"Kleeblatt-Konzept" - Berlins Intensivstationen bereiten sich auf mehr Corona-Kranke vor

Mi 24.11.21 | 17:58 Uhr
Symbolbild: Ein Intensivpfleger arbeitet auf der Intensivstation des Krankenhauses Bethel Berlin an eine an Covid-19 erkrankten Patientin. (Quelle: dpa/Kay Nietfeld)
Bild: dpa/Kay Nietfeld

Tausende Corona-Kranke kämpfen derzeit auf Intensivstationen um ihr Leben. Besonders stark betroffene Bundesländer bereiten Verlegungen in andere Regionen vor. Die Berliner Intensivstationen haben noch Reserven. Von Christoph Reinhardt und Nico Hecht

Berlin und Brandenburg sowie drei weitere Bundesländer haben offiziell das sogenannte "Kleeblatt-Konzept" zur strategischen Verlegung von Intensivpatienten aktiviert.

Am Dienstagabend hatten die überlasteten Bundesländer das "Kleeblatt"-Notfallkonzept auch für die Region Ost aktiviert. Neben Berlin und Brandenburg gehören auch Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, dazu. Die beiden letzten Bundesländer bereiten nach Angaben der Berliner Charité derzeit Verlegungen von Patienten in andere Bundesländer vor. Aus strategischen Gründen sollen sie aber nicht in anderen Ost-Ländern behandelt werden, teilte die Charité mit. Möglicherweise kann die Kleeblatt-Region Nord einspringen: Aufgrund des geringeren Pandemiegeschehens in Norddeutschland haben die Intensivstationen dort dafür noch ausreichende Kapazitäten.

Die Situation in Berlin ist derzeit ebenfalls vergleichsweise günstig, für die Verlegung von Berliner Kranken gibt es keinen Bedarf. "Berlin ist nicht betroffen", bestätigte eine Senatssprecherin. Und auch die Charité bekräftigte, dass die Aufnahme auch schwerstkranker Covid-Patienten mit dringendem Bedarf für die anspruchsvolle ECMO-Beatmung gegeben sei.

Berlin ist nicht betroffen

Für die Versorgung auf den Berliner Intensivstationen spielt die Charité eine zentrale Rolle. Schon bei den bisherigen Corona-Wellen koordinierte das Universitätsklinikum die Versorgung auf den Berliner Intensivstationen. Um die schwersten Fälle kümmert sich dabei die Charité selbst. Sollten die Kapazitäten nicht ausreichen, standen zuletzt 16 Krankenhäuser als sogenannte "Level-2"-Kliniken bereit, um die Intensivversorgung von Covid-Patienten zu übernehmen. Die Spezialisten der Charité können dabei auch in diesen Krankenhäusern hinzugezogen werden, zumindest aus der Ferne: Alle Level-2-Kliniken waren zuletzt mit der nötigen Telemedizin-Ausrüstung ausgestattet worden.

Alle übrigen Berliner Notfallkrankenhäuser sollen nach diesem Konzept ihre Intensivstationen möglichst von Covid-Fällen freihalten, um die Versorgung aller anderen Berliner Intensiv-Fälle zu gewährleisten. Derzeit kann Berlin über 1.067 Intensivbetten nutzen, das meldete zuletzt das nationale Intensivregister für Berlin. 980 Betten sind demnach belegt – davon knapp 200 durch Corona-Patienten. Zu den knapp 90 freien Betten kommt noch eine Notfallreserve mit rund 330 Betten, die innerhalb von sieben Tagen zusätzlich aufgestellt werden können. Auf dem einstweiligen Höhepunkt der Pandemie zum Jahreswechsel 2020/21 wurden gut 450 der Berliner Intensivbetten für Corona-Behandlungen benötigt.

330 Intensivbetten als Notfallreserve

Nicht mehr zur Verfügung steht das Reservekrankenhaus auf dem Messegelände alias Corona-Behandlungszentrum Jaffestraße CBZJ. Es war im Frühjahr 2020 kurzfristig aus dem Boden gestampft worden, um Platz für knapp 500 zusätzliche Betten zu schaffen - falls die normalen Krankenhäuser an ihre Grenzen stoßen sollten. Genutzt wurden diese Plätze aber nie, denn auch auf dem Höhepunkt der zweiten Welle vor knapp einem Jahr blieb die Zahl der Corona-Patienten in den Berliner Krankenhäusern deutlich unter 2.000 – insgesamt verfügt Berlin über gut 20.000 Betten.

Im Sommer wurde das CBZJ wieder abgebaut und Teile der Ausstattung an Krankenhäuser in Flutgebieten abgegeben. Ein erneuter Aufbau ist auch angesichts des jetzigen Anstiegs nicht zu erwarten. Nicht nur aus Kostengründen (allein die Baukosten lagen bei ca. 25 Millionen Euro), sondern auch aufgrund des Personalmangels der Berliner Krankenhäuser. Das medizinische Personal müsste aus regulären Krankenhäusern abgezogen werden, wo die Arbeitsbedingungen günstiger sind als in einem provisorischen Behandlungszentrum.

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