Analyse | Unions Niederlage gegen Leverkusen - Keine Partycrasher

Sa 06.04.24 | 20:42 Uhr | Von Anton Fahl
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Spieler von Leverkusen und Berlin bereiten sich auf Ecke vor (Bild: picture alliance/Eibner-Pressefoto)
Bild: picture alliance/Eibner-Pressefoto

Sowohl der 1. FC Union Berlin als auch Bayer Leverkusen zeigten am Samstag, was sie zuletzt ausgezeichnet hat. FCU-Coach Bjelica hadert mit der Torausbeute und spricht seinem Team dennoch ein Kompliment aus. Von Anton Fahl

Auf eine außerirdisch gute Leistung seines Teams hatte Unions Trainer Nenad Bjelica gehofft, um Bayer 04 Leverkusen in die Knie zu zwingen. "Ich traue meiner Mannschaft das zu", hatte der Kroate vor dem Heimspiel gegen den Spitzenreiter der 1. Fußball-Bundesliga gesagt.

Und tatsächlich wäre es ein weiteres, passendes Kapitel in einer Geschichte der Extreme gewesen, die die Eisernen in der Saison 2023/24 schreiben. Nach dem historischen Erreichen der Champions League, Highlight-Spielen gegen Real Madrid oder Napoli und der nicht weniger geschichtsträchtigen Sieglos-Serie von 16 Partien am Stück nun das Kunststück fertig zu bringen, als erstes Team in dieser Saison die unbezwingbare Werkself zu schlagen.

Jene übermächtig anmutende Mannschaft, die von Xabi Alonso trainiert wird, bislang von wettbewerbsübergreifend 40 Pflichtspielen kein einziges verloren und erst am vergangenen Mittwoch den Einzug ins DFB-Pokal-Finale perfekt gemacht hat.

Alonso schmeißt die Rotationsmaschine an

In der ausverkauften Alten Försterei startete der 1. FC Union Berlin dann auch gewohnt kompakt und hellwach in die Partie gegen den Branchen-Primus. Aus einer 3-4-1-2-Grundordnung liefen die Unioner ihre Gäste in der Anfangsphase immer wieder hoch an.

Doch Bayer 04 zeigte ebenfalls von Beginn an, was sie in dieser Saison so stark macht: Trotz sechs personeller Veränderungen, die Trainer Alonso im Vergleich zum Pokal-Halbfinale gegen Fortuna Düsseldorf vorgenommen hatte, bewiesen die Leverkusener einmal mehr enorme Ballsicherheit und ein variables Aufbauspiel. Ein klares Chancenplus zu Gunsten des Tabellenführers in der Anfangsviertelstunde war die logische Konsequenz (4:0 Torschüsse). "Es ist schwer, gegen Leverkusen an den Ball zu kommen. Sie sind technisch so stark und haben Spieler auf dem Platz, die den Unterschied machen können", befand Unions Trainer Bjelica nach dem Schlusspfiff.

Den Eisernen gelang es über weite Strecken, die Räume zu schließen und die Mitte dicht zu halten. Das Geschehen auf dem Rasen glich gewissermaßen der Stadt Berlin am Tag des Halbmarathons: Kein Durchkommen durchs Zentrum. Und so strahlte Leverkusen vor allem über die Außenbahnen Gefahr aus: Immer wieder war es Nathan Tella, der auf dem rechten Flügel durchbrach und seine Mitspieler bediente. Die beste Chance vereitelte FCU-Keeper Frederik Rönnow gegen den köpfenden Borja Iglesias (15.), ehe Alejandro Grimaldo nach einer knappen halben Stunde, wiederum nach Zuspiel von Tella, mit einem Flachschuss aus dem Rückraum knapp links am Tor vorbei zielte (28.).

Den Köpenickern fehlte es hingegen an offensiver Durchschlagskraft. Sie schafften es über die gesamte Spieldauer nicht ein einziges Mal, Leverkusens Torhüter Lukas Hradecky ernsthaft herauszufordern. Umso bitterer war es für Bjelica, dass für seinen einzigen nominellen Stürmer in der Startformation, Yorbe Vertessen, verletzungsbedingt schon vor dem Pausenpfiff Schluss war.

Entscheidende Sequenzen vor dem Pausenpfiff

Die spielentscheidenden Szenen ereigneten sich schließlich in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. Erneut war es Tella, der drauf und dran war, in den Köpenicker Sechzehner einzudringen und nur mit einem Foul von Robin Gosens, der zu diesem Zeitpunkt bereits mit Gelb verwarnt war, gestoppt werden konnte. Unions linker Schienenspieler sah folgerichtig die Gelb-Rote Karte – und musste mitansehen, wie sein Team noch vor der Halbzeit in Rückstand geriet. Für Union war es übrigens bereits der siebte Platzverweis in der laufenden Saison – Liga-Höchstwert in einer Spielzeit der Extreme.

Union-Spieler Robin Gosens sieht im Spiel gegen Leverkusen die Rote Karte (Bild: Imago Images/Contrast)Union-Spieler Robin Gosens muss vom Platz

FCU-Kapitän Christopher Trimmel lenkte Hincapies Schussversuch nach dem anschließenden Freistoß vorsätzlich mit dem rechten Arm an den Pfosten, Schiedsrichter Benjamin Brand entschied nach Ansicht des Videomaterials auf Strafstoß – und es blieb allein sein Geheimnis, warum Trimmel gänzlich ohne Karte aus dieser Szene davonkam. Nationalspieler Florian Wirtz nahm die Einladung vom Punkt an und erzielte die verdiente 1:0-Führung für Bayer Leverkusen (45.+8).

"Ich hatte schon das Gefühl, dass wir gegen Ende der ersten Hälfte besser, mutiger geworden sind. Mit der Roten Karte und dem Elfmeter ist gegen so eine Mannschaft dann aber fast schon alles vorbei", befand Trimmel. "Leverkusen ist sehr, sehr gut drauf. Sie beweisen das alle drei Tage mit der Doppelbelastung, die sie haben. Es macht Spaß, ihnen zuzuschauen, aber keinen Spaß, gegen sie zu spielen."

Bjelica: "Haben sehr gut ausgesehen, sehr stabil und sehr gut organisiert"

Notgedrungen stellte Bjelica seine Abwehrkette zum Start des zweiten Spielabschnitts um: Diogo Leite besetzte die vakante linke Außenverteidigerposition und die Köpenicker stemmten sich nun aus einer 4-4-1-Grundordnung gegen die drohende Heimniederlage. Mit Bravour – denn in den zweiten 45 Minuten kamen die Leverkusener, die nun zunehmend in den Verwaltungsmodus schalteten, noch seltener zwingend vor Rönnows Tor. Die besten Möglichkeiten entschärfte der erneut herausragende Schlussmann gegen den quirligen Tella (77.) und in der Nachspielzeit gegen Amine Adli (90.+5).

Ein außerirdisches Aufbäumen der Eisernen blieb an diesem Samstagnachmittag aus, sodass der designierte Deutsche Meister Bayer 04 Leverkusen seinen neunten, letztlich ungefährdeten Liga-Sieg in Serie einfuhr und auch im 41. Pflichtspiel ungeschlagen blieb.

"Sie haben verdient gewonnen. Ich muss meiner Mannschaft aber ein großes Lob aussprechen. In einem Spiel, in dem Leverkusen mehr Chancen kreiert hat, haben wir sehr gut ausgesehen, sehr stabil und sehr gut organisiert", analysierte Bjelica und legte den Finger in die Wunde. "Wie schon in den anderen Spielen gegen die Großen - gegen Dortmund, Bayern oder Leipzig - haben wir gut mitgehalten, aber trotzdem verloren, weil wir kein Tor geschossen haben."

Leverkusen mit einer Hand an der Schale – Union selbstbewusst ins Saisonfinale

Schon am kommenden 29. Spieltag kann die Werkself – auch dank eines Münchner Ausrutschers in Heidenheim – den Gewinn der Schale perfekt machen und ihren unliebsamen Spitznamen "Vizekusen" endgültig archivieren. "Wir können jetzt darüber reden, dass wir nächste Woche alles klar machen können, mit so viel Abstand Deutscher Meister zu werden", sagte Leverkusens Mittelfeld-Regisseur Granit Xhaka. "Das zeigt, was für eine Saison wir spielen - und wir werden alles dafür tun, vor eigenem Publikum das Ding zu Ende zu bringen."

Unions Vorsprung auf den Relegationsplatz schmilzt dagegen auf sechs Punkte. Eine Bestandsaufnahme, die Bjelica sechs Spieltage vor Saisonende selbstbewusst und realistisch einzuordnen weiß. Der Klassenerhalt ist in Reichweite, sein Team gefestigt. "Alles, was wir zuletzt geleistet haben, gibt uns für die nächsten Spiele sehr viel Mut und Selbstvertrauen", so der Kroate. Aber: "Wir sind noch lange nicht durch und müssen weiter fokussiert bleiben."

Sendung: rbb24, 06.04.2024, 21:45 Uhr

Beitrag von Anton Fahl

14 Kommentare

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  1. 13.

    Ich muss diesen dummen Spruch bemühen: gegen eine Mannschaft 1:0 zu verlieren, der momentan alles zu gelingen scheint, die Spielfreude und taktisch beseelt ist, ein Kollektiv wie ein Fels, das Alles, was Union vermissen lässt, ist nicht tragisch.
    Wirklich tragisch wäre ein Abstieg.

  2. 12.

    rbb 24 wird das hoffentlich erlauben - ich bekomme kein Geld dafür und werbe ohne Wissen der Empfohlenen!
    Zwei Buchempfehlungen für objektive Fußballinteressierte von mir, der ich mich NICHT nur oder hauptsächlich für Fußball interessiere:
    CHISTOPH RUF: "Genug geredet!: Die Irrwege der Bundesliga und die Inkonsequenz der Fans."
    FRANK WILLMANN: "Streifzüge durch den wilden Fußball-Osten."

  3. 11.

    Ich vermute, dass Sie <"quod erat demonstrandum (lat. für „was zu beweisen war“) > meinen. Dieses "q.e.d." wird oft in der Logik und der Mathematik angewendet. Zum Beispiel am Ende einer Beweisführung!
    Was haben Sie denn nun bewiesen?
    Oder sollte W. S. den "Beweis" für die "2. Garnitur" erbringen?
    Mathematik ist übrigens ein Fachgebiet, von welchem ich nicht nur eine Ahnung habe!!
    Mit "Odi profanum vulgus et arceo" grüße ich Sie.
    "Odi pr...." stammt nicht von Loddar oder Poldi !



  4. 10.

    Sigurd: "Quod erum demonstrantum!"
    Wenn der FCU entsprechend Ihrer Lateinqualität auftreten würde (Konjunktiv!), ließe (dito!) sich der "Familienbetrieb" (Zingler) maximal in der Regionalliga verorten.
    Sie sollten sich mit der Belehrung anderer Kommentierer zurückhalten, da es Ihnen Peinlichkeiten dieser Art ersparen würde.
    Pseudointellektualität schießt Eigentore!
    Sie unterstellten mir schon mal, dass ich keinen Sinn für Ironie hätte, weil ich ihre "ironische" Frage nach einer Bremer Herkunft, Ihre "Ironie" bewusst (!) ignorierend, ehrlich beantwortet hatte.
    Sie reagierten ungehalten auf meinen vorletzten Beitrag, weil sie unfähig sind, den Konjunktiv in "ließe" zu erkennen. Ein anderer Kommentator hat sie darauf hingewiesen.
    Jetzt belehren Sie den W. SchUlz mit dem hanebüchenen "Sigurd-Latein".

  5. 9.

    Vielleicht kann man sagen, dass Leverkusen derzeit eher zwei A-Teams hat, so dass der Trainer munter rotieren lassen kann. Das sollte eine eingeplante Niederlage gewesen sein, auch wenn Leverkusen vermutlich angesichts der Tabelle nicht mehr volle 100 % Motivation abrufen kann. Spielerisch hat denen derzeit dennoch kein Konkurrent etwas entgegenzusetzen.

  6. 6.

    Berlin braucht einen 1.Ligisten und einen 2.ligisten aber einen 3.Ligisten braucht Berlin auch

  7. 5.

    B04 hat Ihrer Meinung nach also eine B-Elf gegen den FCU antreten lassen? Bitte erläutern Sie diese Behauptung doch en détail, Wolfram.

  8. 4.

    Chapeau Heidenheim, dem Bayernbezwinger!
    Tradition: Seit 16 Jahren den gleichen Trainer.
    Mit ca. 50 000 Einwohnern liegt Heidenheim fußballerisch vor der Hauptstadt Berlin!

  9. 3.

    Lieber Herr Schilz,
    Wo sehen Die fie 2. Garnitur des designierten neuen Meisters?

    Sie haben in anderen Beiträge selbst geäußert, dass Sie eigentlich kein Fußballexperte sind.
    Quod erum demonstrantum!

  10. 2.

    Schade, dass Union nicht absteigt mit diesem grausamen Fußball den sie spielen.

  11. 1.

    Immerhin gegen die zweite Garnitur des baldigen Meisters eine gute Figur gemacht.

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