Potsdam-Mittelmark - Auch positive Schüler werden ohne Testergebnis zurück in den Unterricht geschickt

Fr 19.11.21 | 14:46 Uhr
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Luise (10 Jahre), Schülerin einer vierten Klasse einer Grundschule, hält während eines selbst durchgeführten Coronatests ihr Teströhrchen mit ihrer Speichelprobe in den Händen (Bild: dpa/Matthias Balk)
Bild: dpa/Matthias Balk

Schülerinnen und Schüler von zwei Grundschulen in Potsdam-Mittelmark müssen nach zehn Tagen Quarantäne erneut nach Hause. Das Gesundheitsamt hat die Kinder zwar getestet, die Ergebnisse - auch die positiven - aber nicht veröffentlicht. Von Jenny Barke und Sabine Priess

An zwei Schulen in Potsdam-Mittelmark sind Kinder aus der Quarantäne in den Unterricht zurückgekehrt, bevor das Gesundheitsamt über die Ergebnisse der PCR-Tests informiert hat. Das haben rbb-Recherchen ergeben. Das führte bei einer Schule dazu, dass sich wegen weiterer positiver Corona-Tests alle Schülerinnen und Schüler erneut in Quarantäne begeben mussten. An einer anderen Schule sind einzelne Klassen zurück in die Quarantäne geschickt worden.

Konkret handelt es sich um die Lindenhof-Grundschule in Stahnsdorf und die Anne-Frank-Grundschule in Teltow. Eltern der betroffenen Kinder berichten dem rbb von einem ähnlichen Vorgehen: Nachdem Fälle Corona-positiver Schülerinnen und Schüler bekannt geworden waren, befanden sich jeweils einzelne Klassen oder alle Kinder der Schulen zehn Tage in Quarantäne.

Vom Gesundheitsamt soll den betroffenen Eltern ein Termin für eine Freitestung nach zehn Tagen genannt worden sein. Die Schulen hätten demnach nach der PCR-Testung wieder mit dem Unterricht begonnen, obwohl entweder die Testergebnisse noch nicht vorlagen oder das Gesundheitsamt die betroffenen Eltern noch nicht informiert hatte.

Personalmangel im Gesundheitsamt

Das zuständige Gesundheitsamt im Landkreis Potsdam-Mittelmark hat das dem rbb auf Nachfrage bestätigt. Die Lage sei "aufgrund der überbordenden Fälle insbesondere an den Schulen" aktuell "nicht mehr beherrschbar", teilte eine Sprecherin mit. Aktuell seien vier von fünf der für die Arbeit notwendigen sogenannten Gesundheitsaufseher erkrankt. Zudem seien auch die Labore momentan "vollkommen überlastet", so dass die Ergebnisse erst nach mehreren Tagen eintreffen würden.

Das Gesundheitsamt verweist in der Verantwortung zudem auf das Schulamt. Dieses sei dafür zuständig, das sogenannte "Betretungsverbot" erst dann aufzuheben, wenn die PCR-Tests den Schulen und Eltern übermittelt wurden, heißt es. "Leider hat das Staatliche Schulamt Brandenburg an der Havel dazu wohl eine andere Verfahrensweise", kritisiert das Gesundheitsamt.

Tatsächlich. Janina Kolkmann, vom Brandenburger Schulamt, schreibt rbb|24, das zuständige Gesundheitsamt sei für "die Anordnung von Quarantäne bzw. das Aussprechen eines Betretungsverbots sowie die Anordnung einer PCR-Testung am Ende der Quarantänezeit das Gesundheitsamt zuständig" gewesen. Wenn es also PCR-Tests anordne, sei das Amt in der Verantwortung, "Eltern sowie die Schulleitung über das Ergebnis" noch vor dem Ablaufen des Betretungsverbots für die Schule zu informieren.

Schulleitung öffnete Schule angeblich trotz positiver Fälle

Unterschiedliche Gründe haben dazu geführt, dass die Kinder trotz einiger positiver Corona-Fälle wieder gemeinsam in die Schule geschickt worden sind. Nach Angaben einer Mutter einer Schülerin an der Lindenhof-Grundschule in Stahnsdorf lagen dem Gesundheitsamt für ihre Schule am Wochenende 17 Corona-Fälle nach einer PCR-Testung vor. Das Gesundheitsamt informierte offenbar die Gemeinde Stahnsdorf, ohne die Namen der betroffenen Schülerinnen und Schüler zu nennen. Es sei jedoch versäumt worden, die Schulleitung oder Elternvertretung zu informieren, so die Kritik der Mutter.

Im Fall der Anne-Frank-Grundschule habe die Schulleitung offenbar von den positiven Fällen gewusst, teilte ein betroffener Vater dem rbb mit. In diesem Fall soll das Schulamt eine weitere Schließung der Schule untersagt haben, weil die rechtlichen Grundlagen dafür nicht mehr bestanden hätten. Allerdings habe es die Schulleitung versäumt, die Elternvertretung von den positiven Fällen zu informieren. Somit öffnete die Schule zwei Tage nach der klassenweisen PCR-Testung ihre Türen am Mittwoch wieder.

Die Schulleitung widerspricht dieser Aussage. Demnach sei den Eltern am Dienstagnachmittag ein Schreiben des Gesundheitsamts weitergeleitet worden. Das Gesundheitsamt habe darin mitgeteilt, dass die Ergebnisse zwar noch nicht vorlägen, die Kinder aber am Mittwoch wieder in die Schule dürften, wenn sie einen aktuellen, negativen Schnelltest mitbringen würden. "Wir selbst haben das Gesundheitsamt mehrfach versucht, telefonisch zu kontaktieren", sagt Schulleiterin Katrin Kliche. "Das ist uns nicht gelungen. Wir sind dann davon ausgegangen, entweder gibt es keine positiven Fälle oder wir dürfen alle mit einem negativen Schnelltestergebnis wieder in die Schule lassen."

Gesundheitsämter schränken Kontaktverfolgung ein

Einige Eltern der Anne-Frank-Grundschule haben deshalb am Donnerstag vor der Schule demonstriert und forderten eine gründlichere Corona-Teststrategie für die Schülerinnen und Schüler sowie eine Rückkehr zum normalen Schulbetrieb für die negativ getesteten Kinder. "Das war gestern Morgen verheerend", sagt Alexander Hahn, Vater eines der betroffenen Kinder. "Die Kinder leiden darunter, dass sie jetzt nochmal in Quarantäne müssen, weil die positiven und negativen Kinder zusammen waren."

Die Brandenburger Gesundheitsämter sind angesichts der rasant steigenden Corona-Zahlen auch in anderen Bereichen der Pandemiebekämpfung stark eingeschränkt. So kündigte am Donnerstagvormittag Gesundheitsstaatssekretär Michael Ranft an, dass ab sofort auch die Kontaktpersonennachverfolgung stark eingeschränkt werde. Möglich wäre sie künftig nur noch für besonders gefährdete Personengruppen. "Eine intensive und umfangreiche Nachverfolgung aller Kontaktpersonen ist in dieser Lage nicht mehr möglich", teilte Ranft mit. Grundsätzlich sollten sich Nachforschungen "auf die engsten Kontaktpersonen im direkten häuslichen Umfeld" konzentrieren.

Unterstützt werden sollen die Beschäftigten in Brandenburger Gesundheitsämtern auch weiterhin von Kräften der Bundeswehr. Aktuell sind in Brandenburg 165 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz und helfen Kommunen zum Beispiel bei der Kontaktnachverfolgung. In Brandenburg sind die Zahlen der Corona-Neuinfektionen in den vergangenen Tagen äußerst stark angestiegen. Am Donnerstag meldete das Robert Koch-Institut die Sieben-Tage-Inzidenz von 465,9, besonders betroffen ist der Landkreis Elbe-Elster mit einer Inzidenz von über 1.000. Innerhalb von 24 Stunden meldeten die Gesundheitsämter landesweit 2.726 Neuinfektionen.

Korrektur der Redaktion: In einer früheren Version des Textes war von drei Grundschulen die Rede. Dabei wurde fälschlicherweise auch eine Grundschule in Werder genannt. Der Vorwurf, dass die Schule dort wieder geöffnet worden sei, obwohl noch keine Testergebnisse vorlagen, konnte inzwischen widerlegt werden.

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33 Kommentare

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  1. 33.

    Das ist wirklich so krank, was da gerade passiert. Wie kann man den Menschen gerade so etwas antun.

    Unverantwortlich das derzeitige Vorgehen an Schulen. Aber dieses Thema wird bewusst politisch ausgelassen, statt Maßnahmen zu ergreifen. Die Infektionen knallen hoch ohne Ende. Aber evtl. Lockdown und Läden zu, Schulen aber weiter auf und alle singen und haben Sport und essen in der Mensa. Geht ja nicht mit Maske. Kein Konzept. Mir tun die Pflegekräfte auf den Stationen total leid, mir graut der Gedanke an ein schönes Weihnachten und Herr Spahn ruft zum Booster für alle auf und deckelt gerade den Biontech Impfstoff, den er sich selbst noch schnell spritzen lassen hat. Moderna darf ja nicht verfallen! Herr Mertens hat immer das letzte Wort, kündigt seine Stiko Empfehlungen an wie Osterüberraschungen, obwohl er schon eher die Lösung kennt, wie bei Frau Merkel, die Ihre Kreuzimpfung viel eher bekam und andere noch doppelt Astrazeneca.

    Verkehrte Welt, traurig und unverständlich!!!!

  2. 32.

    Die jetzige Situation hat niche die Ampel zu verantworten, die noch gar nicht in Amt und Würden ist. Das ist das Ergebnis des Wahlkampfs der CDU um ihre Kanzlerkandidatur und die Profilierung von laschet als Macher in den Flutgebieten.

    Es ist die Verantwortung von Merkel, Spahn und Co. Was habven die denn gemacht die letzten Wochen und Monate? Haben die auf einer Insel irgendwo im Pazifik gelebt, anstatt sich für den Winter zu rüsten? Impfzentren wurden demontiert, Telefonhotlines abgeschaltet, die Gratistests abgeschafft, die 3.Impfung trotz bekannter Studien nicht vorbereitet usw.

  3. 31.

    Großartig.

    Digitale Wüste Deutschland. Und dann auf die schimpfen, die sich gesetzeskonform verhalten und nicht impfen lassen.

  4. 29.

    Sehr geehrter Herr Herrmann,
    das sieht man ja an der billigen Technik. Corona - Made in China, nicht lange haltbar. Da musste ich auch grinsen.
    Mit freundl. Grüßen

  5. 28.

    Ich weiß, dass es nicht die Lösung sein sollte und auch nicht alle Eltern organisieren können, aber ich würde in dieser Situation mein Kind zuhause lassen.
    Ich rechne übrigens kurzfristig damit, dass es auch bei uns so weit ist. Das Gesundheitsamt ist nicht mehr Herr der Lage und die Menschen hören hier - wo es nicht sinnvoll ist - auf die Regelungen. (Sonst hören viele Berliner ja nicht auf irgendwelche Regeln, selbst wenn sie sehr sinnvoll sind)
    Schulen offen um jeden Preis - der Preis ist mir zu hoch.

  6. 27.

    Sehr geehrter Potsdam Mittelmärker,
    das sehe ich auch so. Man müsste die Verantwortlichen wirklich in Haftung nehmen. Aber leider wird sich keine Gerichtsbarkeit dafür zuständig fühlen. Den Politikern denen man diese Unverantwortlichkeit zu verdanken hat, müsste man sämtliche Bezüge RÜCKWIRKEND entziehen und auf Schmerzensgeld verklagen. Die sollten OFFEN und EHRLICH vor laufenden Kameras zu ihren Fehlern stehen. Aber das trauen die sich nicht. Da fehlt denen der Mut.
    Mit freundl. Grüßen

  7. 26.

    Toll, dass Sie zu Ihrem Fehler stehen und sich auch noch entschuldigen!

    Diese Haltung hätte ich mir von der Schulleitung unserer Schule auch gewünscht, nachdem Sie die Kinder ohne Testergebnisse wieder in die Schule gelassen hat.

  8. 25.

    Sorry, aber alle Teltower und Stahnsdorfer Schulen gehören zu Potsdam Mittelmark und nicht Teltow Fläming. Bitte vorher belesen, wenn Sie nicht aus der Region kommen!!!

  9. 24.

    Ein pragmatischer Hinweis. Trotzdem sollte man die Verwaltungen nicht aus der Eindämmungspflicht entlassen um alles dafür zu tun, dass sich das Virus in vollen Klassenräumen nicht so wohl fühlen kann, wie jetzt gerade. Es reicht nicht "Daumen rauf/runter", da muss mehr kommen. Die Einstellung dort in den Köpfen ist augenscheinlich so: 1. Handlungsanweisungen für Lehrer (in Quarantäne) schreiben, dabei einen "Strafdrohkatalog" nicht vergessen statt Arbeitsschutz, Digitalisierung und Eindämmung. Alles was Geld kostet wird gemieden und alles was man "von oben herab" anweisen kann wird sofort erledigt. Obwohl, sofort ist lächerlich zu spät, da ist das Leben schon weitergezogen und zwar schon längst...

  10. 23.

    Liebe Marta,
    ich kann Ihre Gefühlschaos verstehen, aber die Angst ist ein schlechter Ratgeber.
    Wenn Ihnen die Inkompetenz der Verantwortlichen Angst macht, dann sei dies gestattet, aber daran wird sich nichts ändern.
    Wenn Sie Angst um sich und Ihre Kinder haben, dann testen Sie mehr und meiden Sie 2G- Veranstaltungen. Das gibt Ihnen hoffentlich etwas Sicherheit und Zuversicht.
    Und zu Corona: kommt aus China, hält eh nicht lange ;-)
    Ich hoffe ein Lächeln gezaubert zu haben.

  11. 22.

    Nein, witzigerweise liegt Teltow nicht in Teltow ;-) sondern in PM. "Der Teltow" und "Teltow Fläming" sind so Landschaftsbegriffe, Teltow (TF) ist eine Stadt. Aber das ist auch schnurz, die Schüler müssen mangels Schulen auf dem Land eh nach Berlin, Potsdam, Kleinmachnow ausweichen. Die gegen das übergreifend weiter.

  12. 21.

    Nein. Leider nicht, wir sind direkt betroffen . In unserer Klasse ist ein Kind, das nicht informiert wurde (bzw die Eltern). Seit gestern sind alle Kinder dieser Klasse, die gerade aus 10 Tagen Quarantäne kommen, erneut für zehn Tage in Quarantäne. A) Ärgert mich das erneute Infektionsrisiko für negativ getestete Kinder und B) dass die Kinder unverschuldet wieder für zehn Tage nach Hause müssen. Es gab seit März 2020 genug Zeit, um die Prozesse zu definieren. Also wer informiert wen wann. Das kostet kein Geld und ist eine reine Top Down Verwaltungsaufgabe.

  13. 20.

    Sorry, für meinen Fauxpax, werte rbb24-Redaktion!!!
    War mir zu sicher, dass Teltow im LK Teltow! - Fläming liegt....

  14. 19.

    Besser hätte ich es auch nicht zusammenfassen können!
    Danke für den Kommentar!
    Und wo bleibt jetzt die politische Reaktion?

  15. 18.

    Ein Jahr und 8 Monate nach der ersten Welle hat dieses Land nichts geschafft.
    Das Infektionsgesetz wird je nach Belieben " angepasst" und geändert, die Schulen haben weder Luftfilter noch Laptops, die Internetleitungen sind eine Katastrophe, das soziale Miteinander wird regiert von Schuldsuche und einer Zahl, die von der Bettenbelegung auf den wenigen noch nicht abgeschafften
    Intensivplätzen bestimmt wird.
    Solang man als Geimpfter ungetestet an Veranstaltungen teilnehmen darf und sich dann dort mit Corona infiziert ( mittelschweren Verlauf) wird Corona weiter leben und alle Infektionszahlen brechen!

  16. 17.

    Da muss ich widersprechen, am Montag war ein komplettes Team aus dem Krankenhaus aus Potsdam da und hat alle Kinder getestet !!! Am Dienstag sollten dann alle Kinder die in Quarantäne waren zur Sicherheit noch eine Schnelltest machen lassen.

  17. 16.

    Warum sind nicht alle LehrerInnen geimpft? Offenbar auch nicht alle Eltern? Soviel Dummheit ist wirklich bedrückend.

  18. 15.

    Auch wenn es den Machthabern nicht passt: Ein neuer umfassender Lockdown ist zwingend erforderlich, um die vierte Welle in den Griff zu bekommen. Aber die die Ampelkoalition fürchtet offensichtlich die wirtschaftlichen Folgen und nimmt imGegenzug einige tausend Tote billigend in Kauf.

  19. 14.

    Meines Wissens wurden die 17 positiv getesteten Personen in Stahnsdorf noch rechtzeitig vor Schulöffnung am Montag der Schulleitung mitgeteilt, welche diese dann kontaktieren konnte, so dass sie zu Hause geblieben sind. Zusätzlich wurden alle anderen per Schnelltest vom örtlichen Testzentrum getestet und erst dann wurde der Unterricht aufgenommen.

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