Stiko-Empfehlung - Was Sie über die Kreuzimpfung wissen sollten
Zuerst Astrazeneca, dann ein mRNA-Impfstoff: Wie wirksam ist die Kombination gegen die neue Corona-Variante, wann darf die Zweitimpfung erfolgen? rbb|24 hat die häufigsten Fragen zur Impfempfehlung der Stiko gesammelt und beantwortet.
Weil die Delta-Variante zunehmend das Corona-Infektionsgeschehen bestimmt, hat die Ständige Impfkommission (Stiko) empfohlen, nach einer Erstimpfung mit dem Vakzin von Astrazeneca eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff durchzuführen, um sich zu schützen. Bund und Länder unterstützten am Freitag die Empfehlung. In Berlin soll die sogenannte Kreuzimpfung bereits seit Freitagnachmittag in den Impfzentren umgesetzt werden. Auch die Brandenburg er Landesregierung kündigte noch am Freitag an, die Empfehlung "schnellstmöglich umzusetzen".
Die Stiko hatte am Donnerstag die Empfehlung für eine so genannte Kreuzimpfung abgegeben [tagesschau.de]: Wer einmal Astrazeneca bekommen habe, soll bei der Zweitimpfung eines der beiden mRNA-Vakzine von Biontech/Pfizer oder Moderna erhalten. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass eine solche Kreuzimpfung laut Studienergebnissen wirksamer vor einer Corona-Infektion schütze als eine zweimalige Verabreichung von Astrazeneca.
Fachleute sprechen von einem heterologen Impfschema. Dieses hatte die Stiko bisher nur jüngeren Menschen angeraten, die bereits eine Erstimpfung mit Astraneneca bekommen hatten, bevor das Vakzin nur noch für Menschen ab 60 Jahren empfohlen wurde. Nun empfiehlt es die Impfkommission unabhängig vom Alter.
Bekommen Astrazeneca-Geimpfte nun eine mRNA-Zweitimpfung?
Wer einmal Astrazeneca bekommen hat, soll bei der Zweitimpfung eines der beiden mRNA-Vakzine von Biontech/Pfizer oder Moderna erhalten. Die Berliner Senatsgesundheitsverwaltung erklärte am Freitag, Personen, die in einem Corona-Impfzentrum mit Astrazeneca erstgeimpft werden, können künftig zur Vervollständigung der Impfserie in einem Abstand von vier Wochen die Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff erhalten. Das Buchungssystem werde "zeitnah" entsprechend umgestellt.
Das Brandenburger Gesundheitsministerium rief Menschen, die bereits einen Zweitimpfungstermin mit Astrazeneca haben, dazu auf, diesen unbedingt wahrzunehmen. In den Impfzentren werde dann ein mRNA-Impfstoff angeboten. Das Buchungssystem werde "schnellstmöglich" umgestellt. Auch für Hausarztpraxen stünde grundsätzlich genug mRNA-Impfstoff zur Verfügung. Diese sollen zügig beliefert werden.
Insbesondere wegen der sich auch in Deutschland ausbreitenden Delta-Variante gilt die doppelte Impfung als besonders wichtig. Denn nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist der Schutz gegen diese Mutante nach der einmaligen Impfung deutlich eingeschränkt.
Was ist über die Wirksamkeit der sogenannten Kreuzimpfung bekannt?
Die Stiko bezeichnet nach aktuellen Studienergebnissen das heterologe Impfschema (Aztrazeneca/mRNA-Impfstoff) als deutlich überlegen gegenüber zwei Astrazeneca-Impfungen.
Die Charité Berlin fand im Juni heraus, dass es für Geimpfte mit einer Kreuzimpfung keine Nachteile gibt, was Wirksamkeit und Verträglichkeit angeht. Die Immunisierung durch eine Astrazeneca-Dosis, gefolgt von einer Dosis Biontech sei genauso wirksam wie zwei Impfdosen von Biontech-Pfizer. Bei der Impfung mit einem Abstand von zehn bis zwölf Wochen sei die Kombination gut verträglich.
Eine Oxford-Studie zeigt nun, dass unabhängig von der Reihenfolge einer Kreuzimpfung, bei einem Impf-Abstand von vier Wochen, eine hohe Konzentration von Antikörpern gegen das Spike-Protein des Coronavirus Sars-CoV-2 gebildet wird [Frankfurter Rundschau].
Wie lang muss der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung sein?
Als Empfehlung für die Abstände zwischen den zwei erforderlichen Impfstoffdosen empfiehlt die Impfkommission: drei bis sechs Wochen bei BioNTech/Pfizer, vier bis sechs Wochen bei Moderna, neun bis zwölf Wochen bei AstraZeneca - falls noch jemand zweifach damit geimpft werden sollte.
Bei der Kreuzimpfung kann nach Auffassung der Stiko der zeitliche Abstand zwischen beiden Dosen verkürzt werden. Die Experten raten hier zu einem mindestens vierwöchigen Abstand - diese Empfehlung wollen Berlin und Brandenburg laut ihren Ankündigungen folgen.
Ab wann sollen Astrazeneca-Geimpfte eine Zweitimpfung mit mRNA-Impfstoff erhalten?
Allen mit einer ersten Spritze von Astrazeneca solle "so bald wie möglich" eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff angeboten werden, sagte der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Amtschef Klaus Holetschek (CSU) am Freitag. Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kann das teils sofort passieren - nämlich dort, wo mRNA-Impfstoff auf Lager sei: "Es wird sehr zügig gehen können, die Empfehlung umzusetzen, weil ausreichend mRNA-Impfstoff da ist."
Spahn geht zudem davon aus, dass für Impfwillige eine Erstimpfung mit Astrazeneca attraktiver wird - weil die Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff dann bereits nach vier Wochen erfolgen kann. Der Gesundheitsminister rief die Bürger auf, nicht auf die Zweitimpfung zu verzichten - diese sei besonders wichtig zur Abwehr der besonders infektiösen Delta-Variante des Coronavirus. "Je mehr Impfungen im Sommer, desto besser wird der Herbst", sagte Spahn.
Und was ist mit dem Impfstoff von Moderna?
Laut aktuellen Untersuchungen wirkt der Corona-Impfstoff von Moderna auch gegen die Delta-Variante [Frankfurter Rundschau]. Das hätten Labor-Untersuchungen gezeigt, wie der Hersteller des Impfstoffs mitteilte. Die Untersuchungen basierten auf Blutproben von acht Teilnehmern, die eine Woche nach Erhalt der zweiten Impfdosis entnommen worden waren. Die Konzentration der im Blut vorhandenen Antikörper gegen Delta, gemessen über den sogenannten Impftiter, sei nur "geringfügig niedriger" gewesen, heißt es.
Gibt es nach Kreuzimpfungen stärkere Nebenwirkungen?
Es kann tatsächlich vorkommen, dass Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Fieber bei einer Kreuzimpfung häufiger auftreten als nach einer Zweitimpfung mit dem gleichen Vakzin. Eine Studie der Universität Oxford, kürzlich im Fachmagazin "The Lancet" erschienen, hat eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für milde und moderate Nebenwirkungen nach der zweiten Dosis festgestellt.
Bei den Studienteilnehmern kam es zu vermehrten Arbeitsausfällen am Tag nach der Impfung wegen milder oder moderater Kopfschmerzen, Müdigkeit, Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl. Anlass zur Sorge um die Patientensicherheit gebe es aber nicht, haben die Wissenschaftler betont.
Offensichtlich spielt auch der Abstand zwischen beiden Impfungen eine Rolle: Je kürzer der Abstand, desto stärker die Nebenwirkungen. Beim Abstand von neun bis zwölf Wochen, wie er bisher von der Stiko empfohlen wurde, klagten die Impflinge meistens nur über Schmerzen im Arm.
Ist genug mRNA-Impfstoff verfügbar?
Deutschland hat nach Angaben von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ausreichend Dosen, um die Stiko-Empfehlung für eine Kreuzimpfung umzusetzen. Es sei ausreichend mRNA-Impfstoff der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna vorhanden, betonte der CDU-Politiker.
Sollte im Herbst eine dritte Impfung gegen das Coronavirus nötig sein, hätte Deutschland auch dafür die erforderliche Menge an Impfstoffen, betonte Spahn. "Wir werden ausreichend Impfstoff haben, um für alle Empfehlungen gewappnet zu sein." Nach dem Stand vom Donnerstag sind mittlerweile 55,1 Prozent der Deutschen einmal geimpft, 37,3 Prozent sind zwei Mal geimpft und damit vollständig geschützt, wie Spahn erläuterte.
Müssen sich zweifach mit Astrazeneca Geimpfte wegen der Delta-Variante sorgen?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte am Freitag, jeder der angebotenen Impfstoffe und jede der Impfstoff-Kombinationen seien wirksam, sicher und gut. Das treffe auch auf zweimalige Impfungen mit dem Präparat von Biontech/Pfizer oder Moderna zu – und auch auf zwei Spritzen von Astrazeneca. "Diese Impfungen waren richtig, sie waren wichtig und sie geben Schutz für den Geimpften und das Umfeld." Nun habe sich aber erwiesen, dass Kreuzimpfungen noch besser schützten.
Ob es nach der doppelten Astrazeneca-Impfung angeraten sei, eine Auffrischung mit einem mRNA-Vakzin zu machen, ist nach Auskunft des Robert-Koch-Instituts noch nicht abzusehen.
Gilt im Ausland eine Kreuzimpfung auch als vollständige Impfung?
In Deutschland und auch innerhalb der Europäischen Union wird eine Kreuzimpfung als vollständige Impfung anerkannt. Damit genießen Geimpfte nach zwei unterschiedlichen Impfdosen dieselben Freiheiten wie nach zwei gleichen Impfdosen. Laut Europäischer Kommission gilt eine Kreuzimpfung immer dann als vollständig gelte, wenn beide Impfstoffe in der EU zugelassen sind und die zweite Impfung mindestens zwei Wochen zuvor erfolgt ist.
Wie die Lage in anderen Urlaubsländern außerhalb der EU ist, lässt sich auf den Seiten des Auswärtigen Amtes [auswaertiges-amt.de] herausfinden.
Wird aus Astrazeneca jetzt erst recht ein Ladenhüter?
Ja - das befürchtet der Hausärzteverband in Brandenburg, weswegen er die Empfehlung der Ständigen Impfkommission zur Kreuzimpfung auch kritisiert. Die Pandemiebeauftrage des Brandenburger Verbandes, Tributh, sagte dem rbb, sie fürchte, dass nun Astrazeneca-Impftsoff in großen Mengen vernichtet wird. Niemand werde sich mehr damit impfen lassen, also bleibe den Praxen nur, das Mittel zu entsorgen.