Stark steigende Corona-Zahlen - Brandenburger Gesundheitsämter schränken Kontaktverfolgung ein

Do 18.11.21 | 12:40 Uhr
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Ein Mitarbeiter sitzt in einer Zentralen Unterstützung der Kontaktnachverfolgung vor einem Computer (Quelle: dpa/Daniel Bockwoldt)
Bild: dpa/Daniel Bockwoldt

Die Gesundheitsämter in Brandenburg kommen bei der Kontaktverfolgung nicht mehr hinterher. Nun müssen sie ihre Zuständigkeiten reduzieren. Gleiches gilt für die Gesundheitsbehörde in Berlin-Neukölln.

Angesichts rasant steigender Corona-Neuinfektionen in Brandenburg schränken die Gesundheitsämter im Land ihre bisherigen Aufgaben ein. Die Kontaktpersonennachverfolgung soll sich ab sofort auf besonders gefährdete Personengruppen konzentrieren, kündigte Gesundheitsstaatssekretär Michael Ranft am Donnerstag an.

Allen Gesundheitsämtern werde empfohlen, sich auf den Schutz vulnerabler Personengruppen beispielsweise in Senioren- und Pflegeheimen zu fokussieren. "Eine intensive und umfangreiche Nachverfolgung aller Kontaktpersonen ist in dieser Lage nicht mehr möglich", teilte Ranft mit. Grundsätzlich sollten sich Nachforschungen "auf die engsten Kontaktpersonen im direkten häuslichen Umfeld" konzentrieren. Die Kontaktaufnahme zu diesem Personenkreis sowie Isolations- und Quarantäneanordnungen müssten nun "Vorrang vor einer vollumfänglichen Kontaktnachverfolgung im entferntesten Umfeld" haben, heißt es in der Mitteilung weiter.

"Das Infektionsgeschehen spielt sich insbesondere in der Gruppe der Ungeimpften und der über 70-Jährigen mit noch ausstehender Auffrischimpfung ab", heißt es in dem Schreiben an die Landräte und Oberbürgermeister, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Einschränkungen auch bei Quarantäne-Überwachungen

Bei der sogenannten "Clusterermittlung", also bei der Suche nach örtlichen Infektionsherden, müssten medizinische Einrichtungen sowie Pflegeheime Vorrang haben, so Ranft weiter. Die "Cluster" Kita, Schulen und Horteinrichtungen sowie Betriebe würden von den Gesundheitsämtern erst danach bearbeitet.

Auch die Überwachung der Quarantäneanordnungen und der Reiserückkehrenden aus Variantengebieten könne von den Gesundheitsämtern aktuell nicht mehr gewährleistet werden, so der Staatssekretär weiter. Abhilfe sollen Allgemeinverfügungen der kreisfreien Städte und Landkreise mit grundsätzlichen Vorgaben schaffen. "Ohne weiteren konkreten Anlass sind Reiserückkehrende-Nachverfolgung und sonstige Quarantänekontrollen in der aktuellen pandemischen Situation als nachgeordnet zu betrachten", heißt es in der Mitteilung.

Bundeswehrkräfte sollen zusätzlich unterstützen

Unterstützt werden sollen die Beschäftigten in Brandenburger Gesundheitsämtern auch weiterhin und verstärkt von Kräften der Bundeswehr. Aktuell sind in Brandenburg 165 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz und helfen Kommunen zum Beispiel bei der Kontaktnachverfolgung. In Brandenburg sind die Zahlen der Corona-Neuinfektionen in den vergangenen Tagen äußerst stark angestiegen. Am Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut die Sieben-Tage-Inzidenz von 465,9. Am Mittwoch zählten die Gesundheitsämter des Landes 2.726 neue Fälle.

Besonders stark betroffen ist der Landkreis Elbe-Elster in Südbrandenburg. Mit einem Wert von 1119,8 gibt es hier bundesweit die sechsthöchste Sieben-Tage-Inzidenz neuer Corona-Fälle. Es ist der erste Landkreis in Brandenburg, der bisher die 1.000er-Marke übersprungen hat. Zehn Soldaten stehen seit Donnerstag dem dortigen Gesundheitsamt zur Seite.

"Kontaktermittler arbeiten durch"

Auch das Gesundheitsamt im Berliner Bezirk Neukölln muss seine Aufgaben priorisieren. Am Donnerstag (18. November) lag hier die Sieben-Tage-Inzidenz bei 373. So wie in Brandenburg soll sich auch hier die Kontaktpersonennachverfolgung auf "besonders vulnerable Gruppen" konzentrieren, teilte der Bezirk am Donnerstag mit. Dazu gehören insbesondere Pflegeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte sowie Schulen und Kitas.

"Schon seit Wochen arbeiten unsere Kontaktermittler-Teams durch, auch an Wochenenden. Die Fallzahlen sind einfach zu hoch, um eine individuelle Nachverfolgung noch zu gewährleisten. Deshalb konzentrieren wir uns darauf, die am stärksten betroffenen Personen zu schützen", teilte Bezirksstadträtin Mirjam Blumenthal mit. Das Gesundheitsamt erhalte zudem in den kommenden Tagen Unterstützung durch die Bundeswehr.

Hotline der Behörde soll entlastet werden

Zugleich gelten in Neukölln ab sofort folgende neue Regelungen: Positiv Getestete müssen sich unmittelbar nach Feststellung des Testergebnisses nicht mehr persönlich an das Gesundheitsamt wenden. "Das Testergebnis wird in den Testzentren dokumentiert, ein weiterer Kontakt zum Gesundheitsamt entfällt", so die Mitteilung weiter.

Positiv Getestete, sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte, erhalten vom Gesundheitsamt Neukölln keinen Anruf mehr, sondern werden per E-Mail und zusätzlich per Post angeschrieben und erhalten ein Infopaket und einen Fragebogen des Gesundheitsamtes, heißt es weiter. Dieser Fragebogen muss ausgefüllt und wieder an das Gesundheitsamt zurück gemailt werden. Positiv Getestete sollen sich erst nach Übersendung des ausgefüllten Fragebogens an das Gesundheitsamt wenden, um so die Hotline zu entlasten.

Sendung: Brandenburg aktuell, 18.11.2021, 19:30 Uhr

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18 Kommentare

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  1. 18.

    Wo bitte schiebt denn der Staat etwas an die Bürger weiter? Bin selbst als reaktivierte Rentnerin hilfsweise in einer Corona-hotline tätig. Für die Fragebögen werden geduldig die Bürger detailliert abgefragt, wir buchen Termine für sie bei den PCR-Teststellen, Informationen werden wahlweise per Telefon, e-mail und/oder Brief an die Bürger versandt. Die Ämter zahlen die PCR-Tests, der Staat die Impfungen. Und nach der Eigenverantwortung des 'mündigen Bürgers' wurde doch in den letzten 2 Jahren reichlich gerufen. Gäbe es eine vernünftige Impfquote, wäre die Situation definitiv nicht so aus dem Ruder gelaufen. Aber es ist ja so einfach für Menschen, wie Sie: der Staat ist schuld, an allem, versteht sich.

  2. 16.

    Solange man immer noch im Supermarkt ohne Maske einkaufen darf, wenn man einfach sagt dass man ein Attest hat... kontrolliert ja keiner. So lange in Krankenhäusern immer noch ohne wichtige OP's durchgeführt werden: Brustvergrößerung, neues Knie... kann das alles gar nicht so schlimm sein, oder?
    Wenn die Politik doch endlich den Finger aus den Arsch ziehen würde: Lockdown ab sofort, für alle, konsequent, nur sinnvoll wenn das auch kontrolliert wird, durch die Polizei, durch die Ordnungsämter... Wie wir alle sehen klappt das mit der Selbstverantwortung nicht.

  3. 15.

    Und wiedet schiebt der Staat seine Aufgaben an die Bürger weiter.

  4. 14.

    Vielleicht sollte man sich nicht immer auf andere verlassen, sondern selbst aktiv werden. Jeder kann sich seit Monaten die 1. und 2. Impfung beim Hausarzt abholen. Auch den Booster gibt's dort. Einfach mal selbst aktiv werden und nicht immer nur warten, bis die gebratenen Tauben geflogen kommen

  5. 13.

    Zum GA Neukölln: Da gab es mal im Februar 2021 folgenden Satz in einem öffentlichen Brief: "Die Berliner GÄ (Gesundheitsämter) waren insbesondere durch ihre dezentrale Aufstellung zu jeder Zeit Herr der Lage." https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2021/02/berlin-amtsaerzte-epidemiologen-argumente.html
    Diese Aussage stimmte damals schon nicht, daher wundert es doch niemanden, dass es jetzt wieder so kommt. Die Bundeswehr wurde offenbar wieder viel zu spät, um Unterstützung gebeten. Warum?
    Probleme wie in Neukölln gibt es definitiv auch in Pankow.
    Den MA in den GA's wünsche ich gute Nerven&Kraft. Und das wir als Gesellschaft diese beunruhigenden Entwicklungen bald wieder in den Griff bekommen. Wenn aktuell um die 0,8% der Infizierten sterben, dann kann sich jeder ausrechnen, wohin wir uns gerade entwickeln. Dazu die ganzen Hospitalisierungen in die bereits jetzt schon vielfach völlig ausgelasteten KKH. --> Berlin kann bspw. KEINE Covid-19-Patienten aus BB aufnehmen.

  6. 12.

    Mit Verlaub, aber Sie untermauern Ihre Besserwisserei auch lediglich mit grenzwertigen Beschimpfungen.
    Beweis durch Behauptung war noch nie sinnvol, wenn man jemanden bezichtigt, Falschaussagen zu verbreiten!
    Also her mit den belastbaren Quellen.

    Danke vorab.

    Freundliche Grüße

  7. 11.

    Die logische Folgerung, wenn man Eindämmung betreiben will (was man immer sagt) aber keine Übersicht über das Infektionsgeschehen mehr hat, wäre ein sofortiger kompletter Lockdown (nicht nur Shutdown einzelner Bereiche wie bisher), bis man wieder die Übersicht hat seitens der Gesundheitsämter und jede Infektionskette nachverfolgen kann - dann kann man mit gezielten maßnahmen in die dann vollständig bekannten Infektionsketten eingreifen und ansonsten alles andere relativ frei öffnen. Aber will man wirklich Eindämmung der Epidemie, wie man immer hört? Oder bleibt das primäre und eigentlich einzige Ziel nur die Überlastung des Gesundheitswesens vermeiden.

  8. 10.

    In anderen Ländern liegt die Impfquote über 80 %. Die Leute werden automatisch zur Boosterimpfung eingeladen, wenn sie dran sind. Hier geht wieder das Termingerenne los. Herr Woidke, Frau Nonnemacher, was haben Sie im Sommer in Vorbereitung auf den Herbst gemacht? In diesem Land klappen nur noch die Türen, ach ja, das Gendern nicht zu vergessen. Das ist schließlich existentielle.

  9. 9.

    Zu Ihrem letzten Satz: ihre Aussage, das weniger als 10 Fälle in Kneipen und bei Frisören aufgetreten sind ist schlichtweg falsch! Sie verbreiten Fake News und sollten sich hier lieber nicht mit solchen Kommentaren ins Abseits stellen. Woher haben Sie Ihre "Weisheiten"? "Leerdenker" wie Sie sollten hier nicht "rumnölen" sondern sich lieber fragen, was sie gegen die derzeitige Situation machen könnten. "Impfen"? Kommt für Sie wohl nicht in Frage. Gut. Ihre Entscheidung. 2G gilt in wenigen Tagen auch für Sie! Und damit sind Sie noch gut bedient...

  10. 8.

    Wenn man das alles so liest, dann kann man dein Eindruck gewinnen, die Pandemie ist in Brandenburg vorbei. Alles was zu Bekämpfung der unsichtbaren Gefahr helfen wird herunter gefahren. Selbst bei der Auffrischung (Boosterimpfung) wird man abgewiesen. Ich fühl mich schon so, als ob ich schon zu der Driaschanwendung heimlich eingeplant bin.

  11. 7.

    Hat Fr.Nonnemacher wegen den steigenden Zahlen auch ihre Arbeit eingeschränkt?
    Man hört und sieht sie nicht und spüren schon garnicht.

  12. 6.

    Es gibt Gesundheitsämter die haben noch nie ihre Augaben erfüllt, wie wollen die jetzt was einschränken?
    In PM wurden Anzeigen nicht bearbeitet, was dann der StA angezeigt wurde. Solche Bereiche, Gott sei Dank Ausnahmen, können eigentlich gar nichts weiter einschränken.

  13. 5.

    Das kommt davon, wenn man alles kaputt spart, ausdünnt und privatisiert, von der digitalen Wüste Deutschland gar nicht zu reden.

  14. 4.

    Das ist ja schön. Dann können sich die Mitarbeiter ja endlich wieder um wirklich wichtige Aufgaben kümmern.

  15. 3.

    Wenn ich den letzten Abschnitt lesen, verstehe ich, warum man sich besser gar nicht erst testet... was für ein Gedöns! Fragebogen ausfüllen, zurückmailen - wie soll das denn Elfriede ohne Drucker und PC machen? Immerhin wird kein Faxgerät mehr verlangt. Immerhin... aber sorry, sowas geht doch einfacher!

    Bei jedem Mist erhälst du einen Code, logst dich irgendwo ein und füllst aus, was zu tun ist. Absenden. Fertig. Zentral. Ganz Deutschland. Schließlich hat man ja nicht nur Kontakte aus Neukölln...

    Aber ne, das wäre ja "digital". In Funkloch-Deutschland komplett undenkbar.

  16. 2.

    Ja, jetzt ist wirklich der richtige Zeitpunkt, die epidemische Lage zu beenden. Die Infektionszahlen gehen durch die Decke, die Intensivstationen sind voll, die Gesundheitsämter können ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen, also genau der richtige Moment, um härtere Maßnahmen wie das Schließen der Gastronomie unmöglich zu machen.

  17. 1.

    Im Sommer war die Belastung schwach, die Zahlen niedrig.
    Trotzdem hat man auch damals nie etwas erfahren, wer sich angesteckt hat(soziale Schicht, Herkunft, Lebensraum, Einkommen, Geschlecht, Religion) und vor allem WO.

    Es ist eine Binsenweisheit, dass die Ämter bei starker BElastung überfordert sind. Aber das war nicht immerso.

    Es gab Monate (Juli, August, September) wo man gut hinterherkam . Im letzten Jahr das selbe.

    Trotzdem hat man die aus den Namenslisten und Kontaktverfolgung gewonnenen Erkenntnisse offenbar nicht genutzt!

    Statt dessen werden jetzt wieder wie wild drauf los Sündenböcke im Einzelhandel und beim Alkohol gesucht. Und natürlich die Frisöre und Kneipen, aus denen weniger als 10 positive Fälle bekannt geworden sind.

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