Corona-Impfung für Schwangere - "Das Gespräch mit meiner Frauenärztin hat mir nicht geholfen"
Sollten sich schwangere Frauen gegen Corona impfen lassen? Diese Frage wird unterschiedlich beantwortet. Und das hilft vor allem einer Gruppe gar nicht: Den Schwangeren, die sich entscheiden müssen. Von Laura Will
Es ist eine Entscheidung, die vielen Schwangeren schwerfällt: Schutzimpfung gegen Corona - ja oder nein? Schließlich entscheiden werdende Mütter nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihr ungeborenes Kind. Nora aus Potsdam kennt dieses Problem. Die 40-Jährige ist mit ihrem zweiten Kind schwanger. Sie hat sich zu Beginn der Schwangerschaft ausführlich informiert, sich Daten angeschaut und auch mit ihrer Frauenärztin gesprochen.
Die konnte ihr aber nicht wirklich helfen: "Im Endeffekt hat sie nur gesagt, dass ich mich impfen lassen kann, weil ich wegen Komplikationen in der ersten Schwangerschaft und des Alters eine Risikoschwangere bin, und dass es bei der Impfung noch einige Unklarheiten gibt. Geholfen hat mir das nicht richtig", sagt Nora. Die Zweifel und Unsicherheiten seien deshalb geblieben.
Keine generelle Empfehlung der Stiko
In Deutschland gibt es bislang noch keine generelle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) [rki.de] für eine Corona-Schutzimpfung in der Schwangerschaft, an denen sich Frauen orientieren können. "Für eine Stiko-Empfehlung ist die Datenlage immer noch nicht ausreichend. Es gibt aber eine Arbeitsgruppe, die sich kontinuierlich mit dem Thema befasst", sagt Kommissions-Mitglied und pensionierter Kinderarzt, Martin Terhardt, "es gibt noch keine letzte Sicherheit, wie sich die Impfung auf die ungeborenen Kinder auswirkt."
Bisher gibt es vereinzelte Studien, eine aktuelle stammt zum Beispiel aus Israel [jamanetwork.com]. Diese bestätigt die Sicherheit und Wirksamkeit des Biontech/Pfizer-Impfstoffs in der Schwangerschaft. An dieser Studie nahmen 15.060 Schwangere teil. Dabei wurden 7.530 Geimpfte mit 7.530 Ungeimpften verglichen. Die Frauen hatten das gleiche Alter, die gleiche Schwangerschaftsdauer und den gleichen Status einer herkömmlichen Grippeschutzimpfung.
Das Ergebnis: Ab Tag 28 bis Tag 70 wurden nach der Erstimpfung in der Gruppe der Geimpften zehn Corona-Infektionen festgestellt, in der Gruppe der Ungeimpften 46 Corona-Infektionen. Für den untersuchten Zeitraum ergibt sich damit eine Schutzwirkung von 78 Prozent. Die Forscher haben sich auch die Schwangerschaftskomplikationen angeschaut. Demnach gab es keinen Unterschied zwischen ungeimpften und geimpften Schwangeren. Allerdings handelt es sich bei den Daten um keine echte Zulassungsstudie, sondern eine retrospektive Kohortenstudie.
Umgang mit Schwangeren weltweit unterschiedlich
So ist der Umgang mit Corona-Schutzimpfungen bei Schwangeren weltweit unterschiedlich. Zum Beispiel haben die britischen Gesundheitsbehörden alle Schwangeren aufgefordert, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Der Grund ist eine neue Studie der Universität Oxford [www.medrxiv.org]. Demnach ist der Anteil der schwangeren Frauen, die mit einer mittelschweren bis schweren Infektion ins Krankenhaus mussten, seit dem Auftreten der Delta-Variante im Mai "erheblich" gestiegen.
Ebenso sind die Amerikaner gegenüber der Impfung in der Schwangerschaft aufgeschlossen. "In den USA werden sehr viele Schwangere unabhängig von der Schwangerschaftswoche geimpft. Es gibt durchaus Immunologen, die warnen, im 1. Trimenon zu impfen", sagt Martin Terhardt von der Stiko. In Deutschland dürfen Schwangere erst ab dem zweiten Trimenon, das heißt ab der 14. Schwangerschaftswoche, geimpft werden - jedoch mit Einschränkungen.
"Risiko- und Nutzenabwägung notwendig"
"Da die Zulassungsbedingungen und die Empfehlungen für Impfungen von Schwangeren noch offen sind, ist für die Impfung in der Schwangerschaft eine individuelle Risiko- und Nutzenabwägung nach ärztlicher Beratung notwendig", so Terhardt.
Nora ist mittlerweile in der 32. Schwangerschaftswoche. Sie hat zwei Kontaktpersonen impfen lassen und sich für eine Impfung in der Stillzeit entschieden. Bei der Entscheidung hat sie sich allerdings nicht gut beraten gefühlt.
Sendung: Abendschau, 04.08.2021, 19:30 Uhr