Streik bei Galeria - Verdi fordert Ende von "unmoralischen" Angeboten

Di 05.11.24 | 15:33 Uhr
  10
Streik der Galeria-Beschäftigten in Berlin (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Abendschau | 05.11.2024 | Philipp Höppner | Bild: rbb

Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten der Galeria-Kaufhäuser in Berlin und Potsdam zum Streik aufgerufen. Hintergrund: Der Konzern versuche, über das Angebot eines "Betrieblichen Bündnisses" den Tarifvertrag auszuhebeln.

Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten der sechs Berliner Galeria-Kaufhäuser und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des einen Potsdamer Standortes zum Warnstreik aufgerufen. Die rund 1.000 Beschäftigten sollten am Mittwoch ihre Arbeit niederlegen. Um 11 Uhr gab es eine Streikkundgebung vor der Galeria-Filiale in Steglitz.

Verdi möchte mit dem Streik Druck auf das Unternehmen ausüben. Die Gewerkschaft kämpft für eine tarifliche Lohnerhöhung bei den Galeria-Beschäftigten und gegen das Vorgehen des Unternehmens. Dieses mache, so Verdi, den Beschäftigten "unmoralische, vergiftete" Angebote. So steht es in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft. Außerdem streitet Verdi für den Erhalt der Galeria-Filiale am Alexanderplatz.

"Betriebliches Bündnis" statt Tarifvertrag

Laut Gewerkschaft versucht das Galeria-Management, die Beschäftigten dazu zu bewegen, auf einen Schutz durch den Tarifvertrag zu verzichten und im Gegenzug über ein sogenanntes "Betriebliches Bündnis" eine Lohnerhöhung zu erhalten. Das bedeutet: Es gibt nur mehr Geld, wenn man auf einen Tarifvertrag verzichtet. Doch ohne Tarifvertrag seien die Beschäftigten zukünftig abhängig vom "Goodwill" des Arbeitgebers, argumentiert Verdi.

Dem Streikaufruf von Verdi folgten die Standorte in Berlin. Auch die Potsdamer Filiale war zum Streik aufgerufen. Gestreikt wurde dort allerdings nicht. Ralph Thomas ist Verdi-Gewerkschaftssekretär Einzelhandel für Berlin und Brandenburg. Er erklärt sich die fehlende Streik-Beteiligung in Potsdam so: "Dort mussten sich bereits jetzt viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem sogenannten 'Betrieblichen Bündnis' abfinden." Viele in Potsdam hätten schon unterschrieben und hätten deshalb nicht am Streik teilgenommen, so Thomas.

Situation wirkt sich auf Stimmung im Betrieb aus

Klaus Krekow ist langjähriger Mitarbeiter in der Galeria-Fliliale in Steglitz. Er fühlt sich von Seiten des Unternehmens zu einer Unterschrift genötigt. "Ich brauche mehr Geld - aber bin zwiegespalten. Wenn ich unterschreibe, muss ich eventuell in der nächsten Zeit mit großen Einschränkungen rechnen." Diese Einschränkungen seien Urlaubseinbußen, Sonntagsarbeit als Pflicht und fehlende Zusicherungen von Seiten des Arbeitgebers, so Krekow.

Seit mehreren Wochen würde er sich mit diesen Gedanken herumplagen, erzählt er. "Ich fühle mich schlecht. Ich habe keine Konzentration mehr, mich ordentlich auf die Kunden einzulassen. Ich bin nur noch unter Druck, kann kaum noch ordentlich schlafen und mache mir Sorgen, wie ich meine Miete in Zukunft bezahlen soll."

Sorge um Standort am Alexanderplatz

Die Galeria-Filiale am Alexanderplatz ist die größte der Region. In dem Warenhaus in Berlin-Mitte arbeiten rund 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deren Jobs sind bedroht, denn es steht die Schließung der Filiale im Raum. Wegen Sanierungsarbeiten soll Galeria Ende 2025 ausziehen. So wünscht es sich der Eigentümer. Danach könnte es sein, dass Galeria gar nicht mehr dort einzieht.

Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) möchte dieses Szenario verhindern. "Es ist das letzte große Warenhaus im Osten Berlins. Ich bin selber Kundin dort und gehe da gerne einkaufen. Ich fände es ein Jammer, wenn dort dieses Haus verschwindet", sagte Giffey auf einer Pressekonferenz. Sie habe die Eigentümer des Hauses, die Commerz Real AG, zu einem persönlichen Gespräch am Freitag eingeladen. "Große Umbaumaßnahmen in Warenhäusern finden nach internationalen Standards immer im laufenden Betrieb statt. Das werden wir mit den Eigentümern besprechen, um gemeinsam einen Weg zu finden, das zu ermöglichen." Ob der Eigentümer sich auf diesen Vorschlag einlässt, bleibt abzuwarten. Ab Donnerstag kann dann aber wieder ganz regulär in den Galeria-Filialen eingekauft werden.

Sendung: rbb24, 05.11.2024, 13:00 Uhr

10 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 10.

    Natürlich kann man nur ausgeben, was man auch einnimmt. Wenn ein Unternehmen die Mitarbeiter nicht mehr richtig bezahlen kann, dann muss es geschlossen werden. An der Dividende für die Investoren wird sicher nicht gespart - oder?
    Ich denke: Zahlt den Mitarbeitern eine faire Abfindung und kümmert euch um deren Umschulung. Es gibt heut genügend Stellen für die Arbeitskräfte gesucht werden. Ich glaube auch, dass viele nur bleiben weil sie auf eine Abfindung hoffen.
    Jene, die kurz vor der Rente stehen, könnte man in einer Filiale, die erhalten bleiben soll, zusammenfassen.
    Letztlich ist das Schiff am sinken und man kann den Mitarbeitern nur zurufen
    „ wer zu spät kommt, den bestraft das Leben „

  2. 9.

    Warum, meinen Sie, werden deutschlandweit 16 Kaufhäuser (davon 3 in Berlin) geschlossen?
    Weil es dem Unternehmen so gut geht?

  3. 8.

    Sie vergessen, dass ein Gehaltsplus bei Galeria aktuell kontraproduktiv ist. Letztlich ist die Erhaltung der Arbeitsplätze wohl wichtiger als mehr Geld?

    Letztlich sägen Mitarbeiter auf dem Ast, auf dem sie sitzen. Und das ist logisch??

  4. 7.

    Wenn man hier die Kommentare liest, könnte man denken dass Verkäufer am besten ehrenamtlich arbeiten sollen. Schon mal daran gedacht, dass auch ein Angestellter Verkäufer von irgendetwas leben muss? Faire Bezahlung?
    Wenn ein Unternehmen nur noch auf Kosten der Mitarbeiter überleben kann, dann muss es Konkurs anmelden!

  5. 6.

    Was ist ein Unmoralisches Angebot ??? wenn die Gewerkschaften so weitermachen dann werden die Konkurszahlen ( Pleiten)wohl weiter zu nehmen dann können die Streikenden sich bei den Job -Center vorstellen die Gewerkschaften wollen oder Merken nicht das ihre Politik zu scheitern verurteilt ist. Lohn ( Mieten) Preisspirale auslöst wieso ist Galeria erneut am Ende, weil sich immer Wenigere den Einkauf leisten können. Die Nächst Pleite ist vorprogrammiert. Verdi schön weiter so dann klappt es auch mit Steigenden Mitgliedbeiträgen.

  6. 5.

    Ich habe bei Hertie in Spandau in der Parfümerie Abteilung gelernt. Da war es noch ein Kaufhaus wo man fast "Alles " bekommen hat. Oder für den Kunden bestellt wurde....nannte sich Service.
    Dazu gab es eine gut sortierte Lebensmittelabteilung, die zwar etwas teurer war, aber ein schönes Sortiment hatte.
    Ich gehe heute in kein Kaufhaus mehr, außer vielleicht ins KADEWE.
    Ich brauche Schuhe in Größe 43....gibt es kaum oder Chanel Nummer 5 50ml, haben wir gerade nicht.
    Dank dem Online Handel bekomme ich "Alles ".

  7. 4.

    Sehe ich auch so, ich bin selber langjähriges Verdi-Mitglied im Einzelhandel und kann nur noch den Kopf schütteln. Jeder bei Galeria sollte sich was neues suchen, wenn er kann. Achja Verdi, vielen Dank für diesen miesen Tarifabschluss in 2024. Nur heiße Luft, sonst nichts.

  8. 3.

    Danke, Steffen, ich hätte es nicht besser ausdrücken können - genau so ist es.
    Denen, die nicht in den nächsten 1-2 Jahren in Rente gehen können, rate ich, sich einen anderen Job zu suchen. Karstadt, Galeria und Co. sind dem Untergang geweiht - eigentlich wissen das doch inzwischen alle, oder?

  9. 2.

    Ich kann verstehen das die Eigentümer von Galería Kaufhof am Alex dieses Schließen wollen. Verdi ist einfach zu mächtig und stellt zu hohe Forderungen.

  10. 1.

    Die Gewerkschaft sollte registrieren, dass das Konzept Vollsortiment-Warenhaus seit Langem tot ist und sämtliche Versuche zur Wiederbelebung zum Scheitern verurteilt. Entsprechend wäre es zielführender, die Mitglieder beim Wechsel zu neuen Beschäftigungen zu unterstützen und zu beraten, als weiterhin falsche Hoffnung zu geben. Die Stimmung der Belegschaft zeigt doch, wie unsicher die Perspektive ist und dass man nur noch hofft, irgendwann als Letzter gehen zu müssen und sich damit vielleicht noch zur ersehnten Rente retten zu können. Aber eine wirkliche Zukunft sieht niemand, der sich die Situation mal unvoreingenommen betrachtet. Einzelhandel überlebt langfristig nur spezialisiert und mit entsprechender persönlicher Beratung dazu. In Geschäften, wo die Verkäufer das Sortiment selbst nicht kennen, findet der Kunde genau das aber eben nicht und kauft im Netz mit deutlich mehr Auswahl, "ehrlicheren" Bewertungen und meist niedrigeren Preisen.

Nächster Artikel