Streckenkürzung in Südbrandenburg - Bürgermeister kämpfen für Erhalt der Leipziger S-Bahnlinie 4

Mo 20.01.25 | 12:09 Uhr
  33
Der Bahnhof Falkenberg im brandenburgischen Elbe-Elster, aufgenommen am 10.08.2023. (Quelle: Imago Images)
Audio: Antenne Brandenburg | 18.01.2025 | Gianluca Siska | Bild: www.imago-images.de

Die S-Bahnlinie 4 soll ab dem nächsten Jahr von sächsischer Seite aus nicht mehr bis nach Falkenberg fahren. Das sächsische Verkehrsministerium hat das bereits abgenickt. Bürgermeister sechs betroffener Städte und Gemeinden machen nun dagegen mobil.

Bürgermeister sechs betroffener Städte und Gemeinden protestieren gegen den Plan, die S-Bahnlinie 4 zwischen Torgau in Sachsen und Falkenberg (Elbe-Elster) ab 2026 einzustellen.

Der zuständige Linienbetreiber Zweckverband für den Nahverkehrsraums Leipzig (ZVNL) hat angekündigt die S-Bahnline S4 ab dem 1. Januar 2026 zu verkürzen und die Teilstrecke zwischen Torgau und Falkenberg zu streichen. Die Verbindung rechnet sich laut dem Zweckverband nicht. Die Betriebskosten seien zu hoch und die Anzahl der Fahrgäste zu niedrig. Das sächsische Ministerium hat den Kürzungsplänen bereits zugestimmt. Die Streckenkürzung beträfe diverse Städte und Gemeinden in Elbe-Elster und Nordsachsen wie Torgau und Beilrode.

Die Bürgermeister von Falkenberg, Herzberg und der Verbandsgemeinde Liebenwerda sowie drei weitere sächsische Bürgermeister kritisieren die Pläne des Zweckverbands und setzten Freitag am Falkenberger Bahnhof eine Pressekonferenz unter dem Titel "Warum abgehängt, wenn wir verbunden bleiben können?" an, zu der auch die Verkehrsminister beider Länder sowie Bundestagsabgeordnete aus Nordsachsen und Südbrandenburg eingeladen waren.

"Wir müssen unseren Bürgern ermöglichen, die Firmen und Unternehmen in der Region auch zu erreichen und das geht nur über die Bahn", sagt Falkenbergs Bürgermeister Stephan Bawey. "Insgesamt wird diese Region ab 2026 an Bedeutung erlangen und mit einem Mal kappt man auf der anderen Seite die Verbindung, auf die hier so viel aufgebaut ist."

Gespräche bisher ohne neues Ergebnis

Bereits im vergangenen Jahr hatten sich die Bürgermeister der betroffenen Städte und Gemeinden zusammengeschlossen, um die Streckenkürzung zu verhindern. In den bisherigen Gesprächen mit den Landräten und Verkehrsministerien konnte jedoch keine Lösung gefunden werden. Aus diesem Grund soll der Protest gegen die Pläne nun ausgeweitet werden.

"Ich hoffe natürlich, dass man den ZVNL durch den öffentlichen Druck dazu bewegen kann, endlich auf fachlicher Ebene lösungsorientierte Gespräche mit dem VBB [Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, Anm.d.Red.] zu führen", sagte Bürgermeister Stephan Bawey dem rbb im Vorfeld der Pressekonferenz. Seit dem 15. Januar 2025 gibt es eine Online-Petition für den Erhalt der S-Bahnlinie 4, die mittlerweile mehr als 3.000 Stimmen eingesammelt hat.

Die S-Bahnlinie 4 verbindet Falkenberg aktuell stündlich mit Leipzig. Sollten die Haltestellen nördlich von Torgau nicht mehr angefahren werden, bliebe den Anwohnern aus der Region Elbe-Elster nur noch der Regionalexpress RE10/RE 11, der lediglich alle zwei Stunden fährt. Laut dem zuständigen Verkehrsbund könnten daneben Ersatzbusse eingesetzt werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.01.2025, 07:30 Uhr

33 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 33.

    Der ZVON hat mit der Gründung des VBB nichts zu tun. Denn der liegt in Ostsachsen und umfaßt den Kreis Görlitz und die Hälfte des Kreises Bautzen und besteht heute noch.

  2. 32.

    Das ist sachlich falsch. Die Regionalisierungsmittel sind genau für den Betrieb des Regionalverkehrs - und damit eben die Betriebskosten - gedacht.

    Für die notwendigen Investitionen für den Erhalt der Strecke ist deren Betreiben, die bundeseigene DB InfraGO zuständig, die indirekt von den Bestellern des Nahverkehrs (die dafür die Regionalisierungsmittel einsetzen) Geld erhält.

    Für über Instandhaltung hinaus gehende Ausbauten der Infrastruktur ist wiederum grundsätzlich der Bund zuständig.

  3. 31.

    Das Problem der Finanzierung hat nichts ausschließlich mit der "Privatisierung" der Bahn zu tun, die befindet sich ja immer noch zu 100% im Staatsbesitz. Das Problem ist die Höhe der Zuweisung an Subventionen, die eben nicht ausreichen, um auch unrentable Strecken aufrecht zu erhalten. Diese Aufgabe wurde darauf hin den Bundesländern zugeschoben, die nun nicht mehr die Bahn direkt, sondern die im Bundesland ansässigen Verkehrsverbünde subventionieren. Das Problem daran ist aber, dass das Interesse an der eigenen Landesgrenze schlagartig endet und eine Einigung über zwei oder mehr Verbünde hinweg oft scheitert, gerade wenn die Einnahmen in dieser Region gering sind. Die Bahn muss aber letztlich ihre Kosten decken. Wäre sie eine Behörde, wäre das Problem immer noch das gleiche. Dann würde man sich nur nicht um Subventionen, sondern ums Budget streiten.

  4. 30.

    Dass kurze Wege durch das Nachbarbundesland da auf beiden Seiten der Landesgrenze mitzählen, das ist überall so, das gilt auch für die örtlichen B-Bereiche der Städte. Dennoch GILT der B-Bereich als mit den Stadtgrenzen identisch, alles andere ist und wäre spitzfindig. Mir geht es darum, auf die Problematik hinzuweisen, dass die Verkehrsströme sich keineswegs nach den Bundeslandgrenzen richten und der südliche Bereich des Landes Brandenburg ggf. stärker auf Leipzig und Halle ausgerichtet ist als auf Berlin. Deshalb auch taten sich diese Regionen bei Gründung des VBB auch relativ schwer und gründeten zunächst den ZVON.

    Mit dem Deutschlandticket werden ggf. die Verbundräume auf mittlere Sicht sowieso neu zugeschnitten. Wer wüsste schon darum.

  5. 29.

    Sie haben es auf den Punkt gebracht. Die Bahnreform bedeutet mit dem Wiedererstehen der Länderbahnen einen Rückschritt. Am schlimmsten ist es in Sachsen, dort gibt es 4 Verkehrsverbände, die alle eigene Interessen verfolgen...

  6. 28.

    Das Hauptproblem liegt ganz woanders: lt. Zweckverband ließe sich "die Strecke nicht WIRTSCHAFTLICH betreiben". (Die Regionalisierungsmittel des Bundes an die Länder sind für INVESTIONEN, nicht für Betriebskosten). D.h. im Kern geht es um die Frage: Welche Infrastruktur wird vom "Staat" als staatlich garantierte sog. Daseinsvorsorge angesehen und folglich auch in Bereichen, die WIRTSCHAFTLICH nicht zu betreiben sind, durch den Staat finanziert (subventioniert/bezuschusst). Klassisch zählten Strom, Wasser, Bahn + öffentliches Gesundheitswesen zur Daseinsvorsorge. Die Managementdefizite in den damaligen Staatsbetrieben führten zu Privatisierungen als auch zur Denke, es müsse sich wie in einem Privatunternehmen "selbst finanzieren". Wo es sich aber nicht rechnen kann, wie auf besagter Strecke ("niedrige Fahrgastzahlen" = Einnahmeproblem), hilft auch kein Manager weiter, nur die Frage: Daseinsvorsorge ja/nein (= dann Minusgeschäft finanzieren ja/nein). Und woanders den Rotstift ansetzen.

  7. 27.

    Der VBB ist nicht "landesidentisch". Mit Holzdorf und Linda liegen zwei sächsische Orte zumindest im SPNV im VBB. Zwischen den beiden Orten gilt im Zug ausschließlich VBB-Tarif. Allerdings liegen sie auch im MDV-Nord, ab Holzdorf kann man z.B. nach Leipzig im MDV durchlösen (mit Transit über Falkenberg).

    Die Buslinie 983 fährt auch über die brandenburgische Landesgrenze (und gleichzeitig Bundesgrenze) hinaus und bleibt trotzdem im VBB-Gebiet, ebenso die Buslinie 895.

    Und eigentlich gibt es gerade im Grenzbereich zu Sachsen oft sinnvolle Überschneidungen. So gehört Spremberg sowohl zum VBB als auch zum ZVON sowie Elsterwerder und Ruhland sowohl zum VBB als auch zum VVO.

  8. 26.

    Während es von Berlin nach Paris wieder super und schnell per Bahn läuft, hadern die Schildbürger mit dem die Bundesländergrenzen überschreitenden Nahverkehr für Berufspendler.

    Aber Lehrpläne enden ja auch an Ländergrenzen und Berufsabschlüsse auch.


    Vielleicht eine landeseigene Bahn für jedes Bundesland mit eigenem Streckennetz, damit man die Grenzen der Bundesländer nicht überqueren muss. Der Schildbürger würde es mögen.

  9. 25.

    Das Problem ist schon richtig beschrieben, dass Beides nur schwer unter einen Hut zu bringen ist, weil die Fahrtakte eben nur landesweit gelten. Meine Anmerkung beinhaltet auch mehr eine Frage als eine Antwort. Sprich: Ob das südliche Brandenburg nicht vergleichsweise stärker auf Halle und Leipzig ausgerichtet ist als auf Berlin. Die analoge Fragestellung beträfe dann auch Wittenberge in Richtung Schwerin (ggf. sogar Hamburg) im Vergleich zu Berlin oder Jüterbog in Richtung Lutherstadt Wittenberg und Leipzig.

  10. 24.

    >"Der Schwachpunkt des landes-identischen Verkehrsverbundes liegt im länderübergreifenden Verkehr."
    Das ist auch ein Problem, wie ich schon im Kommentar [toberg] vom 20.01.2025 um 12:10 bemerkte.
    Es ist aber wirklich so, wenn Sie sich die Fahrpläne der S-Bahn Ballungsregion Leipzig / Halle anschauen, die Takte dort anders laufen. Nach JWD in weiter entfernte Regionen ist der Takt nur 20 bis 30 Minuten. Das haut mit kurzen Umsteigezeiten zu den VBB Takten dann auch nicht so recht hin, seit dem der VBB die RE-Hauptlinien im Süden und auch Südosten geändert hat. Da entstehen dann im Kreuzen dieser beiden unterschiedlichen Takte Umsteigezeiten von 20 bis 30 Minuten. Was eben auch verständlich ist. Sachsen richtet sich nach den Bedürfnissen seiner Ballungszentren, Brandenburg auch. Die Wege der weiterlaufenden S-Bahnen oder Regios beider Bundesländer kreuzen sich dann eben nicht minutengenau und verlieren so auch Fahrgäste.

  11. 23.

    Mit Verlaub: Keineswegs ist es so, dass sich die Verkehrsströme nur entlang der Landesgrenzen ausrichteten, auch wenn das die Grundlage des VBB war und ist. Der Schwachpunkt des landes-identischen Verkehrsverbundes liegt im länderübergreifenden Verkehr. Das betrifft nicht nur das südliche Brandenburg, sondern auch den Bereich von Wittenberge nach Schwerin, von der Prignitz nach Rostock, Letzteres, wo es allerdings Mecklenburg-Vorpommern war, was die Bahnstrecken stillegte, sodass in Brandenburg nur noch Sackgassenstrecken wie nach Meyenburg existieren.

    Dies Beispiel ist ja "nur" eine Vorvorform davon. Seit Regionalisierung der Bahn ist dies ein kleinstaatliches Verhalten, was sich irgendwann auch in den Benutzungszahlen niederschlägt.

  12. 22.

    Weswegen wurde damals nochmal die Deutsche Reichsbahn gegründet?
    Richtig, damit der damalige Länderbahn-Unfug aufhört.
    Durch die Ausreichung der Regionalisierungsmittel vom Bund an die Länder feiern die "Länderbahnen" wieder fröhliche Urständ.
    Der Bahnreform von 1994 sei Dank.
    So gesehen, wundert mich das Verhalten Sachsens nicht wirklich.

  13. 21.

    Sehr wichtige Verbindung von Berlin/Umland in Richtung Leipzig und umgekehrt !!!!
    Viele Grüße.

  14. 20.

    >"Man muss aber auch festhalten: Sachen und Brandenburg bzw. die Deutsche Bahn haben in den letzten Jahren wirklich alles unternommen, um diese Region zwischen Luckenwald, Falkenberg und Torgau von der restlichen Welt abzuhängen."
    Das liegt zum Teil auch an den unterschiedlichen Fahrplanstrukturen unterschiedlicher Großräume. Sachsen mit Leipzig und Halle als Großraum hat andere Pendler- und Verkehrsströme als der Süden Brandenburgs, der bis nach Berlin ranreicht. Die Fahrplanstrukturen sind andere. Über solche Verbindungen von einem Ballungsraum zum fast nächsten ran, kann man nichts so richtig takten, dass dies ohne 20 oder 30 Min Warten auf dann den anderen Takt des nächsten Großraumes abgeht. Denn der VBB taktet den ÖPNV im Großraum Berlin und angebunden das Land Brandenburg anders als der Großraum Leipzig / Halle. Ebenso sind Linieführungen auch anders.

  15. 19.

    >"Tja - Mehdorn läßt grüßen! Der hats verbockt!"
    Das ist bissl flach gestickt gedacht. Die Politik seinerzeit hats verbockt, speziell Bundesregierungen und Verkehrsminister! Mehdorn war ausführender Angestellter der politischen Ziele.

  16. 18.

    Die Verbindung von Torgau nach Falkenberg ist wichtig für alle, die aus dem Großraum Leipzig mit dem RE 4 nach Berlin oder in den Norden fahren möchten. Umgekehrt für Menschen aus Bandenburg und Norddeutschland für die Fahrt in den Süden, zum Beispiel mit dem Deutschlandticket. Hinzu kommen die zahlreichen Open Air-Festivals, die ohne diese Verbindung im Autoverkehr erstücken würden.

    Man muss aber auch festhalten: Sachen und Brandenburg bzw. die Deutsche Bahn haben in den letzten Jahren wirklich alles unternommen, um diese Region zwischen Luckenwald, Falkenberg und Torgau von der restlichen Welt abzuhängen. Dass kaum noch Pendler auf dieser Strecke unterwegs sind, ist ein selbstverschuldetes Problem.

  17. 17.

    Sehr schade! ih bin immer gern mit dieser S-Bahn nach Halle gefahren, nur 20 Minuten! Und jetzt? Muß ich Fahrrad fahren.

  18. 15.

    das haben die deutschen nun davon das sie ihre bundesbahn 1993 privatisiert und so dem ver/zerfall preisgegeben haben.

  19. 14.

    Vielleicht doch eher Mobilitätswende ;-)
    Laufen, Schwimmen, Reiten kommt immer mehr zum tragen und ist zudem gesund (wenn man dran glaubt).

Nächster Artikel