Brandenburg an der Havel - Marode Brücken, große Sorgen

Mo 23.12.24 | 06:13 Uhr | Von Claudia Baradoy und Philipp Rother
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Symbolbild: Rost an einer Schraube an einem Stahlträger einer Brücke, aufgenommen am 28.06.2020. (Quelle: Picture Alliance/Karl-Heinz Spremberg)
Video: rbb24 | 23.12.2024 | Claudia Baradoy, Axel Walter | Bild: Picture Alliance/Karl-Heinz Spremberg

In Brandenburg an der Havel sind viele Brücken marode. Es wird immer schwieriger, durch die Stadt zu kommen, insbesondere für Lkw und schwere Fahrzeuge. Das bedeutet große Risiken für die regionale Wirtschaft. Von Claudia Baradoy und Philipp Rother

In Brandenburg an der Havel stehen mehr als 80 Brücken – und damit mehr als in jeder anderen brandenburgischen Stadt. Die meisten wurden zu DDR-Zeiten gebaut und nie wirklich saniert. Mittlerweile sind viele Brücken marode.

An sechs wichtigen Brücken wird in Brandenburg an der Havel derzeit oder demnächst gebaut - drei von ihnen (Planebrücke, Quenzbrücke und Schleusenbrücke) sind bereits jetzt für schwere Fahrzeuge gesperrt. Das hat vor allem für Unternehmen, die im Stadtgebiet unterwegs sind, Konsequenzen; mitunter müssen sie lange Umleitungen in Kauf nehmen.

Arbeiter sitzen deutlich länger im Auto

"Wir haben einen erheblichen Mehraufwand in der Logistik", erklärte Björn König dem rbb. Er ist Geschäftsführer der Aqua Tool GmbH. Die Zentrale des Rohr- und Kanalreinigungsunternehmens ist im Gewerbegebiet an der Spittastraße. Vor dem Firmengelände staut es sich täglich. Die Spittastraße ist nämlich eine der wichtigsten Umleitungsrouten für die fehlende Brücke am Altstadt-Bahnhof - sie war baufällig und wurde bereits abgerissen. Erst im Herbst 2025 ist Baubeginn für den Neubau. Anfang 2028 soll er auf zwei Fahrstreifen befahren werden können und im Jahr 2029 fertiggestellt sein.

Die Arbeiter sitzen durch die Staus im Stadtgebiet deutlich länger im Auto, berichtet König. Daher sei mehr Personal nötig: "Was wir vor zwei Jahren mit drei Leuten gemacht haben, machen jetzt vier." Die Tagesleistung passe nicht mehr. Zu seinen 80 Mitarbeitern habe König daher sieben Fahrer zusätzlich einstellen müssen.

Für viele Unternehmen entstehen immer mehr Risiken. Auch Tiefbauunternehmer Ricardo Zinke beklagt, dass er extreme Umwege fahren müsse. Normalerweise würde er die Planebrücke nutzen. Aber auch die ist baufällig, darf von schweren Fahrzeugen nicht mehr befahren werden. Die Sanierung stockte jahrelang. Im kommenden Jahr soll das Bauwerk nun durch ein Provisorium ersetzt werden. Der eigentliche Neubau beginnt dann erst 2028. Ende 2026 startet der Ersatzneubau der Kanalbrücke. Es sei nicht nachvollziehbar, warum nicht rechtzeitig saniert wird, sagte Zinke im Gespräch mit dem rbb.

"Man verliert auch das Vertrauen darin, dass man so eine Baumaßnahme schnell umsetzen kann", erläuterte Martin Senftleben, Sprecher des Bürgerbeirats: "Baumaßnahmen werden ja schon seit gefühlt 20 Jahren geplant. Und das erzeugt natürlich Unmut."

Problem sind die langwierigen Planungen

Das Problem sei die langwierige Planung, erklärte Oberbürgermeister Steffen Scheller (CDU) dem rbb auf Nachfrage: Sie koste viel Zeit, viele menschliche Ressourcen seien nötig. "Da werden Fachkräfte gebraucht, Brückeningenieure und natürlich auch Fachplaner. Und die haben alle im Moment extrem viel zu tun und sind gar nicht in dem Maße da, wie sie gebraucht werden", so Scheller.

Auch die lange Umfahrung der für schwere Fahrzeuge gesperrten Schleusenbrücke bringt die Unternehmer in Brandenburg an der Havel zur Verzweiflung. Darüber hinaus staut es sich, weil über die Eisenbahnbrücke in der Potsdamer Straße nur noch eine Spur führt - es ist aktuell die größte Brückenbaustelle in der Stadt. Und es drohen weitere Sperrungen und weitere Staus, denn im kommenden Jahr stehen Prüfungen für drei weitere Brücken in schlechten Zustand in Brandenburg Havel an.

150 Millionen Euro werden alle Brückensanierungen in Brandenburg an der Havel kosten. Die Finanzierung sei aber nicht das Problem, so Bürgermeister Scheller. Fördergelder seien bereits bewilligt. Sie können nur nicht ausgegeben werden - weil das Fachperonal fehlt.

Grafik: Marode Brücken in Brandenburg an der Havel. (Quelle: rbb)Schwere Fahrzeuge müssen lange Umfahrungen nutzen

Sendung: rbb24, 23.12.2024, 16:00 Uhr

Beitrag von Claudia Baradoy und Philipp Rother

12 Kommentare

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  1. 12.

    „Und die haben alle im Moment extrem viel zu tun und sind gar nicht in dem Maße da, wie sie gebraucht werden"
    Wenn man dafür Schulden gemacht hätte, würden diese im Haushalt einfach verschwinden, weil es ja keine Zweckgebundenheit gibt. Wer die Schuldenbremse lockern will, wird dann mehr Geld „aufessen“ statt investieren. Dieses Beispiel zeigt, wie auch das der Bahn u.A., dass es am Geld gar nicht liegt und das legale Schuldenmachen für Investitionen ausreicht.

  2. 11.

    Nee, die entrichten wir nur, weil wir die Dinger nutzen. Wenn man den Einnahmen (9,5 Mrd.) die Ausgaben (12,8 Mrd.) gegenüberstellt fließen da noch andere Mittel ein. Kurz - da wäre noch Luft nach oben, von fehlender Zweckbindung mal abgesehen. Rein wirtschaftlich gesehen, ist jeder Kfz-Steuerzahler ein Subventionsempfänger. Also sein sie dankbar über den ausgestreuten Rollsplit, entschuldigung, Brosamen.

  3. 10.

    Och - z.B. über Wustermark, Ketzin, Roskow, Klein Kreutz ist es tiefenentspannt. Nicht immer da lang fahren, wo sich alle rumdrücken. Zeitlich nimmt sich das nix, verbaucht aber weniger Nerven pro km.

  4. 9.

    „40 kmh auf marode Brücken absolut zumutbar.“

    Der Zustand maroder Brücken, unabhängig ob Autobahnbrücken, verbessert sich keinesfalls durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung. U.U. verlängert diese mittelfristig die Nutzungsdauer, bei gleichzeitiger Beschränkung des schweren Lastverkehrs. Als Beispiel sei die alte Leverkusener Brücke(A1)genannt. Einfach zu recherchieren.
    Wer möchte die möglichen Risiken eines Brückeneinsturzes(siehe Genua 2018, Dresden 2024)verantworten?
    Die Unternehmerseite hat im Artikel deutliche Sorge geäußert. Letztendlich entscheidet funktionstüchtige Infrastruktur über Standorte und somit Arbeitsplätze. „spart Milliarden“ ist bestimmt nicht der richtige Ansatz.
    Übrigens, auch Fachkräfte nehmen lieber Arbeitsstellen an, die zeitnah erreichbar sind.



  5. 8.

    Als Besucher fahre ich über die B1 am Wuster Brückenfragment vorbei, da läuft's auch nicht. In Brandenburg ist seit Jahren eine Baustelle auf dem Weg zum alten Stahlwerk (Museum). Nie sehe ich Baufortschritte. Ein Jahr lang musste man über Posemuckel nach Brandenburg fahren, wenn man die Autobahn benutzte.

    Es entsteht der Eindruck, dass da planerisch, organisatorisch und verantwortlich etwas nicht läuft in Brandenburg!

    Denkt mal dran, die Feuerwehr und Rettungsdienste müssen dort fahren können - da zählen Minuten! Umleitung is da nich...

  6. 7.

    Das Kfz-Steueraufkommen ist faktisch nur ein Tropfen auf heißem Stein, was die Gesamtfinanzierung angeht, weil die Sanierung planmäßig unberücksichtigt bleibt. Wer immer nur neu baut, hinterlässt eben ungeheuren Nachhang an Bauwerken, bei denen sich die Schere zw. sanierten und unsanierten immer weiter öffnet, je aufwändiger sie sind.

  7. 6.

    Wir zahlen KFZ Steuern für den Erhalt von Brücken und Straßen.

  8. 5.

    Meinen Sie das wirklich?? Was sollte den erhöht werden? Vielleich das Bürgergeld?

  9. 3.

    Wir brauchen das Geld in Sozialstaat
    Nicht für Brücken oder Straßen

  10. 2.

    Einfache Lösung für die Zukunft: Schrittempo!

    Kostet Sekunden, spart Milliarden.
    ..
    Könnte auch auf Autobahnen benutzt werden. Ich fände etwa 40 kmh auf marode Brücken absolut zumutbar.

  11. 1.

    Fachpersonal ordentlich bezahlen und behandeln, dann findet man auch Bewerber und kann sie halten.

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