Geflüchtete - Arbeiten für 80 Cent pro Stunde

Geflüchtete können per Gesetz zu gemeinnützigen Arbeiten verpflichtet werden. Dafür erhalten sie 80 Cent pro Stunde. Tun sie das nicht, könnten ihnen erhebliche Konsequenzen drohen. Flüchtlingshilfen schlagen Alarm.
Im Sport- und Freizeitzentrum Beeskow (Oder-Spree) arbeiten seit Dezember vergangenen Jahres vier Geflüchtete. Die Männer erledigen kleinere Arbeiten wie Laubharken oder Hecken schneiden. Dafür bekommen sie eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde.
Diese Arbeitseinsätze sind als Maßnahme gedacht, um Asylbewerber an den Arbeitsmarkt heranzuführen, während sie auf ihre Asylbescheide warten. Denn bis jemand, der nach Deutschland geflohen ist, eine Arbeitserlaubnis bekommt, kann es Monate bis Jahre dauern.
Unterschiedliche Fluchtgründe
Die vier Männer stammen aus Tschetschenien, der Türkei und dem Irak. Bevor sie nach Deutschland kamen, haben sie in ihrer Heimat als Maler und auf dem Bau gearbeitet. Nach Deutschland geflohen sind sie aus wirtschaftlichen und politischen Gründen. "Ich suche eine Arbeit und lerne Deutsch. Ich liebe es hier in Deutschland", sagt der Geflüchtete Saeed Abbas Saeed. Er und die drei anderen Männer warten noch auf ihren Asylbescheid. So lange gehen sie dem Platzwart des Sport- und Freizeitzentrums in Beeskow zur Hand.
"Man weiß nicht, wo man zuerst anfangen soll, weil die Masse an Arbeit einfach viel ist. Deshalb finde ich das gut", sagt Platzwart Brian Sieczka. Auch der Landrat von Oder-Spree Frank Steffen (SPD) begrüßt die Maßnahme. "Die Menschen kommen zu uns, sie werden von uns untergebracht und versorgt und dann soll es auch eine Gegenleistung dafür geben, indem man sich einbringt."
Der Landkreis hat per Gesetz sogar das Recht, die Asylbewerber zu solchen Arbeiten zu verpflichten. Wer sich weigert, muss mit Kürzungen der Sozialleistungen rechnen. Geregelt ist diese sogenannte "gemeinnützige Arbeit" im Asylbewerberleistungsgesetz. Es sieht vor, dass Asylsuchende, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, zu gemeinnützigen Arbeiten herangezogen werden können. Freiwillig oder gegen Androhung von Sanktionen. Entscheidend ist: Die Tätigkeiten sollen nicht die Erwerbsarbeit ersetzen und müssen dem Allgemeinwohl dienen. Außerdem wird der Lohn nicht als Gehalt, sondern als Aufwandsentschädigung angesehen. Deshalb gilt für diese Tätigkeiten der Mindestlohn nicht. Flüchtlingsorganisationen kritisieren diese Praktik.
Flüchtlingsrat Berlin spricht von Ausbeutung
Emily Barnickel arbeitet beim Flüchtlingsrat Berlin unter anderem in der Härtefallberatung. Sie steht im täglichen Kontakt mit geflüchteten Menschen. Die Geflüchteten müssten nicht für wenig Geld an den Arbeitsmarkt herangeführt werden, sagt sie. "Unserer Erfahrung nach wollen die Menschen arbeiten. Sie bemühen sich um eine Arbeitserlaubnis, aber bekommen sie einfach nicht. Das ist das Problem."
Viel wichtiger wäre es, so Barnickel, den Menschen ab Tag eins eine Arbeitserlaubnis zu geben. Sie für 80 Cent pro Stunde arbeiten zu lassen bringe nichts, sagt sie. "Das ist Ausbeutung. Das ist entwürdigend und das ist falsch."
80-Cent-Jobs auch in Berlin
Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe bestätigt dem rbb auf Nachfrage, dass auch in Berlin Geflüchtete für 80 Cent pro Stunde arbeiten. "Es gibt die gemeinnützige Arbeit für Asylbegehrende auch schon in Berlin. Das tun die Menschen freiwillig und sie bekommen 80 Cent pro Stunde."
Ob die vier geflüchteten Männer in Beeskow durch das Laubharken im Sportverein besser im deutschen Arbeitsmarkt ankommen werden, bleibt offen. Offen bleibt auch, ob sie überhaupt jemals in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden, denn ob ihrem Asylgesuch stattgegeben wird, ist noch völlig unklar.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 12.01.2025, 19:30 Uhr.
Die Kommentarfunktion wurde am 21.01.2025 um 18:43 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter
schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.