"Willkommen-in-Arbeit" - Vermittlungsbüros für Geflüchtete in Berlin droht die Schließung

Fr 03.11.23 | 14:26 Uhr | Von Iris Völlnagel und Kirsten Buchmann
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"Willkommen-in-Arbeit"-Büros in Spandau und Lichtenberg sind im November 2023 von Schließung bedroht. (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Laut Bundeskabinett sollen Flüchtlinge und Asylbewerber schneller arbeiten dürfen. Bei der Jobsuche stehen sie aber oft etwa vor sprachlichen Hürden. Unterstützenden Büros in Berlin droht nun das Aus. Von Iris Völlnagel und Kirsten Buchmann

Sawsan Diab lässt sich in dem "Willkommen-in-Arbeit"-Büro in Berlin-Spandau beraten. "Ich suche eine Arbeit, könnten Sie helfen, einen Lebenslauf und eine Bewerbung zu machen?" Job-Coach Mehr Afsoon Faqiryar, die ihr am Schreibtisch gegenübersitzt, hilft sehr gern. Sie stellt Diab Fragen nach ihren Vorkenntnissen.

In Syrien war die 53-Jährige unter anderem Sekretärin in einer Zahnarztpraxis. Inzwischen lebt sie seit sieben Jahren in Deutschland und hat in Sprachkursen Deutsch gelernt. Eine komplette Jobsuche schafft sie allerdings noch nicht allein. Das Spandauer "Willkommen-in-Arbeit"-Büro unterstützt sie daher, wie rund 2.000 andere Ratsuchende allein schon in diesem Jahr, sagt Leyla Barghi, Koordinatorin des Spandauer Büros. "Wir helfen den Menschen, dass sie sich hier in Deutschland gut integrieren können." Arbeit gehöre mit dazu.

Beratungs-Nachfrage steigt

Das "Willkommen-in-Arbeit"-Büro in Spandau hat vier Mitarbeiter, dazu kommen insgesamt 16 Berater ins Haus. Seit 2016 bietet das Büro seine Unterstützung an, kostenfrei, unter anderem auf Arabisch und Farsi. Leyla Barghi fürchtet allerdings, dass damit bald Schluss sein könnte. Denn im Senatsentwurf für den Landeshaushalt der beiden kommenden Jahre sind keine Gelder mehr für die Büros vorgesehen.

Die Nachfrage nach Beratung jedoch steige, sagt Barghi. Sie sei deshalb der Meinung, "dass gut funktionierende, etablierte Projekte gefördert werden sollten." Sie wünsche sich, dass Geld zur Verfügung gestellt werde, damit ihr Projekt weiterlaufen könne, für das Büro in Spandau rund 240.000, für das in Lichtenberg 470.000 Euro im Jahr.

Befristetes Modellprojekt

Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) begründet die Streichung der Gelder damit, dass das Land Berlin die Schuldenbremse einhalten müsse. Die "Willkommen-in-Arbeit"-Büros in Spandau und Lichtenberg seien als befristete Modellprojekte gefördert worden. Nun müsse sich ihre Senatsverwaltung auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, sagt Kiziltepe: "Das bedeutet aber nicht, dass wir qualitativ an den Inhalten dieser Projekte kürzen. Es gibt andere Programme, die wir fördern, die Beratung in Bildung und Beruf, die allen Bezirken zur Verfügung stehen."

Das heißt, Geflüchtete sollen eine dieser anderen Beratungsstellen aufsuchen. Reem Kayali aus Syrien hat es allerdings gerade durch die Unterstützung des "Willkommen-in-Arbeit"-Büros in Spandau geschafft, eine Stelle zu finden. Seit September arbeitet sie als Küchenhilfe in einer Schule. "Ich habe hier im Büro Hilfe gefunden, weil sie sehr nett sind und immer mit Lebenslauf und Bewerbung helfen."

Sawsan Diab, ebenfalls aus Syrien, ist noch nicht so weit wie sie und weiter auf Arbeitssuche. Beide wünschen sich, dass die "Willkommen-in Arbeit"-Büros offenbleiben, um eingewanderte Jobsuchende zu unterstützen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 2.11.2023, 19.30 Uhr

Beitrag von Iris Völlnagel und Kirsten Buchmann

10 Kommentare

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  1. 10.

    "... Wenn ihr Mittelstand sich weiter der Realität des Fachkräftemangels verschließt, kann er noch so lange AfD wählen, wie er es jetzt schon tut. ..."

    Wo haben Sie denn diese steile These aufgeschnappt?
    Seit wie vielen Jahren beklagt der Mittelstand bereits den Fachkräftemangel bzw. fehlenden Nachwuchs durch mangelhafte Schulbildung?

    Mit der AfD-Wählerschaft habe ich wohl auch die letzten Monate etwas falsch verstanden. War/ist dies nicht eine andere "Schicht"?
    Nun ja, so wie man's gerade braucht ...

  2. 9.

    Hä? Was hat das denn mit den Äußerungen von "zappa" hinsichtlich Mittelstand zu tun? Im Beitrag steht etwas von der Vermittlung als Küchenhilfe in einer Schule. Ist das Ihrer Meinung so eine Fachkräftestelle? Alles, was diese Projekt-Büros leisten, schafft jeder Personaldienstleister in Hinterposemuckel auch ohne Förderung. Im Beitrag ging es um Vermittlung in Arbeit, nicht um Gesinnung bei Wahlen. Allerdings kann ich nicht erkennen, dass es es derartige Hilfsbüros für Einheimische gibt und nicht alle Flüchtlinge, Asylbewerber, illegal Eingereiste und Geduldete leben in Berlin. Ganz einfach.

  3. 8.

    Wenn ihr Mittelstand sich weiter der Realität des Fachkräftemangels verschließt, kann er noch so lange AfD wählen, wie er es jetzt schon tut. Am Personalmangel wird sich dadurch nichts ändern. Viel Erfolg weiterhin mit ihrer Weltenflucht! Recherchetipp für Sie: „Engpassberufe“ und „Arbeitsagentur“ in die Suchmaschine ihres Vertrauens eingeben, vielleicht hilft es.

  4. 7.

    Könnten Sie bitte ausführlich berichten über die von Frau Kiziltepe angesprochenen Projekte? Es wäre wirklich wichtig, darüber mehr zu erfahren. Mit der Empörung über den jetzigen Schritt in diesem Fall kommen Betroffene auch nicht weiter.

  5. 6.

    Ein Quartal hat 13 Wochen, das wäre also pro Woche eine Vermittlung.
    Im Prinzip läuft das Vermitteln exakt ab wie in Büros von Zeitarbeitsfirmen. Die werden nicht mit öffentlichen Geldern gefördert und vermitteln viele Menschen in sozialversicherungspflichtige Arbeit. Auch die Mitarbeiter dort helfen Menschen, die Probleme mit der Sprache haben. Folglich ist das Projektende nicht das Drama. Selbst die Mitarbeiter kämen bei Zeitarbeitsfirmen unter, die suchen immer Personal.


  6. 5.

    Geflüchtete Geflüchtete Geflüchtete...Ihr - Wir müssen endlich begreifen das Hier-lebende auch Riesenprobleme haben. Und Hier-lebende sind Wahlberechtigt. Wenn die Politik sich weiterhin bemüht,den Mittelstand in diesem Land ALLES bezahlen zu lassen, dann werden wir noch ganz andere Wahlergebnisse bekommen, als es die Umfragen jetzt schon vermuten lassen .

  7. 4.

    Nur in einem dieser Büros hat ein Jobcoach in einem Quartal 13 Personen in sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle vermittelt. In diesem Büros wird viel mehr gemacht als nur Lebenslauf und Bewerbung schreiben.

  8. 3.

    Wie immer. Deutschland und seine Gesetze. Geld wird ein sinnvoller Stelle gestrichen und woanders mit vollen Händen im Klo weggespült (z b. PKW Maut)

  9. 2.

    Eine stolze Summe, die da vom Land Berlin für 2 Büros bezahlt wurde. Die Entscheidung dies nicht mehr zu tun, ist absolut richtig, zumal es vom Land angebotene Hilfe gibt. Gut das mit den Steuergeldern sparsam umgegangen wird.

  10. 1.

    Zumindest für die Formalia Lebenslauf und Anschreiben könnte die kostenlose, nicht-kommerzielle Plattform jobloq.de helfen. Die Erstellung der Unterlagen wird dort mehrsprachig begleitet.

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