Rollstuhlfahrer verunglückt - Rollstuhlfahrer von U-Bahn mitgerissen: Wie konnte es dazu kommen?

Ein Mann ist am Wochenende von einer U-Bahn am Bahnhof Brandenburger Tor mitgeschleift worden. Der im Rollstuhl sitzende Mann starb. Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es, um so etwas zu verhindern?
Am Wochenende ist ein Mann, der im Rollstuhl saß, von einer U-Bahn am Bahnhof Brandenburger Tor mitgeschleift worden. Er prallte am Ende des Bahngleises gegen eine Absperrung und fiel anschließend in das Gleisbett. Der 68-Jährige erlag noch am Unfallort seinen Verletzungen.
So viel ist über den Vorfall bekannt. Wie es dazu kam und warum der Zug abfuhr, obwohl der Mann offenkundig daran festhing, ist derzeit unklar.
BVG gibt Statement ab
Auf rbb-Anfrage teilt die BVG schriftlich mit: "Wie es zu dem Unfall kommen konnte, wird aktuell von den zuständigen Behörden und unseren Fachleuten mit Hochdruck sowie der gebotenen Sorgfalt ermittelt."
Außerdem, so heißt es weiter: "Im Fokus steht die Frage, wie es trotz der hohen und umfangreichen Sicherheitsaspekte zu diesem tragischen Unfall kommen konnte." Auf diese Frage gibt es derzeit noch keine klaren Ergebnisse. Sicherheit bieten sollen bei der BVG Durchsagen am Bahnsteig, laute und sichtbare Warnungen beim Schließen der Türen, Notsignalschalter am Gleis und im Zug sowie Notrufsäulen am Bahnsteig.
Nicht alle U-Bahnen barrierefrei
Die älteren U-Bahnen der BVG sind nicht barrierefrei. Ein Mensch, der im Rollstuhl sitzt, kommt nicht ohne fremde Hilfe in den Waggon. Grund ist ein etwa 10 Zentimeter hoher Höhenunterschied zwischen Zug und Bahnsteigkante. Fahrgäste im Rollstuhl sollen für einen solchen Fall am vorderen Ende des Zuges warten, so dass der oder die Zugführerin mit einer Rampe beim Einsteigen helfen kann, bittet die BVG.
Neuere Züge sind barrierefrei - es gibt keinen Höhenunterschied, der das Einsteigen erschwert. Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer kommen problemlos rein und raus. Ob der Verstorbene in einen älteren oder in einen der neueren Züge einsteigen wollte, ist nicht bekannt.
Monitore am Bahnsteig
In jedem Fall hätte er für den Lokführer oder die Lokführerin gut sichtbar sein müssen. Damit ein Lokführer oder eine Lokführerin den langen Bahnsteig gut überblicken kann, sind am vorderen Ende des Gleises mehrere Bildschirme aufgestellt. Im Fall des U-Bahnhofs Brandenburger Tor, wo der Unfall passierte, sind es drei Bildschirme. Sie zeigen den vorderen, den mittleren und den hinteren Teil des Bahnsteiges. So kann überblickt werden, ob alle Fahrgäste schon eingestiegen sind - oder ob jemand festhängt. Warum die Bahn losfuhr, obwohl der Mann im Rollstuhl in unmittelbarer Nähe der Bahn zu sehen gewesen sein sollte, ist nicht bekannt. War es menschliches Versagen?
Über den Bahnsteig verteilt stehen zudem drei rote Notbremsen. Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden diese nicht gezogen: Warum nicht?
Es stellt sich aber noch eine weitere Frage: Warum fuhr der Zug überhaupt los? Denn ein Zug fährt nur ab, wenn die Türen geschlossen sind. Wenn also jemand in der Tür klemmt, sollte er stehenbleiben. Das bedeutet wohl, dass der Mann nicht in der Tür feststeckte, sondern zwischen Waggon und Bahngleis eingeklemmt war.
Behindertenverband fordert Rücksichtnahme
Der Allgemeine Behindertenverband Deutschlands zeigte sich bestürzt über den tragischen Unfall. Der Verband fordert, dass Sicherheitsvorkehrungen vollumfänglich überprüft und bei Bedarf verbessert werden.
Thomas Schirmer, Pressesprecher des Allgemeinen Behindertenverbands Deutschlands, bittet auch um mehr Rücksicht durch andere Fahrgäste. "Das heißt, die Mitmenschen, die unterwegs sind, mögen umsichtig den Menschen gegenübertreten, die eine Einschränkung haben und behilflich beim Ein- und Aussteigen sein."
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.01.2024, 19:15 Uhr.