Interview | Corona-Viren im Abwasser - "Beim Abwasser sieht man gut, wie hoch die Viruslast ist"

Do 07.11.24 | 15:19 Uhr
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Die Kläranlage der LWG in Cottbus (Bild: rbb/Manske)
Audio: Antenne Brandenburg | 07.11.2024 | Phillipp Manske & Tino Schmidt | Bild: rbb/Manske

Auch lange nach dem Ende der Corona-Pandemie wird im Abwasser von Städten noch immer gemessen, wie groß die Virenbelastung ist. Im Interview erklärt Tino Schmidt vom Cottbuser Wasserversorger LWG, wie die Lage in der Region ist.

rbb|24: Herr Schmidt, Sie sind bei der Lausitzer Wasser Gesellschaft (LWG) für die Wasserwerke und die Kläranlage zuständig - damit auch für die Messung von Viren im Abwasser. Wie lange dauert es denn, bis die Hinterlassenschaften aus den Haushalten in der Kläranlage landen?

Tino Schmidt: Der Zulauf ist davon abhängig, wo man wohnt. Es kann einen bis zwei Tage dauern, bis das hier ist. Dann kommt alles in den Kläranlagenzulauf, durchläuft die Rechenanlage, wo die Grobstoffe herausgetrennt werden. Dann kommt der Sandfang, der den Sand abtrennt, dann kommt das Abwasser zur Vorklärung. Im Zulauf der Vorklärung haben wir den Probenehmer, einen automatischen 24-Stunden-Probenehmer. Der nimmt die Abwasserprobe über den Tag, die Kollegen entnehmen die am nächsten Tag und so haben wir eine Mischprobe über einen ganzen Tag.

Wie lange wird das Abwasser bei der LWG schon auf Viren untersucht?

Seit November 2023, da hat das Projekt angefangen. Seitdem haben wir den automatischen Probenehmer. Zwei Mal pro Woche wird eine Probe entnommen und die schicken wir dann ins Labor zur Untersuchung. Die Proben gehen zum Robert-Koch-Institut.

Der Probenehmer entnimmt in festgelegten Zeitintervallen eine bestimmte Menge aus dem Abwasserstrom. Am Ende können wir eine Flasche mit einem Liter Abwasser entnehmen, mit einem Querschnitt über den ganzen Tag.

Warum werden diese Proben überhaupt noch entnommen?

Die Probe wird genommen, um zu schauen, wie die Virenlast im Abwasser ist. Dafür wird es untersucht, aktuell auf das Coronavirus und das Influenza-Virus. Damit wird geprüft, ob es in Cottbus eine steigende Tendenz oder eine fallende Tendenz gibt und wie hoch die Last allgemein ist. Daraus können Schlüsse gezogen werden, wie sich das Krankheitsgeschehen hier im Einzugsgebiet der Kläranlage entwickelt.

Warum werden nur diese zwei Viren untersucht?

An dem Projekt AMELAG (Abwassermonitoring für die epidemiologische Lagebewertung, Anm. d. Red.) sind über 160 Kläranlagen in Deutschland beteiligt, unter anderem die in Cottbus. Man hat sich erstmal auf diese zwei Viren spezialisiert, um das ganze Verfahren zu erproben und zu automatisieren. Es soll aber später ausgeweitet werden, auch auf andere Erreger. Es gibt Überlegungen auch auf Polioviren zu testen, um zu schauen, wie dort die Belastung ist oder ob das Virus überhaupt vorhanden ist oder auch auf resistente Bakterienstämme, die vorhanden sind, um darüber Informationen für die Bevölkerung zu bekommen.

Das ist auch gut, man sieht die Viruslast im Abwasser schneller, als die Menschen Krankheitszeichen haben. Beim Coronavirus scheidet der Körper das Virus fünf Tage vor den ersten Krankheitszeichen aus.

Das bringt dem einzelnen Betroffenen aber am Ende nichts, oder?

Das bringt ihnen nichts, aber man sieht natürlich eine Entwicklung, ob es eine steigende oder fallende Zahl an Viren gibt. Man kann dann, wenn man eine stark steigende Tendenz hat, gewisse Sicherheitsvorkehrungen für einen selbst daraus schließen.

Jeder kann dann selbst Schlüsse aus der Information ziehen, ob er eine Maske aufsetzt oder nicht.

Werksleiter Tino Schmidt mit der entnommenen Abwasserprobe (Bild: rbb/Manske)Werksleiter Tino Schmidt mit der entnommenen Abwasserprobe

Bevor Sie die Proben an das RKI schicken, nehmen Sie eigene Messungen vor. Was ermitteln Sie dabei?

Die Beprobung ist eine Vorbereitung, bevor wir die Proben zum RKI schicken. Hier messen wir den PH-Wert und die Leitfähigkeit, um zu schauen, ob die Probe im normalen Bereich ist. Das Robert-Koch-Institut bereitet die Probe dann noch einmal auf und untersucht sie auf Corona- und Influenzaviren. Dieses AMELAG-Projekt stammt vom Bundesumweltministerium, Bundesgesundheitsministerium und vom RKI.

Wier krank sind denn die Cottbuser?

Aktuell haben wir noch keine Influenza-Welle in Cottbus, die Viruslast ist sehr gering. Bei Corona haben wir eine leicht steigende Tendenz. Im Vergleich zum letzten Jahr ist das aber noch sehr gering.

Man sieht die steigende Welle relativ gut und auch im Nachgang, wie sie wieder abflaut. Das System funktioniert.

Was entgegnen Sie Kritikern, die in diesem Zusammenhang möglicherweise von einer "Überwachung" sprechen und neue Corona-Maßnahmen befürchten?

Ich sehe das nicht unbedingt so kritisch, zumal wir hier ein recht großes Einzugsgebiet haben, mit über 100.000 Einwohnern. Das ist also alles sehr anonym. Man kann daraus nicht direkt einen Rückschluss ziehen, wie viele Leute explizit erkrankt sind. Man sieht nur, wie hoch die Viruslast ist. Nicht jeder, der das Virus trägt, muss Krankheitssymptome haben.

Was passiert denn, wenn die Messung ergibt, dass die Corona-Viruslast immer weiter steigt?

Es soll nur eine Information für die einzelnen Bürger sein. Es ist nicht so, dass es eine rechtliche Vorgabe gibt, was dann passiert.

Wie lang läuft dieses Projekt?

Das AMELAG-Projekt ist bis Ende des Jahres angelegt und auch finanziert. Wie es im nächsten Jahr weitergeht, ist noch offen. Da warten wir noch auf eine Antwort der Bundesregierung. Aktuell haben wir noch kein grünes Licht, dass wir weitermachen können.

Auf EU-Ebene wird es eine neue Kommunalabwasserrichtlinie geben. Darin ist dann vorgeschrieben, dass man auf bestimmte Bakterien und Viren untersuchen muss. Die wird Ende des Jahres voraussichtlich verabschiedet und muss dann innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Da ist dann vorgeschrieben, dass das Abwasser in großen Kläranlagen, wozu auch die Kläranlage Cottbus gehört, auf resistente Krankheitserreger untersucht werden muss. Das sind Bakterien, die beispielsweise Antibiotikaresistenzen haben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Phillipp Manske für Antenne Brandenburg. Für die Onlinefassung wurde es gekürzt und redigiert.

Sendung: Antenne Brandenburg, 07.11.2024, 15:40 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Andere haben ein schwaches Immunsystem, z. B. chronisch Kranke, Alte, Menschen in Therapien. Man kann auch für andere unterstützend dasein, nicht immer nur an sich denken.

    Beim Arzt, in Amtsstuben, Warteräumen ein Baumwolltuch vor Mund und Nase zu ziehen, ist eine Hilfe. Keime werden weit weniger verteilt, ähnlich wie eine gewaschene Hand nie keimfrei ist, aber viele Übertragungen verringert, Erkrankungen verhindert.

  2. 10.

    Tragen ausgeschiedene Viren auch Informationen zum Ausscheider, z. B. eine übernommene Gensequenz, die dann beim RKI gespeichert werden könnte? Oder irgendein anderes Merkmal, eine Duftspur. Die Stasi war da sehr erfinderisch.

  3. 9.

    Sie können mich mit Ihrer Aussage nicht enttäuschen. Sie haben Ihre Meinung dazu und ich meine. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es besser ist, sich über bestimmte Themen nicht zu streiten. Sie ziehen die Wirkung von Masken in Zweifel, ich nicht und ich denke, bei dieser Feststellung können wir es dann auch belassen.

  4. 8.

    Es macht schon einen Unterschied ob ich mit OP-Maske huste oder ohne.

    Wer erkältet istvsollte zu Hause bleiben, falls nicht möglich eine Maske in Räumen mit Menschenansammlung tragen.

    Was mir immer wieder auffällt das in vielen Räumen unzureichend gelüftet wird, insbesondere in Arztpraxen und dadurch die Viruslast ansteigt.

  5. 7.

    da muss ich Sie leider enttäuschen. Masken können vor Viren nicht Schützen. Das ist als ob ein tischtennisball der mit einem Handballtor aufgehalten werden soll. Sicherlich wurden so mnche kruden Begründungen aufgefahren. Aber es war eher eine psychologische "Waffe". Im übrigen hat ein eneges Familienmitglied von mir bis 2014 die Sarsforschung für das US-Militär geleitet. Nachdem die Herr Drosten im April 2020 nicht einmal 70GB unveröffentlichte Forschungsdaten haben wollte, haben wir das einfach ausgesessen. Es wurde ein politischer Virus.

  6. 6.

    Es ist schön, wenn Sie glauben, daß richtig aufgesetzte Masken Leben gerettet haben. Ich sehe da aber zwei Probleme: 1) wieviele Masken wurden denn vorschriftsmäßig getragen, 2) gibt es denn Daten dazu aus Deutschland, daß dadurch wirklich Leben gerettet wurden?

  7. 4.

    Ich finde, es ist schon empfehlenswert, dass man im Herbst /Winter in geschlossenen Räumen eine Maske trägt. Vor allem in Arztpraxen.

  8. 3.

    "kommt die Aussage jetzt nicht ein paar Jahre zu spät?"

    Nein, das finde ich nicht, denn jetzt sind schon fast alle Menschen mal irgendwie z.B. durch eine Impfung mit dem Virus in Kontakt gekommen. Dadurch und durch die Mutationen kann der Körper fast aller Menschen besser auf eine Infektion reagieren als noch am Anfang, wo sich eine Infektion viel gravierender auswirken konnte. Ich bin der Meinung, dass richtig aufgesetzte Masken am Anfang vielen Menschen das Leben gerettet haben und ehe Sie nachfragen: ich fand die Maskenpflicht als Maßnahme für die erste Zeit richtig.

  9. 2.

    "kommt die Aussage jetzt nicht ein paar Jahre zu spät?"

    Nein, das finde ich nicht, denn jetzt sind schon fast alle Menschen mal irgendwie z.B. durch eine Impfung mit dem Virus in Kontakt gekommen. Dadurch und durch die Mutationen kann der Körper fast aller Menschen besser auf eine Infektion reagieren als noch am Anfang, wo sich eine Infektionen viel gravierender auswirken konnte. Ich bin der Meinung, dass richtig aufgesetzte Masken am Anfang vielen Menschen das Leben gerettet haben und ehe Sie nachfragen: ich fand die Maskenpflicht als Maßnahme für die erste Zeit richtig.

  10. 1.

    "Jeder kann selbst daraus Schlüsse ziehen, ob er eine Maske aufsetzt oder nicht"

    kommt die Aussage jetzt nicht ein paar Jahre zu spät?

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