Reifenhersteller in Fürstenwalde - Beschäftigte protestieren gegen Schließungspläne von Goodyear

Do 23.11.23 | 21:24 Uhr
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Mitarbeiter des Unternehmens der Reifenproduktion von Goodyear demonstrieren nach einer Betriebsversammlung vor dem Werk mit Fahnen der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). (Quelle: dpa/S. Stache)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 23.22.2023 | Bild: dpa/S. Stache

Gegen die Schließungspläne des Reifenherstellers Goodyear haben mehrere hundert Beschäftigte des Werks im brandenburgischen Fürstenwalde demonstriert. Nach einer Betriebsversammlung zogen sie vor das Werkstor zu einem kurzen Protestmarsch. "Wir kämpfen darum, die 85-jährige Tradition und die Arbeitsplätze in Fürstenwalde zu erhalten", sagte der Vorsitzende der Vertrauensleute des Werks, Markus Olberts.

"Wir sind nicht damit einverstanden, dass die Geschäftsleitung in Amerika Sachen beschließt und die Konzernführung in Deutschland einfach Sachen verkündet, ohne mit uns zu reden", sagte er. "Wir machen jetzt richtig Rabatz und werden um jeden Arbeitsplatz unserer Kolleginnen und Kollegen kämpfen!"

Dass die Beschäftigen sich in den kommenden Wochen weiter gegen die Schließung wehren wollen, betonte auch der Betriebsratsvorsitzende Peter Weiser gegenüber dem rbb: "Natürlich müssen wir kämpfen und wir werden das bis zum Ende tun.

Aufgrufen zum Protest hatte die Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Der Bezirksleiter Ralf Erler sprach von einem "verheerenden Umgang" der Geschäftsführung mit den Beschäftigten. "In einer Wirtschaftsregion mit hohem Potenzial und dem neuen Autobauer Tesla in unmittelbarer Nachbarschaft die eigene Reifenproduktion dichtmachen zu wollen, ist strategischer Irrsinn", meinte er. "Wir lassen nicht zu, dass die Beschäftigten für die Fehler des Managements in Haftung genommen werden."

Wirtschaftsminister Steinbach verhandelt mit Geschäftsführung

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hatte an der Betriebsversammlung teilgenommen. Auch er zeigte sich über die Kommunikation der Unternehmensleitung verärgert. "Uns hat die Entscheidung von Goodyear völlig unvorbereitet getroffen", sagte er. Am Mittwochabend habe er aber ein erstes Gespräch mit der Geschäftsleitung geführt. Es sei vereinbart worden, mit einem Zeithorizont von etwa einem Jahr weiter miteinander zu sprechen.

Dabei solle ausgelotet werden, ob etwa mit mehr Automatisierung und Digitalisierung dafür gesorgt werden könne, "dass es eine andere Entscheidung gibt", sagte der Minister. Er warnte aber vor übertriebenen Hoffnungen. "Ich glaube, wir haben noch Chancen, aber ich will auch nicht so tun, als könnte ich Wunder bewirken", sagte er. "Die letzte Entscheidung trifft das Unternehmen und ich kann auch nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass es am Ende gelingen wird."

Linke-Fraktion fordert Industriestiftung

Die Linken-Fraktion im Landtag forderte erneut die Errichtung einer Industriestiftung des Landes. "Es kann nicht angehen, dass die Gewinne erst privatisiert werden und dann, wenn diese angesichts der Hochzinsphase einbrechen oder ausbleiben, Betriebe verlegt und die sozialen Folgen und deren Kosten der Allgemeinheit auferlegt werden", sagte Fraktionschef Sebastian Walter am Donnerstag laut Mitteilung.

"Deshalb fordern wir die Überführung des Reifenherstellers Goodyear in eine öffentlich-rechtliche Industriestiftung nach dem Vorbild der Montan-Stiftung Saar." So könnten die Arbeitsplätze erhalten und die regionale Wirtschaftsstruktur gestärkt werden, so Walter.

750 Stellen werden gestrichen

Goodyear will die Reifenproduktion in Fürstenwalde Ende 2027 einstellen und 750 Stellen abbauen. Ein kleiner Teil des Standorts Fürstenwalde soll erhalten bleiben: Dort werden Gummimischungen hergestellt und an die anderen Goodyear-Werke in Europa geliefert.

Zudem soll die Reifenproduktion in Fulda geschlossen werden. Als Gründe für die schwierige Situation wurden etwa Billigimporte aus Asien und der Inflationsdruck genannt.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 23.11.2023, 15:40 Uhr

Mit Material von Michel Nowak

14 Kommentare

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  1. 14.

    Beim Erstausrüstergeschäft war Goodyear trotz Servicemaßnahmen noch halbwegs erfolgreich. Der Aftermarket ist deren Problem in EMEA.

  2. 13.

    "Kaufen Sie Continental. "
    ja, zum Beispiel.

    "Ist aber natürlich auch immer etwas Zufall. Nicht jede Technologie wird in jedem Werk gefertigt. "
    Stimmt, bei Continental ist mir nicht bekannt, was wo produziert wird. Bei den für mich relevanten Goodyear-Reifen unterschiedlicher Größe wusste ich dies bisher.

    "Goodyear verlor/verliert einfach Marktanteile, dann muss man weniger produzieren."
    Oder eben eine bessere Vertriebs- und Marketingpolitik machen. Das hat das Management bei GY einfach mal über Jahre verkackt. so z.B. wichtige OEM-Aufträge verloren, auch wegen Qualitätsproblemen.
    Da kann die Politik nun wirklich nichts dafür und die Arbeitnehmer nur begrenzt.

  3. 12.

    Es geht nicht vordergründig um DIE Mitarbeter. Es geht um die Energiepolitik und die überhöhten Forderungen der Gewerkschaften. Schauen sie sich doch die Forderungen an!!!

  4. 11.

    Kaufen Sie Continental.

    Sowohl Bremsen (Scheiben+Beläge) als auch die Reifengrößen unserer Familienautos kommen aus DE.

    Ist aber natürlich auch immer etwas Zufall. Nicht jede Technologie wird in jedem Werk gefertigt.

    Mal eine Frage zum Goodyear Werk. War das Werk überhaupt schon auf Stromnutzung bei der Vulkanisierung umgestellt?

    Goodyear verlor/verliert einfach Marktanteile, dann muss man weniger produzieren.

  5. 10.

    Sie haben gelinde gesagt keine Ahnung. Natürlich hat die aktuelle Politik schuld an der Lage.Energiepreise, Rohstoffpreise sind durch Entscheidungen der Politik massiv gestiegen. Ein globaler Konzern wie Goodyear mit Sitz in den USA interessiert es schlicht & ergreifend nicht, wie es den Arbeitnehmern in D geht. Die rechnen einfach und wenn es für die nicht passt, wird dicht gemacht. Ist in den USA gang und gäbe. Da wurden einfach Werke von Autoherstellern von jetzt auf gleich geschlossen mit x-tausend Mitarbeitern. Auch deutsche Unternehmen denken über Schließungen in D nach.

  6. 9.

    Ihr enormes Wissen über den tatsächlichen Sachverhalt und die wahren Zusammenhänge sind beachtlich und bemerkenswert. Wir alle, die ganze Welt kann nur von Ihnen lernen.

  7. 8.

    Nunja, ich habe für meine Wagen bisher immer bewusst Goodyear-Reifen gekauft, auch weil sie in Tests immer mit vorn dabei waren und obwohl sie eben dann auch hochpreisiger sind, aber vor allem, weil Goodyear nahezu die einzige Reifenfirma ist, die noch die Mehrzahl ihrer Produkte für Deutschland in Deutschland produzieren. Das soll sich also ändern? nun gut, dann wird sich mein Kaufverhalten ändern.

  8. 7.

    Viele junge Menschen wissen nicht, dass die Energiekosten längst wieder auf dem Niveau wie zum Ende der Ära Merkel sind. Goodyear hat anders als z.B. Pirelli Probleme im Endkundengeschäft und baut deshalb schon seit Jahren Personal bis hin zu Werksschliessungen ab. Fulda sind Fürstenwalde sind nicht die ersten Fabriken, die die in Deutschland schließen.

  9. 6.

    "Mehr Geld gerne, weniger arbeiten und mehr Freizeit, dass kann nur schiefgehen."

    Also die in der Meldung erwähnten protestierenden Arbeiter/ Angestellte sind selber Schuld? Und, wenn ich fragen darf, seit wie viel Jahren verzichten Sie im Interesse Ihres Arbeitgebers auf eine Lohnerhöhung?

  10. 5.

    Hört doch auch, auf die Politik zu schimpfen, die gibt Milliarden für alle möglichen Firmenansiedlungen aus. Wenn die Unternehmer aber schlecht wirtschaften, muss das nicht die Allgemeinheit ausbaden. Viele der Mitarbeiter finden bestimmt was bei Tesla. Auch da werden übrigens viele Reifen gebraucht, auch der Fahrradmarkt boomt, immer dieses Herausreden mit China, wer weitblickt auf die Weltlage wird sich auf Lieferungen von dort nicht verlassen, ich vermute eher unternehmerische Fehler.

  11. 4.

    Vlt kann ja nen hippes StartUp die Fabrik übernehme. Co working space, Fabrik style....ist doch das was die Berliner Startupszene sucht um kreativ digitale Sachen zu entwickeln die keiner Benötigt

  12. 3.

    Klar ist es tragisch.
    Protestieren, nun, damit werden die Absichten sicher noch mal in Frage gestellt werden.
    Subventionen sind abgeschöpft, weiterbetrieb nicht mehr profitabel.
    Der Osten wird immer mehr augelaugt.

  13. 2.

    Und Habeck klopft sich wieder selbst auf die Schulter. Wieder Platz für Windräder. Nächstes Jahr werden bestimmt noch mehr Firmen Deutschland den Rücken kehren.

  14. 1.

    Ein Grund für die Schließung des Werkes sind gestiegene Kosten. Das ist ein Ergebnis der Energiepolitik unserer Regierenden und der ständig steigenden Forderungen durch die Gewerkschaften. Mehr Geld gerne, weniger arbeiten und mehr Freizeit, dass kann nur schiefgehen.

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