Probleme bei Terminen und Transporten - Kritik am Brandenburger Impftempo wächst
Probleme beim Erreichen der Termin-Hotline und der Impfzentren: Nur in Sachsen und Thüringen ist die Impfquote geringer als in Brandenburg. Bei den Pflegeheimen ist die Mark sogar Schlusslicht. Nun regt sich Kritik an der Impfstrategie, quer durch die Fraktionen.
Die Kritik am schleppenden Impfbeginn in Brandenburg nimmt zu - auch innerhalb der Kenia-Koalition. "Der Impfstart ist sehr holprig in Brandenburg verlaufen, gerade auch im Vergleich mit anderen Bundesländern", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Jan Redmann, am Dienstag in Potsdam. Er warb dafür, auch Corona-Schwerpunkt-Kliniken stärker mit einzubeziehen und angeschlossene Pflegeheime mitzuimpfen.
Schlusslicht in den Pflegeheimen
Auch SPD-Fraktionschef Erik Stohn sagte, Krankenhäuser sollten verstärkt einbezogen und mobile Impfteams verstärkt werden. "Hier ist natürlich der Impfstoff der limitierende Faktor." Er hege große Erwartungen an einen für Mittwoch geplanten Impfgipfel von Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) mit den Landräten.
Stohn forderte ein Impfzentrum in jedem Landkreis. Bis Anfang Februar sind elf Impfzentren geplant - in der Hälfte der 14 Kreise sowie in den vier kreisfreien Städten. Brandenburg lag bei Impfungen pro 1.000 Einwohner am Dienstag mit 6,0 an drittletzter Stelle hinter Sachsen und Thüringen, wie aus Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. Bei der Impfung von Pflegeheimbewohnern ist Brandenburg Schlusslicht.
Forderung nach besserem Transport zu Impfzentren
Nonnemacher hatte am Montag um Verständnis geworben. Sie verwies darauf, dass die Impfkapazitäten Schritt für Schritt ausgebaut würden und der Impfstoff das Tempo vorgebe. Am Dienstag sollte nach dem Präparat von Biontech und Pfizer erstmals Vakzin des Anbieters Moderna nach Brandenburg geliefert werden. Das Land hat bisher 58.500 Impfstoffdosen von Biontech/Pfizer erhalten. Bis zum 16. Februar sollen es laut Bundesgesundheitsministerium insgesamt 156.000 Impfstoffdosen sein.
Linksfraktionschef Sebastian Walter forderte eine Änderung des Konzepts, sonst werde "die Impfstrategie scheitern und das Impfchaos" weitergehen. Er schlug vor, wohnortnahe Impfungen und Transporte zu organisieren und mit den Kommunen Risikogruppen anzuschreiben. Einige Städte wie Potsdam und Templin schrieben sie bereits von sich aus an. Freie-Wähler-Fraktionschef Péter Vida verlangte, die Kapazitäten mobiler Impfteams für die Pflegeheime aufzustocken. Auch er mahnte, den Transport zu Impfzentren zu erleichtern.
Am Montag hatte in Schönefeld (Dahme-Spreewald) am Terminal 5 des Flughafens BER das dritte Corona-Impfzentrum in Brandenburg eröffnet - nach Cottbus und Potsdam. Allerdings können derzeit in den Impfzentren nur wenige Termine und die auch nur für die nächsten drei Wochen vergeben werden. Grund sei die Impfstoff-Knappheit, teilte das Gesundheitsministerium am Montag mit. Zugleich fänden aber immer mehr Impfungen durch mobile Teams in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern statt, hieß es.
Impf-Aufklärung statt -Pflicht
Der Vorschlag des bayerischen Regierungschef Markus Söder (CSU) nach Prüfung einer Impfpflicht für Pflegekräfte in Heimen stößt in Brandenburg dennoch auf Ablehnung quer durch alle Fraktionen. "Eine Impflicht darf es nicht geben", sagte Nonnemacher. "Unsere Aufgabe ist es, für die Corona-Schutzimpfung zu werben, über die Vorteile zu informieren und Fragen zu Impfstoffen und Nebenwirkungen transparent zu beantworten."
Auch CDU-Fraktionschef Redmann forderte mehr Aufklärung. "Nach meiner Kenntnis macht es einen erheblichen Unterschied, ob die Pflegekräfte vorher informiert wurden über die Impfstoffe - das erhöht die Impfbereitschaft um zweistellige Prozentwerte", sagte Redmann. Auch die anderen Fraktionen zeigten bei dem Thema Einigkeit und sprachen sich gegen eine Impfpflicht aus. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Hans-Christoph Berndt etwa sagte, er sehe - auch angesichts einer kurzen Entwicklungszeit - Risiken beim Impfen gegen Corona.
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe Nordost verwahrte sich dagegen, dass nur wenige Pflegekräfte bereit zur Impfung seien und verantwortlich gemacht würden für den holprigen Start der Impfkampagne.
Barnim überschreitet 200er-Inzidenzwert
Die Gesundheitsämter in Brandenburg meldeten derweil am Dienstag 729 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages, etwas weniger als eine Woche zuvor. 55 Menschen starben infolge einer Corona-Erkrankung. Besonders kritisch bleibt die Lage im Kreis Elbe-Elster mit einem Wert von rund 536 neuen Ansteckungen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche.
Der Kreis Barnim überschritt den Wert von 200 und kündigte schärfere Maßnahmen an: Künftig sind dort Versammlungen verboten, Sport und touristische Ausflüge sind nur in einem Radius von 15 Kilometern um die Landkreisgrenze erlaubt.
Sendung: Brandenburg aktuell, 12.01.2021, 19:30 Uhr