Erste Landtagssitzung - Zäher Start des neuen Bündnisses in Brandenburg

Mi 22.01.25 | 06:20 Uhr | Von Hanno Christ
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Archivbild: Die Mitglieder der Landesregierung Manja Schüle (SPD, l-r), Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Brandenburg, Britta Müller (parteilos), Ministerin für Gesundheit und Soziales in Brandenburg, Steffen Freiberg (SPD), Minister für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg, und Detlef Tabbert (BSW), Minister für Infrastruktur- und Landesplanung in Brandenburg, nehmen an der ersten Sitzung mit der neuen Landesregierung aus SPD und BSW teil. (Quelle: dpa/Gollnow)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 22.01.2025 | Michael Schon & Studiogast: Hanno Christ | Bild: dpa/Gollnow

Die erste Landtagssitzung hätte ein Schaulaufen des neuen Brandenburger Bündnisses von SPD und BSW werden können. Stattdessen hält sich die Koalition zurück und überlässt anderen das Feld – vor allem der AfD. Was ist da los? Von Hanno Christ

  • Anträge überwiegend von der Opposition
  • SPD: Sind noch in Haushaltsverhandlungen
  • Ministerpräsident noch ohne Regierungserklärung

Wer in den Tagesordnungen für die erste Sitzung des Brandenburger Landtages stöbert, kann noch wenig lesen vom beschworenen Aufbruch, von einem anderen Politikstil oder von der Idee Neues zu schaffen, wie es die Koalition sich Ende November auf ihren Vertrag geschrieben hatte.

Insgesamt 25 Punkte finden sich am Dienstag in den Tagesordnungen der beiden Plenartage (Mittwoch und Donnerstag): Anträge, Gesetzentwürfe – fast allesamt initiiert von den Oppositionsfraktionen AfD und CDU. Mit Ausnahme der Einsetzung der Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie kommt weder von der größten Fraktion, der SPD, noch von der drittgrößten, dem BSW, ein Antrag, der erste parlamentarische Gestaltungsversuche erkennen lässt.

Themensetzung durch Opposition

Die Aktuelle Stunde – üblicherweise erstbeste Gelegenheit, um ein Thema im Landtag zu setzen – wird am Mittwoch von der SPD in Zeiten der Grünen Woche traditionell mit der Debatte über Landwirtschaft bestückt, dicht gefolgt von einem Antrag der AfD, der die Stärkung regionaler Hofschlachtung fordert.

Dahinter reihen sich am Mittwoch etwa Themen wie die Notfallversorgung der Uckermark, die Trennung von Amt und Mandat im Landtag, Handyverbot an Schulen oder ein Gesetz zur Aufhebung des Vergabegesetzes – allesamt Forderungen aus den Federn von CDU oder AfD. Weiter geht es am Donnerstag: Dort verlangt die AfD wiederholt mehr Abschiebungen in einer Aktuellen Stunde, die CDU will die Bundeswehr an Schulen stärken und die AfD unter anderem die Ärzteversorgung auf dem Land fördern. Die Regierung kommt allenfalls Berichtspflichten nach.

Woidke erklärt sich (noch) nicht

Was besonders auffällt: Die Regierung möchte offenbar nicht auffallen. Für die Exekutive und einen Ministerpräsidenten ist es üblich, die erste Sitzung für eine Regierungserklärung zu nutzen, um die Grundlinien seiner künftigen Politik zu skizzieren. So war es noch zu Beginn der Vorgänger-Regierung 2019 und auch in anderen Bundesländern ist es gelebte Praxis. Diesmal sieht Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bei der ersten Sitzung offenbar davon ab.

Ein Sprecher lässt auf rbb|24-Anfrage mitteilen, dass erstmal der Haushalt beschlossen werden müsse. Erst dann wisse man Bescheid. Erst dann folge auch eine Regierungserklärung. Soll heißen: Offenbar haben BSW und SPD mehrere Monate Beratungen in Sondierungen, Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung nicht gereicht, um formulieren zu können, wohin die Reise gehen soll.

Kritik und Häme von der Opposition

Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Jan Redmann ein "Armutszeugnis" und ein Beleg für die "Ambitionslosigkeit" des Bündnisses von SPD und BSW. Da sei "wenig Zielstellung, wenig Anspruch". Offenbar sei es auch dem Ministerpräsidenten zu wenig gewesen für eine Regierungserklärung, urteilt Redmann. Ein Blick auf die Tagesordnung bestätige diesen Eindruck. Die neue Regierung habe offenbar noch nicht in einen Arbeitsmodus gefunden.

In die gleiche Richtung geht auch der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Hans-Christoph Berndt: "Es wird so bleiben, solange der Landtag in dieser Konstellation existiert. Die wurschteln irgendwie weiter". BSW und SPD hätten gar nicht die Geschlossenheit, um große Sprünge machen zu können, sagt Berndt. Für die AfD ein weites Feld, das sie glaubt, bestellen zu können. Die meisten Anträge werden auch weiterhin von der AfD kommen, gibt sich Berndt sicher.

Wenige Themen aus den Fraktionen von SPD und BSW

Der Regierung und den Regierungsfraktionen mangelnde Geschlossenheit und Ideenlosigkeit vorzuwerfen, gehört zum Werkzeugkasten jeder Oppositionskraft. Der Grund für die Häme und die Kritik der Opposition aber ist diesmal offenkundig: Themen setzt derzeit fast nur sie selbst. Das neue Bündnis liefert nicht nur nicht, sondern verliert sich in teils landtagsfremden Debatten. So fallen auch die wöchentlichen Pressekonferenzen der Fraktionen von SPD und BSW bislang eher inhaltsarm aus.

Normalerweise sind sie ein Einblick in den Maschinenraum der Fraktionen – oder eben auch eine günstige Gelegenheit, Themen zu setzen. Worüber diskutieren die Fraktionen? Was sind ihre Projekte? Wo gibt es Konflikte? Am Dienstag vor der Plenarsitzung arbeiten sich die Fraktionsvorsitzenden von SPD und BSW vor allem an Anträgen der Opposition ab, etwa zum Vergabemindestlohn – oder sie blicken über die Landesgrenze. Bezüge nach Brandenburg sind dabei nicht immer gegeben.

SPD: Erst der Haushalt, dann die Initiativen

Auf die Frage, warum es so wenige Anträge seitens der Koalition gäbe, antwortet BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders: "Ich kann Ihnen versprechen: Das wird sich ändern." Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Björn Lüttmann ist die Kritik der Opposition nur "Geklingel". "Die Dinge, die wir versprechen, müssen auch finanziert werden können", verteidigt sich Lüttmann. "Vieles steht erstmal unter dem Vorbehalt des Haushaltes. Das macht es den Regierungsfraktionen nicht einfach."

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Ludwig Scheetz, sieht keinen Grund zur Eile. Man habe ja eben erst die Fachausschüsse besetzt: "Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass es zu wenig Ideen gibt. Es wird entsprechende Initiativen geben."

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 22.02.2025, 19:30 Uhr

Beitrag von Hanno Christ

39 Kommentare

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  1. 39.

    Als erstes, ich jammere nicht. Die SPD in Brandenburg verspricht schon lange in die Bildung mehr zu investieren, geschehen ist bisher wenig. Und ich habe den Eindruck gewonnen, das sich in Zukunft auch nichts ändern wird. Wenn es Aussagen der SPD gibt, sie sieht keinen Grund zur Eile. Aber vielleicht sollten Sie ihre Kommentare als Ironie kennzeichnen?

  2. 38.

    Menno, finde die Ironie!
    Handyverbot an Schulen = Hofpausenschlachtung der SuS
    DAU!

  3. 37.

    Aber man soll und muß es versuchen! Ist wie in einer Beziehung, gell?

  4. 36.

    Und Nun? Kann ich Ihnen sagen! Ihr "blendend" sehe ich anders. Im Bund wird das erst Recht nichts. Von Migrations- bis Wirtschaftspolitik ,da passt nichts zusammen bei Schwarz und Grün. Schönen Abend noch!

  5. 35.

    Ach komm, Sie schauen nur in die Vergangenheit und suchen die immer selben Fehler. Man muß jetzt aber in die Zukunft schauen und in die Hände spucken! Vom Jammern allein kommt nichts!

  6. 34.

    Stimmt nicht! In Baden-Würtemberg und Schleswig-Holstein, beide Schwarz-Grün, funktioniert es blendend, seit Jahren! Und nun?

  7. 33.

    Es ist nicht zuviel verlangt, zeitnah Ergebnisse zu verlangen. Die hundert Tage Schonfrist sind vorbei, wegducken keine Lösung, vertrösten auch nicht und evtl. aufkommende Vergesslichkeit ist kein Vorbild. Versprecher hatten wir auch schon genug. Bundes-, Landes-, Kommunalversprecher. Manche sind rausgeflogen, manche haben 'ne zweite Chance bekommen. Verspielt die nicht. Ihr spielt auch mit Arbeitsplätzen.

  8. 32.

    Und welche von Ihnen erwähnten Mängel sind durch Sachlichkeit und Gründlichkeit bearbeitet worden? Das jahrelange schlechte Abschneiden Brandenburgs bei der Pisa Studie? Das (Nicht)bauen von Wohnungen, das fehlende Verkehrskonzept, oder das fehlende Finanzkonzept für das Land mit immer neuen Schulden? So viel zum Thema "Quatsch mit Soße".

  9. 31.

    Naja , was blieb nach dem Desaster mit der CDU in der Regierung übrig.
    Also ist nur der seltsame Partner des BSW übrig geblieben.
    Denn nochmals mit dieser Innenministers Partei zu Koalieren , ne Danke.

  10. 30.

    Nichts für ungut, aber mit dieser infantilen Herangehensweise stellen Sie in erster Linie sich selber in ein schlechtes Licht. Zum einen ist die Ampel nicht komplett grün, die Grünen waren nur eine von drei Koalitionspartnerinnen. Zum anderen fällt vieles in Ihrer Aufzählung nicht in den Verantwortungsbereich dieser drei Parteien. Beispiel: Die steigenden Energiepreise (und in der Folge auch die steigenden Nahrungsmittelpreise) haben vornehmlich mit Putins völkerrechtswidrigem Angriffskrieg zu tun, dafür kann keine der Ampel-Parteien etwas. Die angebliche Deindustrialisierung ist lediglich ein Schlagwort der Rechtspopulisten. Deren Narrative sind es, die Sie hier verbreiten.

  11. 29.

    Und nun ? Ihr "großes" Umfeld interessiert mich nicht. Fakt ist, Schwarz und Grün passen in keinem Bereich zueinander. Solch eine Koalition würde der AfD in 4 Jahren die absolute Mehrheit bringen. Wollen Sie das?

  12. 28.

    "Mit Merz wird es eine Rolle rückwärts geben, in unchrichtliche, asoziale Zeiten des ungebremsten Turokapitalismus." - wohin es mit der von Ihnen favorisierten Partei geht, konnte man eindrucksvoll an der Zeit der Ampel erleben: steigende Energiekosten, Deindustrisaliesierung bzw. Abwanderung und Entlassungen, steigende Nahrungsmittelkosten, fallende Zustimmung in der Bevölkerung/ Wählerwillen.

  13. 27.

    Sie verwechseln hier gerade zwei unterschiedliche Kommentare. Ich habe nicht @Jörg geantwortet, sondern @cure the disease der wiederum @Jörg geantwortet hatte.

    Da kann man mal schon durcheinanderkommen. Macht ja nix.

  14. 26.

    Verwechseln sie da nicht etwas? Mit Merz wird es eine Rolle rückwärts geben, in unchrichtliche, asoziale Zeiten des ungebremsten Turokapitalismus.

    Auf der Strecke werden alle bleiben die keine Milliardäre sind, auch der Mittelstand wird weiter ausbluten unter Black Rock Merz.

    Nur wen wollen sie wählen? Die Linke hat sich aufgerieben zwischen Anspruch und Wirklichkeit und die nicht Fisch und nicht Fleisch Scholz sPD ist gerade dabei sich auch zu zerlegen. Man will ja unbedingt die cDU kopieren.

    Und ausgerechnet Söder mit seiner cSU, die Mutter aller rechtspopulistischen Parteien, soll Merz bremsen? Das glauben sie doch wohl selbst nicht.

  15. 25.

    Darauf hinzuweisen, das der Kommentator Unsinn schreibt, weil er jetzt schon weiß, daß bei der Koalition SPD/BSW "nix rummkommt" ist kein Hasserfüllter Kommentar. Es kommt für IHN dabei nix rum. Das kann sein. Er beweist, das er insbesondere das BSW ablehnt. Wahrscheinlich ist er sauer, das die Grünen in den Ostländern nix mehr zu sagen haben.

  16. 24.

    Sie können durch die Zeit reisen oder woher beziehen sie die Erkenntnis für ihr Geschwurbel: "Uns in Brandenburg geht es besser, weil die Grünen aus der Regierung geflogen sind. Das ist eine echte Wohltat"? Und wer ist in diesem Zusammenhang vor allen Dingen "uns"?!

  17. 23.

    Das sagen auch nur Sie. In meinem großem Umfeld, stimmen alle für schwarz-grün. Und nun?

  18. 22.

    Quatsch mit Soße - die brandenburger ,,AfD''' machts genau so, wie die Thüringer und Sächsische ,,AfD''. Den Parlamentsbetrieb stören durch überflüssige Anträge in Masse. Das ist leicht zu durchschauen. Alles was die bemängeln, ist seit Jahren sattsam bekannt und wird nur durch Sachlichkeit und Gründlichkeit bearbeitet werden können!

  19. 21.

    Das hoffe ich auch. Schwarz/Grün wäre Katastrophal. Merz ist nicht zu trauen. Mal sehen ob Söders Brandmauer gegen Grüne hält.

  20. 20.

    Wie immer fehlen für solche falschen Behauptungen jegliche Beweise.

    Und mit dem Bund dürften sie mit Sicherheit auch verkehrt liegen. Warum die Grünen ausgerechnet in Brandenburg rausgeflogen sind liegt auf der Hand.

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