Kritik von Berliner Verlagen und Illustrator:innen - KI - ein Jobkiller für Kreative?

Mo 18.11.24 | 15:18 Uhr | Von Nathalie Daiber und Elena Deutscher
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Illustratorin Sybille Hein sitzt an ihrem Schreibtisch (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Abendschau | 16.11.2024 | Nathalie Daiber | Bild: rbb

Künstliche Intelligenz ist aus vielen Bereichen nicht mehr wegzudenken. Ein mit KI generiertes Buchcover sorgt nun für Aufregung. Die Branche der Illustrator:innen sorgt sich um ihre Arbeitsplätze. Von Nathalie Daiber und Elena Deutscher

Felsen, karge Tannen und ein mächtiges Feuer, das den Nachthimmel rot färbt: So kann man das Buchcover des Jugendromans "Skogland brennt" von der Autorin Kirsten Boie beschreiben. Eigentlich ist nichts dagegen einzuwenden, aber das Cover-Motiv ist mit Hilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) erstellt worden.

Die Berliner Illustratorin Sybille Hein, die mit ihrer Kollegin Rinah Lang am Freitag an einem Instagram-Flashmob #BuchbrauchtMensch teilgenommen hatte, fragt sich deshalb, ob sie demnächst von einer KI ersetzt wird. "Es hat im Moment was Irreales, aber wenn man zurück in die Geschichte blickt, dann ist das natürlich immer wieder vorgekommen", erklärt Hein. Am Anfang ihrer Karriere habe sie mit vielen Menschen zusammengearbeitet, deren Berufe es heute gar nicht mehr gebe. "Buchdrucker oder Grafiker arbeiten heute zum Beispiel ganz anders."

Deutliche Positionierung

Hein ist renommierte Kinderbuchillustratorin und bereitet die großen Themen für die Kleinen auf: Aktuell schreibt und zeichnet sie in ihrem Atelier im Prenzlauer Berg an einem Buch über "Fakes". "Freiheit" ist ein anderes Bilderbuch von ihr für Leser:innen ab vier Jahren.

Die Kritik an dem KI-Cover kam dabei nicht nur von Kunstschaffenden, sondern auch von anderen Verlagen. Der Berliner Kindermann Verlag positionierte sich sofort als "Verlag ohne KI". Ihr Markenzeichen ist seit 30 Jahren die Herausgabe von Weltliteratur als Bilderbücher für Kinder. Wie zum Beispiel Goethes Faust oder "der Sturm" von Shakespeare.

Ohne Illustrator:innen, sagt Anna Kindermann, könne sie den Verlag gleich schließen. "Bei 'Skogland' war ich, ehrlich gesagt, fassungslos. Besonders wir Menschen in der Buchbranche sollten doch hinter den Künstler:innen stehen und die KI, auch wenn sie vielleicht nicht mehr aufzuhalten ist, als letztes nutzen."

Dass sich KI ganz aus der Buchbranche raushalten lässt, glauben weder Anna Kindermann noch Sybille Hein. Aber die Illustratorin hat klare Vorstellungen für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz: "Ich wünsche mir, dass es eine Transparenz gibt, wie unsere Werke genutzt werden und natürlich auch, dass es eine Möglichkeit gibt, dass wir fair daran beteiligt werden."

Auch die KI muss lernen

Denn: Wie man ein Buchcover entwirft, das muss auch ein KI-Modell erst lernen. Dafür werden KIs mit vielen künstlerischen Werken trainiert. Die Daten stammen aus dem Internet. Das heißt, die KI lernt von der Kreativität der Menschen und damit von teilweise urheberrechtlich geschützten Werken. Die Kunstschaffenden sehen dafür bisher keinen Cent.

Das KI-Training mit geschützten Werken ist dann erlaubt, wenn es unter das "Text- und Data-Mining" (TDM) fällt. Diese gesetzliche Schranke, ermöglicht, dass geschützte Werke unter bestimmten Umständen genutzt werden dürfen. TDM bedeutet, Daten (wie Texte oder Bilder) werden nach Mustern und anderen Zusammenhängen durchsucht, wodurch die KI lernt, Vorhersagen zu machen.

Fazit: KI-Training verletzt das Urheberrecht von Kunstschaffenden

Der Rechtswissenschaftler Tim Dornis, Professor an der Universität Hannover, und der Informatiker Sebastian Stober, Professor an der Otto von Guericke Universität Magdeburg, haben ausführlich mit dem Urheberrecht und mit KI-Training befasst. Stober kritisiert die Intransparenz des Trainings: "Das Problem ist, man kann nicht in so ein Modell reinschauen und sehen, da hat er den Stil von Shakespeare gelernt und da den von Goethe und da hat er gelernt, wie man News-Artikel schreibt."

Allerdings steht für den Informatiker fest, dass zumindest ein Teil der Werke im Inneren der KI "memorisiert" sein und dass KI-Modelle mit geschützten Werken trainiert worden sein müssen - denn sonst wäre es gar nicht möglich, dass eine KI dazu in der Lage ist, ähnliche Texte oder Bilder zu generieren.

In einem Gutachten, dass die beiden Experten für die Initiative Urheberrecht erstellt haben, ziehen sie das klare Fazit: KI-Training mit geschützten Werken sei eine Urheberrechtsverletzung. "Eine generative KI wertet Bilder so umfassend aus, dass sie so ähnliche Bilder wieder generieren kann", erklärt Dornis und ergänzt: "Da geht es nicht darum, ob auf der Mehrzahl der Bilder ein Hund, eine Katze oder eine Landschaft zu sehen ist, sondern darum, alle Informationen statistisch abzubilden, damit die KI im Nachgang auf Knopfdruck ein Bild von einer Katze, einem Hund oder einer Landschaft erzeugen kann." Und das sei nicht mehr mit "Text- und Data-Mining" abgedeckt, so die Wissenschaftler.

Kunstwerke besser schützen

Allerdings können sich Kunstschaffende bisher kaum dagegen wehren, dass ihre Werke im KI-Training genutzt werden. Zwar kann man sein Werk – zum Beispiel ein Buch – mit einem entsprechenden Hinweis versehen, der die Nutzung für das KI-Training untersagt, ob dieser dann auch beachtet wird, ist fraglich.

Aber nicht nur die Buchbranche muss sich mit dem Thema KI auseinandersetzen. Erste rechtliche Schritte gegen KI-Anbieter geht jetzt die Verwertungsgesellschaft GEMA. Sie klagt gegen OpenAI und wirft dem KI-Anbieter vor, geschützte Songtexte von deutschen Künstlern und Künstlerinnen durch den Chatbot ChatGPT wiederzugeben, ohne dafür Lizenzen erworben zu haben. Ob die Klage Erfolg hat und ob sich künstlerische Werke so schützen lassen, wird sich zeigen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 16.11.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Nathalie Daiber und Elena Deutscher

13 Kommentare

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  1. 13.

    KI ist dumm und nicht kreativ. Es gibt die ersten Verkaufsplattformen mit KI-Musik in Form von CD's! Wer ist so bekloppt und kauft das?

  2. 12.

    Chinesen und Amerikaner haben sich derzeit darauf geeinigt, Atombombeneinsätze nicht durch KI steuern zu lassen.
    Die Rechensysteme im Hochfrequenzhandel sollen KI bekommen. … Banker und Broker machen sich bereits nass.
    Es wird Aufgabe der Konsumenten sein, nachzuschauen, ob Bücher die Namen der Illustrator* innen aufzeigen. = Kaufkriterium

  3. 11.

    Aber hintendran hängt eine Riesenbürokratie. Künstler müssen sich registriere, den "Wert" ihrer Arbeit nachweisen, alles muss dokumentiert, versteuert, überwacht werden, verteilt … Dabei gehen 60 ct. des Euros drauf – für Bürokratie, Überwachung. Echt jetzt?!?

  4. 10.

    "Diese Ideen", das Zählen der KI-Minuten ist m.M.n. ein unabwendbarer Schritt und muss keinen bürokratischen Mehraufwand bedeuten, denn jeder Rechner kann mit einen einfachen Programm zusammenzählen und eine Uhrzeit zuordnen und das dürfte das Ablesen der Jahres KI-Zeit so einfach machen, wie das Ablesen eines Stromzählers.

    Ein Euro KI-Abgabe pro Stunde halte ich angemessen für den Auftakt.

  5. 9.

    Nur in den Ämtern und Verwaltungsapparaten wird es keine KI geben. Denn diese kann mit den Faxgeräten nicht umgehen.

  6. 8.

    Ist allen klar, dass KI die Menschheit in gewisser Weise einfrieren wird? Wir verlernen dann die kreative Arbeit, das Ur-Menschliche.

    KI wird mit Vorhandenem trainiert und kombiniert das dann, reproduziert.
    KI ist nicht kreativ.
    Wenn wir KI als Billig-Sklave den kreativen Sektor übernehmen lassen, werden die Menschen dort nicht mehr arbeiten, nichts der neuen Generationen erschaffen.

    KI muss transparent sein. Menschen brauchen – global – das BGE als Lebens- und Freiraum.

  7. 7.

    Diese Ideen machen alles nur noch bürokratischer (Nachweisverfahren, neue Gesetze etc.).
    Nein, ein globeles BGE ist längst überfällig und muss all das Klein-Klein der Bürokratien dieser Welt ersetzen. Dann kann man auch wieder kreativ tätig sein und noch so vieles mehr.
    Und genau das braucht die Welt jetzt. Neue kreative Ansätze, um den Untergang, den Naturtod abzuwenden.
    Sicheres Leben bei sich zu Hause, das verhindert Migrationsnot.
    Es gibt genug zu tun, Bürokratie-Klein-Klein verhindert leben, überleben.

  8. 6.

    Bitte unbedingt aufhören, Tele-Prompter-Textelemente in Zeitungsartikel zu bringen, z. B.

    Denn: blablabla.
    Nein, es heißt noch immer
    Denn blablabla.

  9. 5.

    Alle sind sich dessen bewusst, dass KI nicht verhindert werden kann. Aber es sollte unbedingt verhindert werden, dass KI mit künstlerischen Werken trainiert wird, ohne dass die betreffenden Künstler auch nur einen Cent sehen. Es geht nicht, dass ihre Idee und ihre schöpferische Kraft kostenlos genutzt wird, um sie am Ende zu ersetzen. Wenn ein Ingenieur eine Erfindung patentiert hat, wird er ebenfalls nicht wollen, dass KI damit geschult wird, um ihn letztlich arbeitslos zu machen, ohne dass er dafür in irgendeiner Form entschädigt wird. Es ist schließlich etwas anderes, als wenn KI nur genormte Vorgänge kopiert.

  10. 3.

    Hört auf rum zu jammern. Gewöhnt Euch daran. Es gibt kein zurück.

  11. 2.

    Damit das Sozialsystem nicht noch unbezahlbarer wird, sollte jede einzelne KI-genutzte Minute Steuern in den Haushaltssäckel spülen, denn die KI wird unweigerlich Abermillionen Arbeitsplätze vernichten, weil Firmen am allerliebsten Kosten einsparen.

    Lernt KI zudem mit geistigem Eigentum Dritter, müssen die Urheber hier wohl im nachhinein angemessen entschädigt werden, denn eigentlich hätten sie VORHER gefragt werden müssen.

  12. 1.

    So wird aus einer Illustratorin bestenfalls eine Hilfsarbeiterin. Das ist bald auch das Schicksal einer Rechtsanwältin, einer Journalistin, einer Filmschauspielerin, oder eines Verwaltungsangestellten. Seelenlos und wortwörtlich unmenschlich.

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