Kommentar - Warum Union zurecht sauer über die Wertung des Bochum-Spiels ist und doch daneben liegt

Mo 13.01.25 | 18:05 Uhr
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Bochum-Torhüter Patrick Drewes mit dem Feuerzeug, das ihn am Kopf getroffen hatte (imago images/Matthias Koch)
Bild: imago images/Matthias Koch

Das nachträglich für den VfL Bochum gewertete Spiel bei Union Berlin lässt die Vereinsverantwortlichen der Köpenicker nicht zur Ruhe kommen. Warum sie in der Sache Recht haben mögen und doch auch Angriffsfläche bieten. Ein Kommentar von Ilja Behnisch

Mit der Verhältnismäßigkeit ist es immer so eine Sache. Weil sie zumeist nicht gemessen, sondern nur empfunden werden kann. Bestes Beispiel: So ziemlich alles, was nach dem Spiel des 1. FC Union gegen den VfL Bochum passierte. Ein an sich eher zäh anzuschauendes Stück Fußball, das kurz vor seinem regulären Ende durch den Feuerzeugwurf gegen Bochums Torhüter Patrick Drewes einen entscheidenden Twist erhielt und seither viele Gemüter erhitzt.

Nach dem DFB-Sportgerichtsurteil, das aus einem 1:1 sportlicher Natur ein 2:0 für Bochum per Richterspruch machte, ganz besonders erhitzt: das Gemüt von Dirk Zingler, Präsident des 1. FC Union.

Horst Heldt fürchtet gar Wett-Manipulationen

Der hatte schon unmittelbar nach der Urteilsverkündung in einem Statement davon gesprochen, mit diesem Urteil sei in Zukunft jedem "Schmierentheater Tür und Tor geöffnet". Und überhaupt: Skandal!

Immer wieder nutzte Zingler in den vergangenen Tagen dieses Wort, zuletzt mehrfach vor dem Spiel beim 1. FC Heidenheim. Unions Geschäftsführer Kommunikation, Christian Arbeit, sprach davon, das Urteil widerspreche der Rechtsauffassung des Klubs.

Und Horst Heldt, Geschäftsführer Sport bei Union, legte in einer Sendung des TV-Senders Sky nach, behauptete, dass nun auch Wett-Manipulationen möglich wären ("In Asien kann man auf alles setzen.") und fragte, was eigentlich der DFB-Kontrollausschuss in der Verhandlung zu suchen gehabt habe, dessen einzige Agenda dann auch noch gewesen sei, den Schiedsrichter der Partie nachträglich "hopszunehmen". Wobei, das zur Klärung, der Kontrollausschuss laut Richtlinie durchaus dazu da ist, "Zuschauerfehlverhalten (…) sportlich zu sanktionieren".

Der Verein macht sich kleiner als er ist

Nun gibt es Stimmen, die Unions Gemüter nicht nur erhitzt finden, sondern die Reaktion des Vereins als ganzheitlich drüber bewerten. Allerdings stelle man sich einmal vor, dem FC Bayern München wäre ein solches Unheil zu Zeiten von Ex-Manager Uli Hoeneß passiert. Der selbsternannte Leiter der "Abteilung Attacke" hätte angesichts einer Bayern-Niederlage am grünen Tisch vermutlich mindestens die Demokratie der gesamten Bundesrepublik in Gefährdung gesehen.

Und auch seine Manager-Kollegen sind und waren in Streitfragen eher selten für ihre moderaten Töne berühmt. Vielleicht, weil man immer etwas höher ansetzen muss, um möglichst nah an der eigenen Zielgabe zu landen. So als wäre der Austausch von Argumenten ein Pokerspiel.

Nun hat das Zetern gegen Entscheidungen von Obrigkeiten fast schon etwas Traditionelles bei Union. Man erinnere sich an die fortwährenden Vorstöße und Eigeninitiativen der Köpenicker, als es während der Corona-Pandemie darum ging, wieder vor Zuschauern zu spielen. Man könnte das als Teil einer gesunden Diskurs-Kultur verstehen. Und doch ereilt einen zuweilen das Gefühl, dass Union sich in solchen Fällen hinter einer Outsider-Wagenburgmentalität verschanzt, die längst kleiner ist als der auf fast 70 Tausend Mitglieder angewachsene Verein.

Worüber verhältnismäßig wenig gesprochen wird

Viele Argumente Unions lassen sich sehr gut nachvollziehen. Denn tatsächlich unterwandert das Urteil die Souveränität des Schiedsrichters, der sich vor Ort und in Absprache mit beiden Teams darauf verständigt hat, die Partie zu Ende zu bringen. Tatsächlich ist für gastgebende Vereine schlicht nicht zu verhindern, dass Gegenstände auf das Spielfeld geworfen werden. Und die Bestrafung der Mannschaft in Folge der Tat eines Zuschauers eine Art Kollektivstrafe, die es im Fußball eigentlich nicht mehr geben soll.

Und immerhin zeigte sich Sportgeschäftsführer Horst Heldt auch einsichtig. Auf die Frage, ob er als Bochumer Verantwortlicher nicht ebenfalls Protest gegen die Spielwertung eingelegt hätte und somit alles versucht hätte, um die bedrohliche Lage des Klubs im Abstiegskampf zu verbessern, sagte Heldt: "Kann ich nicht mit ja und nein beantworten. Ehrlicherweise kann ich das nicht sagen." Das Vorgehen der Bochumer wurde zuvor von Unioner Seite als - natürlich - skandalös bewertet. Womit wir wieder bei der Verhältnismäßigkeit wären.

Worüber übrigens verhältnismäßig wenig gesprochen wird, nachdem ein Mensch von einem Gegenstand am Kopf getroffen wurde, dem im Nachgang von mancher Seite auch noch Schauspielerei vorgeworfen wurde: dass es als verhältnismäßig normal angesehen wird, dass Menschen mit Dingen auf Menschen werfen. Oder um es mit Dirk Zingler zu sagen: Skandal.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.01.2025, 19:15 Uhr

23 Kommentare

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  1. 23.

    Wenn hier etwas peinlich ist, dann ist es ihr Kommentar, der zwar Ihre Abneigung gegen Union zum Ausdruck bringt (die lasse ich Ihnen gern), aber ansonsten weder sachlich ist, dazu getrübt von fehlender Kenntnis.

  2. 22.

    Zitat: ". . . wohl weil das Ergebnis des Tabellenletzten eine übergroße Überraschung war und dadurch wohl ein Wiederholungsspiel erreicht werden sollte."

    Der F-Zeugwerfer hat Ihrer Spekulation nach also kalkuliert, er könne mit seiner Aktion dem FCU etwas 'Gutes' tun und ein Wiederholungsspiel herausholen? Das ist doch ein völlig abstruses Gedankenspiel Ihrerseits. Es verhielt sich ganz offensichtlich so, dass der Typ überhaupt nicht nachgedacht und seiner Frustration freien Lauf gelassen hat. Die eventl. daraus entstehenden Folgen für den Verein, hatte der doch überhaupt nicht auf dem Schirm.

    Der DFB ist mit seiner Entscheidung dem Schieri in den Rücken gefallen und hat m. E. die Begleitumstände des Vorfalls nicht ausreichend gewürdigt und so tatsächlich kein gerechtes Urteil gesprochen. Von Seiten des FC. St. Pauli oder den Heidenheimern wurde die Entscheidung ebenfalls kritisiert.

  3. 21.

    Fakt istDer Werfer ist v.den Ordnern an die Polizei übergeben worden.Anzeige wurde erstattet.Der Kriminelle auch bereits vom Verein mit Höchststrafe belegt.Gerichtliche Strafe steht noch aus.Der Schiedsrichter hat das Spiel in Einverständnis beider Vereine zu Ende spielen lassen und mit 1:1 bewertet. Warum wird die Souveränität des Unparteiischen hier untergraben und eine Fußballmannschaft bestraft?Das Spielergebnis darf nicht geändert werden,der FC Union als Verein wird noch finanziell bestraft

  4. 20.

    Eisernen Dank für Ihren Beitrag von bestürzender Sachkenntnis und Sachlichkeit! Da es wenig sinnvoll ist, inhaltlich darauf einzugehen, will ich nur kurz mitteilen: Es dürfte viele Unioner geben, die beruhigt sind, dass Sie ihren(kleingeschrieben!) Verein unsympathisch finden. Bitte bleiben Sie dabei!

  5. 19.

    Ist doch klar dass Unioner hier vehement dem TW Schauspielerei vorwerfen . Ihr seid doch sowieso nie Schuld.
    Sind es nun gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei wie in Rotterdam oder Wolfsburg oder wie hier der nach eurer Meinung schlecht zielende "Fan".
    Hier sollte mal hart durchgegriffen werden und eine richtige Strafe verhängt werden die auch mal zum Nachdenken anregt.
    Gerade bei Union wird doch der große Zusammenhalt propagiert. Dann sollten auch alle zusammen eine Strafe bekommen.
    Das Urteil ist völlig in Ordnung und dieser Kultkommerzverein mit diesem Präsidenten ist einfach nur noch peinlich.

  6. 18.

    So langsam nervt die Debatte. Dass in diesem Staat, ob beim Fußball oder sonst wo, nicht immer alles nachvollziehbar ist, sollte jedem bewusst sein. Allerdings müsste die Heimspiele Bochums jedes mal abgebrochen und für die Gäste gewertet werden. Jeder der schon dort war, weiß, dass dort Becher bereits ab der ersten Minute fliegen. Ich wünsche mir dann künftig für alle Vorfälle fliegender Gegenstände derartige Entscheidungen. Dann findet Fußball nur noch am grünen Tisch statt. :-)

  7. 17.

    Können Sie irgendwie belegen, dass der Feuerzeug-Werfer dem VfL Bochum zuzuordnen sei?

  8. 16.

    Der Präsident hat alles richtig gemacht.Wenn sie etwas persönlich gegen D.Z. haben, ist das ihr Problem. Aber verbreiten sie nicht so viel Unwahrheiten über Union.Ich überlege immer noch, was die Funktionäre durch dieses Urteil erreichen wollen.Eins haben sie jedenfalls erreicht, die Kluft zwischen Fans und DFB wird immer tiefer.Und damit meine ich nicht nur die Ultras.Wir sehen uns Morgen.Eisern.

  9. 15.

    Nee, eigentlich. Vereine werden seit jeher für Fehlverhalten der eigenen Fans sanktioniert. Das ist also völlig gängig und somit keine Verschwörung gegen Union.

  10. 14.

    "... eine Art Kollektivstrafe, die es im Fußball eigentlich nicht mehr geben soll."
    Eigendlich?
    Kollektivstrafen gab es bei den Nazis und den Kommunisten, zuletzt in der DDR.
    Das sollte es von vorn herein in einer Demokratie nicht geben.

  11. 13.

    Feuerzeugwurf unstrittig,Werfer gefunden unstrittig(somit ist derVerein seiner Pflicht nachgekommen)
    Für die Schauspieleinlage gibt es kein Wort,so schlecht war die
    Aber,wo ist der Bericht des Arztes aus dem UKB,ach ja,da würde die Behandlung wegen mangelnder Symptome ja abgelehnt
    Wo ist das psychologische Gutachten über die mentalen Probleme?Und dann steht der 7-8 Tage später wieder vor einer Menschenmengen im Tor!!??Dazu kommt noch eine mögliche weitere Bestrafung auf Union zu,wieso?
    Ich denke hier soll,und das auch noch in vollem Bewusstsein des Verantwortlichen beim Sportgericht ein Exempel statuiert werden,indem das Regelwerk außer Kraft gesetzt wird.
    Jetzt habe ich ein mentales Problem und gehe arbeiten

  12. 12.

    Andersherum aber doch auch, alternativ das Spiel wird unentschieden gewertet und Union bekommt eine Strafe von einer Million die den breiten Sport zugute kommen.
    Das ist zu den Gehältern die gezahlt werden noch relativ human .

  13. 11.

    Völlig falsch. Eine versuchte Körperverletzung zugunsten der eigenen Mannschaft nutzen zu wollen ist keineswegs genauso schäbig wie der Angriff selbst. Sie verwechseln da Huhn und Ei. Ohne die "Show" des Torwarts wäre der Werfer wahrscheinlich überhaupt nicht belangt worden. Ob die Spielwertung gegen Union nun aber gerechtfertigt ist, will ich gar nicht beurteilen.

  14. 10.

    Das Reinsteigern wegen des Punkts wirkt oder könnte sich negativ auf die Leistung der Mannschaft auswirken und noch viel mehr zusätzliche Punkte und Sympathien kosten, je länger sich der Fall noch hinzieht.

    Hat Union wirklich recht in der Sache?

    Union geriet gegen 10 Bochumer in Rückstand und die Unsportlichkeit des provozierten Spielabbruchs beim Stand von 1:1 und kurz vor Schluß ging von Unioner Fans aus, wohl weil das Ergebnis des Tabellenletzten eine übergroße Überraschung war und dadurch wohl ein Wiederholungsspiel erreicht werden sollte.

    Der DFB kann garnicht anders entscheiden, denn
    "Bekommt ein Verein die Schuld, ist das Match für ihn mit 0:2 verloren."

  15. 9.

    Keine Frage, Dinge auf den Platz zuwerfen geht nicht. Ob Böller, Bierbecher oder Tennisbälle und Feuerzeuge ist völlig egal. Wenn aber Spieler( wie der Bochumer Torwart ) ca. 1min. vor dem Wurf eine gelbe Karte wegen Zeitspiel bekommt und dann immer noch weiter das Spiel verzögert muss man sich nicht wundern wenn dann manche Dummen aus ticken. Gebildete Menschen wie Profifussballer wissen natürlich sofort wie man dann so ein Fehlverhalten zum eigenen Vorteil nutzen kann. Diese Art von FairPlay ist mindestens genauso schäbig wie der Feuerzeugwurf selbst…

  16. 8.

    Fazit:

    einfach kleinen Gegenstand an den Kopf vom eigenen Torwart werfen und schon hat meine Mannschaft gewonnen....
    irre, aber: hat's gegeben,
    Union gegen Bochum
    und damit:
    gute Nacht faire Play......

  17. 7.

    Nach dem Skandalspiel damals als Dietmar Hopp im Fadenkreuz Grund für die Spielunterbrechung (in München?) war fanden alle gut dass die Mannschaften einen Nichtangriffspakt geschlossen hatten und fanden das sportlich, auch der DFB. Im Fall von Union wurde ein ähnliches Verhalten des Schiedsrichters, der sogar mit dem DFB abgestimmt gehandelt hatte, vom Gericht als Fehler beurteilt. Das kann ich nachvollziehen das das auch von Zingler als Skandal gesehen wird. Das Rumpelstilzchen artige Verhalten und die Wortwahl von Zingler gefällt mir nicht, inhaltlich sollte man das aber genauer betrachten. Niemand darf Dinge auf das Spielfeld werfen und Menschen verletzen, aber man sollte Ihnen auch nicht die Macht geben Sportliche Entscheidungen zu verändern . Leider gibt es so wenig Interesse an einer sachlich inhaltlichen Betrachtung- das sollte die Rolle des DFB aber leisen können!

  18. 5.

    Der Skandal selbst ist der Präsident bei Union
    So ein Aufruhr wegen der 3 Punkte
    Der Stasi Fritz hatte letztes Jahr mehr als Glück nicht abgestiegen zu sein
    Verfälscht Bilanzen noch immer
    Mio Schulden bei Kömel dem Retter von Union da hat er Glück das der DFB blind ist
    Ca 40000 pseudo Mitglieder aber
    Vom reichen Senat noch ein Grundstück
    Geschenkt bekommen für ein neues Stadion
    War mal ein sympathischer Klub früher

  19. 4.

    Fakt es wurde ein Gegenstand geworfen, es wurde ein Spieler getroffen und das hat auf einen
    Fußballplatz nichts zu suchen. Es muss mal ein Exempel stattfinden, das es Union trifft ist traurig, aber das der Präsident ein Wiederholung Spiel fordert ist der blanke Hohn. Denn er spekuliert auf 3 Punkte. Das ist keine Strafe sondern eine Belohnung für Union.

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