Digital spitze - Nerdige Berliner Privatschule für Deutschen Schulpreis nominiert

Während die Pandemie Schwächen beim digitalen Unterricht offenbart, ist eine private Berliner Schule dort spitze - und für den Deutschen Schulpreis nominiert. Wie ist das gelungen? Von Ulrich Crüwell
Als Sandra Scheeres 10.000 mobile LTE-Router verteilen ließ, sprach die Bildungssenatorin von einer zügigen und unbürokratischen Unterstützung. Das Selbstlob hatte nur einen Haken: Termin und Aussage passten nicht so recht zueinander.
Besser spät als nie, wäre vielleicht eine angemessenere Formulierung gewesen. Denn es war vor etwas mehr als einem Monat, als die SPD-Politikerin über die neuen Geräte für schnelles Internet in den Klassenzimmern jubilierte. Bis zu diesem Zeitpunkt waren viele Berliner Schulen vom Internet abgehängt. In Zeiten des Distanz-Lernens und der Pandemie eine große Herausforderung.
Tablet-Computer für jeden Lehrer und Erzieher
Die für den Deutschen Schulpreis nominierte Klax-Gemeinschaftsschule hatte da einen besseren Start in die Ära des Home-Schoolings. Lange vor der Krise wurden Klassenzimmer mit schnellem Internet ausgestattet und jeder Lehrer und Erzieher erhielt einen Tablet-Computer. "Wir standen der Digitalisierung schon immer offen gegenüber", sagt Ferdinand Bostelmann-Reh, der Unternehmenssprecher der Klax-Gruppe und Sohn der Gründerin Antje Bostelmann.
Sie fing nach der Wende mit Malkursen an, eröffnete bald ein paar Kindergärten. Anfang der Nullerjahre kam die jetzt für den Schulpreis nominierte Schule dazu. Weil sie mit dem Essen nicht zufrieden war, gründete Antje Bostelmann ein eigenes Catering-Unternehmen und später eine eigene Berufsakademie für Erzieher. "Wir wollten selber was gegen den Fachkräftemangel tun", sagt Ferdinand Bostelmann-Reh.
Klax macht vieles selber
Mittlerweile gehören zur Klax-Gruppe 36 Kindergärten - fünf davon in Schweden. "Dieses Jahr kommt eine Kita in Dänemark dazu", sagt Bostelmann-Reh. Und dann ist da noch ein Bauernhof in Mecklenburg-Vorpommern für Klassenfahrten. Das Bildungsunternehmen Klax macht vieles selber. Die eigene IT-Abteilung schob bereits vor acht Jahren die Digitalisierung in den Unterrichtsräumen an.
Den Support aber haben die Schülerinnen und Schüler selber übernommen. Die IT-AG etwa dreht Erklär-Videos und hilft per Chat, wenn die Technik hakt. Das Eigenverantwortliche und das selbstorganisierte Lernen gehörten schon vor der Krise zum pädagogischen Konzept, sagt Bostelmann-Reh: "Die Pandemie war da noch mal ein Boost".

Abstandswarngerät und Händewasch-Timer
Als "Zukunftsmaker" haben die Schülerinnen und Schüler selbst Lösungen für den neuen Pandemie-Alltag entwickelt, etwa ein Abstandswarngerät oder einen Händewasch-Timer. Für solche Ideen braucht es allerdings besondere Räume: In Werkstätten mit 3D-Druckern, Bohr- und Nähmaschinen können Schüler und sogar Kita-Kinder ihre Ideen umsetzen. Dabei orientiert sich die Schule an der sogenannten Maker-Bewegung.
Diese begann als Do-It-Yourself-Trend für Nerds und gilt mittlerweile als Selbstermächtigung für Heimwerker auf der ganzen Welt. Barack Obama rief einst seine Mitbürger zum Mitmachen auf und rief die "Nation of Makers" aus. Einige sprechen sogar von einer dritten industriellen Revolution.
Freiheiten der Privatschule
Die Schülerinnen und Schüler der Klax-Schule arbeiten mit CNC-Fräse und bald auch einem Lasercutter, verkaufen ihre Kreationen auf dem Herbstmarkt der Schule und sollen dabei die Grundzüge der Betriebswirtschaft lernen.
Die private Gemeinschaftsschule muss sich an den gleichen Rahmenlehrplan wie öffentliche Schulen halten. "Unsere Lernwege aber sind vielleicht freier", sagt Bostelmann-Reh. Auch bei den Lernbeweisen könne man kreativer sein.
Und dann ist da die Freiheit, selber für schnelles Internet zu sorgen und nicht wie öffentliche Schulen ein Corona-Jahr lang auf eine "zügige und unbürokratische Unterstützung" zu warten. Diese Freiheit von der manchmal trägen Verwaltung hat allerdings einen Preis: Die Klax-Gemeinschaftsschule wird wie andere Schulen in freier Trägerschaft laut Schulgesetz zu 93 Prozent vom Land Berlin finanziert. Den Rest der Kosten müssen die Eltern bezahlen.
Sendung: Abendschau, 10.05.2021, 19:30 Uhr