Plage für Anwohner - 161 Wildschweine in acht Monaten in Kleinmachnow erlegt - trotzdem gibt's Ärger

Di 14.01.25 | 19:28 Uhr
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Wildschweinplage in Kleinmachnow (Quelle: rbb)
Video: rbb|24 | 16.01.2025 | Material: rbb24 Brandenburg Aktuell | Bild: rbb24

Wildschweine gehören in Kleinmachnow und Umgebung zum Alltag - zum Frust vieler Anwohner. Zwar wurden zuletzt doppelt so viele Tiere erschossen wie in den Vorjahren. Den Kleinmachnowern geht das aber nicht weit genug.

Am hellichten Tag rennen sie über Straßen oder den Spielplatz, wühlen sich durch Mülltonnen, pflügen Rasenflächen im Stadtgebiet um. Oft sind sie in Rotten unterwegs. Wildschweine fühlen sich in Kleinmachnow im Landkreis Potsdam-Mittelmark schon lange heimisch. Viel zu lange, finden Anwohnerinnen und Anwohner. Rund 250 von ihnen kamen deshalb am Montagabend in den Gemeindesaal des Rathauses, um das Problem zu besprechen. Wieder einmal.

Die Tiere sollen weg, das ist die Forderung der meisten Menschen im Saal. "Ein Vorredner hatte gesagt, sie sind friedlich und tun nichts. Ich habe das schon anders erlebt, dass die im Schweinsgalopp den Kiefernweg runter sind und ich wirklich nur gebetet habe, dass nicht eine Frau mit Rollator um die Ecke kommt", berichtet eine Anwohnerin. "Wir hatten mehrfach 28 Wildschweine bei uns auf dem Grundstück und was ich einfach nicht verstehe: Warum schafft es eine Verwaltung nicht, dieses Problem zu lösen?", äußert sich ein anderer Kleinmachnower frustriert.

Einige, die mit dem rbb sprechen, wollen, dass die Wildschweine mit Pfeil und Bogen gejagt werden. Andere bieten an, für die Jagd ihr Grundstück zur Verfügung zu stellen. Nicht jede Idee ist legal oder leicht umsetzbar.

161 Wildschweine seit April 2024 erschossen

Einer, der an diesem Abend Rede und Antwort steht, ist Jagdpächter Christoph Ziggel. "Die meisten wollen keinen Fuchs, Waschbär, kein Wildschwein auf ihrem Grundstück haben. Wenn man dann sagt: Du musst dafür bezahlen, dass da etwas passiert, dann sind viele raus", sagt Ziggel.

Doch in den vergangenen acht Monaten sind, so heißt es vonseiten der Gemeinde und des Landkreises, mit dem Wechsel der Jagdpächter schon 161 Wildschweine geschossen worden. Das seien mehr als doppelt so viele wie im Jahr davor. Da waren es 70. Das Problem werde aktiv angegangen, betonten die Gemeinde und der Landkreis.

Auch Christoph Ziggel ist zuversichtlich, dass der Bestand mit den aktuellen Maßnahmen weiter deutlich reduziert werden kann.

Trotzdem forderten mehrere Anwohner, die Tiere gruppenweise auf leerstehenden Grundstücken einzufangen und sie alle auf einmal zu töten. Kleinmachnows amtierender Bürgermeister Michael Grubert (SPD) sprach sich aus ethischen Gründen gegen diesen Vorstoß aus, ebenso wie Jagdpächter Christoph Zigge.

Die Gemeinde will nun auch das Umweltministerium und das Nachbarland Berlin in die Problematik einbinden. "Das hat dann auch einen Teil in Berlin, mit dem Grunewald. Das müssen wir größer denken und dafür ist es gut, wenn das Ministerium da alle mal an einen Tisch zusammenbringt", sagte am Montagabend Christoph Löwer, Beigeordneter im Landkreis Potsdam-Mittelmark.

Und auch mit dem Abfallbetrieb APM soll es nun Gespräche beim Landkreis geben, um zu klären, wie die Mülltonnen besser vor den Wildschweinen geschützen werden können.

Unangekündigte Drückjagd im November 2023

Probleme mit dem Schwarzwild gibt es in der von Wald geprägten 20.000-Einwohner-Gemeinde Kleinmachnow seit vielen Jahren. Sie sind auch aus dem benachbarten Stahnsdorf bekannt. Vor Jahren war unter Auflagen erlaubt worden, dass Jäger Wildschweine im Ort schießen.

Nach einer Drückjagd im November 2023 hatte sich die Lage nach Angaben der Gemeinde zumindest etwas beruhigt. Die Jagd war seinerzeit unangekündigt erfolgt. Jäger der Berliner Forste und der Jagdgenossenschaft Kleinmachnow/Stahnsdorf hatten dabei mit insgesamt 13 Treibern und 16 Jägern nahe des Stolper Wegs 16 Wildschweine erlegt.

Jagdpächter Christoph Ziggel hatte sich nach seinem Antritt im Sommer 2024 für Jagdmethoden ausgesprochen, mit denen die Wildschweine aus den Wohngebieten herausgelockt werden sollen, um dann eine gezielte Bejagung außerhalb dieser befriedeten Bereiche zu ermöglichen. Er wie auch die Gemeinde forderten in diesem Zusammenhang die Anwohner auf, die Tiere nicht zu füttern.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 14.01.2025, 19:30 Uhr

19 Kommentare

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  1. 19.

    Ausnahmen, Sonderregeln im Jagdrecht schaffen: Dem Jäger oder der Jägerin werden Schalldämpfer, Wärmebild-Zielfernrohre und das Kirren an, zu geeigneten Schussplätzen erlaubt. Keine Begrenzung der Stückzahl, keine Folgekosten. Der Jäger (und Jägerin) zahlt nur seine Anfahrt und seine Munition. Selbstverwertung ohne Zwang auf Beschau. - Erlegen, wolfen, durchbraten!

  2. 18.

    Wieso die "drohende" Überpopulation in Gebieten mit absolutem Jagdverbot nicht geschieht und weshalb das schlaue Wild auf vermehrte Abschüsse mit mehr Nachwuchs reagiert soll lieber nicht erwähnt werden.

  3. 17.

    Es ist leicht vom Sofa in einem Neu- oder Altbaugebiet zu urteilen was ein Grundstücksbesitzer zu tun hat.

  4. 16.

    Ich rede hier von gepflegten Grün, nicht Gestrüpp. Auch in den Vorstädten kann kultiviertes Leben nicht schaden.

  5. 15.

    Lasst es uns positiv sehen: 161 Löwen wäen schlimmer.

  6. 14.

    Ja, die Grünanlagen - unheimlich wichtig, wenn man aufm Dorf im Grünen wohnt... bei uns wird vor der Gesamtschule und der Biocompany dauernd "umgegraben". Ich verdächtige Stullen von Schülenden und BioCompany-Container... Wie gesagt - ich lebe ohne jeden Zaun, kein Essen im Garten, außer im Mund, und sie kommen nicht rein. Eine(r) stand mal grunzend vor meinem Schlafzimmerfenster und verging sich an meinen Minzen *lach* ich bin im Nachthemd raus und habe das Tier mit mahnenden Worten... bis zur Straße geleitet. Das wars auch. Man kann auch ruhig neben den Schweinchen stehen. Die sind noch verfressener als wir. Die werden erst blöd, wenn man Essen oder einen Frischling klaut ;-)

    keep cool. Richtige "Schweine" findet man in ganz anderen Lebensgebieten ;-)

  7. 13.

    Das nützt aber nichts bei öffentlichen Anlagen. Die haben sogar den Beton von neuverlegten Wegen geschreddert. Und alle teuren Grünanlagen umgegraben.

  8. 12.

    Betäubungspfeil, Mobiler Tierarzt OP-Wagen, Minimalinvasive Sterilisation, mittels Mikrospirale in die Eileiter, nix Töten, kein Jagdfest, Fertig!

    Ergebnis: Der Eber hält sein Revierverhalten ein, und verjagt andere Eindringlinge, kann aber keine Nachkommen mehr erzeugen. (Das löst die Probleme die Jadg und Kastration nicht lösen können, denn selbst wenn man das Wildschwein ausrotten würde (schlecht für seinen Genpool!), käme es aus dem Osten erneut, solange der neue Eiserne Vorhang noch nicht errichtet ist!)

  9. 11.

    Danke @Köpenickerin für Ihren Beitrag!
    Denke auch, wo die Schweine nicht viel Nahrung finden, da werden sie sich nicht freiwillig lange aufhalten.
    Wir haben auch in Berliner Außenbezirk/en Wildschweine, auch direkt hinterm Haus. Man arrangiert sich.
    Einerseits verstehe ich schon, dass die Begegnung Mensch-Wildschweinrotte durchaus beängstigend sein kann, andererseits verstehe ich nicht, dass Menschen "raus ziehen" und sich dann über Wildtiere beschweren. Ob nun Wolf oder Wildschwein.
    A propos: was ich eigentlich mit Maul- und Klauenseuche und wilden Paarhufern?

  10. 10.

    Zaun, die schönen verschlossenen Mülleimer von APM Ruhlsdorf, kein Essen auf Kompost, weniger abschießen, um den Vermehrungs-/Erhaltungsdruck zu minimieren. Und sich um die wirklich wichtigen Dinge kümmern. Löwen, Wildschweine, Waschbären und Wölfe gehören gerade nicht dazu in Deutschland...

  11. 9.

    Zitat:"Trotzdem forderten mehrere Anwohner, die Tiere gruppenweise auf leerstehenden Grundstücken einzufangen und sie alle auf einmal zu töten." Die haben doch nicht alle Latten am offenbar nicht vorhandenen Zaun.
    Dann müssen die Anwohner halt ihre Grundstücken besser sichern und einfriefen, ihre Abfälle sicherer lagern, oder kommt da wieder ein gewisser Geiz zutage, verbunden mit Forderungen, aber selbst nichts einbringen zu wollen? Wenn man den Tieren die Anreize nimmt, gehen sie auch wieder - so einfach - aber der einfache Mensch kapierts halt nicht.

  12. 8.

    In Teltow ist das auch so schlimm und hier passiert auch nichts. Und es werden immer mehr Schweine.

  13. 7.

    In Kleinmachnow sind viele Grundstücke eingefriedet und ich kenne niemanden, der die Wildschweine füttert. Diese Tipps kann man sich also klemmen.
    Die Wildschweine zerlegen sämtliche öffentliche Grünanlagen, Seitenstreifen, Plätze ! Wer zahlt das??? Wer repariert das??? Die Gemeinde ähnelt inzwischen einem aufgewühltem Acker! Schüler, die abens noch zum Sport gehen bzw.schon morgens auf dem Schulweg begegnen Wildschweinrotten. Was ist mit der öffentlichen Sicherheit?Von der Gefährdung des Straßenverkehrs will ich gar nicht sprechen. Muss erst was passieren, wo Menschen zu Schaden kommen??? Es muss hier doch Lösungen geben und da helfen weitere Besprechungen und Gequatsche mit Berlin nicht weiter. Es wird ja seit Jahren nur geredet. Wäre super, wenn jetzt mal Taten folgen würden!!!

  14. 6.

    "...forderten in diesem Zusammenhang die Anwohner auf, die Tiere nicht zu füttern."
    Verstehe jetzt die ganzen Forderungen an Gemeinde und Jägerschaft nicht, wenn offenbar überhaupt erstmal Anwohner aufhören müssten, die Tiere zu füttern...

  15. 5.

    Der Pächter sagte das in Summe 161 Stücke erlegt worden sind aber davon 32 Fallwild waren. Diese werden nicht auf die Gesamtstrecke angerechnet heißt 129 erlegte Schweine. Der Nachteil auf das Schwarzwild zuviel Druck auszuüben sieht man in den Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf das die Flurschäden extrem in die Höhe gegangen sind und kein Grünstreifen mehr grün ist, da sich das Schwarzwild durch den Jagddruck in die Ortskerne immer weiter zurück zieht um Frass und Ruhe zu finden. Die Jahre davor mit Strecken von 70 Stück Schwarzwild ist meine Beobachtung das die Flurschäden in beiden Gemeinden geringer waren. Vielleicht sollte über das Jagdkonzept nachgedacht werden anstatt Masse mehr Klasse.

  16. 4.

    Grundstücke fest einfrieden und Abfälle sicher lagern sind erstmal Maßnahmen die jeder selbst machen kann,

  17. 3.

    In Köpenick war das auch mal so schlimm bis man den Einfall hatte, die Müllcontainer einzuzäunen und für die Bürger mit einer Tür zu versehen. Schon war Ruhe!

  18. 2.

    Im Beitrag einen Abschuss zu zeigen war wirklich nicht notwendig, lieber RB 24. So etwas möchte ich nicht sehen.

  19. 1.

    Schwarzwild muss flächendeckend scharf bejagt werden, um die Bestände in erträglichen Grenzen zu halten. Leider kommt die Jägerschaft hier ihrer Aufgabe nur unzureichend nach. Auch wenn in Kleinmachnow 161 Stück erlegt werden, dringen aus der extrem hohen Beständen im Umland beständig neue Rotten ins Siedlungsgebiet vor. Auf den Wolf zu hoffen löst das Problem nicht, denn Wölfe gehen nur ungern an das wehrhafte Schwarzwild.

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