Silvesterfeuerwerk - Feuerwerkshersteller warnen vor Insolvenzen bei Böllerverbot

Do 19.11.20 | 17:18 Uhr
Symbolbild: Gesprengte Böller liegen auf der Straße, im Hintergrund sind Polizei-Einsatzkräfte und -Fahrzeuge zu sehen. (Quelle: dpa/A. Arnold)
Audio: Inforadio | 19.11.2020 | Interview mit Thomas Schreiber | Bild: dpa/A. Arnold

Um in der Corona-Pandemie wilde Partys und mehr Krankenhauspatienten zu vermeiden, fordern Politiker verschiedener Parteien ein Böllerverbot an Silvester. Der Pyrotechnik-Verband hält dagegen: Feuerwerk könne ganz zivil ablaufen.

In der Debatte um das Silvesterfeuerwerk hat der Verband der pyrotechnischen Industrie vor einem Verbot gewarnt. Dies werde erhebliche Konsequenzen haben, sagte Verbands-Chef Thomas Schreiber am Donnerstag im rbb-Inforadio. "Wenn ein Böllerverbot kurzfristig kommt und wir nicht verkaufen könnten, würde das sowohl für uns, als auch für die Branche mit größter Wahrscheinlichkeit die Insolvenz bedeuten", sagte Schreiber, der auch Geschäftsführer des Feuerwerksherstellers Weco ist.

Schreiber rechnet mit mehr illegalem Feuerwerk

Die Branche sei sich bewusst, dass wegen der Coronavirus-Pandemie nicht so Silvester gefeiert werden könne, wie in den vergangenen Jahren, sagte Schreiber. Ein kleineres Feuerwerk sei jedoch möglich. "Es gibt ohne Probleme die Möglichkeit corona-konformes Silvester zu feiern und privat mit Familie und wenigen Freunden vor der Haustür Feuerwerk abzubrennen. Im Gegenteil ist das vielleicht die einzige Möglichkeit, dieses Jahr vernünftig zu verabschieden und den Gesamtjahresfrust loszuwerden."

Schreiber rechnet auch damit, dass mehr illegales Feuerwerk gezündet wird, wenn legale Böller verboten werden. Das sei gerade in einem Hotspot wie Berlin zu befürchten. "Das kriegt man sowohl über die Grenze in Polen als auch ganz leicht im Internet. Einige Leute, gerade die Chaoten, werden es sich nicht nehmen lassen, dann erst recht Dummheiten anzustellen."

Händler in Polen machen weniger Umsatz

Auf dem Markt in Hohenwutzen kurz hinter der polnischen Grenze sind Feuerwerkskörper schon jetzt zu kaufen. Händler Dan Christian hat gerade erst eine große Menge davon bestellt - jetzt befürchtet er, auf den Böllern und Raketen sitzen zu bleiben. "Wir haben gedacht, wir verkaufen viel, aber das läuft nicht so gut. Es sind weniger Leute und die Leute haben auch kein Geld", sagt er. Wegen der Corona-Pandemie kämen nur etwa die Hälfte der sonst üblichen Besucher auf den Markt.Für die zehn der 700 Stände auf dem Markt, die hier Feuerwerkskörper verkaufen, ist das Geschäft jetzt schon schlechter als sonst - auch ohne ein eventuelles Böllerverbot in Deutschland.

Politiker von CDU, CSU und SPD gegen Böllerei

Wie die Berliner Grünen hatten sich am Donnerstag die Polizei-Gewerkschaft und andere Politiker für ein Böllerverbot ausgesprochen. Zum Feuerwerk gesellten sich rasch Alkohol, Personengruppen und Partystimmung - und das sei nicht angesagt, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, der "Bild"-Zeitung (Donnerstag).

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte, die Kliniken seien schon am Limit und sollten nicht Silvester noch durch Böller-Verletzungen belastet werden. Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Kuffer und der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) plädierten dafür, Böllerei und Feuerwerk dieses Jahr zu verbieten.

Für die Einsatzkräfte der Berliner Feuerwehr ist die Silvesternacht klassischerweise die arbeitsintensivste Nacht des Jahres. Wie aus ihren Bilanzen zu vergangenen Silvesternächten hervorgeht, arbeiteten zum Jahreswechsel jeweils mehr als doppelt so viele Rettungskräfte wie an normalen Arbeitstagen. Allein innerhalb der Nachtstunden bewältigten sie gemeinsam mit Kollegen der Freiwilligen Feuerwehr und vom Technischen Hilfswerk mehr als 1.500 Einsätze. Zum Jahreswechsel 2019/2020 etwa seien rund 1.350 Rettungskräfte zu rund 600 Bränden und rund 800 Rettungseinsätzen gerufen worden. An regulären Tagen bewältigt die Berliner Feuerwehr nach eigenen Angaben rund 1.400 Einsätze in 24 Stunden mit rund 520 Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr.

Die Grünen in Berlin hatten mit Blick auf die Infektionslage gefordert, an Silvester neben großen Partys auch das Feuerwerk zu verbieten. Deutschland solle damit dem Vorbild der Niederlande folgen, hieß es. Die Berliner Verwaltung müsse "mit engmaschiger Kontrolle Böllerei und Silvesterfeuerwerk im Berliner Innenstadtbereich vollständig unterbinden", schloss sich auch Berlins CDU-Fraktionschef Burkard Dregger an.

Städte- und Gemeindebund gegen generelles Böllerverbot

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht sich jedoch gegen ein generelles Verbot von Böllern und Feuerwerk in der Corona-Pandemie aus. "Die Leute haben doch Frust ohne Ende. Alles wird verboten, nirgends kann man hin", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. "Natürlich wird das kein Silvester geben mit riesen Partys und riesen Feuerwerken." Für die einzelnen Haushalte sehe er aber keinen Anlass für ein großes Verbot.

Auf rbb-Nachfrage hieß es am Donnerstag aus den Rathäusern Frankfurt (Oder), Erkner und Bad Freienwalde, es sei noch zu früh, um über ein Verbot zu sprechen.Strausbergs Bürgermeisterin Elke Stadeler bezweifelte außerdem die Wirksamkeit eines Böllerverbots - feiern würden die Leute wohl trotzdem - ganz zu schweigen von der Frage, wer das kontrollieren solle.

Diskussion um Böllerverbot auch in anderen deutschen Städten

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung bereiten erste Städte wohl schon ein Feuerwerksverbot an Silvester vor. In Frankfurt am Main und Hannover prüfe man beispielsweise, ob ein entsprechendes Verbot verhängt wird. Auch in Köln wird derzeit ein Böllerverbot diskutiert. Demnach soll es bald eine Entscheidung geben, wie die Stadt Köln dem WDR mitteilte.

Sendung: Inforadio, 19.11.2020, 12:45 Uhr

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