Offener Brief an Bundesregierung - Bibliotheken wollen auch sonntags öffnen dürfen

So 17.09.23 | 08:07 Uhr | Von Julian von Bülow
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In einem Gang im nicht öffentlichen Magazinbereich der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) - Amerika-Gedenkbibliothek stehen Bücher in Regalen. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
Bild: dpa/Christophe Gateau

Der Deutsche Bibliotheksverband fordert, dass die Bundesregierung zwei Worte aus einem Gesetz streicht. Dann dürften Bibliotheken auch sonntags öffnen. Besonders Berufstätige und Alleinerziehende würden profitieren. Doch an Personal mangele es. Von Julian von Bülow

Wer sonntags in einer öffentlichen Bibliothek ein Buch ausleihen will, steht bislang in der Regel vor verschlossenen Türen. Und wenn nicht, dann ist die Wahrscheinlichkeit, ein Buch auszuleihen doch ziemlich gering. Der Deutsche Bibliotheksverband fordert, dass das endlich geändert wird.

Denn bisher verhindert das Bundesarbeitszeitgesetz grundsätzlich eine Öffnung an Sonn- und Feiertagen. Für einige Lebensbereiche gibt es dabei aber Ausnahmen, etwa für Krankenhäuser oder Restaurants, Kinos und Theater.

Öffnung ja, Ausleihe nein

Einige Bibliotheken dürfen sonntags zwar öffnen, doch auch sie können und dürfen dann nicht immer ein vollwertiges Angebot anbieten. Die Berliner Zentral- und Landesbibliothek etwa veranstaltet Lachyoga oder gemeinsames Lesen, zudem können manche Bücher mittels Automat ausgeliehen werden. Das volle Angebot gibt es aber erst am folgenden (Mon-)Tag wieder, wenn die Bibliothekar:innen wieder regulär arbeiten.

Ihr Leiter, Volker Heller, will das endlich geändert haben, denn von Bibliotheken profitierten besonders Menschen mit wenig Geld und Wohnraum. Heller, gleichzeitig Vorsitzender des Deutschen Bibliothekverbands (DBV), sagt: "Wir fordern die Bundesregierung daher auf, mit der Änderung des Bundesarbeitszeitgesetzes den Zugang zu den Dienstleistungen von Öffentlichen Bibliotheken an sieben Tagen in der Woche zu ermöglichen." Davon würden besonders Familien, Alleinerziehende oder beruflich stark beanspruchte Menschen profitieren.

Dazu hat der DBV einen offenen Brief [bibliotheksverband.de] an die Bundesregierung aufgesetzt. Denn die hatte in ihrem Koalitionsvertrag 2021 angekündigt: "Wir wollen öffentliche Bibliotheken [...] stärken und Sonntagsöffnungen ermöglichen." Dazu müsste das Arbeitszeitgesetz angepasst werden. Auf rbb|24-Anfrage antwortet das Bundesarbeitsministerium: "Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der regierungsinternen Abstimmung." Zu weiteren Details wollte sich das Ministerium nicht äußern.

Genügend Bücher, zu wenig Personal

Die Gewerkschaft Verdi lehnt die Sonntagsöffnungen allerdings ab. "Schon jetzt reicht das Personal kaum, um die Öffnungszeiten mit dem vorhandenen bibliothekarisch ausgebildeten Personal abzudecken", sagt Dominic Wilhelms, Sprecher des Arbeitskreises Bibliotheken von Verdi Berlin-Brandenburg. Sonntagsöffnungen würden dieses Problem noch verschärfen. Die Ausweitung der Öffnungszeiten sei mittel- und langfristig nur vertretbar, wenn die "ohne Bibliothekspersonal und unter Ausbau der dafür erforderlichen technischen Ausstattung ermöglicht wird", so Wilhelms.

Der Deutsche Bibliotheksverband betont allerdings auch: Für Bibliotheken solle damit lediglich die Möglichkeit, aber kein Zwang bestehen, an Sonn- und Feiertagen zu öffnen. "Für eine erfolgreiche Umsetzung ist jedoch die jeweilige Situation vor Ort entscheidend und eine ausreichende Personal- und Finanzausstattung in den Bibliotheken zentral", so der DBV.

Ausnahme für "wissenschaftliche Präsenzbibliotheken"

Die einzigen Bibliotheken, die gemäß Arbeitszeitgesetz an Sonn- und Feiertagen bislang für einen richtigen Bibliotheksbetrieb öffnen dürfen, sind "wissenschaftliche Präsenzbibliotheken". Als jene gelten Einrichtungen für Forschung, Studium und geistige Berufsarbeit, wie etwa die Universitätsbibliotheken, schreibt der wissenschaftliche Dienst des Bundestags. In Berlin sind das beispielsweise das Grimm-Zentrum der Humboldt-Uni oder die rechtswissenschaftliche Bibliothek der Freien Universität.

Damit das dann zukünftig für alle Bibliotheken gilt, müssten aus dem Ausnahmekatalog im Bundesarbeitszeitgesetz nur zwei Worte gestrichen werden: "wissenschaftliche" und "Präsenz".

Beitrag von Julian von Bülow

28 Kommentare

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  1. 28.

    Das inzwischen fast 60% der Bürger notwendige Wochenende oder Feiertagsarbeit leisten ist ihnen schon bekannt? Von daher, Läden auf 24/7.

  2. 27.

    Also darf niemand sonst das Wort an Sie richten?
    Hm. Verflixt. Immer macht man was verkehrt.
    Aber wo wir schon mal dabei sind:
    Die Existenz wissenschaftlichen Universalbiblotheken ist ein Grund, ALLE vorhandenen Büchereien auch sonntags offen zu halten und deren Platzbedarf nicht anzurühren?
    Vermutlich lassen sich auch viele jahrhunderte- oder gar jahrtausendealte Werke problemlos digitalisieren und damit zahllosen Interessenten ständig zugänglich machen.
    (Wohlgemerkt: Niemand redet davon, diese abzuschaffen oder zu entsorgen.)
    Nicht jeder Leser/Betrachter muss jedes Schriftstück sieben Tage in der Woche zugänglich haben.
    Und sogar ganz sicher nicht immer im Original.

  3. 26.

    Meine Antwort war eigentlich gegen die Auffassung von "Andreas" gerichtet. Aber auch bei Ihnen merkt man, dass Sie von wissenschaftlichen Universalbiblotheken wie der Staatsbibliothek keine Ahnung haben. Die Aufbewahrung von Sonderbeständen erfordert besondere Bedingungen, wie Sicherheit, Klima etc. Hier geht es nicht um Ihre "Tonnenideologie". Hier zählen Wert und nicht Menge. Die Staatsbibliothek hat zurzeit ca. 11 Millionen Medieneinheiten, davon viele unwiderbringliche Werke. Wie eine Gesellschaft mit Bibliotheken und den darin über Jahrhunderte aufbewahrten Medien umgeht, zeigt auch ihren Zustand. Also, erstmal sachkundig machen,

  4. 25.

    Sicher, dass das Lafayette bleibt? Der Gebäudeeigentümer sendet weiterhin andere Signale.

  5. 24.

    Ja ich vergleich die „normalen“ Bibliotheken mit Amazon…§
    Also, mir hat bei meinem bisherigen Bibliotheksbesuchen noch niemand versucht, das neueste Handy anzudrehen oder das Sonderangebot an Hundefutter versucht aufzuschwatzen.
    Auch waren die Gebühren, so denn welche anfielen, deutlich niedriger als wenn ich mir die Schmöker bei Herrn Bezos bestellt hätte. Von der Verpackung ganz zu schweigen.
    Aber, ich gebe Ihnen natürlich recht - wer schon ein Buch hat, hat alle die Probleme nicht.

  6. 23.

    Wer sagt etwas gegen Bibliotheken oder Bibliothekare generell?
    Es geht schlicht um die Frage, wie viele Menschen all das unbedingt SONNTAGS brauchen.
    (Davon mal abgesehen: Längst nicht alle Büchereien führen die genannten Druckwerke und Schriftstücke, und diejenigen, DIE es tun, benötigen dafür insgesamt sicher nur einen Bruchteil des bisherigen Platzes.)

  7. 22.

    Das wäre ein Angebot ohne Nachfrage.
    Wieviel Prozent aller potentiellen Ausleiher hätten tatsächlich keine Zeit, wochentags mal vorbeizuschauen?
    (Mal abgesehen davon: Auch E-Books kann man sich kostenpflichtig im Internet ausleihen.)
    Ich komme recht häufig an einer Bücherei vorbei und sonderlich viel Andrang herrscht dort nie.
    So bitter es für manche auch sein mag:
    Druckwerke sind mehr oder weniger aus der Mode gekommen.

  8. 21.

    Meinen Sie, die Gesellschaft verkommt, wenn sie mehr lesen würde?

  9. 20.

    Aha, Amazon verkauft also Bücher aus dem 17. oder 18. Jahrhundert? Oder versendet wertvolle Handschriften, Wiegendrucke, Noten? Amazon versendet also Landkarten aus vergangenen Jahrhunderten, etc.?
    Sicher nicht, aber in der Staatsbibliothek zu Berlin kann man all das einsehen. Und dazu braucht man Fachpersonal. Vieles unterliegt Sonderleihbedingungen. Aufgrund ihres Alters verfügt die Staatsbibliothek über sehr viele verschiedene Signaturensysteme, die man kennen muss.

    Sie haben von der Arbeit wissenschaftlicher Unversalbibliotheken keine Ahnung und beleidigen in ihrer Arroganz die FAMI und Bibliothekare.

  10. 19.

    Ich würde dies sehr begrüßen. In meiner Umgebung hat sonntags nur die amerikanische Gedenkbibliothek geöffnet. Würde die ZLB in der Breite Straße auch geöffnet haben wäre es super .

  11. 18.

    Wer braucht denn diese Bibliotheken? Online DRM gegen Gebühr stellen und fertig.
    Ach so - ich möchte rund um die Uhr wählen dürfen, das Wochenende abschaffen (Ungleichheit) und nach 45 Jahren Rente bekommen und nicht erst nach 49-51 Arbeitsjahren. Und dann würde ich gerne auch mal demonstrieren gehen...

  12. 17.

    Vielleicht öfter - oder erstmals- eine Bibliothek aufsuchen! Lesen bildet! Dann muss man nicht derlei Schmarren posten.
    Man kann sich auch über Studium und Beruf von Bibliothekar:innen informieren.

  13. 16.

    Sonn und Feiertage sind geschützt und arbeitsfrei auch für Bibliothekspersonal; Bibliotheken nur in Ausnahmen zu öffnen.
    Bücher sollten anderntags für die freien Feiertage ausgeliehen sein. Zum freien Besuch geöffnet sind die Kirchen, also hingehen. Was der Antragstext an Zielen vorgibt, geschieht viel zu wenig im Alltag, damit nicht besser sonntags...Alles zu jeder Zeit wäre nichts Konkretes, deshalb treffen Menschen schon immer ihre Auswahl!

  14. 15.

    Was soll die Bemerkung über ältere FaMis?
    Die Ausbildung hierzu existiert schon seit den 70ern. Und da Büchermenschen eher zu den Interessierten in unserem Land zählen wird es kaum eine "Digitalangst" geben.
    Wer allerdings Amazon (wo man aus Gründen des Klimaschutzes und sozialer Absicherung eh nicht kaufen sollte) mit Bibliotheken vergleicht zeigt dass man sich nicht auskennt.
    Amazon bietet null Beratung wie es Buchhändler und Bibliothekare/FaMis tun. Und eine vernünftige Beratung werden Sie auch nicht mit KI hinbekommen. Außerdem sind Bibliotheken auch ein besonderer Raum. Das ist ein wenig wie ein Ausflug ins Museum. Einfach ein bisschen Kulturnij schnuppern...

  15. 14.

    Ja ich vergleich die „normalen“ Bibliotheken mit Amazon… wissenschaftliche hatte ich extra ausgenommen.
    Amazon packt ein bestelltes Buch in einen Karton und verschickt dieses an den Kunden… in der Bibliothek bekommen ich es ausgeliehen … in die Hand.
    Und klar umfasst die Ausbildung erheblich mehr… die FaMi… man kann halt aus allem einen Akt machen. Das ganze digitale… sollten dann eher Leute machen die in dem Bereich Profis sind… aber bestimmt läuft das mit älteren Bibliothekaren komplett easy … wie in vielen Bereichen in denen der Staat seine Finger drin hat.
    Hier mal eine der Voraussetzungen „ EDV-Verständnis und Datenbank-Know-How.“
    Ob das Sinn macht Bibliotheken am Sonntag zu öffnen ist jetzt nicht Aufgabe der Bundesregierung…. Es geht um das Verbot es zu dürfen. Ob solche Verbote grundsätzlich noch zeitgemäß sind…. Denke mal seit dem Shopping im Internet eher nicht denn dort kann man 24/7.
    Es sollte lieber jedem überlassen werden wie wann wo er seinen Laden öffnet.

  16. 13.

    Zugang zu Wissen - insbesondere Fachwissen - ist unverzichtbar und auch trotz Internet (Art 87f GG) wichtig.
    Und wenn sich Mitarbeiter finden, die am Sonntag arbeiten würden - warum nicht?

  17. 12.

    Sonntagsöffnung wäre toll - allerdings wäre ich schon sehr zufrieden, wenn man wenigstens Mo- Fr als Berufstätiger bzw Schulkind das Angebot nutzen könnte.
    Leider ist das zb in der Adolf Reichwein Bibliothek wohl wg Haushaltlage/ Personalsituation nicht mehr möglich:
    “Öffnungszeiten:
    ab 01.08.23: Mo und Mi 12-16 Uhr, Di, Do und Fr 14-18 Uhr”

  18. 11.

    Geht gar nicht. Ich bin strikt gegen Öffnung am Sonntag und an Feiertagen. Dann verkommt die Gesellschaft ja noch mehr.

  19. 10.

    Wenn Sie sich diese Frage nach Lesen dieses Artikels noch immer ernsthaft stellen, wird Ihnen niemand mehr eine Sie zufriedenstellende Antwort geben können. Leider.

  20. 9.

    Also mal ehrlich , warum sollten Bibliotheken Sonntags öffnen ?
    Wissenshunger ?

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