Hilfen für kommunale Unterkünfte - Mit guten Konzepten gegen Gewalt in Geflüchtetenheimen

Sa 18.01.25 | 12:24 Uhr | Von Andreas B. Hewel
  17
Flüchtlinge stehen vor einem Zelt in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (ZABH) des Landes Brandenburg. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.01.2025 | Amelie Ernst | Bild: dpa/Patrick Pleul

In Brandenburg ist es in Geflüchtetenunterkünften laut Polizeistatistik gefährlich. Besonders die großen Heime sind soziale Brennpunkte. Allerdings: Konzepte zur Gewalteindämmung funktionieren - vor allem in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Von Andreas B. Hewel

Kartoffeln, Bohnen und Rindfleisch stehen in der Kantine der Zentralen Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt ZABH auf dem Speiseplan, als wir diese besuchen. Das gemeinsame Mittagessen ist eines von vielen Dingen, die den Menschen hier einen geordneten Tagesablauf geben. "Essen und Taschengeldausgabe muss immer funktionieren", sagt der Leiter der ZABH Olaf Jansen. Den Geflüchteten nach ihrer Ankunft hier überhaupt eine Struktur für ihren Tagesablauf zu geben, sei essenziell.

Seelische Beeinträchtigungen schnell erkennen

So gibt es Sprachkurse für alle und für die Kinder Schulunterricht hier direkt auf dem Gelände der Erstaufnahme. Gleich mit der Ankunft werden die Geflüchteten engmaschig betreut. Stolz ist Olaf Jansen auf ein sogenanntes Screening, das von Psychologen durchgeführt wird. Ziel ist es dabei, seelische Beeinträchtigungen der Menschen oder auch Drogensucht schnell zu erkennen, sagt Jansen. "Wir versuchen im Prinzip Menschen, die entweder als Opfer in Betracht kommen oder einfach verhaltensauffällig sind, fachlich wirklich genau anschauen zu lassen, so dass man guckt, was kann man machen, dass die Person hier ordentlich durch ihr Aufnahmeverfahren durchgehen kann und keine Gefahr für sich selbst oder für andere ist."

Trotzdem kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den Geflüchteten. Da kann es auch handgreiflich werden, räumt Jansen ein: "Wenn wir über Gewalt reden, dann sind das Auseinandersetzungen zwischen zwei Individuen, die sich dann darüber streiten, wem das Handy gehört, oder die zu viel getrunken haben oder Auseinandersetzungen haben über alltägliche Dinge. Es sind keine grundsätzlichen Sachen, keine großen Massenschlägereien oder so etwas."

Schnelles Eingreifen bei Konflikten

Doch es kann auch in der Erstaufnahme zu harten Konflikten und prekären Situationen kommen. Kann. Denn hier versucht man, diese so schnell wie möglich zu entschärfen. "Dann hängt es eben davon ab, wie schnell man das erkennt, wie schnell man handelt man und wie schnell man auch in der Lage ist, insbesondere wenn es Blockbildungen gibt zwischen den Geflüchteten, diese schnell umzuverteilen", so Jansen.

Notfalls können Geflüchtete hier von der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt an noch drei weitere Standorte des Landes verteilt werden: Distanz schaffen zwischen den Streithähnen. Bei Flüchtlingsunterkünften der Kommunen aber sieht das dann schon anders aus. "Da sind die Möglichkeiten der Kommunen im Moment etwas limitiert", bestätigt Jansen.

120 schwere Körperverletzungen

Dass es zu Gewaltstraftaten kommt in Aufnahmeeinrichtungen und Asylbewerberunterkünften, bestätigt auch die Kriminalitätsstatistik des Landes. Im Jahr 2023 wurden dort 120 gefährliche und schwere Körperverletzungen registriert. Im Vergleich dazu: Landesweit kam es unter der Gesamtbevölkerung Brandenburgs zu 3.837 gefährlichen und schweren Körperverletzungen.

Auf jeden Fall aber sind Aufnahmeeinrichtungen und große Flüchtlingsunterkünfte soziale Brennpunkte, die besonders aufmerksam betreut werden müssen. Für Sebastian Sedlmayr, dem Leiter der Politikabteilung von Unicef in Deutschland, verschärfen dabei besonders die großen Unterkunftseinrichtungen das Problem. "Was auf die lange Sicht wahrscheinlich das Wichtigste ist: größere Unterkünfte abzubauen. Diese sind per se Brennpunkte und nicht als dauerhafte Wohnorte geeignet", so Sedlmayr. Viele der Geflüchteten aber müssten jedoch dort lange leben. Kinder würden dort geboren und würden dort aufwachsen, viele Jahre lang. Die Verweildauer in den Unterkünften müsste dringend reduziert werden, denn der Stress in den Unterkünften sei deutlich erhöht.

Schutzhaus für Geflüchtete

Vor allem die lange Zeit, die manche Geflüchtete in großen Einrichtungen verbringen müssen, belastet sie. Und sie kann darum zu Stress und zu Eskalationen führen. In der Ersteinrichtung Eisenhüttenstadt hat man noch ein anderes Hilfsmittel, Geflüchtete vor der Gewalt durch andere Geflüchteten zu schützen. Es gibt ein Schutzhaus, ein besonders gesichertes Haus, in dem bedrohte Flüchtlinge sicher leben können. Oft sind das Frauen, aber auch queere Menschen, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung schnell ausgegrenzt und zum Opfer von Aggressionen werden.

Dennoch sieht man sich in der Erstaufnahme gut aufgestellt im Kampf gegen Gewaltdelikte auf dem Gelände. Das bestätigt auch Yasser Hlal, der seit drei Monaten in der Erstaufnahme lebt. "Wir sind hier alle sicher, und auch die medizinische Versorgung ist sehr gut“, sagt Hlal. Er selbst hilft dort in der Ambulanz mit aus. "Sie sind alle sehr freundlich. Sie behandeln alle hier gleich, ohne Unterschiede. Wir sind hier vollkommen sicher."

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.01.2025, 18:20 Uhr

Beitrag von Andreas B. Hewel

17 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 17.

    Was wird denn im Beitrag verharmlost? Nennen Sie doch sachlich Fakten, was genau, mit Quellenangabe, verharmlost wird. Unkerei hat ja nix mit Fakten zu tun.

  2. 16.

    Verharmlosungsartikel. Die Schuld wird hier offenbar wieder beim Aufnahmeland und deren Einwohnern gesucht. Leider nix Neues hier. Stellt euch der Realität. Auch nach Jahren ist das tatsächlich noch möglich.

  3. 15.

    Ohne Schattenwirtschaft und Ausbeutung von "Illegalen" würden ganze Industriezweige zusammenbrechen.

    Aber der Deutsche isst weiter gerne billige Tomaten aus Almería.

    https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2023/02/lieferkettengesetz-tomaten-berlin--brandenburg-produktion-menschenunwuerdig-bedingungen-rechte.htm/listallcomments=on.html

  4. 14.

    Wer sagt denn, dass diese Menschen nicht arbeiten? Sie haben nur keine Arbeitserlaubnis.

    Das bedeutet, wenn sie über Jahre darauf warten müssen, bleibt ihnen nur die Schattenwirtschaft.

    Und schon hat man billige und beliebig austauschbare Arbeitskräfte, rechtlos.

    Aber das da der AG Sozialabgaben spart, zulasten der Solidargemeinschaft, will ja keiner wissen.

  5. 13.

    Weil vielleicht die Schattenwirtschaft billig Migranten ausbeutet, während die Wirtschaft die Migranten im Sozialsystem parkt? Das spart doch hohe Sozialabgaben und Mindestlöhne, die Leute werden rundum im Sozialsystem versorgt und arbeiten unter Tarif, ohne arbeitsrechtliche Bindungen. Ein Schlaraffenland für Unternehmen.

    Wenn man dann noch behauptet, die faulen Migranten, die wollen nicht arbeiten und kosten nur Geld, hat man wunderbar abgelenkt von der Wahrheit. Wer erarbeitet denn sonst fast 500 Milliarden am Fiskus vorbei in unserem Land?
    Tendenz steigend.
    Übrigens findet die Schwarzarbeit auch in privaten Haushalten statt.

  6. 12.

    Dass nur Vermieter und Securitydienste den großen Reibach machen ist wohl allgemeinbekannt - und was glauben Sie WER die Kosten dafür trägt? Ja, der Staat - und woher hat der seine Einnahmen? Unglaublich was für eine abfällige und realitätsferne Antwort auf Fini.
    Wie wärs denn SIE mal Ihr Fachwissen und Ihre Fakten mit uns teilen würden? Aber dazu hat es ja nicht gereicht in Ihrer
    Antwort...

  7. 11.

    Ich verstehe nicht, warum Geflüchtete nicht arbeiten dürfen. Arbeit ist der erste Schritt zur Integration, zu Würde, einem geregelten Alltag und Unabhängigkeit. Es gibt den Menschen einen Sinn. Warum werden Abschlüsse so kompliziert anerkannt?
    Es gibt so viele unbesetzte Ausbildungsplätze, Handwerksbetriebe ohne Nachfolger. Könnte ne Chance sein

  8. 10.
    Antwort auf [Fini] vom 18.01.2025 um 18:27

    Sie haben irgendwelche Fakten, die in sachlichen und realistischen Diskussionen förderlich sein können? Schade. Also nur mal wieder so, das beleidigt meinen Intellekt. Ich bin gewohnt, dass man faktenreich argumentiert.

  9. 9.

    Das stimmt, niemand sollte rechts wählen, wie unsere Vorfahren vor dem WW II, die ihr eigenes Schicksal mitgestaltet haben. Niemand musste Nazis wählen, die Demokratie war damals vollkommen ok, es gab keinen Grund, niemand musste dem Menschenhassern hinterherlaufen. Aber sie taten es, fast alle. Wer keinen Krieg erleben möchte, sollte alles daran setzen, dass die Ukraine nicht überrannt wird vom Aggressor und dass die freie Welt stark bleibt und zusammenhält.

    Wer allerdings die Demokratie abwählt, wird sich in einer neuen Welt der Oligarchen, der Macht des Geldes wiederfinden, in der nicht nur Krieg, sondern auch globale Entsozialisierung stattfinden wird und ich hoffe, dass die Menschen nicht Trump oder Musk hinterherlaufen, ohne zu hinterfragen und nachzudenken. Musk ist ein Oligarch. Trump auch.

  10. 8.

    Ja ok, man kann den Teufel auch an jeder Wand malen. Das was sie beschreiben hat nichts damit zu tun das wir keinen Platz mehr haben auch nur noch irgend jemanden auf ein Leben in unser Land vorzubereiten. Verwahrlosung führt in diesen Unterkünften zu dem was wir in Köln zu Sylvester erlebt hatten und in anderen Städten!! Einfach mal die Kirche im Dorf lassen, ohne gleich die AfD wählen zu müssen!!

  11. 6.

    Meine Mutter hat als Kind zwei furchtbare Kriege durchleben müssen. Ich habe erlebt, wie schwer es ihr gefallen ist, sich damit zurechtzufinden finden. Es ist gut Menschen zu unterstützen, die Krieg entflohen sind. Hoffentlich bleibt uns das für immer erspart fliehen zu müssen.

  12. 5.

    Bitte einmal ansehen:

    Monitor: Traum-Renditen mit Geflüchteten.

    Ich wollte es erst gar nicht glauben.

    Der geflüchtete Mensch wird vom Schleuser geschröpft und später verdient man weiter an ihm, im großen Stil. Ist es nicht eher so, dass das ein riesiges Geschäft mit der Not von Menschen ist und wir trotzdem so tun, als würden die Geflüchteten viel kosten?
    Man verdient viel an diesen Menschen, sehr viel.

  13. 4.

    Wenn 57% der Asylbewerber keine Papiere vorlegen, wohin wollen Sie dann straffällig gewordene Asylbewerber abschieben? Es werden nur die Leute abgeschoben, die mit ihren Papieren einreisen, hier oft schon arbeiten und greifbar sind. Und das wissen jene, die aus rein wirtschaftlichen Gründen einreisen. Das Problem ist doch eher, dass es immer noch Menschen gibt, die glauben, man könne abschieben und alles ist gut. Diese Menschen werden bleiben und was hilft gegen Aggressionen? Eine Perspektive. Arbeit, Gemeinschaft und Sinnhaftigkeit, aber wenn Menschen über Jahre in dieser trostlosen Situation verharren müssen, sehe ich wenig Erfolg auf ein glückliches Ankommen in der Gesellschaft, das Gegenteil tritt ein. Diese Menschen brauchen das Gefühl, wertvoll für diese Gesellschaft zu sein, arbeiten zu dürfen. Viele wollen tatsächlich etwas tun für diese Gesellschaft, man lässt sie aber nicht. Betroffene sagen oft, es ist furchtbar in den Einrichtungen.

  14. 3.

    hmmm, wenn Sie als traumatisierter Mensch, auf 12-16 qm mit vlt 1-3 anderen fremden Menschen leben müssten, würden Sie vielleicht auch schlechte Laune bekommen... von fehlender Teilhabe, Beschäftigung etc ganz zu schweigen.
    Aus irgendeinem Grund erkennt ´das System´ nicht, das es sich lohnen würde, mehr in die Intergration zu investieren.
    Zu der Abschiebe Idee: Solange Deutschland nicht aus eigener ´Kaft´ oder ´Lust´ auf 0,03% Prozent Bevölkerungswachstum kommt, solange werden wir wohl auf Flüchtlinge angewiesen sein.

  15. 2.

    Ehrlich gesagt, ich lese mir solche Berichte schon gar nicht mehr durch. Es ist schlichtweg ermüdend. Was wollen uns diese ganzen, fast schon Stakkato-artig erscheinenden Berichte eigentlich sagen? Wir schaffen das, wir müssen nur ordentlich Steuergelder da reinpumpen?

  16. 1.

    Man kann vor Gewalt Geflüchtete effektiv schützen, wenn gewalttätige und straffällige Geflüchtete, die ihren Schutzstatus missbrauchen, abschieben und die gesetzlichen Vorgaben endlich mal einhalten würde. Das würde auch den Haushalt in derselben Folge entlasten und weniger Kosten für Prävention und Therapie verursachen, abgesehen von denjenigen Kosten, die durch die Versorgung der Opfer entstehen, was immerhin die Solidargemeinschaft zahlt.

Nächster Artikel