1,50 Euro pro Geschäft - Toilettenpreis am Berliner Hauptbahnhof gestiegen – das sind Alternativen

Mo 09.12.24 | 10:34 Uhr | Von Sylvia Lundschien
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Symbolbild: Rail and Fresh Toiletten im Hauptbahnhof München, aufgenommen am 27.04.2023. (Quelle: Picture Alliance/Sven Simon)
Bild: Picture Alliance/Sven Simon

Ein sauberes öffentliches WC zu finden, ist in Berlin und Brandenburg ohnehin nicht leicht - und die wenigen kosten dann noch. Am Berliner Hauptbahnhof wurde der Nutzungspreis nun erhöht. Doch Berlin und eine schwäbische App arbeiten an Alternativen. Von Sylvia Lundschien

Am Berliner Hauptbahnhof ist die Nutzung der öffentlichen Toiletten teurer geworden: Seit dem 18. November kostet der Toilettengang beim Anbieter "rail & fresh" am Hauptbahnhof nun 1,50 Euro statt bisher 1,00 Euro. Das bestätigte eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Betreiberunternehmens Hering-Sanikonzept, desen Marke "rail & fresh" ist, auf Anfrage dem rbb.

Als Grund für die Preiserhöhung nannte das Unternehmen gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur, dass man "auf Preissteigerungen der vergangenen Jahre für Löhne und Gehälter, Wasser und Abwasser sowie Nebenkosten reagieren müsse". Zuvor habe man den Preis von einem Euro für die Toilettennutzung 15 Jahre lang stabil gehalten.

Die Preiserhöhung betrifft laut der Unternehmenssprecherin nicht alle Berliner Bahnhöfe, aber sieben große Hauptbahnhöfe in Deutschland: neben Berlin auch in München, Frankfurt am Main, Mannheim, Essen, Köln und Stuttgart.

Ob es bei diesen Bahnhöfen bleibt oder weitere hinzukommen, sagte die Sprecherin nicht. Es handele sich "um eine gezielte Anpassung an den betroffenen Standorten, nicht um eine landesweite Preisänderung".

Mehreinnahmen sollen Putzkräften zukommen

Das zusätzlich eingenommene Geld soll laut Unternehmen den Putzkräften der Toiletten-Anlagen zugute kommen. Für die Reinigungskräfte und andere Mitarbeiter zahle man "tarifliche und übertarifliche Löhne", so die Sprecherin gegenüber der KNA.

Kinder bis zwölf Jahre dürften die Toiletten übrigens kostenlos nutzen, betonte die Sprecherin - auch am Standort Berliner Hauptbahnhof. Dort sei Personal anwesend, das den Einlass für Kinder dann regele.

Die Instandhaltung der Toiletten sei teuer: Pro WC-Anlage wurden Investitionen von bis zu 1,2 Millionen Euro in den vergangenen Jahren getätigt, "um den Komfort und die Sauberkeit auf höchstem Niveau zu halten", sagte die Sprecherin gegenüber der KNA.

Angesprochen darauf, ob eine Preiserhöhung nicht auch mehr Wildpinkelei nach sich ziehe, sagte die Sprecherin, dass man sich "der Problematik bewusst sei". Man wolle aber eine "angenehme Erfahrung" auf den Toiletten des Unternehmens ermöglichen, die den Eintrittspreis rechtfertige.

Deutsche Bahn grundsätzlich einverstanden mit Preiserhöhung

Die Deutsche Bahn selbst betreibt bereits seit Jahrzehnten keine eigenen Bahnhofstoiletten mehr und verpachtet diese laut eigener Aussage an unterschiedliche Systemanbieter.

Mit der Neugestaltung des Nutzungentgelts am Berliner Hauptbahnhof zeige man sich soweit einverstanden, teilte die Deutsche Bahn auf Anfrage des rbb mit: "Eine kostendeckende Betreibung von Toilettenanlagen ist für die Betreiber nur mittels eines angemessenen Nutzungsentgeltes umsetzbar", so eine Sprecherin. Ebenso nannte sie die veränderten Betriebskosten, auf die die Betreiber mit dem Preisanstieg reagierten: "In den vergangenen Jahren wurden die WC-Anlagen von [den Anbietern] verstärkt saniert und sukzessive sowohl optisch als auch technisch erneuert", hieß es weiter.

Offen bleibt dabei jedoch, inwiefern die Deutsche Bahn auch Gestaltungsspielraum bei der Preisgestaltung der öffentlichen Toiletten an ihren Bahnhöfen hätte und diesen auch nutzt.

Der Anbieter "rail & fresh" ist derzeit an sieben Standorten in Berliner Bahnhöfen vertreten [wc-fresh.com]. In Brandenburg betreibt er Toiletten an den Bahnhöfen Frankfurt (Oder) und Cottbus.

107 "Berliner Toiletten" von Wall sollen kostenlos werden

Neben "rail & fresh" gehört auch das Unternehmen Wall zu den Anbietern von öffentlichen Toiletten in Berlin. Insgesamt betreibt es davon 278 Stück (Stand: Juni 2024) in Berlin, alle sind Eigentum des Landes Berlin, so eine Wall-Sprecherin auf rbb-Nachfrage.

Viele der Anlagen befinden sich mitten in der Stadt, etliche auch direkt im Umfeld von S- wie Regional- und Fernbahnhöfen [sbahn.berlin.de]. Hier kostet die Benutzung weiterhin 50 Cent, ein Teil der Anlagen soll künftig auch kostenlos genutzt werden können. Ende Juni 2024 war dazu eine zweijährige Erprobungsphase zu Ende gegangen, einen genauen Starttermin für die kostenfreie Nutzung von 107 der Wall-Toiletten gibt es aber bisher nicht.

"Nette Toilette"-App bietet Gratis-WCs - vorerst nur in Brandenburg

Kostenlos genutzt werden können in Berlin bereits zwölf sogenannte Missoirs in Berlin [missoir.de], Hock-Urinale vor allem für Frauen. Weiterer positiver Nebeneffekt: Das Missoir verbraucht kein Wasser, ist technisch gesehen ein Trockenklo.

Doch viele Menschen bevorzugen oder brauchen eine Toilette zum Sitzen oder eine abschließbare Kabine, manche benötigen auch eine barrierefreie Toilette oder einen Wickeltisch fürs Baby. Neben dem direkten Nachfragen in gastronomischen Einrichtungen oder im Einzelhandel können Apps wie Toilet Finder, Toiletten Scout oder HandicapX heutzutage helfen, eine geeignete Toilette zu finden. Hinterlegt sind dabei auch Hinweise, ob das jeweilige WC kostenlos genutzt werden kann und behindertengerecht ist.

Eine weitere Alternative bietet die App "Nette Toilette" [die-nette-toilette.de], über die Menschen kostenlose WCs in Gaststätten und Geschäften finden können. Die Idee gibt es bereits seit 25 Jahren und stammt von einer schwäbischen Werbeagentur in Aalen.

Zu Beginn arbeitete man mit Flyern (die es weiterhin gibt), erzählt Andrea Lose vom betreibenden Unternehmen "Studioo GmbH". Seit sechs Jahren hingegen können Suchende über eine werbefreie App ein WC finden - zu erkennen ist der Standort dann am Plakat oder Aufkleber im Fenster. Die Toilette darf auch ohne die App genutzt werden.

Derzeit gibt es sieben Standorte der "Netten Toilette" in Brandenburg (Bad Freienwalde, Fürstenwalde/Spree, Neuenhagen bei Berlin, Seddiner See, Seelow, Strausberg, Trebbin). In Berlin ist bisher nur ein Standort hinterlegt - Berlin-Mitte. Allerdings sind hier noch keine Einträge vorhanden. Lose erklärt im Gespräch mit dem rbb, dass dies daran läge, dass der Bezirk zwar im vergangenen Jahr eine Lizenz erworben habe für die "Nette Toilette" - jedoch selbst eintragen müsse, wo sich die genauen Standorte befänden. Warum dies noch nicht geschehen sei, könne sie nicht sagen. Ebenso habe man ein Angebot unterbreitet für eine Lizenz, die alle Berliner Bezirke umfasst. Doch dieser Deal sei nicht zustande gekommen, so Lose.

Für ein öffentliches WC kann man zwölf "Nette Toiletten" betreiben

Die ursprüngliche Idee der Toiletten-App entstand, da der Stadt Aalen der Bau von neuen, öffentlichen Toiletten zu teuer war. Günstiger war es, dass bestehende Toiletten in Gastronomie und Einzelhandel zur Verfügung gestellt wurden und diese dafür monatlich einen Zuschuss von der Stadt bekommen. Wer die Toiletten aufsucht, muss im jeweiligen Geschäft nichts kaufen oder essen - kann es natürlich aber.

Diese Idee habe sich mittlerweile auf hunderte Städte und Gemeinden ausgeweitet, so Lose - auch in Österreich und der Schweiz gebe es das Konzept. Sie sehe darin zudem eine Chance, in Zukunft über die App auf kostenlose Zapfstellen für Trinkwasser hinzuweisen, sagte Lose. Vor allem Senioren- und Tourismusverbände fragten solche Lizenzen an.

Für eine Lizenzgebühr können Städte, Gemeinden und Bezirke Mitglied im "Nette-Toilette"-Netzwerk werden und ihre Standorte ausweisen. Laut ihrer Kalkulation, so Lose, könne man für den Preis einer öffentlichen Toilette zwölf "Nette Toiletten" betreiben - und damit auch ein viel dichteres Netz an öffentlichen WCs anbieten. Über die App ließen sich ebenso barrierefreie, ebenerdige Toiletten finden oder solche mit Wickeltisch. Auch geänderte Öffnungszeiten oder ein neuer WC-Standort ließen sich tagesaktuell digital einpflegen, so Lose.

Überraschend ist, dass die App bisher werbefrei betrieben wird - das schwäbische Unternehmen verdient vor allem Geld an den erteilten Lizenzen. "Es geht uns nicht um den Kommerz", so Lose. "Es ist einfach ein Serviceprojekt."

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Beitrag von Sylvia Lundschien

87 Kommentare

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  1. 87.

    Die Toilettensituation auf DB Bahnhöfen ist eine Sauerei. Auf vielen kleineren Bahnhöfen gibt es nicht mal Toiletten. Dort wo sie vorhanden sind muss man ordentlich für die Verrichtung der menschlichen Notdurft blechen.
    Die Preise sind unverschämt. Die Anzahl im Hauptbahnhof ein Witz. Genauso wie die Begründung des Betreibers. Genauso wie die Aussage der DB, die Preiserhöhung sei ok.
    Man mag daran erinnern: In vielen Nah- und Fernzügen funktionieren die Toiletten nicht. Die Gastro in den Bahnhöfen hält keine Toiletten bereit. Die Wertbons werden oftmals oder nur unter haarsträubenden Bedingungen angenommen.
    Die DB und die deutschen Städte sollten sich ein Beispiel an Japan nehmen, wo es viele kostenlose und saubere Toiletten im öffentlichen Raum gibt.

  2. 86.

    Stimmt eigentlich, über so etwas wie Toiletten spricht bzw diskutiert Mensch nicht, oder?

  3. 84.

    *69.Mart.
    "Liegt am Notdurft-bedürftigen Publikum. Käse, Alk, etc."

    Was ist das denn f+r ein "Käse", den Sie hier verbreiten.
    Ich habe große gesundheitliche Probleme. Auch mit der Prostata. Ich empfinde Ihren "Kommentar" als beleidigend, unverschämt und asozial.
    Mich mit "Alk und etc. in Verbindung zu bringen ist ein übergriffiges Unding.

  4. 82.

    Mal sehen ob es jetzt klappt.
    Am besten vor dem Schreiben einen Krug Äpplwoi weniger trinken, dann kriege ich auch keine dämliche Antwort auf meinen Kommentar. Schönen Gruß nach Frankfurt a. M..

  5. 80.

    *@27/42. Ohmann

    Es ist mir egal, wo Sie aufgewachsen sind. Das gibt Ihnen doch nicht das Recht, mir meinen Nick zu klauen. SUCHEN SIE SICH EINEN EIGENEN!
    Eine Unverschämtheit.

  6. 79.

    So eine sinnlose Pauschalisierung und Verspottung unserer Bürger, zeigt Ihre Menschenverachtung.

  7. 78.

    Schaut Euch mal den Superfilm ,,PERFECT DAYS'' von W.Wenders an, da seht Ihr, wie das öffentliche Toilettenproblem in Tokio gelöst wird! Neben den berührenden Szenen und der tollen Musik natürlich.

  8. 77.

    Das ist, gelinde gesagt, kompletter Humbug.

    Der Lohn für die Angestellten, die ja drei Bahnhöfe parallel betreuen (Lichtenberg und Ostbahnhof haben kein eigenes Personal) dürfte da recht schnell am Monatsanfang schon zusammen gekommen sein, alleine mit den Einnahmen am Hauptbahnhof.

    Bei der Kundenfrequenz dort ist das eher eine Gelddruckmaschine, durch höhere Lohn- und Energiekosten wird da höchstens der enorme Gewinn geschmälert worden sein. Und das gilt es für die Hering Sanikonzept GmbH natürlich zu vermeiden.

  9. 76.

    Nun ja, wenn denn die Energie- und Lohnkosten schuld sind muss das wohl quergerechnet sein, denn die Energiekosten am Ostbahnhof und im Bahnhof Lichtenberg dürften ja genauso gestiegen sein.

    Personal mal beiseite gelassen, denn Ostbahnhof und Lichtenberg werden von dem vom Hauptbahnhof aus während der Schicht hin- und her pendelnden Personal aus mitbedient.

    Die angebliche Preisstabilität stimmt im Übrigen nicht so ganz - für Wiederholungstäter gab es schon vor Jahren eine versteckte Preiserhöhung, als man anfing, die eigenen 50-Cent-Gutscheine nicht mehr selbst anzunehmen.

  10. 75.

    Ach dann warten wir halt noch bisschen: dauert wohl nicht mehr lange dann haben wir die selbigen Zustände wie im „Parkraum“ - dann wird die Ordnungsstrafe für Wildpinkeln oder gar jeniges an diverse öffentliche Gebäude/Ämter oder gar an das Hosenbein eines Ordnungshüters billiger als die Benutzungsgebühr einer (falls vorhanden!) Toilette….
    Ich freu mich schon drauf :-)

  11. 74.

    Meistens ist die Bezahlung für die Toiletten in Kaufhäusern eine "Empfehlung", keine Pflicht. Die Schilder am Eingang zur Toilette direkt neben dem Teller für das Geld sind aber so gestaltet, dass der empfohlene Betrag gaaaanz groß darauf steht, der Text dazu hingehen sehr klein. Der Kunde sieht im Vorbeigehen nur den Preis und denkt, er muss diesen Preis bezahlen. Muss er aber oft gar nicht. Da es I.d.R. Pachttoiletten sind, bezahle ich den mir angemessen erscheinenden Preis je nach Sauberkeit und Zustand der Toilette, also manchmal auch gar nicht.

  12. 72.

    Nachvollziehbar aber sollten, wie in Restaurants auch, die Betreiber des Food - court , der ja auch Sitzplätze hat, dafür sorgen, dass die Kunden kostenfrei ein WC nutzen können, oder ist das jetzt schon so?
    Auch die teure Bahn muss dafür sorgen, dass man kostenfrei ein WC nurzen kann, da die WCs im Zug oft nicht hygienisch sind. Ein WC zu nutzen ist ein Grundbedürfnis und kein bezahlter Luxus.

  13. 71.

    70 Kommentare unter einem Beitrag über Toiletten. Aha.

  14. 70.

    Der Mindestlohn muss ja irgendwie herein kommen und Strom, Wasser sowie Instandhaltung sind auch nicht umsonst zu haben. Die Rahmenbedingungen für Teuerung und Wirtschaftskrise kommen von der aktuellen Regierung. Bitte hört auf den SOS der Wirtschaft: Preise für Strom und Benzin deutschlandweit für alle bei Steuern und Abgaben entlasten, weniger Bürokratie durch Abschaffung von Lieferketten-, und Arbeitszeitnachweisgesetz, Streichung von IHK-Zwangsabgaben und den allgemeinen Umlagen etc. etc. für Unternehmen bis 50 Mitarbeiter! Das wäre mal ein erster wichtiger Schritt. Nicht immer noch mehr Steuern, Abgaben und Bürokratie - auch diese aktuell noch im Amt befindliche Regierung muss endlich handeln. Deutschland verdient besseres als Stillstand und Rezession!

  15. 69.

    In Berlin nicht machbar, wenn nicht gastronomische Betriebe dauerhaft komplett in Toiletten umgewandelt werden sollen.

    Liegt am Notdurft-bedürftigen Publikum. Käse, Alk, etc., eben alles was man selber beim Gastro-besuch nicht wahrnehmen mag.

    Der Tourist der schon 6 Stunden einhalten musste, weil das Klo im ICE defekt war ist da der ppm-Fall !

  16. 68.

    Es wird alles dem Kommerz geopfert. Sogar am Gang auf die Toilette wird noch der Gewinn maximiert. Vielleicht noch Geld für die Luft zum Atmen kassieren. Oder Miete für die spärlichen Sitzbänke auf den Bahnsteigen. Abgerechnet nach Minuten.

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