2:3-Niederlage in der Analyse - Hertha scheitert gegen den HSV an den einfachen Wahrheiten

So 26.01.25 | 09:49 Uhr | Von Marc Schwitzky
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Herthas Fabian Reese ist nach der Niederlage gegen den HSV enttäuscht. (Foto: IMAGO / Beautiful Sports)
Audio: rbb24 Inforadio | 26.01.2025 | Guido Ringel | Bild: IMAGO / Beautiful Sports

Hertha BSC hat trotz einer der besten Saisonleistungen das so wichtige Spiel gegen den Hamburger SV knapp mit 2:3 verloren. Die Berliner waren zwar in vielen Belangen das bessere Team, scheiterten aber einmal mehr an den einfachen Fußballwahrheiten. Von Marc Schwitzky

Fußball ist kein logischer Sport. Ja vielmehr ein grausamer. Hier gewinnt nicht immer derjenige, der es aufgrund seiner Leistung auch verdient gehabt hätte – im Gegenteil, diese 90 Minuten sind so vielschichtig und von kleinen Entscheidungen geprägt, dass sehr oft das Ergebnis im Nachhinein das Narrativ des Spiels prägt. Es gibt im Fußball eben keine B-Note, jeder Endstand kann sich zurechtgelegt werden.

Erst Nutznießer, dann Opfer

In der vergangenen Woche war Hertha BSC der Nutznießer davon. Die Berliner gewannen den Rückrundenauftakt beim SC Paderborn mit 2:1 – und wussten vermutlich selbst nicht so genau, wie das aufgrund der Leistungsverhältnisse gelingen konnte. Kurzum: Es war ein überaus glücklicher Sieg, der eigentlich dem sehr viel strukturierteren und gefährlicheren Gegner hätte zukommen müssen. Aber Fußball ist kein logischer Sport. Oder eben doch sehr logisch, denn: Am Ende gewinnt die Mannschaft, die mehr Tore geschossen hat – eigentlich einfach. So war es letztendlich auch egal, denn Hertha hatte gewonnen und tabellarisch den Anschluss nach oben gehalten.

Und so findet Herthas bittere Heimniederlage gegen den Hamburger SV am Samstagabend auf gleich zwei Bewertungsebenen statt: Zum einen haben die Blau-Weißen völlig unverdient mit 2:3 verloren, weil sie das gefährlichere und dominantere Team waren. Zum anderen ist es eine verdiente Niederlage, weil die "alte Dame" einmal mehr über sich selbst – also über mangelnde Effizienz und fehlende defensive Souveränität – stolperte. Die einzige unumstößliche Wahrheit: Für eine Niederlage, egal wie unverdient, gibt es null Punkte. Es gibt im Fußball eben keine B-Note.

15 Minuten Fiél-Fußball

Dabei begann alles so gut. Herthas Spieler nutzten einen ganz besonderen Rahmen – ein ausverkauftes Olympiastadion beim ersten Heimspiel nach dem ersten Todestag von Kay Bernstein samt Sondertrikot und rührender Choreo – um die vielleicht besten 15 Anfangsminuten der Saison hinzulegen. Die Blau-Weißen spielten vom Anpfiff an sauber und strukturiert nach vorne, glitten dank diszipliniertem Positionsspiel und viel Laufaufwand abseits des Ballträgers geradezu durch die Hamburger Defensivketten. Hinzu kam ein äußerst aggressives Pressing, das den HSV früh unter Druck setzte.

Es schien, als hätte der Sieg in Paderborn der Mannschaft Flügel verliehen, als würde sie wieder vollends an die mutige Idee von Trainer Cristian Fiél glauben – und seinen Fußball auf den Rasen bringen wollen. Hertha schnürte den eigentlich leicht favorisierten HSV regelrecht ein, Spieler wie Ibrahim Maza oder Michael Cuisance liefen zeitweise zur Höchstform auf. Nach 15 Minuten hatte Hertha 68 Prozent des Ballbesitzes und ein Torschussverhältnis von vier zu null. Doch es stand 0:0.

Hertha scheiterte gegen den HSV nämlich immer wieder an den einfachen Wahrheiten des Fußballs – wie zum Beispiel: Dominanz und tolle Statistiken helfen nicht, wenn die Effizienz fehlt. Trotz herausragendem Beginn gingen die Hauptstädter nicht in Führung. Gleich zweimal verpassten sie es, Großchancen zu nutzen, viele weitere vielversprechende Momente wurden nicht in letzter Konsequenz ausgespielt. "Dann musst du einfach mal einen machen", brach es Trainer Fiél nach dem Spiel einfach herunter – und meinte damit wohl nicht nur die Szenen am Samstagabend, sondern die gesamte bisherige Spielzeit.

Zu viele einfache Fehler

Doch der HSV hielt sich dran, denn in der 23. Minute erzielte ausgerechnet Ex-Herthaner Davie Selke das 0:1. Es resultierte aus einem Angriff, der gleich an mehreren Stellen hätte verhindert werden können. Mehrmals gaben Herthas Spieler, allen voran Pascal Klemens nur Begleitschutz, ohne wirklich in den Zweikampf zu gehen. So wurde es den „Rothosen“ leicht gemacht, bis in den Berliner Strafraum zu kommen und dann Selke per Flanke zu bedienen. Der Mittelstürmer kam jedoch nur so frei zum Kopfball, weil sein zugeteilter Gegenspieler kein großgewachsener Innenverteidiger sondern der 20 Zentimeter kleinere Michal Karbownik war. Ein Leichtsinnsfehler, der es Selke einfach machen sollte.

Auch wenn Hertha anschließend nicht den Kopf verlor und weiter strukturiert spielte, war der Rückstand ein Wirkungstreffer. Hertha fehlte im Anschluss die Dynamik aus der Anfangsviertelstunde, zusätzlich verteidigte der ermutigte HSV dank taktischer Anpassungen nun deutlich kompakter. Es vergingen rund 40 deutlich ausgeglichenere Minuten ohne große Chancen für Hertha, bis es zum zweiten Mal klingelte – erneut für den HSV, erneut aus dem Nichts. Auf den ersten Blick war es schlicht ein Traumtor von Ransford Königsdörffer, der den Ball herrlich in den rechten Torwinkel schlenzte, doch auf den zweiten Blick begünstigte Hertha den Treffer dadurch, dass die Abwehr kollektiv schlief. Gleich drei Berliner hätten die Möglichkeit gehabt, doch energisches Stören einzugreifen, doch sie blieben wie angewurzelt stehen und guckten dem Gegentor nur zu.

So mögen die beiden Hamburger Treffer zwar aus dem Spielverlauf heraus unverdient gewesen sein, doch sie waren Abziehbilder der Herthaner Abwehrleistung seit nun schon eineinhalb Saisons – in entscheidenden Momenten sind sie nicht da. Drei Zu-Null-Spiele in 19 Ligapartien sind kein Zufall mehr. Acht Spiele ohne Gegentor seit Juli 2023 erst recht nicht. Sowohl Pal Dardai als auch Nachfolger Fiél haben keine Lösung für Herthas defensive Schlampigkeit gefunden. Fußball ist ein Fehlersport – und Hertha macht entschieden zu viele Fehler. Ob aus mangelnder Reife oder Qualität.

Als wäre Reese nie weg gewesen

Doch Hertha steckte erneut nicht auf, Fiél wechselte in der 65. Minute gleich drei Mal und eröffnete somit die Schlussoffensive. Allen voran Rückkehrer Fabian Reese sollte noch einmal einen erheblichen Einfluss auf das Spiel nehmen. Hertha drückte – nun im 4-4-2 – auf den Anschluss- und Ausgleichstreffer. Reese eroberte in der 72. Minute im Sprint den Ball, legte ihn in den Strafraum, wo Derry Scherhant auf Cuisance ablegte, der den 1:2-Treffer erzielte. Auf einmal schien wieder alles offen zu sein, auf einmal war da wieder Glaube, auf einmal hatte Reese – als wäre er nie weg gewesen – das Olympiastadion angezündet. So sehr, dass die Mannschaft angepeitscht von den Rängen in der 80. Minute zum 2:2-Ausgleich kam. Wieder Reese, wieder eine Flanke und dieses Mal traf Marten Winkler sehenswert.

Es waren Minuten, die zeigten, was alles möglich wäre, würde sich diese launige Mannschaft nur öfter zusammenreißen und ihr Momentum auch in Tore umwandeln. Doch gerade als Hertha auf das 3:2 drückte, folgte der Todesstoß – der HSV erzielte in der 84. Minute das 2:3. Erneut, weil es Hertha den Hanseaten zu leicht machte. Hoch aufgerückt fehlte Hertha bei einem Ballverlust die richtige Restabsicherung, ausgerechnet Offensivspieler Winkler musste beim HSV-Konter in den entscheidenden Zweikampf und verlor ihn naiv, sodass der Weg zum Tor frei war. Das 2:3 zog endgültig den Stecker, es sollte an diesem Tag nicht sein.

Der Aufstieg ist erstmal kein Thema mehr

"Heute war viel von dem dabei, was ich von den Jungs sehen will. Nur müssen wir anfangen, uns auch dafür zu belohnen", resümierte Fiél nach dem Spiel. Hertha führte das Spiel in nahezu allen Statistiken an. Mehr Torschüsse, Ballbesitz und gewonnene Zweikämpfe. 2,5 zu 0,6 Expected Goals. Doch Fußball ist eben nicht logisch, denn all der Aufwand und all die sichtbaren Ansätze sollten nicht zu einem Punktgewinn führen. Hertha kann sich ein Spiel, in dem es teilweise eben nicht über Ansätze hinausging und man defensiv weiter dieselben Fehler machte, zu diesem Zeitpunkt der Saison schlicht nicht mehr leisten.

Die "alte Dame" trennen nun ganze neun Punkte von einem direkten Aufstiegsplatz, vom Relegationsrang mindestens sieben. Durch die Niederlage am Samstagabend haben die Berliner den Anschluss nach oben verloren, der Aufstieg wird erst einmal kein Thema mehr sein. Eben weil die Mannschaft es in den letzten eineinhalb Jahren viel zu selten geschafft hat, die Effizienz aus dem Paderborn-Spiel mit der spielerischen Leistung aus dem HSV-Spiel zu kombinieren. Doch beides braucht es, um konstant zu punkten und oben mitspielen zu können. Hertha ist es derzeit nicht zuzutrauen, den Wankelmut zu besiegen und so mehr Punkte als die leicht enteilte Konkurrenz einzufahren. So droht es nach 19 Spielen, die nächste verschenkte Saison zu werden.

Sendung: rbb UM6, 26.01.2025, 18 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

53 Kommentare

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  1. 53.

    Die Spielidee von Fiel trägt langsam Früchte. Immer spielerische suchen und finden. Klappt zu 90 Prozent, die restlichen 10% lassen einen schon mal das Herz stehen.
    Die Fehler vor den Toren waren jedesmal der gigantische Abstand zu den Hamburgern. Es hilft nicht mit drei Metern Abstand nebenherzujoggen.
    Spätestens in Strafraumnähe heißt es den Gegnern auf den Füßen zu stehen, gerne auch mal im Mittelfeld. Sonst kassiert man gegen jeden Gegner Tore am Fließband.
    Der HSV war schwach und konnte durch den Strafraum spazieren gehen. Geschenkte Tore.
    Aber das lässt sich abstellen, vielleicht nächste Saison, falls Hertha noch noch an der 4. Liga schnuppert um Union aus dem Weg zu gehen.

  2. 52.

    Das ist nicht ganz wahr ernst hat seit Mittwoch wieder voll trainiert und gersbeck erst am Freitag deswegen haben wir gerade das gezicke im Tor!

  3. 51.

    Auch nicht ganz richtig. Tjark Ernst hatte in Paderborn wegen der muskulären Probleme gefehlt. Gegen den HSV war er wieder fit und hätte wieder spielen können, war ja auch im Kader. Trotzdem hatte Fiel auf Gersbeck gesetzt, weil er angeblich gegen Paderborn eine gute Leistung gezeigt hatte. Die Meinung hat er wohl exklusiv.
    Rumpöbeln hilft hier nicht weiter.

    HAHOHE

  4. 50.

    Einfach irgend welchen Unsinn schreiben der fern von jedweder Wahrheit ist.
    Warum schreiben Sie eigentlich solche Kommentare ???
    Die Wahrheit ist, das Ernst muskuläre Probleme hatte und deshalb nicht trainieren konnte.
    Aus diesem Grund stand Gersbeck im Tor gegen HSV.
    Entweder sie hören auf Unwahrheiten zu verbreiten oder halten sich einfach zurück.
    Mit solchen Kommentaren wie Ihren machen Sie sich nur lächerlich !!!

  5. 49.

    Hertha hat einen Keeper, der großes Talent hat, den aber der Rückhalt des erfolglosen Trainers und des langsamen Kapitäns fehlt. Wenn Ernst konsequent ist, sucht er sich einen Verein, bei dem das Leistungsprinzip gilt.

  6. 48.

    Achso noch was zu Buxtehude
    Das ist ein ehr nettes kleines Städchen mit schönen Häusern und Gasthäusern. Sehr Sehenswert, ruhig, erholsam.

  7. 47.

    ..... und Hertha benötigt einen Keeper, der nicht erkennbar nervös in der Box herumirrt

  8. 46.

    Wusste garnicht das ich aus Buxtehude komme.

  9. 45.

    ach Herr N - Danke für -wie immer- fundierte Analyse zum Wechsel eines Spielers von Hertha BSC.
    Vor 1,5 Jahren war ja auch ihr Jubel riesengroß, als der Spieler "Lucas T." wechselte. Das sein Marktwert gefallen war, lag natürlich nicht daran, dass er völlig überteuert verpflichtet wurde, sondern am Verein und am Trainer ...
    Sein Marktwert würde jetzt bei neuen Verein und richtigen Trainer mindestens auf das 10fache steigen. Da lag der Experte wohl etwas falsch: Obwohl der neue Verein und mehrere Trainer alles versuchten ist er kein Superstar geworden und der Marktwert hat sich halbiert ...

  10. 44.

    Ja, Kenny macht den „Unterschiedsspieler“ aus uns such dich einen richtigen Verein, der sein Potential fördert und sich nicht in Begrifflichkeiten wie „Hertha-Super-Star“ sonnt.
    Ja, das ist eben der Unterschied.
    Da gebe ich Dir Recht.

  11. 43.

    Und der Verein ? Schaut tatenlos zu, obwohl in seinen Statuten ganz was anderes gefordert wird. Das zu Lesen ist wie Hohn! Ist das nur Verlogenheit, Desinteresse oder die echte Vereinskultur ?

  12. 42.

    Reese Passt zu Berlin.
    Stimmt.
    Zweitligamittelmaß gehört zu Zweitligamittelmaß.
    Und ein Spieler der mehr Urlaub macht als er spielt braucht kaum ein anderer Verein. Sein Marktwert dürfte eigentlich gesunken sein. So hätte Buxtehude eine Chance.

  13. 41.

    Sie haben das Spiel nicht gesehen, sonst hätten Sie dies nicht geschrieben. Reese passt zu Berlin, er IST der Unterschiedsspieler (neben Cuisance und Kenny). Er wird wohl am Ende weggehen, aber ob er woanders auch „anzündet“, hängt wesentlich vom dann neuen Team ab. Danke Cottbus, dass im Testspiel quasi die Saison von Hertha vorentschieden wurde…

  14. 40.

    So lange wenigstens ordentlicher Fußball gespielt und gezeigt wurde, kann Hertha zufrieden sein. Schlimm ist doch, wenn ideenlos und ohne Elan passiv auf dem Platz rumgeeiert wird, was in der Vergangenheit zu oft der Fall war. 2:3 ist kein Beinbruch und kein 0:3. Es fehlt nur noch an der Abschlussgenauigkeit, daran kann man arbeiten. Wird schon.

  15. 39.

    Wenn die Mannschaft genau so intensiv spielen würde wie seine sog. Fans die Stadt mit Aufklebern und blauweisser Farbe überziehen, dann wären sie nie abgestiegen und schon mal DM geworden . Beides ist eine Zumutung.

  16. 38.

    Glückwunsch, lieber Pseudo-Buxtehuder, zum heutigen 3:0 Ihrer hanseatischen Nachbarn (ob mit oder ohne "TRIKO").

  17. 37.

    Die eklatanten Schwächen in der Defensive haben einen Namen. Der Spieler wurde seinerzeit mit einem Transparent an der Hanns-Braun-Straße „begrüßt“.

  18. 36.

    Wer ein großes Talent im Tor durch einen Harlekin ersetzt, der nicht besser spielt als das Talent, der hat die Saison schon vor dem HSV-Spiel aufgegeben.
    Mit einem der langsamsten Spieler der Liga als “Abwehrchef“ begann für Hertha im Herbst keine gute Zeit. Jett wird es noch schlechter.

  19. 35.

    "Langsam wird ein Folgeinterview mit Dardai fällig, denn welche Anzahl bedeutet "mehrere Jahre" und wann fangen "viele Jahre" an?"
    Wieso? Jeder, beim dem das Gedächtnis noch halbwegs funktioniert, weiß das Dardai von 3-4 Jahren gesprochen hat.
    Allerdings gehe ich zum jetzigen Zeitpunkt davon aus das es eher 5-6 Jahre werden.
    Es sei denn die eklatanten Abwehrfehler werden schnellstens behoben.

  20. 34.

    Die Kommentare von Nils zeigen und beschreiben nur die ehrliche und nackte Wahrheit. Kurz, knapp und sehr oft mit hellseherischem Blick. Auch in der Analyse. Das passt natürlich vielen Schönfärbern und Schönrednern nicht in ihre heile Fußball-Welt, in der selbst üble Packungen von schwachen Mannschaften noch als Erfolg gefeiert werden. Dazu noch der irreale Anspruch, bald Richtung BL+CL zu marschieren, obwohl die 3.Liga viel realistischer ist.

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