Bundesverfassungsgericht - Bundestagswahl wird am 11. Februar in 455 Berliner Wahlbezirken wiederholt

Di 19.12.23 | 16:33 Uhr
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Symbolbild: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgericht, (l-r) Peter Müller, Doris König (Vorsitz), Sibylle Kessal-Wulf und Astrid Wallrabenstein, verkündet am 29.11.2023 das Urteil in Sachen "Normenkontrolle Bundeswahlrecht 2020". (Quelle: Picture Alliance/Uli Deck)
Video: rbb24 spezial | 19.12.2023 | Bild: Picture Alliance/Uli Deck

Wegen zahlreicher Pannen muss die Bundestagswahl 2021 in Berlin teilweise wiederholt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe entschieden. Die Wiederholungswahl findet am 11. Februar statt.

  • Bundestagswahl in Berlin wird teilweise wiederholt
  • Das betrifft etwa ein Fünftel der Wahlbezirke
  • Termin für die Teil-Wiederholungswahl ist der 11. Februar
  • Urteil hat wohl keine Auswirkungen auf die Bundestags-Mandate der Linkspartei

Die Bundestagswahl von 2021 muss wegen zahlreicher Pannen in 455 von 2.256 Wahlbezirken des Landes Berlin wiederholt werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe und ging damit über den Beschluss des Bundestags hinaus, der bereits im November 2022 eine teilweise Wiederholung beschlossen hatte.

Die Wiederholungswahl sei als Zweistimmenwahl durchzuführen, also mit Erst- und Zweitstimme, sagte die Vorsitzende Richterin Doris König. Eine Wahlprüfungsbeschwerde der Unionsfraktion im Bundestag war damit nur teilweise erfolgreich.

Die Bundestagswahl 2021 wird in den betroffenen Berliner Wahlbezirken am 11. Februar 2024 wiederholt. Das Datum für die Teilwiederholung nannte Landeswahlleiter Stephan Bröchler in Karlsruhe. Dieser Wahltermin war bereits im Vorfeld erwartet worden - es ist der letzte mögliche innerhalb einer 60-Tage-Frist nach Urteilsverkündung.

Bundestag wollte Wiederholung in 431 Wahlbezirken

Das höchste deutsche Gericht folgte mit seinem Urteil auch nicht eins zu eins einem Beschluss des Bundestages. Dieser hatte mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP entschieden, dass die Wahl teilweise wiederholt werden sollte. Betroffen wären demzufolge 431 der insgesamt 2.256 Wahlbezirke der Hauptstadt gewesen, darunter auch zahlreiche Briefwahlbezirke.

Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion war der Beschluss aber rechtswidrig, unter anderem weil der Bundestag die Wahl in sechs vom Bundeswahlleiter angefochtenen Wahlkreisen nicht insgesamt für ungültig erklärt habe. Daher klagte sie in Karlsruhe.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte, der Beschluss des Bundestages sei im Ergebnis überwiegend rechtmäßig. Allerdings erklärte das Gericht die Wahl in 31 Wahlbezirken, die in dem Bundestagsbeschluss noch nicht genannt worden waren, ebenfalls für ungültig. Für sieben andere dagegen - alle im Bezirk und Wahlkreis Mitte - nahm das Gericht die Entscheidung des Bundestags wieder zurück.

Linke wird wohl im Bundestag bleiben

Nach Einschätzung von Experten wie ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam hat das Karlsruher Urteil "so gut wie keine" Auswirkungen auf die Zusammensetzung und auch nicht auf den Verbleib der Linken im Bundestag. Bräutigam verwies im TV-Sender Phönix darauf, dass in den beiden von der Linkspartei direkt gewonnenen Wahlkreisen (Lichtenberg und Treptow-Köpenick) nur in sehr wenigen Wahllokalen neu gewählt werden muss. Der frühere Fraktionschef Dietmar Bartsch erklärte: "Mit dem Urteil ist klar, dass wir im Bundestag bleiben und unsere Aufgabe als soziale Opposition weiter wahrnehmen werden."

Relevant für das Direktmandat könnte die Wiederholungswahl dagegen vor allem in den stärker betroffenen Bezirken und Wahlkreisen Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Pankow werden. In Reinickendorf gewann CDU-Kandidatin Monika Grütters mit nur 1,4 Prozentpunkten beziehungsweise rund 1.800 Erststimmen Vorsprung vor SPD-Kandidat Torsten Einstmann das Direktmandat. In Charlottenburg-Wilmersdorf setzte sich der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit 3,5 Prozentpunkten Vorsprung gegen die aktuelle Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) durch. In Pankow schlug der Grüne Stefan Gelbhaar den SPD-Mann Klaus Mindrup um 4,0 Prozentpunkte.

Darüber hinaus könnte es abhängig von der Wahlbeteiligung noch zu minimalen Verschiebungen bei der Sitzverteilung im Bundestag kommen.

Zahlreiche Pannen am Wahltag

Der Wahltag am 26. September 2021 war in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen: Menschen mussten lange warten und Schlange stehen, Stimmzettel waren falsch oder fehlten ganz. Vorübergehend mussten Wahllokale schließen oder blieben bis weit nach 18:00 Uhr geöffnet - dem Zeitpunkt, an dem die Stimmabgabe eigentlich vorbei sein sollte.

Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts sendet das rbb Fernsehen um 20:15 Uhr ein Spezial

Sendung: rbb24 spezial, 19.12.2023, 20:15 Uhr

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187 Kommentare

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  1. 186.

    >"Warum ist die Wahl zum Abgeordnetenhaus Berlin in ganz Berlin ungültig erklärt worden
    Aber die Bundestagswahl in ganz Berlin nicht? "
    Das hing mit den Wahlzetteln zusammen. Für die Abgeordnetenhauswahl gab es fast Berlin weit ein Problem mit der Verteilung der Wahlzettel, hinzu kam noch die dadurch verspätete und längere Öffnung vieler Wahllokale. Für die Bundestagswahl waren die Wahlzettel korrekt überall, nur in einigen Wahllokalen konnte dennoch nicht akkurat gewählt werden, weil diese Wahllokale durch die gleichzeitige Misswirtschaft der Wahlzettel Abgeordnetenhauswahl nicht ordnungsgemäß geöffnet hatten und geschlossen wurden. Das Gericht hat diese Vorgänge garantiert genau auseinandergenommen, um zu diesem Urteil zu kommen. Denn jede Wahl (Bund, Land, Kreis usw.) ist für sich ein eigener Vorgang, auch wenn diese gleichzeitig in den Wahllokalen stattfinden.

  2. 184.

    Ich verstehe es nicht
    Warum ist die Wahl zum Abgeordnetenhaus Berlin in ganz Berlin ungültig erklärt worden
    Aber die Bundestagswahl in ganz Berlin nicht?

    Jeder der in einem der betroffenen Wahllokale gewählt hat bzw nicht wählen konnte
    Hat das für beide Wahlen gemacht

    Beide Wahlen waren am selben Tag und im jeweiligen selben Wahllokal

    Aber einmal wurde es als komplett ungültig erklärt
    Und einmal nur teilweise ungültig

    Warum zählt in einem Wahllokal die Stimme der Berliner Wahl nicht
    Aber die der Bundestagswahl?

    Beides hat doch unter den selben Bedingungen stattgefunden

    Und was ist mit den Leuten die in der Zwischenzeit umgezogen sind zb innerhalb Berlins, dürfen die nochmals wählen oder werden die nun komplett verarscht und betrogen?
    Welche Logik gibt es da

  3. 183.
    Antwort auf [Gabi] vom 19.12.2023 um 18:33

    "Die arbeitende Bevölkerung erkennt das auch immer klarer."

    Die arbeitende Bevölkerung wäre die ersten die unter einen Regierungsprogramm, wenn man das überhaupt so nennen kann, am meisten leiden würden.

    Eine explodierende Arbeitslosigkeit, keine Facharbeiter aus dem Ausland, Arbeitszeiten bis man tot umfällt und kein Wahlrecht für Transferleistungsempfänger, auch Rentner. Die würden sich umgucken.

    Dagegen liest sich das Parteiprogramm der neoliberalen FDP wie eine Mischung aus Wohlfahrtsverband und Ahlener Programm.

  4. 182.

    Da brauchen wir uns jetzt noch keine Birne machen. Die paar Stimmbezirke in Berlin reißen die derzeitige Bundesregierung nicht um.

  5. 181.

    "Die AfD hat in vielem Recht behalten."

    Womit soll die rechtsextreme AfD Recht behalten haben?

  6. 179.

    Wer glaubt mit einer CDU Regierung wird alles besser und alles wieder wie vor 2021 der wird sich noch gewaltig ungucken

  7. 178.

    Leute, ganz ruhig bleiben - Hauptsache ist doch, daß es den Pandas gut geht ;-)

    Für die Fehler bei den Wahlen ist die jeweilige Regierung nicht verantwortlich, sondern die zuständigen Organe u. die ausführenden Mitarbeiter auf Leitungs/Kontrollebene und auch mal vor Ort.

    ach, für die Verschwörungs.... es gab auch auf diesem Boden und gibt eben so'ne und so'ne Wahlen u. welche die sich über das gewollte Ergebnis beschweren (noch dürfen Sie ja hier ;-), weil es nicht das ihre ist

  8. 177.

    Das haben wir in einem weiteren Beitrag veranschaulicht: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/12/bundestagswahl-wiederholung-berlin-2024-wahlbezirke-wahllokale-karte.html

  9. 176.

    An lautesten sind aber doch die Linken ;-) Haben also noch mehr recht als rechte?

  10. 175.

    In Demokratien sollten entstehende Kosten kein Argument gegen Wahlen werden dürfen.

    Diese partiellen Wahlwiederholungen sind letztinstanzlich abgesegnet worden und können nun, ganz nebenbei, vortrefflich erhellende Stimmungstests zwischen den Wahlen werden und deswegen bleibt nichts anderes, als bereits jetzt dazu aufrufen, die Wahlwiederholung ernst genug zu nehmen.

  11. 174.

    Gerne, ist ehemaliger CDU-Ministerpräsident. Konnte sich mit seiner Meinung zu Lasten der Linken wohl im zuständigen Senat aber nicht durchsetzen.

    Die Linke behält ja relativ sicher ihre drei Direktmandate.

    Es wird keine komplette Wahlwiederholung geben.

  12. 173.

    In Deutschland, regiert bald sogar oder ist zumindest mit Abstand stärkste Kraft in dem einen oder anderen Bundesland.

  13. 172.

    In welchen 455 Wahlbezirken wird denn nun neu gewählt. Auf berlin.de bis jetzt immer noch nicht zu finden. Das Chaos geht weiter.

  14. 171.
    Antwort auf [Steinig ] vom 19.12.2023 um 16:57

    Dort, wo AfD-Politiker wie Hannes Loth in politische Ämter gewählt worden sind, zeigt sich schnell, was von deren Absichtserklärungen zu halten ist.
    Niemand hat die Absicht, Kita-Gebühren zu erhöhen.
    Niemand hat die Absicht, Aufwendungen für die Feuerwehr zu kürzen
    Niemand hat die Absicht, Steuern zu erhöhen.

  15. 170.

    >"Die AfD hat in vielem Recht behalten."
    Klar... wer am Lautesten schreit, hat immer Recht! ;-)
    Nach besseren Lösungen fragt dann keiner vor lauter Geräusch.

  16. 169.

    Yeah, ich freu mich jetzt schon wieder auf 2,5 Zusatzurlaubstage als Wahlhelfende Person und des reduzierten Erfrischungsgeldes.

  17. 168.

    Nicht so schlimm, dann versammeln sich einfach sehr viele Wähler in Pankow und Charlottenburg einfach erst um 17:55Uhr im Wahllokal und beschweren sich hinterher, dass sie ihre Stimme nicht bis 18:00Uhr abgeben können. Dann wäre die Wahl wieder ungültig ;)

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