Absatzrückgang in Deutschland - Anti-Elon-Sticker für die Tesla-Scham

Do 16.01.25 | 14:11 Uhr | Von Efthymis Angeloudis
  162
Elon Musk
dpa/Branden Bell
Video: rbb|24 | 15.01.2025 | Material: rbb|24 | Bild: dpa/Branden Bell

Offen, fortschrittlich, ökologisch - noch vor Kurzem stand dafür Tesla. Alles, was Elon Musk jetzt nicht mehr verkörpert. Viele wenden sich von der Marke ab, die Verkaufszahlen schwinden. Kommt nach dem Tesla-Hype die Tesla-Scham? Von Efthymis Angeloudis

Patrik Schneider kann in die Zukunft sehen, oder so ähnlich. Auf jeden Fall kann der Grafikdesigner aus dem baden-württembergischen Pforzheim mit großer Wahrscheinlichkeit vorhersehen, ob am nächsten Tag viele Bestellungen für sein Produkt aufgegeben werden oder nicht. Wie er das macht? Er schaut einfach nach, was Elon Musk auf X (ehemals Twitter) als letztes gepostet hat.

"Wenn irgend so ein richtig dummer Take kommt, sehe ich, wie bei mir die Verkäufe hochgehen und am konstantesten tun sie das seit seiner Wahlempfehlung für die AfD." Musk wettert gegen die Bundesregierung – Bestellungen gehen hoch. Musk gibt eine Wahlempfehlung für die AfD ab – Bestellungen gehen hoch. Musk trifft Weidel auf X [tagesschau.de] - "da ging die Kurve sowas von steil nach oben über Nacht".

Denn Schneider verkauft Sticker, vor allem solche, die er Anti-Elon-Sticker nennt. Die Idee dahinter ist simpel: Tesla-Fahrer, die sich für die teils rechtsextremen Inhalte, die Musk verbreitet, schämen, kleben einen Sticker von Schneiders Firma an ihren Tesla. Zum Beispiel seinen Verkaufsschlager: "I bought this before Elon went crazy" - ich habe das gekauft, bevor Elon verrückt wurde – und sagen so der Welt: 'Ok, ich fahre Tesla aber ein Musk-Jünger bin ich nicht.'

Patrik Schneider, Grafikdesigner, Creator der Anti-Elon-Sticker (Quelle: Patrik Schneider)
Bild: Patrik Schneider

Vom Tesla-Hype zur Tesla-Scham

"Early adopters" nennt Stefan Wegner von der Werbeagantur Scholz&Friends diese frühen Tesla-Fahrer. Eine junge, fortschrittliche, ökologisch gewissenhafte Zielgruppe, die sich anfänglich mit dem Produkt Tesla identifiziert hat und jetzt von Musks Kontroversen Abstand nehmen möchte. "Tesla waren die allerersten, die es geschafft haben, ein Elektroauto in der Breite auf den Markt zu bringen, das die Menschen begeistert hat", erklärt Wegner. "Genau deswegen hat der Autohersteller aus Kalifornien bei Menschen gepunktet, die technologie-affin sind, die gerne als erste mit dabei sein wollen." Das habe sich naturgemäß verändert.

Seit der Einmischung des Tech-Milliardärs in den deutschen Wahlkampf werfen Kritiker Musk vor, an einem globalen Netzwerk von Rechtsextremen zu arbeiten [tagesschau.de]. Und das kommt bei einem Teil seiner Kundschaft verständlicherweise gar nicht gut an.

"Diejenigen, die sich ein Tesla aus einer grünen Überzeugung heraus gekauft haben, die werden jetzt sicher so etwas wie eine Tesla-Scham empfinden und sich vielleicht mit ihrem Tesla auch nicht mehr aus der Garage trauen", sagt Wegner rbb|24 im Gespräch, "und ganz bestimmt beim nächsten Mal auch eine andere Elektroautomobilmarke wählen."

Anti-Elon-Sticker für die Tesla-Scham (Quelle: Patrik Schneider)
Bild: Patrik Schneider

Tesla, der große Verlierer auf dem deutschen E-Auto-Markt

Dass Elon Musks Unternehmen in Deutschland bereits an kaufwilliger Kundschaft verloren hat, sieht man nicht zuletzt an den Verkaufszahlen. Die Neuzulassungen von Autos der Marke Tesla haben sich für 2024 mit 37.000 im Vergleich zu 63.000 für 2023 fast halbiert. Der Marktanteil im Elektroautosegment in Deutschland ist von 12,1 auf 9,9 Prozent geschrumpft. BMW konnte die US-Amerikaner sogar vom zweiten Platz der E-Auto-Neuzulassungen verdrängen.

Doch Tesla ist bei weitem nicht die einzige Elektromarke, die im Vergleich zum Jahr zuvor sinkende Verkaufszahlen aufzuweisen hat. 2024 wurden in Deutschland erstmals weniger E-Autos neu zugelassen als im Vorjahr: 380.609 Elektroautos, fast 144.000 weniger als 2023.

"Hauptgründe für den Rückgang waren vor allem das Aus für die Förderung von E-Autos [tagesschau.de]", sagt Markus Emmert vom Bundesverband E-Mobilität (BEM) dem rbb. "Und mit Sicherheit eben auch das vorsichtigere Kaufverhalten aufgrund der Wirtschaftslage."

Doch selbst in dieser Situation konnte VW seinen Spitzenplatz konsolidieren, BMW seine Position auf dem E-Auto-Markt mit 42.066 Neuzulassungen (2023: 40.420) und einem Marktanteil von 11,1 Prozent (2023: 7,7 Prozent) spürbar verbessern. Im Vergleich zur deutschen Konkurrenz ist die US-Marke der große Verlierer. "Gerade in Deutschland gibt es aber immer noch Markentreue und Volkswagen ist natürlich so etwas wie ein Gesetz, auch wenn im Kontext der E-Mobilität da noch einiges aufzuholen ist", erklärt Emmert.

Tesla kriegt plötzlich Wettbewerb

Treue Kunden hatte Tesla auch. Auch wenn die Gründe für die Treue laut der Münchener Managementberatung Berylls by Alixpartners woanders lagen. "Tesla hatte fast keinen Wettbewerb in der E-Auto-Branche", sagt Sascha Jaite dem rbb. Selbst wenn man das Design nicht sonderlich toll fand, hatte man fast gar keine Alternative."

Jetzt wo es Alternativen gäbe, lasse auch der Absatz und das Interesse der Kunden nach, sagt Jan Burgard, ebenfalls von Berylls. "Tesla hat eigentlich ein Angebotsproblem. Die Fahrzeuge sind schon in die Jahre gekommen", erklärt Burgard. "Und jetzt kommt natürlich ein zusätzlicher Faktor dazu, die Politik."

Als Tesla-Fahrer ins rechte Eck gedrängt

Und auf Musks Politik wird man als Tesla-Fahrer angesprochen, ob man es mag oder nicht, wie Schneider erfahren musste. Auf einem Supermarkt-Parkplatz sagte man ihm, er solle als Tesla-Fahrer die AfD wählen. Das gab Schneider zu denken: "Schon krass, jetzt hast du dir dein Traum-Auto geholt und wirst dafür ins rechte Eck geschoben."

Zuhause suchte er nach einem Anti-Elon-Sticker für sein Auto. Den gab es schon in Amerika - aber eben nur da und nur als Aufkleber und nicht auf Folie. Da der Grafikdesigner schon mit Folien handelte, entschloss er sich kurzum selbst einen solchen Sticker zu basteln. "Den habe ich hochgeladen auf Amazon und ja, das war der Anfang der Reise."

Keine Sorge um Grünheide

Den "visuellen Ausdruck der Tesla-Scham" nennt das Werbe-Fachmann Stefan Wegner. Elon Musk rufe auf, die AfD zu wählen und im AfD-Wahlprogramm stehe mehr oder minder: Schafft das Elektroauto ab. "Und diese totale kognitive Dissonanz, diese Widersprüche sind natürlich kurios", empfindet Wegner. "Bei einer bestimmten Käufer-Zielgruppe, die sich jetzt von Tesla abwendet, genau wie sie sich von Twitter oder heute X abwendet, ist das bestimmt ausschlaggebend und tatsächlich auch eine Konsumentscheidung."

Das dürfe man aber nicht überbewerten. "Die meisten Konsumentinnen und Konsumenten konsumieren am Ende nicht politisch, sondern entscheiden tatsächlich eher nach Kosten, nach Qualität und nach Affinität und das ist aus meiner Sicht ausschlaggebender als die politische Einstellung", erklärt der Partner bei der Werbeagentur Scholz&Friends.

Auch Berylls sieht Tesla bei weitem nicht in einer Flaute und den Standort Grünheide (Oder-Spree) sicherlich nicht in Gefahr. Gerade in Grünheide würde jetzt das Update des Model Y produziert. Dazu wird diskutiert, auch das Model Q in der dortigen Fabrik zu bauen.

"Es gibt eigentlich keine Anzeichen, dass man sich Sorgen machen müsste, dass sich das groß auf die Beschäftigung und auch Produktionssituation auswirkt", sagt Jan Burgard von Berylls dem rbb. Der Marktanteil sei mit fast 10 Prozent nach wie vor groß.

Der letzte Tesla für Schneider

Einen Kunden hat Tesla allerdings ganz sicher wegen Musks politischen Kontroversen verloren. "Sollte sich in dem Unternehmen nichts tun, dann gibt es für mich keinen Tesla mehr", ist Patrik Schneider fest entschlossen. Auch wenn das Model Y ein "sau gutes Auto" sei, "für mich ist ein Punkt erreicht, da kann ich einfach nicht mehr mitgehen", erklärt der Grafikdesigner seine Pläne nach dem Ende seines Leasingvertrages in drei Jahren.

Und die Entscheidung fällt ihm trotzdem nicht leicht. "Das sage ich mit einem weinenden Auge, weil ich wirklich extremst großer Tesla-Fan bin. Aber manchmal ist es wichtiger, sich selbst treu zu bleiben."

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.01.2025, 14:35 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 16.01.2025 um 12:50 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Beitrag von Efthymis Angeloudis

162 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 162.

    Und mein Ebike für die Stadt zur Arbeit ist n Mammut. Völlig genial. Für den Spaß außerhalb auch ne Oldtimermopete. Ick brauche nüscht neues Verbrennergedöns. Wenn Töff mal in der Wiederverwertung landet kommt nur noch n kleiner Stromer vor die Tür. Ein gewisser Elon geht mir am Hintern vorbei, wer is der eigentlich?

  2. 161.

    Mitläufer bilden sich immer ein, wenn sie Menschen "bewundern", dass sie dann auch dazugehören. Dazugehören zu etwas ganz "Großartigem". Und "großartig" bin ich deshalb, weil ich neben einer "großartigen" Person daherlaufe.

  3. 160.

    Was gilt als rechtsextrem?
    Die Antwort:
    Rechtsextremisten begründen einen minderen Wert und Rechtsstatus bestimmter Individuen und Gruppen durch ethnische, kulturelle, geistige und biologische Unterschiede. Daraus folgen zwangsläufig Freund-Feind-Haltungen und Intoleranzen gegenüber Menschen anderer Herkunft und Prägung.

    Alles klar, oder bestimmt immer noch Hinz und Kunz?

  4. 158.

    Bei allem Respekt, Ihr Kommentar liest sich fast wie Satire. Als wenn Sie in einem Kommentar alle verquerten Ansichten rechtsextremer Anhänger parodieren wollten. Impfgegner wurden nicht von den Medien in irgendeine Ecke gedrängt, sondern von Sachargumenten. Zumal Sie ja nicht von sogenannten Impfskeptikern schreiben, sondern wirklich von Impfgegnern, welche ja ganz bewusst viel Desinformation (und Antisemitismus) verbreitet haben. Sie stören sich nicht an Hetze und Desinformation, die Musk nachweislich verbreitet, werfen aber Biden Zensur vor? Ihr Ernst? Wenn Sie sich nicht gänzlich lächerlich machen wollen, sollten Sie zumindest versuchen, Ihre absurden Behauptungen irgendwie zu belegen. Und was sollen "Linkies" sein?

  5. 157.

    Musk und Besos bauen Raketen und planen Marskolonien und Weltraumstädte, damit die Superreichen am Ende der Lebenszeit des Planeten in Sicherheit sind, während hier unten alle für sie weiter schaffen können. Ich sags euch

  6. 155.

    Musk gefährdet unsere Demokratie!
    Oligarchen müssen boykottiert werden!
    Sanktionen sind ein Mittel!

  7. 153.

    Was ist an diesem Menschen so bewundernswert ?
    Das er sich in allem einmischt, was ihn garnichts angeht ?
    Polier anderer Länder verhöhnt und beleidigt ?
    Die rechtsradikale AFD in den Himmel lobt ?
    Musk ist der zweite Trump, und das kann nicht gut sein.

  8. 152.

    Was ist an diesem Menschen so bewundernswert ?
    Das er sich in allem einmischt, was ihn garnichts angeht ?
    Polier anderer Länder verhöhnt und beleidigt ?
    Die rechtsradikale AFD in den Himmel lobt ?
    Musk ist der zweite Trump, und das kann nicht gut sein.

  9. 151.

    Interessiert das Sie wirklich?
    Ich fahre eine 8 Zylinder, 450ccm, Diesel deutscher Herkunft Bj. 2019.
    Leider einer der Letzten, bevor der E-Wahn begann.
    Sollte der mal durch sein, wird es ein TESLA oder ein chinesisches Produkt.
    Deutsche Autos wird es da dann nicht mehr geben.

  10. 148.

    Es dürfte gesetzlich nur ein Wahlplakat pro Laternenmast erlaubt sein. Ich mag und mochte diesen Blödsinn noch nie, auch nicht, dass Parteien erst vor Wahlen sich derer erinnern, um die sie angeblich "kämpfen", um diese dann nach einer Wahl zu vergessen und nur noch als Maulhelden ohne echten Sinn für Regierungsverantwortung aufzutreten.

  11. 147.

    PKW können aber an immer mehr Supermärkten schnell nebenbei während des Einkaufs geladen werden. Im Neuland findet man dazu Infos.

  12. 146.

    Ich kenn' den Typen nicht und 'n Tesla würde ich mir nur holen wenn die das mal mit dem V8-Sound hinbekommen. Tesla ist kein Auto - das ist ein Scheidungsgrund.

  13. 145.

    "Außerdem gibt es inzwischen Untersuchungen, dass solche Massen von Wahlplakaten die Wähler nicht relevant beeinflussen."

    Erst einmal natürlich einen schönen Gruß an den zweiten "Helmut Krüger/Potsdam", der es sichtlich vorzieht, einer Verwechslungsgefahr nicht vorzubeugen. ;-)

    Immerhin: Im hier zitierten Satz gebe ich Ihnen sehr wohl Recht. Bis zu sieben Wahlplakate pro Beleuchungsmasten stellen eine glatte Überforderung der menschlichen Wahrnehmung dar und eigentlich wissen das auch alle. Gemacht wird es trotzdem, weil da zurückstecken mag.

    Es fehlt offenbar die Phantasie, dass Plakate, gezielt an fußläufig gut erreichbaren Plätzen aufgehängt und mit den nächsten Terminen der jeweils Kandidierenden versehen, das wirkungsvollere Instrument wären. Mit Musk und Tesla allerdings hat das überhaupt nichts zu tun. Da ist dem selbstgewählten Namensvetter offenbar die Phantasie durchgegangen. ;-)






  14. 144.

    "Folgt dem Tesla-Hype die Tesla-Scham?" Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens.

Nächster Artikel