Fragen und Antworten - Corona gibt es noch - was es zu beachten gibt
Viren verbreiten sich besonders gut, wenn es draußen wieder kälter wird - das gilt auch für Corona. Doch wer kann überhaupt noch sagen, wie viele Menschen infiziert sind? Und was gibt es zu befolgen, wenn der Test anschlägt? Antworten auf einige Fragen.
Wer misst überhaupt noch die Zahlen?
Die Sieben-Tage-Inzidenz, früher gefürchtet und ständig gecheckt, verheißt im Vergleich zu den Vorjahren nur noch wenig Grund zu Sorgen: In Berlin liegt sie aktuell laut des Corona-Pandemieradars von Bundesgesundheitsministerium und Robert-Koch-Institut (RKI) [pandemieradar.de] bei 5,0, in Brandenburg bei 6,5, der gesamtdeutsche Schnitt liegt momentan bei 6,6 Covid-19-Fällen pro Woche und 100.000 Einwohnende.
Das Gesundheitsministerium gibt einen Aufwärtstrend für die bundesweiten sowie die Brandenburger Fallzahlen an, in Berlin zeichnet sich demnach derzeit keine Steigerung ab. Der Trend wird anhand eines statistischen Modells basierend auf den Indikatorwerten der vergangenen vier Wochen berechnet.
Das Problem an all diesen Zahlen ist: Sie sind kaum noch aussagekräftig, weil sich viel weniger Menschen bei offiziellen Stellen testen lassen. In die Statistik fließen aber nach wie vor nur laborbestätigte Positivtestungen ein, die meistens beim Hausarzt gemacht werden. Deshalb bietet der Pandemieradar inzwischen mehrere Kategorien, aus denen sich ein Bild ergibt. Die Lücken im Vergleich zu früheren Jahren können sie aber nicht schließen.
Welche Altersgruppe ist besonders betroffen?
Die höchste Sieben-Tage-Inzidenz wird laut den Zahlen von Gesundheitsministerium und RKI zufolge in der Altersgruppe ab 80 Jahre gemessen: Bundesweit gibt es 23,6 Covid-Fälle je 100.000 Einwohnende. Diese Altersgruppe ist auch gefährdeter für schwerere Covid-Verläufe sowie Hospitalisierungen, also Aufenthalte in Krankenhäusern wegen einer Corona-Ansteckung.
Daneben weist die Altersgruppe bis vier Jahre nach derzeitigem Stand mit 8,4 bestätigten Fällen pro 100.000 Einwohnende die zweithöchste Inzidenz auf, gefolgt von der Altersgruppe 60 bis 79 Jahre mit 8,2.
Welche Indizien gibt es noch?
Eine zweite Quelle ist das sogenannte Abwassermonitoring, das sporadisch in bis zu 168 von knapp 10.000 Klärwerken in Deutschland durchgezogen wird. Jeder Infizierte scheidet auf der Toilette Virusbestandteile aus, die dann ins Abwasser gelangen. In bestimmten Klärwerken testen Labore Abwasserproben auf Virusbestandteile. In Berlin beteiligen sich drei der insgesamt sechs Standorte, in Brandenburg bislang vier (Brandenburg/Havel, Cottbus, Frankfurt/Oder, Potsdam).
Die Abwasseranalysen bilden eine Dynamik ab und können Hinweise auf einen ungefähren Trend geben. Die Zahlen sind allerdings hochgerechnet und es lässt sich aus ihnen keine Inzidenz ableiten. Sie zeigen aber parallel zur Sieben-Tage-Inzidenz derzeit einen Aufwärtstrend. Die gemessene Viruslast der neuesten Messdaten aus 122 Klärwerken von Ende August zeigt einen leichten Anstieg auf 130.000 Genkopien pro Liter Abwasser.
Wichtig ist hier der Hinweis: Die Auswahl der Standorte ist nicht repräsentativ für Gesamtdeutschland und nicht alle Werke übermitteln wöchentlich Zahlen. Die Werte können außerdem durch Ereignisse wie Starkregen beeinflusst werden und deshalb keinesfalls als einzige Quelle berücksichtigt werden.
Die dritte Quelle ist die Zahl der gemeldeten Arztbesuche wegen einer akuten Atemwegserkrankung in Verbindung mit einer Covid-19-Diagnose. Sie ist in der letzten Augustwoche auf 81 pro 100.000 Einwohnende gestiegen. Besonders häufig haben Menschen im Alter zwischen 35 und 59 wegen einer Covid-Erkrankung eine Arztpraxis aufgesucht. In dieser Altersgruppe waren es 130 Arztbesuche pro 100.000 Einwohnende.
Aber auch hier gibt es eine Einschränkung: In der wöchentlichen Meldeaktion werden bundesweit nur rund ein Prozent Arztpraxen erfasst, daher werden nicht sämtliche Arztbesuche mit einer Covid-Diagnose erfasst. Zudem werden Infektionen mit dem RS- oder Influenza-Virus (Grippe) ebenfalls unter Atemwegserkrankungen gelistet.
Fest steht: Von einer Überlastung durch Covid-Patienten ist das Gesundheitssystem weit entfernt. Die Hospitalisierungsinzidenz ist in Brandenburg mit 2,3 Corona-Fällen pro 100.000 Einwohnende im Gegensatz zu Berlin mit 0,8 zwar leicht höher, es benötigen aber weniger Menschen als in der Hauptstadt eine intensivmedizinische Betreuung (Brandenburg: 0,9 Prozent, Berlin 1,6 Prozent).
Welche Varianten sind gerade vorherrschend und was sind Symptome?
In Deutschland zirkulieren derzeit verschiedene Variationen der Omikron-Virusvariante, davon entfallen 72 Prozent auf das KP.3.1.1, wie das RKI für die 34. Kalenderwoche berichtet [public.data.rki.de].
Häufige Symptome sind Husten, Schnupfen und Halsschmerzen, sowie auch Fieber. Dazu können Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall auftreten. Auch Kopfschmerzen, Riech- und Geschmacksstörungen sowie Schwindel könnten auftreten, schreibt das RKI. Ein Teil der Infizierten zeigt Symptome über die Haut in Form von Ausschlag oder Rötungen an, mache haben aber auch gar keine Symptome.
Die meisten Erkrankten haben milde bis mittelschwere Symptome und erholen sich innerhalb von ein bis zwei Wochen, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) [infektionsschutz.de] schreibt. In Risikogruppen kann eine Corona-Infekiton jedoch zum Versagen der Lunge und weiterer Organe führen. Das Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung nimmt ab 60 Jahren deutlich zu. Auch Menschen mit Vorerkrankungen haben ein höheres Risiko für einen schweren Krankeitsverlauf (dazu mehr in "Wer sollte sich impfen lassen und wo geht das überhaupt?").
Wer sollte sich impfen lassen und wo geht das?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) geht von einer Basisimmunisierung nach drei Antigen-Kontakten aus - also drei Impfungen und/oder Infektionen. Eine Basisimmunität kann eine Erkrankung nicht verhindern, mindert jedoch das Risiko für einen schweren Verlauf sowie Long Covid, das heißt, dass Symptome auch mehr als vier Wochen nach einer Ansteckung fortbestehen oder neu auftreten. Mithilfe eines Online-Impfchecks der BZgA [infektionsschutz.de] kann man für sich oder Angehörige testen, ob eine Impfung oder Auffrischungsimpfung sinnvoll sein kann.
Die Stiko empfiehlt eine Covid-Auffrischungsimpfung nur noch für besondere Risikogruppen. Dazu zählen etwa Menschen ab 60 Jahre, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ab einem Alter von sechs Monaten, Pflege- und Gesundheitspersonal sowie Angehörige von Risikopatienten. Außerdem sind Menschen mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), chronischen Herz-Kreislauf-, Leber- oder Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus, Adipositas, Trisomie 21 oder einer HIV-Infektion angesprochen.
Auch Menschen mit einem eingeschränkten Immunsystem nach einer Organ- oder Stammzelltransplantation tragen ein höheres Risiko. Schwangere und Stillende ohne Vorerkrankungen gehören nicht zur Risikogruppe und es genügt eine Basisimmunisierung.
Mindestens zwölf Monate sollen in der Regel seit der vorigen Impfung oder Infektion vergangen sein. Idealerweise werde eine Auffrischung im Herbst parallel zur Impfung gegen Influenza oder Pneumokokken vorgenommen, empfiehlt die Stiko. Impfen lassen kann man sich vor allem bei Haus- oder Betriebsarztpraxen, in Pflegeeinrichtungen oder Apotheken.
Seit September 2023 ist der an die Omikron-Variante XBB.1.5 angepasste mRNA-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer in den Praxen verfügbar. Daneben gibt es auch den angepassten mRNA-Impfstoff Spikevax von Moderna. Die Stiko schätzt diese Stoffe als wirksamer [rki.de] gegen die Omikron-Varianten ein als den proteinbasierten Impfstoff Nuvaxovid von Novavax.
Biontech/Pfizer hat zuletzt im August eine Zulassung für seinen neuen an die noch wenig in Deutschland verbreitete Omikron-Sublinie JN.1 angepassten Wirkstoff bekommen, Studien zu einem Kombipräparat gegen Grippe und Covid-19 laufen noch.
Für Kinder unter 18 Jahren ohne Vorerkrankungen wird eine Impfung übrigens als nicht notwendig erachtet. Schwangere ohne Grundimmunisierung sollen sich der Stiko-Empfehlung zufolge erst nach Ende des ersten Trimesters (nach der zwölften Schwangerschaftwoche) eine Erst- oder Auffrischungsimpfung verabreichen lassen. Für Stillende gelten keine Einschränkungen.
Wie kann ich mich testen?
Ein verlässliches Ergebnis für eine Covid-Erkrankung liefere nur ein PCR-Test, schreibt das RKI. In der Regel ordnen Ärzte aber nur noch bei deutlichen Symptomen einen Labortest an. Antigen-Schnelltests für die Eigenanwendung sind inzwischen ein wichtiges Instrument zur Eindämmung des Coronavirus. Sie springen auf das sogenannte N-Protein (SARS-CoV-2-Nukleokapsidprotein) an. Laut Paul-Ehrlich-Institut, das seit Mai 2022 die Bewertung von Tests an EU-Stellen abgegeben hat, erkennen die Schnelltests daher auch sämtliche Omikron-Varianten.
Antigen-Schnelltests aus der Drogerie oder Apotheke können bei richtiger Anwendung und hoher Viruslast aber ein ähnlich zuverlässiges Ergebnis liefern wie PCR-Tests. Man sollte beim Kauf auf eine CE-Kennzeichnung achten. Die EU hat im vergangenen Jahr eine Liste über die Leistungsfähigkeit von Covid-Antigentests [health.ec.europa.eu] in englischer Sprache zum Nachschlagen veröffentlicht. Schnelltests sind allerdings nur eine Momentaufnahme und sagen nichts über eine mögliche Ansteckungsgefahr aus.
Einen Anspruch auf eine kostenfreie Testung gibt es auch mit Symptomen seit März 2023 nicht mehr. Die Entscheidung, ob ein PCR-Test gemacht wird, kann nur ein Arzt oder eine Ärztin treffen. Die PCR-Testung wird dann über die Krankenkasse abgerechnet.
Was muss ich bei einer Anzeichen einer Infektion beachten?
Die Symptome der aktuellen Varianten sind erst einmal kaum von einer Erkältung zu unterscheiden. Das RKI rät daher, zu Hause zu bleiben und einen Schnelltest zu machen. Um sicher zu gehen, sollte man sich bei Symptomen zweimal testen - auch wenn der erste Test negativ ausfällt.
Ist das Ergebnis positiv, sollte man eine Arztpraxis aufsuchen. Das RKI empfielt, die entsprechende Praxis vorher zu informieren und sowohl auf dem Weg dorthin sowie vor Ort eine Maske zu tragen.
Für Corona-Infektionen gilt eine Meldepflicht. Das heißt, Ärztinnen und Ärzte müssen eine nachgewiesene Erkrankung innerhalb von 24 Stunden an das zuständige Gesundheitsamt übermitteln. Das gilt nicht für positve Selbsttests, wie das Bundesgesundheitsministerium schreibt.
Ansonsten hat sich nichts geändert: Wer positiv getestet ist, sollte so lange den Kontakt mit anderen Menschen meiden, bis er oder sie wieder negativ getestet ist. Im Unterschied zu früher gibt es dazu allerdings keine Pflicht mehr, sondern nur Appelle. In Berlin und Brandenburg gelten seit dem Frühjahr 2023 keine Testpflicht oder speziellen Corona-Regeln mehr.
Die meisten Erkrankten sind nach etwa 14 Tagen frei von Symptomen. Bis dahin sollten Betroffene sich schonen und erst wieder zu arbeiten beginnen, wenn sie sich wirklich fit fühlen.
Was tue ich, wenn mein Kind Symptome zeigt?
Weil es keine verbindlichen gesetzlichen Regeln mehr gibt, liegt die Entscheidung bei den Eltern, wann sie ihr Kind wieder in Schule oder Kita geben - auch wenn man mit einem positiven Testergebnis keinen Kontakt zu anderen Kindern haben sollte. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) empfiehlt bei Corona ebenso wie bei anderen Erkältungskrankheiten, ein Kind so lange zu Hause zu lassen, wie es sich krank fühlt, Fieber oder Durchfall hat oder erbricht. Nach 48 Stunden ohne Symptome könne es wieder Kita oder Schule besuchen.
Könnte es eine erneute Maskenpflicht geben?
Die ist nicht zu erwarten. Die Zahlen könnten zwar wieder saisonbedingt steigen. Doch durch bereits überstandene Corona-Infektionen und Impfungen ist ein Großteil der Bevölkerung inzwischen nach Ansicht von Infektiologen ausreichend immunisiert. Nach Angaben der Bundesregierung sind 75 Prozent der Menschen in Deutschland geimpft, insgesamt wurden 190 Millionen Impfdosen verabreicht.
Eine Maskenpflicht gibt es seit April 2023 nicht mehr. Einrichtungen können aber von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und das Masketragen anordnen. Vor allem im medizinischen Bereich sind Masken häufig in Gebrauch, um sich oder andere zu schützen. Zudem wird es voraussichtlich immer wieder abhängig vom Infektionsgeschehen zeitweise Appelle ans freiwillige Tragen in bestimmten Einrichtungen geben.
Das RKI betont, dass es weniger auf die Wahl zwischen OP- oder FFP2-Maske, sondern auf die korrekte Trageweise sowie einen optimalen Sitz ankomme - das gelte besonders für jene, die einen Bart trügen. Die Maske sollte Mund und Nase umschließen und in Innenräumen möglichst nur kurz abgesetzt werden. Zudem weist das RKI darauf hin, dass es sich bei FFP2-Masken um ein Einmalprodukt handele, die Masken also nicht mehrfach verwendet werden sollten.
Sendung: rbb24 Abendschau, 19.09.2023, 19:30 Uhr
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