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Audio: Fritz | 04.10.2023 | Hannah Burmeister | Quelle: dpa

Lehrkräftemangel in Berlin

Lücken in Lehrerzimmern haben sich laut Bildungssenatorin deutlich verkleinert

Die Zahl der offenen Lehrerstellen an den Berliner Schulen ist laut Bildungssenatorin Günther-Wünsch halb so groß wie zunächst erwartet. 716 Vollzeitlehrkräfte sind aktuell unbesetzt, halb so viele wie noch vor einem halben Jahr. Von Kirsten Buchmann

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) wirkt erleichtert. Laut einer Abfrage bei den Berliner Schulen könnten diese 97,3 Prozent ihres Lehrkräftebedarfs abdecken. Aktuell sind demnach 716 Vollzeitstellen unbesetzt. Im Mai war die Bildungsverwaltung noch von 1.460 unbesetzten Stellen ausgegangen.

Möglich wird das geringere Lehrkräftedefizit auch durch Quer- und Seiteneinsteiger. Von den 2.446 neu besetzten Stellen entfallen nur 1.121 auf Lehrkräfte, die ein reguläres Lehramtsstudium abgeschlossen haben - weniger als die Hälfte.

So hat etwa an Grundschulen mehr als die Hälfte der neu einstellten Pädagoginnen und Pädagogen keine Lehramtsausbildung. Sie sollen daher berufsbegleitend qualifiziert werden. "Alle müssen alphabetisieren können", sagt die Bildungssenatorin. Das heißt, wer an einer Grundschule unterrichtet, soll in der Lage sein, Kindern das Lesen und Schreiben beizubringen.

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Situation in den Bezirken nicht ebenmäßig

Mit den Neueinstellungen für dieses Schuljahr könnten alle bis auf sieben Berliner Schulen ihre Stundentafel abdecken, rechnet die Bildungssenatorin vor. Eine der sieben ist die Beatrix-Potter-Grundschule in Marzahn-Hellersdorf.

Am besten ist die Situation auf die Schularten bezogen an Gymnasien, am schlechtesten an den Förderschulen. Auch regional sind die Lücken unterschiedlich groß. In Tempelhof-Schöneberg, Steglitz-Zehlendorf und Friedrichshain-Kreuzberg fällt die Lehrkräftebilanz am positivsten aus. Vor allem in Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick sind dagegen viele Lehrerstellen unbesetzt.

Bildungssenatorin hofft auf Klebeeffekte

Sie wolle daher Studierende im Praxissemester und Referendare durch Ausschreibungen insbesondere in die Randbezirke bringen, so die Bildungssenatorin, "wo wir die bestausgebildetsten Lehrer in Zukunft brauchen". Dafür sollen die Nachwuchskräfte laut Günther-Wünsch durch Mentoren an den Schulen betreut werden. Sie hofft auf "Klebeeffekte", damit sie dort weiter unterrichten.

Insgesamt war Günther-Wünsch bei ihrer Prognose im Mai davon ausgegangen, dass berlinweit 1.460 Stellen in diesem Schuljahr unbesetzt bleiben würden. Die Lücke habe sich unter anderem dadurch verringert, dass Lehrerstellen umgewandelt und beispielsweise auch mit Logopäden und Lerntherapeuten besetzt werden können, so die Senatorin. Die Rückkehr zur Lehrkräfteverbeamtung zählt sie ebenfalls zu den Gründen für mehr Neueinstellungen.

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Bewerbungsfrist verlängert

Zudem habe die Bildungsverwaltung die Bewerbungsfrist um vier Wochen verlängert. Auch damit habe sich noch "einiges bewegt", meint die Senatorin.

Sie nennt darüber hinaus einen weiteren Aspekt: das Ende der so genannten Steuerung. Laut einer Regelung der Vorgängersenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) vom März dieses Jahres sollten die Schulen ihre Lehrerstellen nur noch zu rund 96 Prozent besetzen dürfen. Die Hoffnung war, dass sich die Bewerberinnen und Bewerber damit besser auf die Stadt verteilen würden. Schulleiterverbände warnten allerdings, stattdessen würden womöglich Interessenten der Stadt den Rücken kehren, wenn sie nicht an ihre gewünschte Schule kämen.

Als neue Bildungssenatorin kippte Katharina Günther-Wünsch die 96-Prozent-Regelung. Sie fühlt sich durch die aktuellen Zahlen bestätigt: "Den Deckel aufzuheben, hat nicht dazu geführt, dass wir Lehrkräfte verloren haben, im Gegenteil."

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Freude über jeden Zuwachs

Im vergangenen Schuljahr war die Personallücke noch größer, der Anteil der nicht besetzten Lehrerstellen in den Schulen lag bei 3,4 Prozent, gegenüber momentan 2,7 Prozent.

Zum neuen Schuljahr sind Günther-Wünsch zufolge insgesamt 2.446 volle Stellen besetzt worden. "Im letzten Jahr waren es noch 2.390", sagt die Politikerin. "Wenn man bedenkt, dass der Lehrkräftemangel bundesweit ist, freue ich mich über jeden Zuwachs." Andere Bundesländer hätten Probleme, ihren Vorjahresstand zu halten.

Allerdings dämpft Günther-Wünsch die Erwartung, dass sich in Berlin an der hohen Zahl der Quer- und Seiteneinsteiger schnell etwas ändern könnte: "Das wird die nächsten Jahre noch anhalten." Denn viele Lehrkräfte der geburtenstarken Jahrgänge erreichen das Pensionsalter. Zugleich rücken zu wenig ausgebildete Nachwuchskräfte aus geburtenschwächeren Jahrgängen nach.

Sendung: Fritz , 04.10.2023, 16.30 Uhr

Beitrag von Kirsten Buchman

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