Tatortreiniger-Workshop in Guben - "Wir sehen sehr viel Not, Elend und viele Schicksalsschläge"

Mo 30.09.24 | 17:18 Uhr
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Archivbild: Der Auszubildende Florian Franz (Fachrichtung Glas und Gebäudereinigung) reinigt am 28.008.2007 in einen Schutzanzug gekleidet einen extra präparierten Tatort. (Quelle: dpa-Bildfunk/Arno Burgi)
Audio: Antenne Brandenburg | 30.09.2024 | Daniel Mastow | Bild: dpa-Bildfunk/Arno Burgi

"Meine Arbeit beginnt da, wo sich andere übergeben". So beschreibt die Serienfigur Schotty seine Arbeit als Tatortreiniger. In Guben lassen sich nun Interessierte aus ganz Deutschland für den Beruf ausbilden - für den es keine eigene Ausbildung gibt. Von Daniel Mastow

25 Männer und Frauen aus ganz Deutschland werden in Guben (Spree-Neiße) seit Montag bei einem Workshop zu Tatortreinigern ausgebildet. An zwei Tagen vermittelt in Räumen des Plastinariums Desinfektor Thomas Kundt Grundlagen, wie beispielsweise ein Tatort professionell gereinigt und desinfiziert wird.

"Wenn wir jemanden haben, der im Sommer verstorben ist, kommen in den ersten Sekunden die Fliegen, geht in den ersten Sekunden der Verwesungsprozess los", erklärt Kundt, der seit zehn Jahren Tatortreiniger ist. Es sei ein äußerst spannender Job, sagt der Experte. "Wir haben zum Beispiel auch lange Liegezeiten. 60 Prozent unserer Fälle sind Verstorbene, die mehrere Wochen, Monate oder Jahre tot in der Wohnung liegen", so Kundt.

Teilnehmer eines Tatortreiniger-Workshops im Hintergrund, im Vordergrund ist ein blauer Kanister (Foto: rbb/Brucksch)
Beim Workshop in Guben | Bild: rbb/Brucksch

Stabile Psyche ist Voraussetzung

Eine eigene Tatortreiniger-Ausbildung gibt es nicht. Nach einem Workshop wie dem in Guben gibt es aber ein Zertifikat. So können sich zum Beispiel Gebäudereiniger zum Tatortreiniger weiterbilden.

Genau aus diesem Grund ist etwa die Hälfte der Teilnehmer angereist, so wie Katja Kellner aus Apolda in Thüringen. Sie hat seit 16 Jahren eine Gebäudereinigungsfirma. "Ich reinige Büros, Autohäuser, Arztpraxen, aber würde jetzt gerne mal in die andere Richtung einschlagen, weil das auch nochmal ein ganz spannendes Thema ist." Man sehe als Tatortreiniger Dinge, die "nicht so alltäglich" sind, sagt sie. Die andere Hälfte der Teilnehmer arbeitet bereits in dem Beruf, will das Wissen aber auffrischen.

Die Nachfrage von Gebäudeverwaltungen nach Reinigungsexperten für Orte, an denen Menschen gestorben sind, ist laut Thomas Kundt groß. Einen Personalmangel gebe es aber nicht, sagt er. Wichtig sei in diesem Job, die Bilder im Kopf nicht mit nach Hause zu nehmen. "Wir treffen Menschen in ihren verwundbarsten Augenblicken, sehen sehr viel Not, Elend, viele Schicksalsschläge."

Jeder müsse sich deshalb vorab fragen, ob er für den Beruf geeignet sei. Dabei gehe es nicht nur um das Handwerk, sondern auch um den Kopf, sagt Kundt. Bei einem Tatortreiniger sei eine stabile Psyche wichtig. "Wenn ich das nicht [habe] und wenn ich vielleicht auch schon das eine oder andere Problem hatte, dann bitte, bitte mach diesen Job nicht."

Unwissend an einem Tatort

Auch Katja Kellner weiß, was auf sie zukommen würde. Als Gebäudereinigerin hat sie schon einmal unwissend mit einem Tatort zu tun gehabt. "Mir wurde damals gesagt, das wären Kaffeeflecken, aber die hatten sich dann über den ganzen Flur gezogen. Hinterher haben wir dann tatsächlich erfahren, dass es ein Leichenfundort-Wohnung gewesen ist." Gestört habe sie das aber nicht, sagt sie.

Bei dem Workshop beginnt nach einem theoretischen Teil am Montagvormittag der Praxisteil. Dafür war Thomas Kundt vorher noch beim Fleischer und hat Schweineblut besorgt. "Das ist ähnlich zum Menschen und deswegen können wir damit ganz gut arbeiten."

Sendung: Antenne Brandenburg, 30.09.2024, 14:40 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Ihr Sarkasmus ist völlig fehl am Platze. Das was Tatortreiniger sehen, erleben auch Feuerwehrleute und Polizisten. Ab und an kamen auch Sprücheklopfer vorbei und waren dann die Ersten, die sich übergeben haben oder die Nächsten, die aus den Schuhen kippten. Die ersten ein, zwei Toten hat man noch lange im Kopf und es dauert etwas bis dies ein "Part of the Job" wird. Manche kommen damit nie zurecht und werfen das Handtuch. Als Sohn eines Fleischers aufgewachsen waren mir die ganz speziellen "Düfte" bekannt. Es ist aber etwas anderes, wenn da ein Mensch, möglicherwise schon etwas länger, so rumliegt. Das einem unbedarften, jungen Menschen zumuten zu wollen ist schon arg neben der Spur.

  2. 9.

    Sicher noch nie Friedhofsgärtner gewesen. Ich war es und habe immer zu tun gehabt.

  3. 8.

    Respekt vor denen, die diese Arbeit machen.

  4. 7.

    Interessanter Beruf, kein Tag gleicht dem anderen, immer Überraschungen und Herausforderungen, man muss selbstständig handeln und mitdenken und man bekommt Demut vor dem, was man ist und was man hat. Wahrscheinlich macht man das nicht ein Leben lang, aber 10 Jahre hält man das vielleicht durch. Eine Herausforderung allemal.

  5. 5.

    Also ich hätte mir bei dem Begriff "tatortreiniger" was ganz anderes vorgestellt.
    "Wir sehen sehr viel Not, Elend und viele Schicksalsschläge" - da dachte ich an Küche, Toilette oder Kinderzimmer.

  6. 4.

    Ich bezweifele, dass diese Tätigkeit wirklich gut bezahlt wird. Leider wird viel zu oft nicht nach Schwere der Tätigkeit sondern nur nach Sozialprestige bezahlt.

  7. 3.

    Na also. Da finden viele junge Leute in Brandenburg keinen Job und hier suchen sie Leute! Bei guter Bezahlung.

  8. 2.

    Die werden auch immer öfter gebraucht! Die Bezahlung wird exorbitant sein, bei diesem ekligen Job! Wer macht sowas freiwillig? Warum nicht lieber Handwerker oder Friedhofsgärtner oder afd-Politiker. Da gints noch mehr Kohle für wenig bis keine Arbeit.

  9. 1.

    .....vor den Menschen, die diese Arbeit machen. Ich könnte das nicht, never ever.

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