"Oranienburger Modell" - Straßenausbau light

Teils zigtausende Euro Selbstbeteiligung für eine neue Straße vor der eigenen Haustür: Für die erstmalige Erschließung werden Anwohner meist zur Kasse gebeten. Die Stadt Oranienburg geht jetzt einen anderen Weg. Von Karsten Zummack
Jedes Auto, jedes Fahrrad zieht eine dicke Staubwolke hinter sich her. Im sogenannten Musikerviertel in Oranienburg-Süd (Oberhavel) dominieren noch immer Schotterpisten mit viel Sand und Kieselsteinen. Seit dem 8. Juli aber sind in den ersten fünf Straßen Parkverbotsschilder aufgestellt. Bagger, Lkw und Bauarbeiter sind angerückt.
Zehn Zentimeter Asphalt sollen ausreichen
In einigen Grundstückseinfahrten wird der Boden ausgehoben. Hundert Meter weiter klopfen die Beschäftigten bereits Bordsteine ein. Und auch die Straßen selbst werden fit gemacht für die Zukunft. "Die Schottertragschicht wird mit einer zehn Zentimeter dicken Asphaltschicht überzogen", erklärt der zuständige Sachgebietsleiter der Stadt René Pieper.

Straßenausbau light sozusagen. Denn bei einem normalen grundhaften Straßenausbau wird zunächst einen halben Meter tief gebuddelt, die Asphaltdecke ist sehr viel dicker. Doch das kostet eben entsprechend viel Geld. Die Kosten dafür werden in der Regel auf die Anwohner umgelegt.
Vorbild Bernau
"Es gab sehr häufig Anwohnerprotest, weil die Leute an die Grenzen des Tragbaren gekommen sind", erinnert sich Oranienburgs Bürgermeister Alexander Laesicke (parteilos). Durch die Umlage mussten Anwohner oft fünfstellige Summen für den Ausbau der Straßen vor ihrer Haustür bezahlen. Das soll sich durch das neue Modell ändern.
Das hat sich Brandenburgs fünftgrößte Stadt in Bernau (Barnim) abgeschaut. 2022 beschloss die Stadtverordnetenversammlung ein ähnliches Konzept. Anwohner haben nun die Wahl zwischen drei Varianten.
Nach der ersten gibt es wie gehabt einen kompletten Ausbau mit Umlage der Kosten. Zweite Möglichkeit: Ein abgespeckter Bau, bei dem nur für die Grundstückszufahrten bezahlt werden muss. Und dann gibt es als Drittes noch die Option, dass alles so bleibt wie gehabt.
Anwohner für abgespeckten Straßenausbau
In den ersten fünf Straßen im Musikerviertel votierte die Mehrheit jeweils für die zweite Variante. Die Prioritäten werden nach Dringlichkeit gesetzt. So wird auch in der Weberstraße seit dem 8. Juli gebaut. "Seit 1932 wurde nicht ein Stein eingesetzt. Es ist endlich an der Zeit, dass man was macht", sagt Anwohner Rainer Strakon. Und Hannelore Majoran schräg gegenüber freut sich, "dass das mit dem Staub und den Löchern endlich ein Ende hat."
Wichtig ist ihnen natürlich auch, dass sie keine Kredite aufnehmen müssen. Auf die Stadt kommen dem Vernehmen nach über einen längeren Zeitraum gerechnet kaum Mehrkosten zu. Schließlich falle die aufwendige Pflege der Schotterpisten laut Bürgermeister dadurch weg. "Es sieht aus wie eine Straße, fühlt sich an wie eine Straße, hält auch in vielen Fällen ewig lange wie eine Straße", verspricht Bürgermeister Alexander Laesicke. Die Stadt hat dabei noch viel zu tun. Denn von den 400 Straßenkilometern in Oranienburg sind 130 Kilometer, also fast ein Drittel, unausgebaute Schotter- oder Sandpisten.
Bauarbeiten bis November
Wo wie in Anliegerstraßen wenig Verkehr fließt, soll die Zehn-Zentimeter-Asphaltschicht reichen. In den ersten fünf Straßen wird das "Oranienburger Modell" jetzt umgesetzt. Bis November soll hier noch gewerkelt werden, anschließend rollen die Baufahrzeuge weiter.
Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 18.07.2024, 18:12 Uhr