Bürgerentscheid angekündigt - Potsdamer Oberbürgermeister will Abwahlvotum nicht akzeptieren

Sa 18.01.25 | 08:38 Uhr
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Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 17.01.2025 | Felix Moniac | Bild: rbb

Gegen den Potsdamer OB Mike Schubert haben die Stadtverordneten ein neues Abwahlverfahren angestoßen. Ein Rücktritt komme für ihn aber nicht infrage, sagt der SPD-Politiker. Eher sollten die Bürger entscheiden.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) kämpft um sein politisches Überleben. 38 Abgeordnete haben einen neuerlichen Antrag auf Abwahl des Oberbürgermeisters bereits unterschrieben. Es ist der zweite Versuch von Stadtverordneten fast aller Fraktionen, Schuberts Amtszeit vorzeitig zu beenden. Spitzenvertreter von CDU, Grüne-Volt-Die Partei, Die Andere, Linke, BfW, Freie Wähler und FDP fordern die Absetzung des Oberbürgermeisters und Neuwahlen. Offiziell eingereicht wird das Papier bei der Stadtverordnetenversammlung am kommenden Mittwoch.

An einen Rücktritt denkt der Potsdamer OB dennoch nicht. "Die Dinge, die ich angefangen habe, würde ich gerne vernünftig zu Ende bringen in meinem Dienst bis 2026", sagte Schubert dem rbb. Er habe sich gewünscht, "dass wir, nachdem das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde, die Möglichkeit gehabt hätten, ins Gespräch zu kommen miteinander, wie man in den nächsten Monaten bis zur Oberbürgermeisterwahl miteinander arbeiten will". Dazu habe er den Stadtverordneten konkrete Vorschläge vorgelegt, sagte Schubert.

Schubert will Bürgerentscheid veranlassen

Das Stadtparlament hat 56 Abgeordnete. Die Zahl der Unterzeichner entspricht bereits der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit zur Abwahl. Der Antrag steht in der nächsten Sitzung der Stadtverordneten am 22. Januar auf der Tagesordnung. Danach beginnt die gesetzlich vorgesehene "Abkühlphase" von vier Wochen. Erst danach könnte die SVV die Abwahl beschließen, voraussichtlich im Rahmen ihrer dann folgenden regulären Sitzung am 5. März.

Auch dann will Schubert weiter nicht zurücktreten, sondern einen Bürgerentscheid einleiten, wie er jetzt dem rbb sagte. Ob er weiter im Amt bleiben solle oder nicht, sei eine "Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger", so Schubert.

CDU-Kritik: Keines der angekündigten Projekte umgesetzt

Einer von Schuberts größten Kritikern ist Clemens Viehrig, Fraktionsvorsitzender der CDU in Potsdam. Von zehn Punkten, die sich Schubert bei seinem Amtsantritt 2018 vorgenommen habe, sei kein einziger geschafft, kritisierte Viehrig gegenüber dem rbb. "Er hat viele Punkte angekündigt, er hat viele Punkte zu seinem Herzensprojekt gemacht. Aber er hat keines seiner Projekte umgesetzt", so Viehrig.

Schubert selbst geht auf diese Kritik nicht ein. Er sieht seine Arbeit vielmehr unvollendet und will die verbleibenden anderthalb Jahre im Amt nutzen.

Die Liste der Vorwürfe, die Schubert sich gefallen lassen muss, ist lang: Er sei die Zukunft der Wärmeversorgung nicht früh genug angegangen. Er habe sich nicht hinreichend um dem Jugendschutz gekümmert und nicht genug Stellen besetzt. Von den Kürzungsplänen angesichts des großen Haushaltsdefizits hätten betroffene Bereiche nicht von der Stadt, sondern aus der Presse erfahren. Schlechte Amtsführung wird ihm auch innerhalb seines Hauses vorgeworfen. Danach gefragt sagte Schubert, er wolle das nicht in der Öffentlichkeit diskutieren. "Wir sind in einem Dienstverhältnis zueinander. Wenn man Dinge miteinander zu klären hat, dann macht man das intern", so Schubert gegenüber dem rbb. Das geschehe möglichst nicht hinter vorgehaltener Hand, sondern da, "wo es hingehört, nämlich in Beigeordnetenkonferenzen und solchen Gesprächsrunden, und da würde ich solche Sachen auch immer kommentieren, aber nicht in der Öffentlichkeit".

Die Wohnungsnot wurde unter Schuberts kaum gemildert. Dafür könne er aber nichts, so Schubert: Zuerst sei ihm die Corona-Pandemie in die Quere gekommen, dann der Ukraine-Krieg.

Mittlerweile sei die Situation so, dass Wohnungsneubau 21 bis 26 Euro auf den Quadratmeter in Potsdam koste. "Mein Versprechen war nicht, einfach Wohnraum zu schaffen, damit noch mehr Menschen nach Potsdam ziehen können, sondern das Versprechen war ja, diese Stadt behutsamer zu entwickeln und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen", sagte der SPD-Politiker dem rbb. Ohne Förderung des Landes gehe es deswegen langsamer als es geplant war.

Selbstkritik in Hinblick auf Annahme von VIP-Tickets

Seit etwa einem Jahr gibt es immer neue Versuche, Schubert aus seinem Amt zu befördern. Besondere Brisanz erlangten dabei seine Besuche von Sportveranstaltungen. Ihm wurde vorgeworfen, VIP-Tickets für Sportveranstaltungen angenommen und teils mit seiner Frau besucht zu haben. Ermittlungen wegen möglicher Vorteilsnahme im Amt wurden gegen eine Geldzahlung im Dezember eingestellt.

"Es gab genügend Gründe, dieses Verfahren fortzusetzen", sagte Schubert nun dazu. Anwälte hätten ihm dazu geraten, Kolleginnen und Kollegen im deutschen Städtetag, auch Äußerungen von Transparency International verstehe er so. "Man hätte auch den Weg gehen können, das bis zum Ende 'durchzuklagen', wie man sagt. Ich habe mich ganz bewusst dagegen entschieden", sagte Schubert dem rbb.

Die Teilnahme an Veranstaltungen habe seinem Wahlversprechen entsprochen, möglichst nahbar zu sein. Seine Lernkurve in diesem Kontext sei nun steil. "Wenn ich mir was vorwerfen muss, dann ist es der Punkt, dass ich 2018 nicht mit der Sensibilität herangegangen bin, vielleicht müssen wir das verschärfen. Den Punkt muss ich bei mir kritisch hinterfragen", so Schubert.

Mit Material von Felix Moniac

Sendung: Brandenburg aktuell, 17.01.2025, 19:30 Uhr

34 Kommentare

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  1. 33.

    Der Park ist im Sommer viel zu trocken und auch viel zu heiß - Astbruch durch Trockenheit inklusive, LG.
    Aber von den Neuen, fahren noch Viele hin und landen auch manchmal im Umland - das stimmt schon.

  2. 31.

    Nahezu alles, was Sie hier nach 1990-Planungen beschreiben, waren reine Sandkastenspiele, ohne jeglichen SPEZIFISCHEN Bezug zu Potsdam. Mithin wurden Szenarien entworfen als seien es Bottrop, Schweinfurt, Wanne-Eickel oder (Neu-)Hoyerswerda. Diese Entwürfe, die über reine Planskizzen niemals hinauskamen und den Planergeist der 1950er, 60er und 70er atmeten, sind dann sehr schnell durch einen Hinweis auf die naturräumliche Einbindung in Richtung Weltkulturerbe "geerdet" worden.

    Jeglicher Verkehr hat dienende Funktion, nachdem das Spezifikum einer Stadt definiert ist und sich herausgeschält hat - nicht, dass es umgekehrt wäre, dass eine Stadt in ihrem Gepräge Teil der Verkehrsanlagen wäre. Wenn es um Schubert geht, hat er übrigens einen klugen Gedanken geäußert: Das ist die Endlichkeit simplen Größerwerdens der Stadt.

    200.000 Einw. ist mehr eine Horrorvision als eine aussichtsreiche.

  3. 30.

    Disneyland ist das beliebige Nebeneinanderstellen von Bauten, die erst einmal nichts miteinander zu tun haben. Quasi als wahllose Reihung von Höhepunkten. Die Adapation von Bauten seinerzeit und das Beziehungen auf eine jeweilige Gegend und jeweilige Stadt war eine außerordentlich kreative Leistung. Dies betrifft die Zeit, in der Potsdam aus einem verschlafenen Provinznest Bedeutung erlangt hatte, mithin das 18. und 19. Jh. Auch auf die heutige Rekonstruktion dieser Bauten im Kern des Zentrums - keineswegs woanders - trifft das zu.

    Wenn schon Pauschalität, so trifft der Vorwurf auf Ihren Rundumschlag zu.

  4. 29.

    Das ist Ihr Recht! Und auch Ihre Sache, aber ich sehe es etwas anders. Er ist zwar integer und sehr intelligent, im Gegensatz zu den blauen Politikern, aber er hat auch einen Fehler gemacht.

  5. 28.

    Das generelle Struktur-Problem in Deutschland ist doch :
    Die Milliarden an Strukturhilfen/an Fördergeldern gehen doch seit vielen Jahrzehnten, immer an den A... der Welt
    und Niemals dorthin, wo Millionen von Menschen leben, arbeiten und Steuern zahlen - Berlin/Potsdam/direkte und erweiterte Umland.
    Strukturhilfen/Fördermittel werden in Deutschland, seit Jahrzehnten, im Nirgendwo einfach versenkt.
    Steuergelder/Strukturhilfen/Fördermittel/Investitionen, fehlen dadurch in Berlin, in Potsdam, im direkten und erweiterten Umland - das Geld wird einfach Niemals dort investiert, wo viele Millionen Menschen auf engsten Raum leben - sondern immer nur dort, wo die Verschwendung, Nicht kontrollierbar ist - irgendwo Jwd.

  6. 27.

    Und der notwendige Bau von Wohnungen in Potsdam, war auch schon mal deutlich besser.
    Wahrscheinlich, fehlt eine neue Bundesgartenschau oder Ähnliches, als Antrieb zur weiteren Entwicklung der Stadt ???

  7. 26.

    In Potsdam wurde nach der Wende, eigentlich schon mal Großstädtisch geplant und gedacht - mit Tunnel bzw. Umgehungsstraßen um die Innenstadt herum, zur Entlastung der gesamten Stadt Potsdam mitsamt Innenstadt - also, es wurde schon mal in Richtung Großstadt gedacht !
    Aber da, die meisten Potsdamer/innen sowieso in ihren Plattenbauten im Potsdamer Süden,,schlafen,, und die Stadt an der Havel dadurch, den meisten Menschen auch vollkommen egal ist, bleibt Potsdam, das ewige überfüllte Provinz-Nest, wo einzig und allein, die Mieten und Immobilienpreise - Großstädtisch sind - und die Beschmierereien an den Fassaden und fehlende Ordnung und Sauberkeit, sind natürlich auch Berlin-Style.

  8. 25.

    Ja - eine Alte langweilige Disneyland-Stadt, in der, jede Modernität, jede moderne Architektur und Ausdrucksweise vollkommen fehlt !!!
    Was in Potsdam seit Jahrzehnten neu gebaut wird, ist entweder ein langweiliges Disneyland - oder andererseits, eine ,,Quadratisch/Praktisch/Gut,, Bauweise zum unendlich Geld/hohe Mieten, verdienen.
    Bibliothek in der Innenstadt- Quadratisch/Langweilig.
    Städtisches Klinikum-60iger Jahre des20.Jahrhunderts.
    Hauptbahnhof-ein riesiger Betonklotz, ohne wirklich Platz für die vielen Menschen, im Innenraum.
    Verkehrsplanung für die vielen Pendler auf Straßen, Tram, Bus und Bahn, scheint überhaupt nicht vorhanden - Busspuren, Radschnellwege, Tram-Ausbau, Ausbau des Straßennetzes - vieles fehlt einfach.
    Potsdam ist eine Stadt, die nur mit Menschen überschwemmt wird - ohne das, Stadt, Land, Bund, wirklich genügend Geld, für diese vielen Menschen, in einer ,, Großstadt Potsdam,, investieren !!!

  9. 23.

    Ja so ganz unrecht haben sie da nicht. Potsdam wurde im Prinzip verscherbelt an Jauch, Plattner und Co. Die setzen ihre Vorstellung von Stadt gegen die Interessen der Mehrheit durch, was zu den von ihnen beschriebenen Zuständen führt. Statt Wohnungen werden Schlossimitate und ähnliche Albernheiten expreussischer Herrlichkeit errichtet statt für einen gesunden Gewerbemix in der gesamten Stadt und erschwinglichen Wohnraum zu sorgen. Jahrelang wurde die linkere Hälfte des Stadtparlaments von den Vertretern der Stadtkapitalisten geschnitten. Gute Vorschläge von Scharfenberg und Boede wurden seit Jahrzehnten aus ideologischen Gründen ignoriert. Immer feste dabei die Sozialdemokraten mit ihren immer wiederkehrenden Korruptionsfällen.

  10. 21.

    Es sind doch die Wähler selbst, die solche Typen seit eh und je in den Sessel hiefen.
    Also berufen sich die Politiker zurecht auf sie und bleibt natürlich im Amt. Das ist Demokratie und keine Erfolgsgarantie!!

  11. 20.

    Schön @Heidi, eine Verteidiger von Korruption, grenzenloser Selbstsucht und Machtgeilheit.
    Wenn es mehr von Ihnen gibt, verstehe ich den Zustand von Potsdan, Brandenburg und Deutschland.
    Darum wohl auch die Angst vor Alternativen.
    Und @Armes/Potsdam - was wollen Sie uns mit der Aufzählung sagen? Das die Zugezogenen an dem Verkommen der Stadt Potsdam Schuld sind? Was jammern Sie also, bei der nächsten Wahl gibt es Alternativen zur abgewirtschafteten SPD.

  12. 19.

    Pauschalurteile wie ihre sind schlicht kontraproduktiv und haben mit dem Sachverhalt der Korruption überhaupt nichts zu tun.

  13. 18.

    Auf die Frage, ob es langsam mal Zeit wird, für seinen Rücktritt würde ich auch antworten mit Ja.
    Trotzdem kan man ihn dazu nicht zwingen. Er wurde in das Amt gewählt, nun muss das Volk eben abwarten,
    bis es soweit ist.

  14. 17.

    Mit der Potsdamer Verwaltung sei "nicht gut Kirschen essen", so schallt es aus so manchem Mund und unberechtigt scheint das nicht zu sein: Ein Drittel entstammen den vorherigen Bezirkshauptstadt-Verhältnissen vor 1990, ein Drittel sehen die Potsdamer Verwaltung als Sprungbrett in die nahe Bundeshauptstadt Berlin und allenfalls ein Drittel ist ehrlich an einer Sache dran.

    Schubert hat sich schon weit vor seiner OB-Wahl mit eben dieser Verwaltung angelegt, spezifisch wegen Durchstechereien. Per Computer-Zufallsgenerator bekam jeder Mensch, der in der Verwaltung einen Posten hat, ein geringfügig anderes Schreiben, sodass einschläge Rückschlüsse gezogen werden können.

    Die Verwaltung hat das offenbar als generelles Misstrauen aufgefasst. Doch es ist nur ein Wesenszug von Mike Schubert: Schnelles Handeln, doch manchmal auch unüberlegt und deplatziert. Viele aus der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung hat er mit seiner Art vor den Kopf gestoßen.

  15. 16.

    Mehr als die Hälfte der Potsdamer:innen ist sowieso zugezogen.
    Interesse der Menschen an ihrer Stadt=0
    Verkehr, Infrastruktur, Wohnungsbau, Ordnung/Sauberkeit=0 Interesse - Ähnlich, wie in Berlin.
    Klinikum aus tiefsten DDR Zeiten
    Verkehr=täglicher Stau
    Potsdamer Einkaufsstraße = ständig Baustelle, beschmiert und ohne richtige Kaufhäuser.
    Hauptbahnhof=Fußboden vollkommen marode, keine wirkliche Empfangshalle, Rolltreppen meistens defekt.
    Tierpark/Zoo für fast 200 000 Menschen nicht anwesend.
    Potsdamer/innen haben sowieso Null Interesse an ihrer Stadt.
    Hauptsache Wohnraum knapp und Mieten/Immobilienpreise vollkommen überhöht.

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