Abfallhalden in der Natur - Corona verstärkt illegale Müllentsorgung in Brandenburg

Sa 15.05.21 | 12:34 Uhr
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Illegale Müllentsorgung auf einem Parkplatz, an einem Waldstück. Quelle: dpa/Jochen Tack
Bild: dpa/Jochen Tack

Bauschutt auf dem Waldweg, Elektroschrott im öffentlichen Papierkorb - das Problem illegaler Müllentsorgung hat sich in Brandenburg während der Corona-Krise nach Aussage mehrerer Städte verstärkt. Das Problem hat mehrere Ursachen.

Tausende Tonnen illegal abgelagerter Abfälle werden in Brandenburg jedes Jahr entsorgt - die Corona-Krise hat das Problem nach Angaben einiger Kommunen im Bundesland noch verschärft. Nach Angaben des BUND in Brandenburg wurden 2019 mit 6.000 Tonnen 500 Tonnen mehr illegal abgeladener Müll im Land entsorgt als im Jahr davor. Landesweite Zahlen für 2020 hat der Umweltverband noch nicht. "Ich habe aber den Eindruck, dass seit Beginn der Pandemie durch einzelne Bürger mehr Müll illegal abgeladen wird", sagte BUND-Naturschutzreferent Axel Heinzel-Berndt.

Die Beispiele einzelner Kommunen untermauern seinen Eindruck. In Frankfurt (Oder) fielen im vergangenen Jahr 60,39 Tonnen unsachgemäß entsorgter Müll an. Im Jahr davor waren es lediglich 38,95 Tonnen, wie Stadtsprecherin Kora Kutschbach mitteilte. Die Entsorgungskosten hätten sich 2020 mit rund 37.680 Euro um knapp 6.000 Euro im Vergleich zu 2019 verteuert. In diesem Jahr verzeichnete die Stadt bis April schon mehr als 14 Tonnen. Die eingegangenen Hinweise von Bürgern seien aber etwa auf gleichem Niveau geblieben.

Größere Mengen, höhere Kosten

Ähnlich deutlich fällt die Zunahme illegaler Abfälle in Potsdam aus. Im Jahr 2020 wurde mit über 573 Tonnen fast 220 Tonnen mehr illegal abgelagerter Müll gefunden als im Jahr zuvor. Die Entsorgungskosten sind laut Stadtsprecherin Juliane Güldner mit fast 176.500 Euro um 64.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr gewachsen. Während Sperrmüll und Reifen oft im öffentlichen Straßenraum illegal entsorgt wurden, landeten schadstoffhaltige Abfälle wie etwa Asbestplatten auch im Wald, ebenso Bauschutt.

In Cottbus ist die Sperrmüllmenge um zwölf Prozent von 4710 Tonnen 2019 auf 5273 Tonnen 2020 gestiegen. "Dabei fällt zum angemeldeten Sperrmüll oft noch illegal hinzugepackter an", berichtete Stadtsprecher Jan Gloßmann. So befänden sich darunter auch Elektroschrott oder Farbreste. "Das Problem liegt darin, dass immer mehr Bürger ihren Sperrmüll zu früh oder unangemeldet herausstellen", sagte der Stadtsprecher. Liege der Müll einmal da, sei die Hemmschwelle niedriger, einfach etwas dazuzulegen. So landeten auch Abfälle, die kein Sperrmüll sind, auf diesen Haufen.

Viele Gründe für die Zunahme illegal entsorgter Abfälle

"Eigentlich ist es nicht zu verstehen, schließlich gibt es überall Wertstoffhöfe, wo Müll kostenlos entsorgt werden kann", sagte Heidrun Schöning, Sprecherin des Naturschutzbundes (Nabu) Brandenburg. Sie kritisiert auch, dass Müll aus landwirtschaftlicher Tätigkeit in der Landschaft liege. "Insbesondere Schnüre werden etwa der Vogelwelt zum Verhängnis", sagte die Nabu-Sprecherin. Nicht nur direkt - etwa durch Strangulieren -, sondern auch indirekt: Plastikteile würden in Nestern verbaut, das Regenwasser könne nicht abfließen und so stürben Jungvögel.

Mögliche Gründe für eine Zunahme des illegalen Mülls gibt es viele. "Es hängt wohl damit zusammen, dass viele Leute in den Lockdowns sich die Zeit nehmen, um Keller oder Boden zu entrümpeln", sagte Cottbus-Sprecher Gloßmann. Heinzel-Berndt bringt die zeitweise durch die Pandemie geschlossenen Wertstoffhöfe ins Spiel. Eine weitere Ursache ist nach Ansicht des BUND-Landesvorsitzenden Carsten Preuß, dass Abfallbesitzer ihre Abfälle und deren Entsorgung auf Internetplattformen einstellten und derjenige den Zuschlag für die Entsorgung erhalte, der die geringsten Entsorgungskosten geltend mache. "Häufig landen diese Abfälle dann in der Natur", sagte er.

Landesamt für Umwelt bewacht 75 illegale Abfalllager

Preuß unterscheidet bei illegalen Müllhalden zwischen Müllsäcken im Wald und Gewerbeabfall in der Natur zudem noch Abfalllager ehemals betriebener Abfallbehandlungsanlagen. In Brandenburg seien insgesamt 75 illegale Abfalllager bekannt, für deren Überwachung das Landesamt für Umwelt zuständig sei. Weitere Lager befänden sich in der Zuständigkeit der Landkreise. "Zudem gibt es weitere Fälle illegaler Abfallentsorgung im Rahmen des Betriebes von Tagebauen", sagte der BUND-Landesvorsitzende.

Nach dem Brandenburgischem Abfall- und Bodengesetz können Ordnungswidrigkeiten wie illegale Müllablagerung mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 Euro geahndet werden, sagte Potsdams Sprecherin Güldner. 2020 habe die Landeshauptstadt 32 Verursacher feststellen können. In Frankfurt (Oder) waren es laut Sprecherin Kutschbach im vergangenen Jahr 98.

Das Brandenburger Umweltministerium hat noch keine landesweiten Zahlen über illegalen Müll im vergangenen Jahr. Die Steigerung der von öffentlich-rechtlichen Trägern entsorgten 6000 Tonnen illegal abgelagerten Abfälle im Jahr 2019 seien aber bedenklich, sagte Ministeriumssprecherin Frauke Zelt. Dabei handelte es sich etwa um gemischte Siedlungsabfälle, Sperrmüll, Altreifen oder Bau- und Abbruchabfälle. Deren Entsorgungskosten betrugen 1,4 Millionen Euro 2019 und damit mehr als 2018, als es 1,3 Millionen Euro bei 5500 Tonnen illegal abgelagerter Abfälle waren.

Sendung: Inforadio, 15.05.2021, 10 Uhr

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48 Kommentare

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  1. 48.

    Leider haben Wertstoffhöfe meist dann offen, wenn ich arbeiten muss. Ich wäre für lange Öffnungszeiten, auch am Samstag (wie beim Einzelhandel). Dafür montags zu oder so. Wie bei Friseuren. Ob das hilft, weiss ich allerdings nicht... bequemer ist sicher der Wald..
    Ansonsten ist es auch blöd, wenn man in Berlin weggeschickt wird, weil man mit einem auswärtigen Autokennzeichen aufkreuzt (meine Eltern...), die dann nix abladen durften, als Besucher. Nerv...

  2. 47.

    Also bei dem Müll wird man kaum ein Vollholz Regal, alte Tonziegel, unbehandeltes Holz usw. finden. Auch das Verbot von Einfamilienhäuser hilft hier nicht weiter. Steuern hoch für Span, OSB, Rigips, Polyester, Schaumstoff, behandeltes Holz, Styropor, Mineralwolle..Steuern runter für Holz, Hanfdämmung, Lehm usw. - alles was Lieschen Müller auf ihren Kompost werfen kann..oder besser: recycelt.

  3. 46.

    Soso, also die "Ossis"! Haben sie dafür Beweise oder können sie Quellen nennen wo man dies nachlesen kann? Oder wollen sie nur Menschen schlechtreden die, ohne etwas dafür zu können, auf der anderen Seite der Mauer geboren wurden?
    Sollten ihre Behauptungen ohne Nachweis bleiben finde ich Diese eine Unverschämtheit.
    Zur Anm.: ja ich lebe im "Osten" bin dort aber nicht geboren. Dieses ganze Ost/West gequatsche ist einfach nur zum k....n!

  4. 44.

    Schrieb ich was von Wertstoffhof?
    Aber bei der BSR (Recyclinghof) werden sie Möbel, ausgediente "weisse Ware", Sperrmüll, Papier, Pappe, Altglas, E-Schrott, Metalle, unbehandeltes Holz u.v.m. in haushaltsüblichen Mengen kostenlos - ähm - los. Selbst Batterien, CDs, Akkus, Farbreste, Enegiesparlampen im gleichen Umfang für lau. Das man für Asbest, mit Karbolineum vollgesifftem Holz u.ä. Schiet löhnen muss ist wohl nachvollziehbar und richtig. Dran schrauben könnte man durchaus. Wenn es nach mir ginge, gehts aber hier leider nicht, müssten die Strafen für Umweltsäue derart exorbitant hoch sein, das die wirtschaftliche Existenz auch von Privatpersonen zumindest deutlich auf der Kippe steht und von der Solidargemeinschaft keine Hilfen zu erwarten sind. Niemand kippt versehentlich seinen Mist in die Botanik. Irgendwie verstehe ich ihr Problem nicht.

  5. 43.

    Das ist leider nicht nur in Brandenburg. Diese Unsitte haben die Ossis leider auch in Westberlin eingeführt. Da wird mit Kleintransportern der Müll in den Wald gefahren, anders können diese Massen nicht transportiert werden.
    Sehr, sehr traurig.

  6. 42.

    Das fiel ja bereits gleich nach der Wende auf, dass die Wälder von den Bewohnern Brandenburgs zugemüllt wurden und ganz offenbar jegliches Umweltbewusstsein flächendeckend fehlte - zumindest bei einem beträchtlichen Teil der Bewohner.
    Traurig, dass sich das offenbar kaum geändert hat.
    Woran liegt das?
    Nicht gelernt in der Schule? Keinerlei Zuhause-Gefühl, das dazu führen könnte, dass man seine Umgebung auch pflegt (wie schaut es bei diesen Menschen zuhause aus?)? Kein Verhältnis zur Natur und zu den Tieren? Echt zu faul, seinen Mist auf einen Werkstoffhof zu entsorgen?
    Das ist Teil der Verrohung.
    Es dürfen von mir aus gern bei jedem dieser Vergehen die 50000 einkassiert werden, auch bei weggeworfener Maske und Zigarettenstummel im Wald. Neulich sah ich eine Frau Sisyphos, die auf einem Feld alles einsammelt, was da längs der Straße sich fand.

  7. 41.

    Danke für ihren Kommentar. Vielleicht sollten die Bürohengste mehr auf den Arbeiter vor Ort hören, dann könnte es auch mit der Sauberkeit klappen.

  8. 40.

    Bezugnehmend auf die Bussgelder und deren Eintreibung muss ich noch auf ein Problem hinweisen. Die illegale Entsorgung ist eine Ordnungswidrigkeit. Heisst, selbst wenn auf frischer Tat ertappt, hat die Behörde keine Möglichkeit, sofort Vermögenswerte sicher zu stellen. Z. B. Das Fahrzeug als Tatwerkzeug. Auch das Einfrieren von anderen Vermögenswerten, da der Verdacht auf eine gewerbliche illegale Entsorgung besteht, ist nicht möglich. Dafür müsste die Handlung Als Straftatsbestand neu eingeordnet werden.

  9. 39.

    Ich vermute, dass es einige wenige Bürger gibt, die gar nicht wissen, dass Speermüll kostenlos an den Wertstoffhöfen abgegeben werden kann. Klingt komisch, ist aber vielleicht so. Vielleicht sollte die Bevölkerung regelmäßig durch Werbeflyer darüber informiert werden.

  10. 37.

    Ob Brandenburg oder Berlin - das Problem ist überall das Gleiche. In Berlin gibt es Orte, etwa unter S-Bahnbrücken (Kiehlufer, Neukölln), an denen immer wieder größere Mengen Bauschutt, Altmöbel, Dämmstoffe, immer dreister illegal entsorgt werden. Dort sieht es über 80 Meter aus wie auf der Müllkippe. Je öfter die BSR dort entsorgt, desto mehr wird dort abgestellt. Ich verstehe die Ordnungsämter nicht. Man könnte dort eine 24-Stunden-Überwachung über eine Streife organisieren. Mit den folgenden 50.000,- EUR Bußgeld sind die Kosten locker wieder zu generieren. Auf der anderen Seite, suchen sich diese Schweine dann immer neue Orte der Ensorgung oder werfen gleich alles in den Kanal oder den Wald. Man kann ja nicht alles überwachen. So lange aber nicht wenigstens punktuell gegengehalten wird, wird sich daran nichts ändern.
    Und dann bitte mal über verhängte Bußgelder berichten, um den öffentlichen Raum aus dieser Opferrolle zu holen.

  11. 35.

    Es bleibt wohl hier ein Rätsel weshalb mein Antwortkommentar an Alice nicht freigeschaltet wurde. Doch gebe ich Ihnen völlig recht damit, die früher stattgefundenen Sperrmüllaktionen innerhalb der Bezirke sollten wieder stattfinden.

  12. 34.

    Solange es nicht wieder Sperrmüll Tage gibt, bei denen jeder alles an den Straßenrand stellen kann, und wegnehmen von dort kein Diebstahl ist, wird sich nichts ändern. Da landen Resopaltische halt im Wald.

    Bauschutt, der wie von Zauberhand von polnischen Kleinlastern fällt, ließe sich dann auch besser verfolgen, weil man sich nicht mehr mit Hausrat beschäftigen müsste.

    Jeder Umbau, bei dem Bauschutt anfällt, müsste beim Ordnungsamt angezeigt werden. Wenn dann der Verbleib des Mülls unklar ist und die Handwerker ausschließlich fremdsprachige sind und "gar nichts verstehen", kommt eine kostenpflichtige Schätzung mit Überweisungsträger. Nachbarn anschwärzen ist sch..., aber ein Nachbar, der Müll in die Landschaft kippt oder selbiges duldet, ist auch sch....

  13. 33.

    Na, man könnte ja auch die Abgabe von Schrott usw. belohnen... Ähnlich wie es Leute gibt, die weggeworfene Pfandflaschen sammeln gibt es bestimmt auch welche, die Müll einsammeln, wenn sie dann dafür einen Obolus bekommen. Oft ist es besser mit Anreizen zu arbeiten als mit Verboten. Wer Zeug zum Hof bringt bekommt Geld.

  14. 32.

    Das Thema steht ja immer wieder auf der Agenda. Da es sich oft um Reststoffe vom Bau handelt, damals wie heute mein Vorschlag : Bei einem Bauantrag wird die anfallende Menge an Baustoffresten berechnet, und der Bauherr ist verpflichtet, die ordnungsgemäße Entsorgung nachzuweisen. Kann er das nicht greift der Bussgeldkatlog für illegale Entsorgung und der Bau wird nicht abgenommen. Kleine Änderung im Baurecht, große Wirkung.

  15. 31.

    Was soll nun gegen diese Art der Entsorgung getan werden? Das fehlt im Bericht. Dazu sagt keiner der Befragten etwas. Und der RBB hinterfragt Lösungen nicht. Also, bitte nochmal nachhaken. Wie läuft es in anderen Bundesländern? Gibt es da Lösungen? Zum Beispiel wurden jetzt in einigen Ortsteilen Berlins Aktionen von der BSR zur Entsorgung durchgeführt. Da kam die BSR zu bestimmten Tagen und die Anwohner haben ihr Zeug rausgetragen. Es gibt offenbar Ideen.

  16. 29.

    Wäre für ältere Menschen etc. eine gute Lösung. Außerdem sollen Autos ja am besten abgeschafft werden. Und bitte den Artikel lesen. Es geht auch um Gewerbe, welches den Müll bei Leuten kostengünstiger als die Öffentlichen abholt und dann illegal entsorgt. Aber Meckern ist einfacher, als nach pragmatischen Lösungen zu suchen, oder? Ich wäre auch in Berlin für Sperrmülltage. Egal was dann rausgestellt wird, es wird dann jedenfalls fachgerecht entsorgt.

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