosphärisches Phänomen. Sie sind ein Leuchten innerhalb unserer Erdatmosphäre. Und dieses Leuchten hat viel mit unserem Heimatstern, der Sonne, zu tun. Sie befindet sich in 150 Millionen Kilometer Entfernung und schickt permanent einen Strom geladener Teilchen in ihre Umgebung. Der verteilt sich in ihrer Umgebung. Das ist der Sonnenwind.

Zur Person

Simon Plate, Leiter des Potsdamer Urania-Planetariums (Quelle: dpa/Soeren Stache)
dpa/Soeren Stache

Planetarium Potsdam - Simon Plate

Simon Plate (36) hat an der Universität Potsdam Geoökologie studiert und danach am Deutschen Geoforschungs-Zentrum (GFZ) gearbeitet. Er leitet seit 2016 das Potsdamer Urania-Planetarium.

Der weht mal gemächlicher und mal intensiver. Wenn er besonders intensiv weht, ist das im Grunde wie bei einem Ausbruch oder einer Eruption solcher geladener Teilchen auf der Sonne. Er ist von der Richtung her auch noch Richtung Erde ausgerichtet. Dann machen sich die Teilchen auf den Weg zu uns. Sie erreichen uns im Schnitt nach zwei bis drei Tagen und bewegen sich dann entlang des Magnetfelds der Erde. Und dann eben besonders am Nord- und Südpol, wo das Magnetfeld auch mit der Atmosphäre zusammentrifft. Dort bewegen sich die Teilchen in die Atmosphäre der Erde hinein.

Dort wechselwirken sie mit den Atmosphären-Molekülen und regen sie letzten Endes zum Leuchten an. Das sind dann die Polarlichter, die wir sehen.

Und zurzeit ist die Sonne eben ganz besonders aktiv. Deshalb gibt es häufiger Polarlichter.

Hat es mit dem Klimawandel zu tun, wenn die Sonne so besonders aktiv ist?

Nein, da gibt es keinen Zusammenhang. Es handelt sich um etwas, das in der sehr hohen Atmosphäre stattfindet. Die Polarlichter leuchten mehr als 100 Kilometer über der Erdoberfläche. Da ist per Definition eigentlich schon der Weltraum. Aber da gibt es noch Rest-Atmosphäre – und dort leuchten die Atmosphären-Moleküle.

Wird sich das noch wiederholen oder ist das eine einzigartige Situation?

Das wird sich wiederholen in den nächsten Jahren. Denn tatsächlich ist die Sonne gerade auf dem aufsteigenden Ast ihres Aktivitätszyklus. Sie macht das alle elf Jahre durch. Das Maximum am Polarlichtern wird für das Jahr 2025 erst erwartet. Wir dürfen uns also auf noch mehr Polarlicht-Nächte über Brandenburg freuen.

Was man unbedingt braucht, ist ein freier Blick Richtung Norden – möglichst weit bis zum Horizont runter. Da sind also viele städtische Gebiete ausgeschlossen

Simon Plate

Wo und unter welchen und Bedingungen kann man möglichst sicher auch Polarlichter sehen, wenn sie angekündigt werden?

Was man unbedingt braucht, ist ein freier Blick Richtung Norden – möglichst weit bis zum Horizont runter. Da sind also viele städtische Gebiete ausgeschlossen – oder man braucht dort einen sehr hohen Punkt. Und man braucht in jedem Fall einen dunklen Himmel. Denn die städtische Lichtverschmutzung kann diese doch eher subtilen Leuchterscheinungen ganz leicht überstrahlen. Hat man aber einen dunklen Standort auf dem Land und die Augen sind gut an die Nacht angepasst, dann fallen die Polarlichter, wenn man bewusst danach schaut, auch sofort ins Auge.

Das Kniffelige ist immer das Timing. Ich muss zugeben, dass ich die Polarlichter vergangene Nacht auch verpasst habe. Sie waren überraschend heftig – so intensiv waren sie gar nicht vorhergesagt. Auch für die Forschung gibt es da in Sachen Vorhersage immer wieder neue Herausforderungen.

Berliner müssen also rausfahren, wenn sie was davon sehen wollen?

Ja, in Berlin ist definitiv das Thema Lichtverschmutzung ein Problem. Nur wenn das Leuchten einmal ausgesprochen hell ist, kann es sich gegen die städtische Lichtglocke vielleicht einmal ein wenig durchsetzen.

Fährt man in Brandenburg besser in die Lausitz oder in die Uckermark?

Je weiter nördlich, desto besser. Da wäre die Ostsee fast schon am besten. Wenn man in Richtung der Polarlicht-Aktivität schaut, muss man immer nach Norden schauen. Denn es geht ja um den Bereich um den Nordpol herum. Entgegengesetzt auch um den Südpol herum. Die Polarlichter tanzen wie in einem Oval um den jeweiligen Pol herum. Je weiter wir uns aus Berlin und Brandenburg kommend Richtung Norden bewegen, je näher ist man auch geografisch. Und desto höher rückt das ganze Gebilde auch über den Horizont.

Polarlichter sind also dasselbe wie Nordlichter?

Ja, es sind zwei Namen für dasselbe Himmelsphänomen.

Wie genau kann man Polarlichter denn vorhersagen für bestimmte Orte?

Die Vorhersage ist sehr herausfordernd für die Forschenden, die sich damit beschäftigen. Für Interessierte gibt es im Internet durchaus – englischsprachige – Vorhersagen mit groben Wahrscheinlichkeiten. Unter "spaceweather.com" teilen beispielsweise Sonnenphysiker ihre aktuellen Messdaten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sabine Priess.

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6 Kommentare

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  1. 6.

    Ich bin verwundert, über die Frage-Führung des Interviews. Ich habe in der Tat etwas recherchiert zu der Dame, die diese Fragen stellte.
    Ich möchte hier niemanden persönlich diskreditieren... um das Bitte vorweg klar zu stellen!. auch hätte ich gerne mit Frau Priess ein konstruktives Gespräch geführt,zu Ihrem Interview.
    Ist der Klimawandel verantwortlich für die erhöhte Sonneneruption....?
    da blieb mir erstmal die Spucke weg... ich hoffe doch stark, das die Frage eher so gemeint gewesen sein könnte, das man der Annahme nachgeht, ob durch die zyklisch bedingten, erhöhten Aktivitäten der Sonne, sich auch eventuell ein Klimawandel auf der Erde ableiten lässt. ? Kompliziertes Thema: - was aber als Story in genau diese Zeit passen würde.. Aber hier lese ich wirklich eine Frage heraus,... die mich hat erstaunen lassen.... Ich würde mich über einen Kontakt, erklärend dazu, freuen, denn so sehe ich den Klimawandel indirekt wieder einmal thematisiert. Und das wirft Fragen auf.

  2. 5.

    Die erhöhte Aktivität hält die interstellare Strahlung besser fern, das hat Auswirkung auf die Wolkenbildung. Nachzusehen bei Youtube, Das Geheimnis der Wolken.

  3. 4.

    Tja das die Sonne seit ein Paar Jahren erhöhte Aktivitäten hat, wird derzeit gerne im Mainstream unterschlagen. Wenn ich eine Höhnsonne auf einen Stein richte, erwärmt sich dieser nach derzeitiger "erlaubter Wissenschaft" natürlich nicht. Da die Sonne ja kaum Betastrahlung abgibt, darf niemand auf die Idee kommen das das irgend etwas mit dem Klima zu tun hat. CO2 erzeugt auch Ohne Sonne große Hitze und Kapitalistische Weltanschauungen!

  4. 3.

    Es gibt eine PolarlichtApp. Die hilft zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit sie zu sehen, ob es sich lohnt, nach draußen zu gehen. Ich habe die Lichter im März gesehen, wurde vorher von der App informiert.

  5. 2.

    Schön, dass wir Polarlichter jetzt auch bei uns sehen können.
    Nicht erwähnt hat der Urania-Mann, dass starke Sonnenwinde auch negative Auswirkungen auf die Erde haben können: etwa Satelliten stören, also Navigation und Funkverkehr. So ein Sonnenwindzyklus dauert etwa elf Jahre, den Höhepunkt haben wir also noch vor uns. Schön, aber hoffen wir mal, dass die Sonnenflecken sich nicht vergrößern und zu einem globalen Totalausfall der Elektronik führen.

  6. 1.

    Eine tolle Information. Vielen Dank!

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