Geplante Attraktion in Lichtenberg - Senat informierte Parlament falsch über Projekt-Stand von "Ocean Berlin"

Fr 20.12.24 | 12:26 Uhr | Von Anja Herr
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Baustelle des künftigen "Ocean Berlin" (Quelle: rbb/Anja Herr)
Bild: rbb/Anja Herr

Das Hotel-Aquarium am Berliner Ostkreuz sollte ursprünglich im Juni fertig sein. Doch das ist es bis heute nicht. Im März wurde der Vertrag mit dem Bauunternehmen unterzeichnet - sagte der Senat. Doch rbb-Recherchen zeigen: Das stimmt nicht. Von Anja Herr

An einem Nachmittag im April war es festlich geworden an der Rummelsburger Bucht. Die Projektleiter der Firma Coral World aus Israel waren angereist, Gäste aus Politik und Bauwirtschaft waren gekommen. In ihrer Einladung hatten sie gelesen, dass sie ein "Meilenstein" erwarte: die Grundsteinlegung von "Ocean Berlin", einem Gebäude mit einem Hotel und einem Riesenaquarium.

Zuvor hatte es Debatten gegeben: über die Sinnhaftigkeit des Projekts, nachdem der Aquadom in Mitte geplatzt war. Über die großen Verzögerungen. Auch darüber, dass die Senatsverwaltung den Vertrag zu Gunsten von Coral World geändert hatte, ohne das Parlament zu informieren. Doch jetzt sollte gefeiert werden, jetzt sollte es endlich losgehen.

Grundsteinlegung fand ohne finalen Vertrag mit Baufirma statt

Was vielen nicht klar gewesen sein dürfte: Die Meilenstein-Feier fand statt, obwohl es noch gar keinen finalen Vertrag mit einem Bauunternehmen für den Rohbau gab. Auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wusste das nach eigenen Angaben nicht. Ihr war von Coral World mitgeteilt worden, dass der Vertrag mit der Baufirma Conex im März abgeschlossen werden solle, schrieb sie dem rbb. Darauf hatte sie sich offenbar verlassen.

Die Bauarbeiten begannen dann jedoch auf Basis von Vorverträgen. Im November stellte der Abgeordnete Julian Schwarze (Grüne) eine Parlamentarische Anfrage an den Senat. Er wollte wissen, wann der Vertrag mit der Baufirma unterschrieben wurde und welche Leistungen der Vertrag umfasst. "Der Vertragsabschluss ist im März 2024 erfolgt", lautete die Antwort. Welche Leistungen er umfasse, sei dem Senat nicht bekannt.

Schwarze: Vorgehen des Senats "äußerst fragwürdig"

Konfrontiert mit Recherchen des rbb, wonach der März-Termin nicht stimmen kann, teilte die Senatsverwaltung jetzt mit, noch einmal nachgefragt zu haben. Da sei ihr von Coral World mitgeteilt worden, der Vertragsabschluss sei doch nicht im März gewesen. Sondern erst am 16. Mai.

Doch auch dieser Termin erscheint nach rbb-Recherchen nicht realistisch. Denn am 29. Mai hatte Coral World dem rbb auf Nachfrage mitgeteilt, der Vertrag sei weiterhin noch nicht unterzeichnet, Bauarbeiten basierten auf einer vorvertraglichen Grundlage.

Der Abgeordnete Julian Schwarze teilte dem rbb mit, es sei "äußerst fragwürdig", wie der Senat bei Coral World vorgehe. "Dass nicht einmal bekannt ist, zu wann durch Coral World mit der Baufirma ein Vertrag unterzeichnet wurde, irritiert erneut. Der Senat will offensichtlich nicht genau wissen, welche Zeitpläne und Vereinbarungen getroffen wurden. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Senat sich wichtige Verträge nicht einmal vorlegen lässt", so Schwarze. Dies mache eine Kontrolle der vertraglich vereinbarten Meilensteine unnötig schwer.

Dabei sei es gerade in diesem Fall wichtig, mögliche Vertragsverstöße streng und umgehend zu ahnden, so Schwarze weiter. Der Vertrag mit dem Bauunternehmen könne dazu wichtige Informationen liefern, gerade was die geplante Fertigstellung angehe und ob diese im Zeitplan liege.

Die Senatsverwaltung teilte dem rbb mit, der Vertrag liege ihr nicht vor und müsse auch nicht vorgelegt werden, er "unterliege der Vertraulichkeit unter den Vertragspartnern". Für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag seien im Übrigen die Fortschritte bei der Umsetzung entscheidend, welche von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung entsprechend kontrolliert würden.

Coral-World-Manager Ben-Nun: "Habe genaues Datum nicht vor mir"

Um das tatsächliche Datum zu erfahren, fragte der rbb erneut bei Coral World nach. Die Agentur comcepta, die bislang für die Beantwortung zuständig war, leitete die Frage weiter an den Manager Erez Ben-Nun. Der antwortet höchstpersönlich auf Englisch: "Ich habe das genaue Datum der Unterzeichnung nicht vor mir. Es ist auch nicht mehr relevant. Wichtig ist, dass es einen unterschriebenen Vertrag gibt und beide Parteien in Harmonie arbeiten."

Zuvor sei zudem ein Letter of Intent (eine Absichtserklärung, Anm. d. Redaktion) abgeschlossen worden. Die Baufirma Conex werde den gesamten Rohbau erstellen, mit weiteren Vertragspartnern zur Fertigstellung sei man in Verhandlungen. Ben-Nun legt Wert darauf zu betonen, dass das Hotel und das Aquarium zwei unterschiedliche Projekte in einem Gebäude seien. Das Hotel solle von Leonardo Hotels betrieben werden. Das Gesamtprojekt werde die vertragliche Deadline April 2026 einhalten.

Der Projektmanager weiß also zurzeit offenbar selbst nicht, wann der Vertrag mit der Baufirma abgeschlossen wurde. Wie soll da die Senatsverwaltung die Frage der Abgeordneten richtig beantworten?

"Ihre Unterstellung weisen wir zurück"

Auf die Frage des rbb, ob die Senatsverwaltung nun – nachdem sie die Abgeordneten falsch informiert hat – ihre Antwort richtigstellen wird, schreibt sie uns: "Ihre Unterstellung weisen wir zurück." Dabei handelt es sich hier nicht um eine Unterstellung, sondern um eine Feststellung. Julian Schwarze findet es problematisch, dass der Senat dem Parlament falsche Informationen über den Vertragsabschluss mitteilte. Das schade dem Vertrauen in die Institutionen.

Die Senatsverwaltung schrieb, die Antwort habe auf den Kenntnissen beruht, die ihr damals vorlagen. Dass sie nicht der Wahrheit entspricht, scheint sie nicht zu stören. Ob sie die Falschinformation an das Parlament richtigstellen wird, ließ sie offen.

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Beitrag von Anja Herr

39 Kommentare

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  1. 38.

    Nun wischen Sie sich bitte wieder den Schaum vom Mund. Der Verkauf war unter Schwarz/Rot, an den restlichen Planungen und Ausgestaltungen war RRG durchaus involviert. Sich jetzt (wieder) hinstellen und mit der "Die Anderen waren es"-Nummer kommen ist zu billig.

  2. 37.

    Hm, was wäre denn besser gewesen? Ein Park?

    Holt lieber das Finanzzentrum und Konzernzentralen nach Berlin damit diese homogene Stadt endlich durchgentrifiziert wird:-)
    (ganz besonders Friedrichshain Kreuzberger Konsort_:*innen)

  3. 36.

    "Die 1990er Jahre waren geprägt ..." ist falsch. Gemeint waren natürlich die 2000er Jahre. Wobei die cDU schon vor dem Bankenskandal angefangen hatte Berlins Tafelsilber zu verscherbeln.

  4. 35.

    "Die 1990er Jahre waren geprägt ..." ist falsch. Gemeint waren natürlich die 2000er Jahre. Wobei die cDU schon vor dem Bankenskandal angefangen hatte Berlins Tafelsilber zu verscherbeln.

  5. 34.

    Auch sie verbreiten gezielte Falschinformationen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen wurde unter RRG von wem geführt?

    Als die Rummelsburger Bucht verscherbelt wurde waren die Grünen nicht mal in der Nähe der Regierungsverantwortung.

    Die 1990er Jahre waren geprägt durch das Verscherbeln des Tafelsilbers weit unter Wert da Berlin an den Folgen der Milliardenpleite der sauberen "Herrn" Diepgen und Landowsky litt.

    Ganz so nebenbei hat man halt auch Geschäfte unter "guten alten Bekannten" gemacht, das fiel fast überhaupt nicht auf.

  6. 33.

    Der Verkauf des ganzen Areals wurde 1994 unter Pieroth und Nagel durch Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsgebietes Rummelsburger Bucht eingeleitet.

    Ich darf hier ganz sicher keine Namen der anderen Beteligten nennen aber es sind genau die die sich seit den 90er Jahren die Stadt zur Beute machen, u.a. ein gewisser Gijora P.

    Die Bauverzögerungen und ständige Abänderungen haben m.E. einen ganz einfachen Grund. Die Grundstückspreise dürften sich inzwischen verhundertfacht haben.

  7. 32.

    "Zu welchen Überzeugungen der unzureichend informierten Leserschaft solche Berichte führen, sehen wir jetzt in der Kommentarspalte."

    Wie man an ihren "Kommentar" deutlich sehen kann, der vor absichtlichen Falschinformationen nur so strotzt.

  8. 31.

    Es geht um den Baubeginn und evt. Haftungen bei Verzögerungen und das geht auch ganz klar aus dem Artikel hervor.

    Das Ganze riecht, nein stinkt schon gewaltig nach Vetternwirtschaft und Korruption. Eine Frau Thöne die vor ihrer Anstellung bei Coral World Staatssekretärin für Finanzen unter Thilo Sarrazin war hatte den Vertrag mit eingefädelt.

    Dass der Senat für Coral World Flächen billig zur Verfügung stellt (noch von Frau Thöne auf der anderen Seite des Schreibtisches für den Senat verhandelt) ist also nicht verwunderlich.

    Schade, dass der rbb hier nicht weiter nachhakt.

  9. 30.

    So lange das Erstellen möglichst effekthaschender Bauten zu den Hauptbelegen so bezeichneten Erfolgs zählen, fürchte ich, wird sich an diesem Umstand nicht viel ändern. Schon vor einem halben Jh. liefen gegen die Hälfte der leitenden Beamten der Hamburger Baubehörde Bestechungsverfahren: Mal war im Kleinen ein geschützter Baum im Wege, der der prestigeträchtigen Erweiterung des Eigenheimes im Wege steht, mal wollte einer der beiden Halbstädte, die es ja mal waren, Front- und Weltstadt spielen und mit Bauten aufwarten, über die wir heute nur den Kopf schütteln. In der DDR wurde so etwas von oben nach unten "durchgestellt"; in Frankfurt a. M. bei "Dynamit-Rudi", in Stuttg., Hamb., West-Berlin lief so etwas über Männerbünde, gleich der Partei.

    Europaweit "Spitze" war zwischenzeitlich Spanien, auch Polen ist nicht ganz ohne, wer sich zuweilen vier- und sechsspurige Straßen in Richtung Nirgendwo anschaut. Beim Durchschneiden von rot-weißen-Flatterbänden schlagen so manche Herzen höher.

  10. 29.

    Die Einzigen, die noch keine systemrelevanten und toxischen Leichen im Keller haben, sind die bösen Spitzbuben von der AfD. Anstatt naiv mit Info-Ständen und Flyern erfolglos auf politische und gesellschaftliche Fehlentwicklungen hinzuweisen, sollten sie besser in Immobilien machen und investierten. Das rentiert sich wenigstens und wird letztendlich auch belohnt.

  11. 28.

    Mein Beitrag hat nur indirekt etwas mit dem Hotel für Fische zu tun, aber mir ist dazu eine Frage eingefallen, die ich los werden möchte. Ich komme aus Frankfurt am Main, habe 15 Jahre in Hamburg gewohnt und gearbeitet, bin vor 23 Jahren nach Berlin gezogen und ordnete das mal unter "Pfusch schon vor dem Bau" ein. Dem folgt dann stets politischer Pfusch am Bau und das scheint System zu haben: In den drei Städten sind Skanale in Baubehörden und Bauwirtschaft legendär. Jedes Mal, wenn ich von meiner Wohnstraße in Steglitz auf die Schloßstraße komme, sehe ich das "Mahnmal Steglitzer Kreisel" und frage mich, warum es zwischen Baubehörden und Bauwirtschaft so viele toxische Beziehungen gibt. Und offensichtlich werden die toxischen Beziehungen von einer Generation Politiker*innen auf die Nächste vererbt. Frage an das Publikum: Ist das seystemrelevant?

  12. 27.

    Der Abgeordnete Julian Schwarze (Grüne, Ressort Stadtentwicklung) teilt dem RBB also was mit, woran "sein" Senat federführend war. Ok - das ist löblich, stellt sich aber bei der Darstellung als fies gelegte Tretmine dar.

  13. 26.

    „im Gegensatz zu Ihnen dort 20 Jahre gewohnt“
    Was für eine Vertragspartner-Kompetenz... Ob das für eine Legitimation ausreicht über Verträge bescheid zu wissen?

  14. 25.

    Nö, warum sollte ich? Sie beweisen doch, daß es Ihnen nur um ein fiktives ,,Rechthaben'' geht, aber nicht um die Sache! ich habe, im Gegensatz zu Ihnen dort 20 Jahre gewohnt und bin seit der massiben Zerstörung der Rummelsburger Bucht, weggezogen! Jetzt Klar?

  15. 24.

    Sie bestätigen mit Ihren Worten, dass der Senat NICHT Vertragspartner ist und meine nichtparteiische Argumentationskette als richtig dargestellt ist... statt „Sie sind offensichtlich ahnungslos“. Mäßigen Sie sich!

  16. 23.

    Naja, ein bisschen flunkern wird wohl noch gestattet sein. Die Wähler sind da ganz andere Dinge und Kaliber gewöhnt. Auf Grund der oft fehlenden Fachkompetenz in der Politik sind Fehlschüsse natürlich öfter zu erwarten als Volltreffer. Man sollte aber doch zumindest den guten Willen anerkennen, selbst wenn nicht dabei heraus kommt. Bei Kindern macht man es ja auch.

  17. 22.

    Werther RBB,
    bitte dranbleiben an dem Thema!

    Eine Senatsverwaltung, die sich nicht wirklich interessiert und ein Projekt, dass in zwei Einzelprojekte aufgeteilt ist …
    Es würde nicht verwundern, wenn der eine Teil des Projektes klammheimlich im Vertragsdurcheinander verschwunden geht und im Jahr 2026 ein reines Hotelprojekt übrig bleibt. Um dann festzustellen, dass es keine vertragliche Handhabe gibt, die ursprünglich verlautbarten Pläne verwirklicht zu bekommen.
    (unabhängig davon, ob und wie diese Pläne an der Rummelsburger Bucht überhaupt sinnvoll seien…).

  18. 21.

    Sie sind offensichtlich ahnungslos. Der Senat hatte sich vehement für dieses bescheuerte Aquarium-Projekt eingesetzt, völlig überrumpelt! Und jetzt? es sollte schnellstens abgeblasen werden!

  19. 20.

    Nach diesem Artikel bezweifle ich sehr stark, dass überhaupt irgendwelche Genehmigungen von der Senatsbauverwaltung vorliegen. Erst recht keine nächtliche Baugenehmigung im einem Wohngebiet.
    Der rbb soltte dran bleiben, wie es mit dieser Posse weitergeht. Das ganze Konzept zeigt wieder einmal die Inkompetenz und Ignoranz unserer Senatsbauverwaltung. Bei diesem Hin und Her wird die angekündigte Fertigstellung für 2026 keinesfalls realisierbar sein.

    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/grossbaustelle-ocean-berlin-in-lichtenberg-muessen-anwohner-mit-naechtlichem-baulaerm-leben-li.2204850

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