Digital spitze - Nerdige Berliner Privatschule für Deutschen Schulpreis nominiert

So 09.05.21 | 10:56 Uhr | Von Ulrich Crüwell
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Drei Schüler*innen arbeiten in der Schule Klax in Berlin Pankow an einem Videoprojekt (Bild: Klax Schule)
Bild: Klax Schule

Während die Pandemie Schwächen beim digitalen Unterricht offenbart, ist eine private Berliner Schule dort spitze - und für den Deutschen Schulpreis nominiert. Wie ist das gelungen? Von Ulrich Crüwell

Als Sandra Scheeres 10.000 mobile LTE-Router verteilen ließ, sprach die Bildungssenatorin von einer zügigen und unbürokratischen Unterstützung. Das Selbstlob hatte nur einen Haken: Termin und Aussage passten nicht so recht zueinander.

Besser spät als nie, wäre vielleicht eine angemessenere Formulierung gewesen. Denn es war vor etwas mehr als einem Monat, als die SPD-Politikerin über die neuen Geräte für schnelles Internet in den Klassenzimmern jubilierte. Bis zu diesem Zeitpunkt waren viele Berliner Schulen vom Internet abgehängt. In Zeiten des Distanz-Lernens und der Pandemie eine große Herausforderung.

Tablet-Computer für jeden Lehrer und Erzieher

Die für den Deutschen Schulpreis nominierte Klax-Gemeinschaftsschule hatte da einen besseren Start in die Ära des Home-Schoolings. Lange vor der Krise wurden Klassenzimmer mit schnellem Internet ausgestattet und jeder Lehrer und Erzieher erhielt einen Tablet-Computer. "Wir standen der Digitalisierung schon immer offen gegenüber", sagt Ferdinand Bostelmann-Reh, der Unternehmenssprecher der Klax-Gruppe und Sohn der Gründerin Antje Bostelmann.

Sie fing nach der Wende mit Malkursen an, eröffnete bald ein paar Kindergärten. Anfang der Nullerjahre kam die jetzt für den Schulpreis nominierte Schule dazu. Weil sie mit dem Essen nicht zufrieden war, gründete Antje Bostelmann ein eigenes Catering-Unternehmen und später eine eigene Berufsakademie für Erzieher. "Wir wollten selber was gegen den Fachkräftemangel tun", sagt Ferdinand Bostelmann-Reh.

Klax macht vieles selber

Mittlerweile gehören zur Klax-Gruppe 36 Kindergärten - fünf davon in Schweden. "Dieses Jahr kommt eine Kita in Dänemark dazu", sagt Bostelmann-Reh. Und dann ist da noch ein Bauernhof in Mecklenburg-Vorpommern für Klassenfahrten. Das Bildungsunternehmen Klax macht vieles selber. Die eigene IT-Abteilung schob bereits vor acht Jahren die Digitalisierung in den Unterrichtsräumen an.

Den Support aber haben die Schülerinnen und Schüler selber übernommen. Die IT-AG etwa dreht Erklär-Videos und hilft per Chat, wenn die Technik hakt. Das Eigenverantwortliche und das selbstorganisierte Lernen gehörten schon vor der Krise zum pädagogischen Konzept, sagt Bostelmann-Reh: "Die Pandemie war da noch mal ein Boost".

Eine Schülerin wäscht sich in der Klax Schule die Hände und nutzt den Handwaschtimer als Hilfe (Bild: Klax Schule)Eine Schülerin benutzt beim Händewaschen den Handwasch-Timer.

Abstandswarngerät und Händewasch-Timer

Als "Zukunftsmaker" haben die Schülerinnen und Schüler selbst Lösungen für den neuen Pandemie-Alltag entwickelt, etwa ein Abstandswarngerät oder einen Händewasch-Timer. Für solche Ideen braucht es allerdings besondere Räume: In Werkstätten mit 3D-Druckern, Bohr- und Nähmaschinen können Schüler und sogar Kita-Kinder ihre Ideen umsetzen. Dabei orientiert sich die Schule an der sogenannten Maker-Bewegung.

Diese begann als Do-It-Yourself-Trend für Nerds und gilt mittlerweile als Selbstermächtigung für Heimwerker auf der ganzen Welt. Barack Obama rief einst seine Mitbürger zum Mitmachen auf und rief die "Nation of Makers" aus. Einige sprechen sogar von einer dritten industriellen Revolution.

Freiheiten der Privatschule

Die Schülerinnen und Schüler der Klax-Schule arbeiten mit CNC-Fräse und bald auch einem Lasercutter, verkaufen ihre Kreationen auf dem Herbstmarkt der Schule und sollen dabei die Grundzüge der Betriebswirtschaft lernen.

Die private Gemeinschaftsschule muss sich an den gleichen Rahmenlehrplan wie öffentliche Schulen halten. "Unsere Lernwege aber sind vielleicht freier", sagt Bostelmann-Reh. Auch bei den Lernbeweisen könne man kreativer sein.

Und dann ist da die Freiheit, selber für schnelles Internet zu sorgen und nicht wie öffentliche Schulen ein Corona-Jahr lang auf eine "zügige und unbürokratische Unterstützung" zu warten. Diese Freiheit von der manchmal trägen Verwaltung hat allerdings einen Preis: Die Klax-Gemeinschaftsschule wird wie andere Schulen in freier Trägerschaft laut Schulgesetz zu 93 Prozent vom Land Berlin finanziert. Den Rest der Kosten müssen die Eltern bezahlen.

Sendung: Abendschau, 10.05.2021, 19:30 Uhr

Beitrag von Ulrich Crüwell

12 Kommentare

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  1. 12.

    Laut Duden bedeutet nerdig: jemand, der für ein spezielles Fachgebiet besonders großes Interesse zeigt und viel Zeit damit verbringt.
    Ja, der Terminus kann auch abwertend benutzt werden. Die Lesart liegt beim Leser.

  2. 11.

    Aus dem heutigen Tagesspiegel-Checkpoint:
    Sie erinnern sich doch sicher noch an den großen Bildungsträger „Klax“ (als Gruppe gut 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr, mehr als 30 Einrichtungen in Berlin)? Ja, richtig: Die hatten damals ihre Anwälte auf ein kleines Kinderhaus mit dem Namen „Klex“ in Kirchheim am Neckar losgelassen – wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Markengesetz (§ 14, Absatz 2, Ziffer 2), die Begründung:

    „Der Unterschied im Vokal (e statt a) ruft keinen für die Verneinung einer Verwechslungsgefahr ausreichend unterschiedlichen klanglichen bzw. visuellen Unterschied hervor.“ (CP v. 23.8.18).

  3. 10.

    Ich freue mich über jede Schule, die im Interesse ihrer Kinder und Jugendlichen besonders gute Leistungen erbringt. Leider benennen Sie nicht, dass die Jahreskosten für die Eltern in der Mittel- und Oberstufe 7.000,- € betragen. Damit ist der Personenkreis, der sich das leisten kann sehr begrenzt. Andere - öffentliche Schulen - haben keine derartigen Möglichkeiten.

  4. 9.

    Es ist frustrierend, wenn ich* für mein Kind noch immer kein Tablet bekommen habe und mangels Internet auch der Onlineunterricht nicht durchführbar ist. ( Die 10€ Internetzugänge vom Senat reichen leider laut Schule nicht für die Durchführung.)Zudem benötigt mein Kind seit der Einschulung konstante und engmaschige Unterstützung, welches im Konzept nicht vorgesehen ist :-(

    *Elternteil eines Kindes der KLAX-Schule

  5. 8.

    ... ja und die Selbstausbeutung für einen Titel auf der Homepage ins Unendliche treiben.

  6. 7.

    Schulen in freier Trägerschaft werden nicht zu 93 Prozent vom Land Berlin finanziert. Sie bekommen vielmehr nur 93 Prozent der vergleichbaren Personalkosten und müssen davon auch Gebäude und Sachkosten bezahlen.

  7. 6.

    Die Makerspaces und Medienkompetenzzentren setzten aber, wie sie selbst sagen, erst ab der Schule an. Ich sprach aber das Thema etwas konkreter auf Kita an, entsprechend dieses Beitrages wo es um die Kita geht. Das mit den Bibliotheken stimmt. Die haben in den letzten Jahren ordentlich nachgerüstet und auch Fortgebildet. Aber auch hier liegt der Fokus oftmals wieder bei Schulkindern, also ab 6 Jahren. Makerspaces habe ich bisher auch noch nicht für die Kita gefunden. Rufe ich wo an, erhalte ich entweder die Info das es da nichts gibt oder man daran arbeitet und irgendwann mal was kommt. Wann genau, weis aber dann keiner.
    Aber ja… es stimmt… Es gibt eine wachsende Anzahl an Pädagogen die gerne wollen, doch der Weg ist enorm schwer weil es eben kein einheitliches Vorgehen gibt. Jeder muss selbst etwas entwickeln und ggf. bei seinem Träger an der Tür betteln um wenigstens ein Tablet zu bekommen oder gar WLAN (meist gibt es nur den Internetanschluss ins Büro mit einem Rechner am. Netzwerkkabel).

    Und wie gesagt… Andere Bundesländer sind da schon fitter unterwegs. Bayern hat einen einfachen Ordner zusammengestellt mit Ideen und Infos rund um Medienarbeit in der Kita oder NRW (mekokita)

  8. 5.

    So ist das KLAX-Konzept... die Lehrer haben nicht umsonst seit Jahren Laptops. So können die auch Abends und am WE arbeiten und erreichbar sein. Bei KLAX sind die Lehrer schlechter bezahlt und bleiben in der Regel auch nur solange sie keine Anstellung beim Senat bekommen. Die Fluktuation ist sehr hoch. Man wirbt mit großer Vielfalt und Engagement der Lehrer. Das steht bei denen auch im Arbeitsvertrag... und wehe du hast eigene Ideen oder dir gefällt etwas nicht. In einer Baumschule lernt man wenigstens die Namen der Pflanzen, hier werden sie getanzt und gemalt.

  9. 4.

    Also in Berlin gibt es eigentlich in jedem Stadtteil ein Medienkompetenzzentrum, das geförderte Workshops für Schulklassen und Lehrkräfte anbietet. Sogar einige Bibliotheken haben Makerspaces und bieten Workshops an. Es gibt unwahrscheinliche viele kostenlose Online-Fortbildungen zum Thema, auch sonst Fortbildungen für Pädagog*innen im frühkindlichen Bereich. Ich denke schon, dass die Medienpädagogik längst soweit ist, nur die Technik und vor allem das Personal nicht. In vielen Schulen gab es noch vor Corona sehr viel Gegenwind und Diskussionen. Dabei benötigt man kein Hightech für die Medienarbeit, denn Medienreflexion und -kritik geht auch so.
    Von Elternabenden zu denen nur 4-5 Eltern kommen, wenn es um Mediennutzung und Gefahren im Netz geht möchte ich gar nicht erst reden.

  10. 3.

    Tja nun sieht man mal wieder wie es laufen kann in der Medienpädagogik. Wärend der Senat seit der Erfindug des Berliner Sprachlerntagebuches es dabei belassen hat, nur in schriftlicher Form festzuhalten das die Arbeit mit Medien wichtig ist und Kinder aktiv mit Medien arbeiten sollen, preschen private Träger oder andere Bundesländer einfach immer weiter nach vorne mit Ausbildungen, Fortbildungen, Materialien, Projekten usw.

    Berlin ist, was die Medienarbeit mit Kindern in Kita und Schule anbelangt, bis auf weiteres absolut Rückständig. Es gibt nicht einmal eine zentrale Anlaufstelle oder vom Senat bereitsgestellte Materialien für Pädagogen. In der Kita sieht es aber weitaus schlimmer aus als in der Schule. Für Schulkinder gibt es zumindest auch eine überschaubare Anzahl externer Angebote.

    Und das hat sich auch nicht durch die Pandemie geändert.

  11. 2.

    Was ist denn bitte "nerdige"? Auch ein deutsches Wort? Klar gibt es ugs Nerds, aber die können programmieren.

  12. 1.

    @rbb24: Der Begriff Nerd (Nerdige Berliner Privatschule) ist abwertend und wird einer Schule, die digital sowie von ihren Lernkonzepten so professionell aufgestellt ist, nicht gerecht. Der Titel gehört dementsprechend geändert.

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