Rechtsextreme Vorfälle an Schule - Netzwerk hofft nach Brandbrief in Burg auf stärkere Unterstützung vom Land

Fr 23.06.23 | 07:28 Uhr | Von Sebastian Schiller
  8
Die Bus-Haltestelle «Burg Schule» steht vor einer Grund- und Oberschule im Spreewaldort Burg. Nach dem Brief von Lehrkräften zu rechtsextremen Vorfällen an ihrer Schule im Spreewald wollen die Behörden die Vorwürfe aufarbeiten. Die Pädagogen beklagten auch, dass Unterstützung von Schulleitungen, Schulämtern und Politik fehle. (Quelle: Patrick Pleul/dpa)
Audio: Antenne Brandenburg | 23.06.2023 | Sebastian Schiller | Bild: Patrick Pleul/dpa

Vor acht Wochen wandten sich zwei Burger Lehrer mit einem Brandbrief an die Öffentlichkeit. Sie berichteten von rechtsextremen Vorfällen und von mangelnder Unterstützung der Opfer. Wie ist die Situation heute? Von Sebastian Schiller

Laura Nickel und Max Teske wirken entspannt. Kurz nach dem Ende des Schultages sitzen sie auf dem Festplatz in Burg (Spree-Neiße). Acht Wochen ist es her, dass beide die Vorfälle an der Oberschule in Burg öffentlich gemacht haben.

In einem Brandbrief hatten die Lehrer, damals noch anonym, davon berichtet, dass rechtsextremes Gedankengut an ihrer Schule normal sei. Schüler würden den Hitlergruß zeigen, Tische seien mit Hakenkreuzen beschmiert. Schüler, die extreme Ansichten nicht teilen, fürchteten um ihre Sicherheit. Auch Schüler hatten diese Vorfälle in einem eigenen Brief geschildert.

Acht Wochen nach dem Brief hat sich die Lage an der Schule zwar verändert - aber nicht entscheidend verbessert, sagen sie jetzt.

Fehlendes Problembewusstsein bei einigen Lehrern

Nicht alle Lehrer finden die Vorfälle überhaupt problematisch, sagt Max Teske. "Nach wie vor gibt es eine Lagerbildung. Man merkt, dass bei vielen Schülern die Luft raus ist bei dem Thema. Aber dass es ein Umdenken in der Lehrerschaft gibt, ist nicht zu sehen. Es ist eher eine Verschärfung, ob man dafür ist oder dagegen", sagt Teske.

Aufmerksamkeit haben Teske und Nickel in jedem Fall erzielt. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, hatte die Lehrer ins Kanzleramt zu einem Gespräch eingeladen. "Es war ein sehr offenes, produktives Gespräch", sagt Laura Nickel. Schneider habe sich sehr interessiert gezeigt und sei gut informiert gewesen. Auch das Bundesfamilienministerium habe sich gemeldet und mit den Lehrern gesprochen. Bundespräsident Steinmeier verurteilte die Vorfälle.

Die Vorfälle waren auch bei einer Kreistagssitzung thematisiert worden. Gleichzeitig versuchten andere Akteure Kapital aus der Situation zu schlagen. Eine rechtsextreme Kleinstpartei hatte unmittelbar vor der Schule versucht, Schüler und Eltern für sich zu gewinnen. Die Gemeinde hatte das daraufhin untersagt.

Kritik an Landesregierung

Von der Landesregierung hingegen kam zu wenig. Das sagen nicht nur die beiden Lehrkräfte aus Burg, sondern zahlreiche weitere in ganz Südbrandenburg. Im Netzwerk "Mehr Demokratie an Schulen" haben sie sich nach Bekanntwerden der Vorfälle zusammengeschlossen - gemeinsam mit Schülern, Eltern, Sozialarbeitern und anderen Vertretern der Zivilgesellschaft. Das Netzwerk will Rechtsextremismus, Homophobie und Sexismus an Schulen etwas entgegensetzen.

Es fehle an klaren Zusagen aus der Politik, abseits warmer Worte, sagt beispielsweise der Spremberger Pfarrer und Mitinitiator des Netzwerks Lukas Pelio. "Es ist ein bisschen irritierend, dass man feststellen muss, je weiter die Menschen räumlich und in der Verantwortung weg sind, desto stärker ist die Unterstützung. Ganz vor Ort könnte es deutlich mehr sein", so Pelio. Aber: "Wir leben gerne hier und engagieren uns gerade deswegen."

Schulfest mit Workshops geplant

Kurz nach Gründung des Netzwerks hatte es zu einer ersten Demonstration aufgerufen. Vor dem Cottbuser Schulamt kamen etwa 150 Menschen zusammen. Erstmals hatten auch Nickel und Teske bei der Demo öffentlich Gesicht gezeigt.

Nun trauen sie sich mehr. Für die kommende Woche haben engagierte Lehrkräfte ein Schulfest organisiert. "Da werden sich viele verschiedene Religionen vorstellen, werden mit den Schülerinnen ins Gespräch kommen, es wird verschiedene Workshops geben", so Teske.

Es bleibt die Hoffnung, dass durch die öffentliche Wahrnehmung des Problems und durch solche Aktionen Schüler wieder von extremistischen Ideologien gelöst werden können. "Wir hoffen, dass das den Schülern lange im Gedächtnis bleiben wird", sagt Max Teske.

Sendung: Antenne Brandenburg, 23.06.2023, 10:30 Uhr

Beitrag von Sebastian Schiller

8 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 8.

    Genau, irgendwas ist immer. Vielleicht eine braune Brühe in der Spree, keine Grenzkontrollen an der Neiße (Frau Faeser sitzt ja in Sicherheit), Verlust gut bezahlter Kohlearbeitsplätze und deshalb Sorgen um die eigene Zukunft und die der Kinder in einer von Tagebauen zerstörten Landschaft und abrutschender künstlicher Seen. Das ist schon eine andere Hausnummer, als wenn in Berlin ein Auto halb auf dem Radweg parkt. Ein so genannter Bürgerdialog der Landesspitze mit ausgesuchten geladenen Gästen widerspiegelt wohl kaum die tatsächlichen Sorgen der Menschen deren Zuhause diese Region ist und da nützt es auch wenig, wenn der Ministerpräsident auch dort wohnt. Heimvorteil hat er nicht.

  2. 7.

    Wie steht denn Brandenburg ohne Berlin da?

    In der Lausitz sind 2000 Kohle Arbeitsplätze schon der Untergang des Abendlandes. Dabei sind glaub ich weniger Polen. In DD funktioniert dagegen kaum ein Hotel ohne Tschechinnen und Syrer. Aus Betrieben in Guben hört man dagegen öfters Geraune über "die Polen".

    Irgendwas ist immer.

  3. 6.

    "Schon komisch, dass Gebiete wie Erzgebirge und Lausitzbvon dem Ruf als völkisch rein/anti-woke/anti-alles, bisher was Zuzug angeht nicht profitieren konnten." Wie ist denn dort aktuell der Bedarf im Vergleich zu brandenburger Regionen? Decken diese Regionen evtl. einen Teil des Bedarf durch Arbeitspendler aus PL und CZ? Wie stehen diese Regionen wirtschaftlich im Vergleich zu Brandeburg da?

  4. 5.

    Vielleicht hat der Zuzug ins Berliner Umland auch andere Gründe als "völkische Reinheit"?

    Z. B. Preisniveau ODER auch schlicht Verfügbarkeit von Platz/Wohnraum/Grundstücken.

    Schon komisch, dass Gebiete wie Erzgebirge und Lausitzbvon dem Ruf als völkisch rein/anti-woke/anti-alles, bisher was Zuzug angeht nicht profitieren konnten.

  5. 4.

    Zum Glück, ansonsten wäre Brandenburg längst im braunen Sumpf versunken.

    Außerdem ist der Zuzug nicht ganz freiwillig wenn man in Berlin keine bezahlbare Wohnung mehr bekommt.

  6. 3.

    Finden doch sehr viele Menschen, selbst in Berlin toll - der Zuzug nach Brandenburg ist doch ungebrochen.
    Viele ehemalige Berliner:innen tauschen jedes Jahr, Berlin für Brandenburg.
    Das BER Umfeld und der Brandenburger Südosten boomen wie nie.
    Demokratie hat wahrscheinlich, viele Gesichter ?

  7. 2.

    Nicht alle Lehrer finden die Vorfälle überhaupt problematisch?
    Na dann gute Nacht, liebe Demokratie in Brandenburg.

  8. 1.

    Traurig wie die Leute mit ihrem Kampf gegen Rechtsextremismus allein gelassen werden. War Herr Woidke eigentlich mal dort, hat mit Schülern, Eltern und Lehren gesprochen? Dieses ewige Wegschauen und Beschwichtigen, langsam müsste doch mal angekommen sein dass diese Strategie fatal ist.

Nächster Artikel