Hier wurde das Farbfernsehen in Deutschland angeknipst und die CD vorgestellt: Die Internationale Funkausstellung (IFA) in Berlin hatte ihre glorreichen Momente - aber auch Tiefpunkte. Ab Freitag öffnet sie wieder für Privatbesucher.
Seit Freitagmorgen ist die Ifa in Berlin für die Öffentlichkeit geöffnet
Technologie-Messe feiert 100-jähriges Jubiläum
Messe begleitete durch die Zeit Technik-Highlights -versäumte aber auch Neuerungen
Europas größte Messe für Unterhaltungselektronik und Haushaltstechnik, die IFA Berlin, öffnet am Freitag für Privatbesucher. Die Messe feiert dieses Jahr ihren 100. Geburtstag.
Im Rückblick hatte die Internationale Funkausstellung unter dem Funkturm herausragende - aber auch ernüchternde Momente. Willy Brandt knipste das Farbfernsehen an - und tat es doch nicht. Die CD wurde hier der großen Öffentlichkeit präsentiert - und der Beginn des Mobilfunks wurde grandios verschlafen.
Nach den Zeiten des Zweiten Weltkriegs rückte das Fernsehen mehr und mehr in den Mittelpunkt der Funkausstellung. Die Zeiten des Volksempfängers waren lange vorbei - aber neue Techniken brachten auch unfreiwillige Pannen mit sich.
Glanzvolle Panne
Die wohl berühmteste Panne gab es bei der Premiere des Farbfernsehens auf der IFA am 25. August 1967: Als der damalige Vizekanzler Willy Brandt unter dem Berliner Funkturm vor laufenden Kameras auf einen großen roten Knopf drückte, um von Schwarzweiß auf Farbfernsehen umzustellen, war das Bild längst farbig.
Der schöne Knopf war nur eine Attrappe und ein Techniker hatte einige Sekunden vorher aus Versehen schon das Farbbild aktiviert.
Propaganda für die Nazis
Im Jahr 1924 war die IFA als "Große Deutsche Funkausstellung" gestartet. In den 30er-Jahren wurde die Ausstellung dann zunehmend politisch instrumentalisiert. Eine der damals größten Neuheiten wurde von Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels persönlich in Auftrag gegeben: Der auf der Funkausstellung 1933 vorgestellte "Volksempfänger VE 301" diente dem nationalsozialistischen Regime als wichtiges Propaganda-Werkzeug.
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs war es zunächst vorbei mit der IFA. Erst 1950 startete sie wieder - jedoch als Wanderausstellung mit den Stationen Düsseldorf, Frankfurt, Berlin und Stuttgart. Erst 1971 kehrte die Messe dauerhaft auf das Gelände unter dem Berliner Funkturm als "Internationale Funkausstellung" (IFA) zurück.
Technik-Highlights durch Internationale Hersteller
Die wachsende Präsenz internationaler Aussteller sorgte für neue Höhepiunkte auf der IFA. So stellte der niederländische Philips-Konzern zusammen mit dem japanischen Elektronikriesen Sony im Jahr 1981 erstmals die Compact Disc (CD) der breiten Öffentlichkeit vor. Die CD revolutionierte die Musikindustrie. Sie leitete die Wende zu digitalen Abspieltechnologien ein. Zwei Jahre später wurden auf der IFA auch die ersten Digital-Fernsehgeräte vorgestellt.
Verpasste Trends
Die wohl größte technische Revolution der letzten 30 Jahre hat die IFA allerdings komplett verpasst: den Beginn des Mobilfunks in Deutschland. Die ersten beiden digitalen Mobilfunknetze in Deutschland und das erste massentaugliche Mobiltelefon von Nokia wurden 1992 vorgestellt. In dem Jahr gab es aber gar keine Funkausstellung.
Auch die wichtigen Themen der letzten Jahre - Elektromobilität und autonomes Fahren - sind an der IFA weitgehend vorbeigegangen. Dafür rückten Haushaltsgeräte wie Kaffeevollautomaten oder Putzroboter in den Fokus.
Vom Grammophon über den Walkman bis ins digitale Zeitalter
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Geschmackvolle Innovationen mit Biss, ...
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... Schwung, Glanz und Unterhaltung, ...
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... aber auch Politik, Wirtschaft und eben: Technik.
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All das findet man seit hundert Jahren auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin.
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Am 4. Dezember 1924 öffnet die erste "Große Deutsche Funkausstellung" am Messedamm in Berlin-Westend ihre Tore. Damals präsentieren 242 Aussteller die neuesten technischen Innovationen, darunter Röhrenempfänger - das Radio als Medium für die gesamte Bevölkerung ist damals die neueste Sensation.
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Eng mit der Geschichte der IFA ist auch seine verwoben: Der Berliner Funkturm wird ab 1924 gebaut und 1926 eingeweiht.
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1928 gibt es die erste Live-Fernsehübertragung in Deutschland. Die technische Revolution wird auf der Funkausstellung aber eher nüchtern präsentiert, es ist ein Gimmick für wenige. Bis der Fernseher den Weg in die Wohnzimmer der meisten Deutschen findet, vergehen noch Jahrzehnte.
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1930 steht Albert Einstein zur Eröffnung auf der Bühne. Ganz wie es seinem Naturell entspricht, hat der spätere Nobeltreisträger spöttische Worte übrig: "Sollen sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben, als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst." Er ebnet den Weg zu viel Prominenz auf der IFA.
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Die norwegische Popgruppe "a-ha" etwa singt 1987 in den Hallen am Funkturm und auch ...
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... der österreichische Musiker Falco findet im selben Jahr den Weg zum Messedamm. Für eine gute Gage heizt er den Zuschauern mit ein paar Songs ein, dann ist der Arbeitstag beendet.
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Nina Hagen erscheint mit ihrem damaligen Ehemann, dem britischen Musiker Iroquois, und ihrer Tochter Cosma Shiva.
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Der britische Sänger und House-DJ Boy George gibt 1989 Autogramme.
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Und auch der amerikanische Soulsänger Barry White singt im selben Jahr als Stargast bei der Eröffnungsshow.
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Nicht zu vergessen Kevin Costner: Der Hauptdarsteller des Films "Waterworld", hält sich 1995 zur Deutschlandpremiere in der Spreemetropole auf und begrüßt seine Fans auf der IFA.
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Zwei Jahre später meldet sich die Boygroup "NSYNC" mit einer neuen Single zurück. Und wo? Genau, unterm Funkturm.
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Es ist 1997 und Roman Herzog prüft, wie sich digitaler Sound unter voluminösen Kopfhörern anhört. Ob die Single dem damaligen Bundespräsidenten gefällt? Darüber legt sich der Mantel der Geschichte.
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Diese beiden finden, modisch sichtlich einige Jahre früher, jedenfalls immer einen Grund zum Tanzen - und moderieren ganz nebenbei diverse Sendungen live von der IFA: Günther Jauch und Thomas Gottschalk.
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1989 erobert der "Lambada" nicht nur deutsche Wohnzimmer und Partykeller, sondern auch die IFA-Bühne.
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Für lambadistische Ohrwürmer sorgte auch sie: Marianne Rosenberg kommt 1989 mit ihrem damaligen Freund, Uwe Hessenmüller, zur Internationalen Funkausstellung und zeigt mit ihrer Kleiderwahl: "Er gehört zu mir".
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Und, wie gefällt es? Scheinbar kommen Töne und Klang bei den IFA-Besuchenden an.
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Auch aus Sport und Politik pilgern sie zur IFA. 1991 macht Thomas Bach, heute Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, die Bewerbung Berlins für die Olympischen Spiele 2000 auf der IFA publik. Hat nicht geklappt. Sydney schien offenbar die bessere Wahl zu sein.
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Erfolgreicher ist der damalige Vizekanzler und Außenminister Willy Brandt. Am 25. August 1967 heißt es: Ab jetzt bitte in Farbe! Der Sozialdemokrat löst auf der "Internationalen Funkausstellung" mit einem Knopfdruck den offiziellen Start des Farbfernsehens in Deutschland aus. Zumindest offiziell, denn der Techniker ist einen Ticken zu früh dran und so ist der berühmte rote Buzzer schon kurz vorher in Echtfarbe für die Zuschauenden zu sehen.
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Fast genauso revolutionär ist dieses Gerät, das 1985 vorgestellt wird: Ein tragbarer CD-Spieler, kombiniert mit Radiorekorder und abnehmbaren Lautsprechern. Batterien ermöglichen den netzunabhängigen Betrieb. Die Ära des Ghettoblasters erlebt ihren Höhepunkt.
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Vorher sah das Musikhören eher so aus. Diese Damen präsentieren 1963 ein Gerät der Firma Telefunken, das für stereophonischen Rundfunkempfang sorgt.
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Erst ab 1971 findet die Funkausstellung überhaupt wieder in Berlin statt. In den Kriegsjahren gab es eine längere Pause, danach nimmt die Messe einen Umweg über Düsseldorf, Frankfurt am Main und Stuttgart, bevor sie wieder an der Spree ankommt.
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Und wie finden wir das? Hitparaden-verdächtig! 1973 moderiert Dieter Thomas Heck die 50. Ausgabe der ZDF-Sendung auf dem Messegelände.
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Mit rasender Geschwindigkeit folgen in 70er Jahren technische Weiterentwicklungen und die Messe geht international. Seit 1971 heißt sie "Internationale Funkausstellung", oder kurz IFA.
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Nach dem Kassettenrekorder werden der Video- und CD-Rekorder vorgestellt. Und auch der Teletext eröffnet 1977 plötzlich den Fersehzuschauenden den Nachrichtenzugang - ohne strenge Sendezeiten.
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Ein Fernsehgerät designed von Luigi Colani: Dieses Stück kann man 1995 auf der Funkausstellung in Berlin bewundern.
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Ab den 90er Jahren wird der Gaming-Sparte auch immer mehr Platz in den Messehallen freigeräumt - man erinnere sich an das Tamagotchi. Ist inzwischen übrigens schon wieder Retro-Trend.
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In den 90er Jahren verpasste die Berliner Messe dann allerdings einen wichtigen Techniktrend, den Mobilfunk. Der ersten beiden digitalen Netze in Deutschland und das erste massentaugliche Mobiltelefon von Nokia wurden 1992 vorgestellt - aber nicht auf der IFA, denn in diesem Jahr gab es gar keine Funkausstellung. Erst 2005 wechselte die Messe auf einen jährlichen Rhythmus. Zu diesem Zeitpunkt war es aber schon zu spät, um Mobilfunk-Fachmessen wie in Barcelona oder Köln Konkurrenz zu machen. Auch in den vergangenen Jahren hat es die IFA versäumt, Trendthemen wie Elektromobilität oder autonomes Fahren aufzugreifen, wie dies der US-amerikanischen Konkurrenzveranstaltung CES in Las Vegas gelungen ist.
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Neben dem Spielebereich gewinnt ab den 2000ern die Technisierung des Zuhauses an Bedeutung. Daneben boomen Fernsehgeräte und Blu-Ray-Player.
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2018 kann man mit Segway Drifts über die Messe fahren und die sorgfältig getragenden Schuhe ...
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... seit 2023 im "Styler Shoe Case" nicht nur schick verstauen, sondern gleich auch automatisch reinigen lassen.
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Zum 100. Jubiläum der Funkausstellung dürfte vor allem das Thema Künstliche Intelligenz eine große Rolle spielen. Daneben sind Fitness- und Gesundheitsthemen als wichtige Sparten angekündigt.
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Einer der Hauptprogrammpunkte könnte allerdings wieder aus dem Bereich der Prominenz kommen: Musiker Bryan Adams hat einen Auftritt zum Centennium (Hundertjährigen) der IFA angekündigt (Text: Lisa Schwesig).
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7.
gääähn....Kühlschränke und sonstige weiße Ware kann man auch kostenlos bei den einschlägigen Elektromärkten "bewundern". M.E. ist die IFA für Ottonormalverbraucher schon seit Jahren tot. Was war ich früher von den Heimkinos oder 3D-Innovationen begeistert. Das hat noch richtig Spaß gemacht. Als dann irgendwann nur noch Kaffeeautomat und Co. Einzug hielten, gings nur noch bergab....jedes Jahr wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben...heißt diesmal wohl KI. Ich tue mir das nicht mehr an.
Danke für Ihre genaue Beschreibung. Das hört sich ja noch schlimmer an, als ich es mir vorgestellt habe. Dann werde ich mir tatsächlich die Eintrittskarte sparen.
Ich habs mir letztes Jahr mal wieder angetan und war nicht sehr angetan. Wer die IFA noch als Messe der wirklich großen Marken für Medientechnik aus den 1990er und 2000er kennt, wird jetzt enttäuscht sein. Letztes Jahr waren nur sehr wenige großen Marken da. Statt dess reichlich Klimbim Zubehör. Es gibt auch keine Fachleute mehr dort an Ständen, um mal genauer was zu hinterfragen. Alles nur noch studentische Standbetreuer/innen, die außer Lächeln und schauen Sie auf die Homepage nichts sagen können. KI war letztes Jahr auch schon ein Schlagwort. Aber wenn man sich genauer dieses angebliche KI Gedöns für Haushalt und Kommunikation anschaut, ist es eigentlich nix KI, sondern ausgefeilte Automatisierung. Ich bin enttäuscht von der IFA letztes Jahr gegangen. Der Lack und Glanz ist ab von der IFA. Es kam mir vor wie ein Sammelsurium der Produktangebote alle großen Ketten Saturn, Mediamark, Medimax und Co. mit nem großen Anteil von Dong Xuan Center - Technikklimbim.
3.
Ich war das letzte mal Anfang der 90er auf der IFA. Man müsste wirklich wieder mal hingehen. Andererseits interessiert mich KI und Smarte Haushaltstechnik nicht so sehr. Früher stand man staunend vor den neuesten Fernsehgeräten und den ersten Videorecordern. Das hat mich umgehauen. Und natürlich der Sommergarten, die vielen Live-Fernsehshows und Radiosendungen. Vosskamp, Jürgen Jürgens und viele mehr. Schönste Zeit gewesen. Unser schönes West-Berlin! Schnief!
2.
Nachdem TV-und Radiosender sich dort als Aussteller mit Events verabschiedet haben ging es abwärts. Neuheiten kommen heute eher Online
1.
"Die wohl berühmteste Panne gab es bei der Premiere des Farbfernsehens auf der IFA am 25. August 1967: Als der damalige Vizekanzler Willy Brandt unter dem Berliner Funkturm vor laufenden Kameras auf einen großen roten Knopf drückte, um von Schwarzweiß auf Farbfernsehen umzustellen, war das Bild längst farbig."
Ja. Ganz schlimme Panne. Dass das Publikum nicht synchronisiert vergackeiert werden konnte.
Obwohl es natürlich ahnte, dass nicht Willy Brandt mittels überdimensionierten Not-Ausknopf das Farbfernsehen im ganzen Land einschalten würde. Es selbstverständlich nur ein symbolischer Akt war, während in Wahrheit im Kesselraum viele die Farben in den Brennraum schaufelten. Damit sie auf den heimischen Bildschirmen leuchten.
Wie das halt in der Demokratie so ist. Wollen wir nicht hoffen, das Regierungschef oder sein Vize einen zentralen Knopf haben.
Ich finde es keine Panne. Es ist ein Moment der Wahrheit, der für alle sichtbar Wahrheit erzählte.