Zu geringe Beteiligung - Vetschauer Bürgerentscheid gegen neue Straßenlaternen gescheitert

Mo 06.11.23 | 11:39 Uhr
  50
Symbolbild: Eine Straßenlaterne leuchtet an einem Waldstück (Quelle: dpa/Florian Gaertner)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 04.11.2023 | Bild: dpa/Florian Gaertner

Vetschaus erster Bürgerentscheid ist gescheitert. Einwohner hatten sich gegen den Bau neuer Straßenlaternen gewehrt. Bei der Entscheidung am Sonntag waren zwar die meisten gegen die Laternen - doch die kommen nun trotzdem.

Im Vetschauer Ortsteil Raddusch (Oberspreewald-Lausitz) werden neue Straßenlaternen aufgestellt. Ein Bürgerentscheid, der sich gegen die neuen Laternen ausgesprochen hatte, war am Sonntag nicht erfolgreich, weil nicht genug Vetschauer an dem Entscheid teilgenommen hatten.

Nun werden drei neue Straßenlaternen im Mühlweg aufgestellt, eine weitere in der Gasse.

Zwei Autos pro Stunde, noch nie ein Unfall

Insbesondere die Anwohner des Mühlwegs in Raddusch hatten sich gegen die neuen Laternen gewehrt. Sie sprechen sich bereits seit längerem einerseits gegen die neue Beleuchtung generell aus, andererseits dagegen, dass sie für die Errichtung der Laternen aufkommen sollen.

Bereits im Frühjahr hatten die Anwohner deshalb ein Schreiben aufgesetzt und gegen die Laternen protestiert. Sie erklärten unter anderem, dass etwa Eulen und Fledermäuse durch das Licht gestört würden. Zudem stellten sie die Notwendigkeit der Beleuchtung in Frage. Eine Verkehrszählung hatte ergeben, dass durchschnittlich lediglich zwei Fahrzeuge die entsprechenden Straßen pro Stunde passieren. In rund 100 Jahren habe es zudem nicht einen einzigen Verkehrsunfall gegeben.

Die Stadt Vetschau um den parteilosen Bürgermeister Bengt Kanzler verwies dagegen auf die Verkehrssicherungspflicht der Stadt. Dunkle Seitenstraßen würden demnach ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Bürgerbegehren erfolgreich

Nachdem die Vetschauer Stadtverordneten im Frühjahr entschieden hatten, dass das öffentliche Interesse an der Beleuchtung überwiege und die Laternen gebaut werden sollen, bildete sich eine Bürgerinitiative gegen die Straßenlaternen. Ein nachfolgendes Bürgerbegehren war erfolgreich, im August waren rund 750 Unterschriften gegen die Laternen an Bürgermeister Kanzler übergeben worden.

Die Stadtverordneten mussten sich deshalb erneut mit dem Vorhaben auseinandersetzen. Einige Abgeordnete wollten den ursprünglichen Beschluss zur Aufstellung der Laternen da bereits kippen, um einen möglichen Bürgerentscheid zu verhindern. Andere Abgeordnete und auch Bürgermeister Kanzler hielten aber an dem Plan fest. Bei einer weiteren Sitzung im September entschieden sich die Abgeordneten schließlich dafür, den Bürgerentscheid stattfinden zu lassen.

Bürgerentscheid kostet so viel wie neue Laternen

Am Sonntag mussten deshalb alle Vetschauer über die Radduscher Laternen entschieden. Das sorgte aber offenbar nicht für so großes Interesse bei den Einwohnern der noch knapp 8.000 Einwohner zählenden Spreewaldstadt wie erhofft.

Zwar beantworteten 70 Prozent der Abstimmenden die Frage "Sind Sie dagegen, dass in wenig befahrenen Straßen in Raddusch Straßenleuchten gebaut werden?" mit "Ja", lediglich 30 Prozent stimmten mit "Nein". Allerdings lag die Wahlbeteiligung bei lediglich 22 Prozent. Für einen erfolgreichen Bürgerentscheid hätten sich mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten für das Anliegen aussprechen müssen.

Der Bau der vier neuen Laternen wird nun etwa 11.000 Euro kosten. 90 Prozent der Kosten müssen die unmittelbaren Anwohner tragen, abhängig von ihrer Grundstücksgröße, zehn Prozent trägt die Gemeinde selbst. Zudem muss die Stadt Vetschau die Kosten für den Bürgerentscheid tragen, die in etwa genauso hoch sind wie die Baukosten für die Laternen.

Die Bürgerinitiative erklärte im Anschluss an den Entscheid, nicht weiter gegen die Laternen vorgehen zu wollen und das Votum zu akzeptieren. Die Initatoren zeigten sich trotz des Misserfolgs zufrieden. Sie hätten den Finger in die Wunde gelegt, hieß es am Sonntagabend.

Es war das erste Mal, dass in Vetschau ein Bürgerentscheid stattgefunden hatte.

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.11.2023, 6:30 Uhr

50 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 50.

    Tja, da wird so viel über Umweltschutz geredet, und wenn es dann um Lichtverschmutzung geht, interessiert es die Entscheidungsträger nicht. Hauptsache man kann Geld ausgeben.

  2. 49.

    In Raddusch war jeder zweite wählen und wie gesagt, haben in allen Dörfern und in den Wahllokalen der Stadt die Bürger gegen die Leuchten gestimmt.

  3. 48.

    D.h. die fusionierte Gemeinde Vetschau funktioniert überhaupt nicht als Gesamtgemeinde. War denn wenigstens in Raddusch die Beteiligung auch hoch, so daß eine Abstimmung nur im betroffenen Ortsteil funktioniert hätte im Sinne der BI?

  4. 47.

    Im Prinzip in fast allen Wahllokalen so um die 70 Prozent gegen die Leuchten. So auch in Raddusch. Spitzenreiter war Ogrosen mit 82 Prozent dagegen. Am knappsten war es in Stradow wo nur 51 Prozent gegen die Leuchten waren. Hier wohnen zwei Stadtverordnete, die mit welchem Argument auch immer, die Bürger zum vermehrten-Nein-Sagen bewogen haben. Ein Argument, was uns am meisten geschadet hat, war kein sachliches und hatte auch nichts mit der Verkehrssicherheit zu tun. So wurden die Bürger gegeneinander ausgespielt indem man sagte: "Ihr habt ja auch für Leuchten gezahlt und die wollen nun nichts zahlen". Da waren wir etwas entsetzt, dass Lokalpolitiker, statt für ein Miteinander zu sorgen, die Menschen für ihre Interessen versuchen zu entzweien. Unser Ortsbürgermeister regte gar an, dass wir jetzt in anderen Straßen des Dorfes Maut zahlen sollten, wenn wir die Straße nutzen. Also es war wirklich ein Trauerspiel der Lokalpolitik.

  5. 46.

    Wie war denn jetzt die Teilnahmequote und Stimmverteilung getrennt nach dem eingemeindeten Raddusch und dem vergelichsweise überwältigend großen restlichen Vetschau?

  6. 45.

    Jemand wie Sie würde doch sofort aufschreien, wenn mangels Licht etwas passiert und den Behörden Untätigkeit vorwerfen. Es geht Ihnen dabei gar nicht um die Sache, nur um das Dagegen-Sein aus Prinzip.

  7. 44.

    Es ist eben keine Durchfahrtstraße. Sie führt nirgendwo hin und endet als Sackgasse vor Schienen. Wer dort die Anwohner nicht besuchen will, fährt da nicht durch. Selbst nicht jeder im Ort war schon mal in dieser Straße. Deshalb ja auch nicht mal ein Auto pro Stunde in den Abendzeiten.

  8. 43.

    "Dass es Menschen geben könnte, die nicht in dem betroffenen Gebiet wohnen, dort aber dennoch regelmäßig durch müssen, erscheint Ihnen absurd...?"

    Oder ich habe es geprüft: Der Mühlweg ist eine reine Erschließungsstraße für die dort wohnenden Radduscher.

  9. 42.

    Warum wählt ihr die denn immernoch ???

  10. 41.

    Kosten für eine neue Straßenbeleuchtung zählen zu den Erschließungskosten, ebenso wie Parkplätze (auch wenn man kein Auto hat), das Schiethusrohr trotz Plumsklo. Die steuerrechtliche Absetzbarkeit ist allenfalls ein Trostpflaster. Da kann man lamentieren wie man will, wenn der jeweiligen Gemeinde plötzlich ein Licht aufgeht wird es schwer gegen das BauGB "anzustinken".

  11. 39.

    Das wird ja immer schlimmer... mit den Möglichkeiten die das Verwaltungsrecht bietet!

  12. 38.

    Ein Stadtverordneter meinte, dass gegenüber uns Bürgern und den Medien mit der Verkehrssicherungspflicht argumentiert würde,den Stadtverordneten habe man die Lampen jedoch mit dem Argument verkauft, dass auf dem Feld ein Wohngebiet entstehen soll und der Mühlweg Erschließungsstraße werden könnte. Die Anwohner sollen demnach die Erschließungskosten für das neue Wohngebiet bezahlen. Verkehrssicherheit bei nicht mal einem Auto pro Stunde in der Nacht ist einfach nur lächerlich. Übrigens passieren in Deutschland deutlich mehr Unfälle weil Bürger gegen Laternen fahren, als aufgrund fehlender Laternen.

  13. 37.

    Weil man mit diesem Argument zig tausende Lampen in Seitenstraßen aufstellen müsste und man dann kein Geld mehr hätte für unser Gesundheitssystem.

  14. 36.

    sind tatsächlich (wenn überhaupt) 7 häuser, welche an diese straße angebunden sind

  15. 35.

    ...und ziemlich sicher wird es auch für die Übertragung der Kosten auf die Grundstückseigentümer eine Rechtsgrundlage geben.

  16. 34.

    Eigentümer zahlen Lohnsteuern und Grunderwerbssteuern, wenn sie selbstgenutztes Wohneigentum von versteuertem Geld bilden. Diese Steuern fließen den Kommunen über Schlüsselzuweisungen dann zu. Sie werden verstehen und aushalten müssen, dass ich deshalb immer gegen jede kalte Enteignung anschreiben werde. Denn das ist es. Eine Enteignung. Immer dann wenn die eigenen 4 Wände keine Einnahmen abwerfen.
    Stadtverordnete werden von mir geachtet, aber hinterfragt, warum so entschieden wurde. Und ja, das Verwaltungsrecht habe ich „auf dem Kieker“. Parteien, die hier eine Reform wagen schaue ich mir genauer an. Zeit wird‘s.

  17. 33.

    AnsgarNiedersachsenMontag, 06.11.2023 | 18:54 Uhr
    Antwort auf [Alex Müller] vom 06.11.2023 um 18:37
    "Ja, nee, is klar. Dass es Menschen geben könnte, die nicht in dem betroffenen Gebiet wohnen, dort aber dennoch regelmäßig durch müssen, erscheint Ihnen absurd...?"

    Ja nun. Das ist halt dieses Klientel das glaubt es entschiede darüber, wie die Infrastruktur auszusehen hat, die ihr Grundstückseigentum an den Rest der Republik anschliesst. Weil es ginge ja schliesslich um die Ab- und Zufahrtswege zu ihrem Eigentum. Da müssten sie doch auch bestimmen dürfen wie die aussieht.
    Und das verkünden sie so laut mit Dorfplatzreden über den gierigen Staat, bis alle so schwindelig gequatscht sind, dass sie gar nicht mehr merken: Da wollen sich welche was von der Gemeinde bezahlen lassen, was eben zu den nicht so freudigen Kosten der Eigentümerherrlichkeit zählt: Sich an der Infrastruktur des Gemeinwesens, also der Sozialverpflichtung des Eigentums beteiligen.

  18. 32.

    Ja Herr Wossi,
    das Verwaltungsrecht ist nicht dazu da, privaten Grundstücks- und Eigenheimbesitzern die Einzelinfrastruktur vor die Haustür zu legen. Ist der Vorteil beim mieten. Da werden diese Kosten für den Eigentümer in die Miete eingepflegt. Es zahlen also die Mietenden mit, was der Eigenheim-Grundstückseigentümer offenbar nicht zahlen will.
    Eigenheim und Grundeigentum ist halt nicht nur Ponyhof. Für den Rest soll die Gemeinschaft aufkommen.

    Daraufhin Stadtverordnete behetzen, die entweder Miete bezahlen, oder genauso als Eigenheim-Grundstückseigentümer anteilig die Infrastruktur mitzubezahlen haben, wie sonst jede und jeder im Land auch...
    ...na ich will mal sagen: Das ist unsachgemässer, übellauniger und in der Sache unredlicher Stammtisch.
    Sie täuschen sich zudem über Interesse: Stadtverordnete sind wie Sie und ich steuerpflichtig. Entscheiden also über ihr eigenes, wie in ihrer Funktion über das Budget des Gemeinwesens.

  19. 31.

    Ja, nee, is klar. Dass es Menschen geben könnte, die nicht in dem betroffenen Gebiet wohnen, dort aber dennoch regelmäßig durch müssen, erscheint Ihnen absurd...?

Nächster Artikel