Reform des Infektionsschutzgesetzes - Nonnemacher fordert andere Finanzierungshilfen für Krankenhäuser

Mi 18.11.20 | 20:56 Uhr
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24.09.2020, Brandenburg, Potsdam: Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz (Quelle: ZB/Soeren Stache)
Bild: ZB/Soeren Stache

Begleitet von Protesten haben Bundestag und Bundesrat am Mittwoch Änderungen des Infektionsschutzgesetzes beschlossen. Die Brandenburger Landesregierung begrüßt diese Änderungen, Gesundheitsministerin Nonnemacher sieht allerdings Nachbesserungsbedarf.

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher hat drohende finanzielle Nachteile für kleinere Krankenhäuser kritisiert. Durch die neuen Regelungen im Bevölkerungsschutzgesetz [tagesschau.de] würden die großen Krankenhäuser in Ballungsräumen klar bevorteilt, zu Lasten der kleinen im ländlichen Raum, betonte die Grünen-Politikerin am Mittwoch. Das bringe Brandenburg als Flächenland in eine schwierige Lage.

Sie sehe zudem die Gefahr, dass Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung sowie Fachkliniken in Bedrängnis kommen würden. Angesichts der Corona-Krise hätten alle Krankenhäuser mit deutlichen Mindereinnahmen zu kämpfen, sagte die Ministerin.

Bundestag und Bundesrat beschließen Änderungen

Bundestag und Bundesrat haben am Mittwoch - begleitet vom Protesten - den Weg für die von der großen Koalition geplanten Änderungen im Infektionsschutzgesetz freigemacht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fertigte das Gesetz im Anschluss aus, es kann nun nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Ziel der Gesetzesänderung ist es vor allem, bislang per Verordnung erlassene Corona-Maßnahmen gesetzlich zu untermauern und konkret festzuschreiben. Im Infektionsschutzgesetz war bisher nur allgemein von "notwendigen Schutzmaßnahmen" die Rede, die die "zuständige Behörde" treffen kann. Das Paket beinhaltet zudem Regelungen für Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser, die Corona-Intensivbetten freihalten. Auch Kliniken, die Operationen aussetzen, sollen einen finanziellen Ausgleich bekommen.

Patientenzahl in Brandenburg stark gestiegen

In Brandenburg hat sich den Angaben zufolge die Zahl der Covid-19-Patienten in den vergangenen sechs Wochen von 36 auf 399 mehr als verzehnfacht. Alle Krankenhäuser benötigten jetzt vom Bund eine verlässliche Zusage für Finanzierungshilfen, betonte Nonnemacher. Die Beschränkung auf Krankenhäuser nach Notfallstufen entspreche nicht der aktuellen Versorgungsrealität in den Ländern. "Die Notfallstufe 2 und 3 haben nur große Kliniken. Hier sehe ich die Gefahr, dass Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung sowie Fachkliniken in Bedrängnis kommen. Das gefährdet die Versorgung in der Fläche", so die Ministerin.

Im Bundesrat werde Brandenburg gemeinsam mit mehreren Ländern eine Protokollerklärung abgegeben, sagte die Ministerin. Darin werde gefordert, dass die Länder nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung regionaler Versorgungskonzepte die Krankenhäuser bestimmen, die entsprechende Ausgleichszahlungen erhalten sollen.

Brandenburg und Berlin begrüßen Ergänzung des Gesetzes

Im Kern aber begrüße sie das Bevölkerungsschutzgesetz, so Nonnemacher. Die zur Pandemiebekämpfung notwendigen Einschränkungen von Grundrechten würden auf eine breitere demokratische Grundlage gestellt. Es sei gut, "dass im Infektionsschutzgesetz des Bundes zulässige Schutzmaßnahmen jetzt ganz konkret aufgeführt werden".

Ähnlich äußerte sich auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Die Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes als notwendigen Schritt zu mehr Rechtssicherheit und Transparenz in der Corona-Pandemie. In den vergangenen Monaten seien einzelne Einschränkungen in den Rechtsverordnungen der Länder von Gerichten in Frage gestellt worden, erklärte Woidke weiter. Deshalb sei es gut, dass der Bundesrat der Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes zugestimmt habe. "Damit werden die Verordnungen der Länder auf eine bessere rechtliche Grundlage gestellt."

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) begrüßte die Reform. Jetzt gebe es eine andere juristische Basis sowie politische Legitimation für die Corona-Maßnahmen. "Wir haben jetzt Rechtsicherheit", sagte Müller.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.11.2020, 20 Uhr

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11 Kommentare

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  1. 11.

    Vielen Dank für ihre Antwort. Ich beobachte ihre direkte und offene Art Probleme anzusprechen, aber auch Lösungen anzubieten, schon eine Weile. Sie gefällt mir, da ich Parallelen entdecke.
    Vielleicht zu ihrer Beurteilung der Situation noch eine Ergänzung, die bezeichnend ist. Meine Frau hat in einem der zahlreichen Beschwerdeschreiben dem Beauftragten der Ministerin im Sommer geschrieben
    "Die Politik der Gesundheitsministerin Brandenburgs erzeugt Kranke"
    und diese Aussage umfangreich begründet. Die sind aber so etwas von arrogant, dass sie darauf nicht mal eingehen. Wir werden jetzt weitere Schritte gehen. Die Situation hat uns sowieso schon krank gemacht, schlimmer kann es nicht mehr kommen.

  2. 10.

    " Was soll ich von der Glaubwürdigkeit dieser Regierung halten? "

    die Frage haben Sie selbst beantwortet : nichts, so enttäuschend diese Erkenntnis auch ist , passend dazu noch ein Zitat von Loriot :
    „Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen.“

  3. 9.

    Es tut mir leid, dass Sie solche Probleme haben(die nach Ihren Scholderungen auf Fahrlässigkeit zurückzuführen sind). Ich habe mich hier schon in einigen Kommentaren kritisch zum agieren der Verantwortlichen geäußert. Beispiel: Im Frühjahr brauchten wir keine Maske tragen, da angeblich nicht zielführend ( Es gab eh keine, da Frau Nonnemacher das Ding verschlafen hat). Infektionszahlen niedrig/ heute Msskenzwang- Zahlen hoch. Es war und ist ein ewiges hin und her gewurschtel. Nichts klappt und dann guckt sie in die Kamera und sagt"Wir haben alles richtig gemacht. Die Hoffnung stirbt zu letzt.

  4. 8.

    Im Mai wurde ich Opfer eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz. Beim Ordnungsamt und dem Gesundheitsamt gestellte Anzeigen wurden nicht verfolgt. Eingelegte Beschwerden führten dann zu einem (gefälschten) Einstellungsbescheid, ohne Einholung valider Zeugenaussagen und nur auf einer Gegendarstellung des Täters basierend. Der gefälschte Bescheid kann lt. StA, die jetzt wegen der Fälschung an sich ermittelt, nur durch das MSGIV aufgehoben werden.

    Auf deshalb an das MSGIV (Frau Nonnemacher) gerichtete Beschwerden ließ sie mitteilen, dass man keinen Handlungsbedarf sieht und den gefälschten Bescheid nicht aufhebt. Als Begründung gab ein Beauftragter an, dass ja nichts passiert ist (im Sinne von sie leben doch noch). Eine Beschwerde an den MP (Herr Woidke) wurde bis heute nicht beantwortet.

    Was soll ich von der Glaubwürdigkeit dieser Regierung halten? Ich war mein Leben lang im ÖD (BW) tätig und hatte Vertrauen in den Staat. Ich verstehe die Welt nicht mehr.

  5. 7.

    Frau Nonnemacher fordert – das ist ihr gutes Recht. Ich fordere auch und zwar von ihr:

    - Schutz der Risikogruppen im Land Brandenburg (lt. parlamentarischer Fragestunde im Frühjahr) durch die Erstellung einer Konzeption. Es handelt sich hierbei um ca. 40% der Bevölkerung.
    - Bereitstellung der durch die Kanzlerin ab Dezember zugesicherten FFP2-Masken.
    - Durchsetzung der Umsetzung der Testkriterien des RKI im Land Brandenburg (und nicht wie im Frühjahr, wo Landkreise ihre eigenen Kriterien entwickeln durften)
    - Konsequente Durchsetzung der Ahndung von vorsätzlichen Verstößen gegen die Coronaauflagen (Kontrolle der Gesundheitsämter, bei denen die Umsetzung liegt)
    - Aufhebung gefälschter Bescheide bei anhängigen Ordnungsverfahren
    - Gewährleistung der strikten Fachaufsicht gegenüber den Gesundheitsämtern

  6. 6.

    Sie haben in allen Punkten Recht. Wir kämpfen seit Mai darum, dass man im Land Brandenburg endlich eine Konzeption zum Schutz der Risikogruppen auflegt, bestehend aus Bezugsscheinen für „echte“ FFP2 / 3, Sterillium und asymptomatischen Tests. Der MP und die Gesundheitsministerin reagieren gar nicht, genauso wenig wie die Fraktionen. Auf parlamentarische Anfragen im Frühjahr werden durch die Ministerin Besuchsregelungen in Altenheimen erläutert. Das ist die Lösung der Landesregierung für das Problem?
    Die Kanzlerin hat jetzt ab Dezember eine Teilversorgung mit FFP2 angekündigt. Wenn unsere Ministerin das wieder verbockt gibt es Ärger. Dann sollte sie abdanken und den Weg für Leute frei machen, die die Verantwortung des Amtes begreifen.

  7. 5.

    Aha wir haben also jetzt Rechtssicherheit um die Leute einzusperren, schöne neue Welt :(

  8. 4.

    Den ersten Nachbesserungsbedarf sehe ich bei der Ministerin selbst. Denn, warum stehen Alten/Pflegeheimen immer noch keine Tests zur Verfügung? Warum stehen den Einrichtungen keine FFP2 Masken zur Verfügung? Warum werden Schulklassen/ Lehrer bei einzelnen Infektionen nicht getestet? Und zum Thema Krankenhäuser: Die SPD, seit 30 Jahren an der Macht in BRB hat dafür gesorgt, dass Krankenhäuser mit Gewinn arbeiten sollen. Ein Krankenhaus ist eine soziale Einrichtung! Also sollte die Ministerin die Frage der Finanzuerung direkt an den MP Woidke stellen.

  9. 3.

    Das ist viel zu einseitig gedacht und zu pauschal.
    Schau doch mal die Schulen an .... staatlich .... und es ist wohl jeder Gemüsegarten technisch besser ausgestattet als eine Schule. Dann das noch immer vorherrschende Prinzip der Etat Verteilung .... und das Geld muss zum Jahresende ausgegeben sein sonst gibt es im nächsten Jahr weniger.
    Und man kann sich so ein System auch ansehen ..... einfach mal schwedisches Gesundheitssystem suchen.... ist mal ganz anders als das was man hier kennt.

  10. 2.

    Von welchem Bevölkerungsschutzgesetz ist hier die Rede? Oder meinen Sie das IFSG? Warum wird hier immer nur Corona erwähnt? Das Gesetz gilt bei allen Pandemien. Und die bisherigen Verordnungen wurden nicht von den Gerichten in Frage gestellt, sondern ganz einfach kassiert. Und wenn Politiker die Einschränkungen von Grundrechten begrüßen, dann gute Nacht für die Demokratie.

  11. 1.

    Sozial und Kapitalismus passen nicht zusammen. Krankenhäuser dürften keine Unternehmen sein. Scheinbar machen sich um Wohnungseigentümer alle mehr Sorgen als um ihr Überleben. Verrückte Welt.

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