Bund plant Ausgangssperren und "Notbremse" - Brandenburger Landtag tief gespalten über neue Corona-Regeln

Di 13.04.21 | 18:54 Uhr
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Archivbild: Peter Vida (r), Fraktionsvorsitzender der Partei BVB/Freie Wähler, spricht während der Landtagssitzung; im Hintergrund Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). (Quelle: dpa/S. Stache)
Video: Brandenburg Aktuell | 13.04.2021 | S. Teistler | Bild: dpa/S. Stache

Ausgangssperren, Lockdown ab einer 7-Tage-Inzidenz von 100: Der Bund stößt mit seinen neuen Corona-Eindämmungsmaßnahmen auf viel Widerspruch - auch im Brandenburger Landtag. Lediglich die Testpflicht in Unternehmen wird von den meisten Fraktionen begrüßt.

Angesichts der geplanten bundeseinheitlichen Corona-Beschränkungen ist im Brandenburger Landtag ein heftiger Streit um den monatelangen Lockdown entbrannt. Dabei reichen die Forderungen am Dienstag von einem härteren Lockdown bei der Linksfraktion bis zu einer Öffnung des öffentlichen Lebens mit einem Testkonzept bei der Fraktion BVB/Freie Wähler. Fraktionsübergreifend mehren sich die Stimmen für eine Testpflicht in den Unternehmen. Die AfD lehnt die Corona-Beschränkungen grundsätzlich ab und will gegen die Testpflicht an den Schulen klagen.

Linke befürchten "Schaukel-Lockdown"

"Wir wollen in den kommenden Wochen einen harten Lockdown und dabei die Wirtschaft endlich einbinden", sagte Linksfraktionschef Sebastian Walter am Dienstag im Landtag. Es sei nicht hinnehmbar, dass im privaten Bereich strenge Beschränkungen bis hin zu Ausgangssperren beschlossen würden und es im Bereich der Wirtschaft bei bloßen Appellen bleibe. Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Erik Stohn und Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke sprachen sich für eine Testpflicht in den Unternehmen aus.

Der geplante Gesetzentwurf der Bundesregierung zu bundeseinheitlichen Regeln in alleiniger Abhängigkeit von den regionalen Infektionszahlen werde wenig Erfolg bringen, meinte Walter. "Die Konzentration allein auf die Sieben-Tage-Inzidenz führt zu einem Hin und Her beim Öffnen und Schließen von Geschäften. Damit kommen wir in die Gefahr eines Schaukel-Lockdowns, wobei keiner mehr weiß, welche Regeln in welchem Landkreis gerade gelten."

Auch CDU-Fraktionschef Jan Redmann forderte, bei den Regeln für einen Lockdown in den besonders betroffenen Regionen nicht nur die Inzidenz nach Infektionen, sondern auch die Auslastung des Gesundheitssystems zu berücksichtigen. Die geplanten Ausgangssperren sah Redmann rechtlich kritisch. "Allein das Betreten der Straße führt ja nicht zu einem Infektionsrisiko", gab er zu Bedenken. Vielmehr müssten Ansammlungen wie etwa bei den Osterfeuern mit punktuellen Sperren verhindert werden.

Freie Wähler wollen Öffnungen mit Testkonzept

Die Fraktion BVB/Freie Wähler wandte sich gegen die Fortsetzung des Lockdowns nach dem geplanten Bundesgesetz und verlangte stattdessen die Umsetzung eines "Testen und Öffnen"-Konzepts. "Hotels, Außengastronomie, touristische und Kultur-Betriebe müssen mit einem Testkonzept wieder öffnen können", sagte Fraktionschef Péter Vida. Denn es sei nicht nachgewiesen, dass es in diesen Bereichen ein signifikantes Infektionsgeschehen gibt.

Vida verwies auf die Modellprojekte in Tübingen und dem Saarland mit Öffnungen bei einem Einsatz von Schnelltests. Beschränkungen bis hin zu Ausgangssperren verlagerten die Kontakte aus der gut kontrollierten Öffentlichkeit und den Betrieben in den nicht kontrollierbaren privaten Bereich.

AfD will gegen Testpflicht in Schulen klagen

Die AfD-Fraktion will hingegen die Testpflicht an den Brandenburger Schulen mit einer Klage vor dem Landesverfassungsgericht zu Fall bringen. Die Fehlerquote bei den Schnelltests sei zu hoch und dies könne zu neuerlichen Schulschließungen führen, sagte ihr bildungspolitischer Sprecher Dennis Hohloch zur Begründung. Zudem stelle die Maßnahme eine große Belastung für die Kinder und Jugendlichen dar.

Im März hatte das Landesverfassungsgericht einen Eilantrag der AfD-Fraktion gegen die Zutrittsbeschränkungen und Hygieneregeln für den Brandenburger Einzelhandel abgewiesen.

Brandenburg hinkt bei Zweitimpfung hinterher

In Brandenburg gilt vom kommenden Montag an, dass die Schüler vor dem Präsenzunterricht zwei Mal pro Woche einen negativen Selbsttest vorweisen müssen. Andernfalls gilt ein Betretungsverbot für die Schule und die Schüler müssen in den Distanzunterricht.

Am Mittwoch wollen die Landtagsausschüsse für Gesundheit und Inneres gemeinsam über den Stand der Impfungen in Brandenburg diskutieren. Mit Stand 12. April sind in Brandenburg nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 16,4 Prozent der Bevölkerung das erste Mal geimpft
worden. Das Land liegt damit im bundesweiten Vergleich im Mittelfeld. Bislang 414.729 Brandenburger haben eine erste Impfung erhalten. Zum zweiten Mal geimpft wurden bislang 140.425 Menschen. Das ist bundesweit der drittletzte Platz. Insgesamt wurden 555.154 Impfungen verabreicht.

Sendung: Brandenburg aktuell, 13.04.20021, 19:30 Uhr

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47 Kommentare

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  1. 47.

    Wenn Sie BILD so schrecklich finden, müssen Sie jetzt ganz tapfer sein.
    BILD will noch vor der Bundestagswahl mit einem eigenen Fernsehsender an den Start gehen. Es soll am Vormittag beginnen und täglich bis zu sechs Stunden senden. Dafür werden auch die neuen Studios im Axel-Springer-Neubau mit genutzt werden. Geplant ist, die Live-Sendestrecke mit News und aktuellen Themen außerdem zeitgleich bei N24 Doku, dem Timeshift-Sender von WELT, zu zeigen.

  2. 46.

    Da mögen sie recht haben, das sehe ich genauso, z.B. beim Thema Bildung/Schule.
    Die Gefahr dabei ist das mehr zentrale Macht Appetit auf noch mehr Macht machen könnte, davor soll der Föderalismus schützen.

  3. 45.

    "wir leben in der EU". Scheint für viele hierzuande nicht von Vorteil zu sein, insbesondere wenn sie sehen, welcher gewaltige Schuldenberg aufgeladen wird, um das EU Konstrukt am Leben zu halten. Ansonsten, was ist eigentlich die EU? Ein Staatenverbund ohne Verfassung, die Franzosen und Niederländer wollten dies nicht.
    Und zu ihrer Information, nach Pressemeldungen hatte zu Anfang der Pandemie, als in Bergamo in Italien die Alten wegstarben wie die Fliegen, Frankreich für Beatmungsgeräte und einschlägiges medizinisches Gerät seine Grenzen zu Italien dicht gemacht, weil sie das Gerät lieber selbst behalten wollten.

  4. 44.

    Für manche Angelegenheiten ist eine Einheit besser als 16 verschiedene Länder die jede ihre eigene Suppe kochen.
    Selbstverständlich gilt dies nicht in und für alle Bereiche der Länder.

  5. 43.

    Das der Impfstoff nicht in ausreichender Menge vorhanden ist hat die Bundesregierung zu verantworten. Übrigens die gleiche Bundesregierung, die keine Masken in ausreichender Anzahl besorgen konnte. Die Bundesregierung, die mit aller Gewalt die Wirtschaft stützt und den kleinen Händlern, Gastronomen usw. die Lebensgrundlage entzieht. Und genau diese Bundesregierung möchte nun die Bevölkerung mit einem verschärften Gesetz weiter gängeln. Danke dafür!

  6. 42.

    "Meine Bitte an die Schauspielertruppe:
    Reißt Euch endlich zusammen und regiert Deutschland wieder einheitlich damit endlich das Virus besiegt wird!"
    Sie scheinen am Föderalismus keine Gefallen zu finden. Ok, er ist manchmal schwerfällig und auch anstrengend aber lieber so als ein Zentralismus. Damit hat Dtschl. in den letzten 120 Jahren mehrmals schlechte Erfahrungen gemacht, solche staatliche Einheit möchte ich nicht mehr erleben.

  7. 41.

    Schade das man hierzulande nicht wie in England auf alles und jedes Wetten darf.
    Ich würde darauf Wetten dass das Gesetz zur erweiterten Pandemiebekämpfung nicht von den Landesfürsten abgesegnet wird.
    Nun, die Wettquote wäre mit Sicherheit nicht allzu hoch.
    Jedes Fürstentum und jeder deutsche Stadtstaat hat doch etwas gegen unsere Königin und ihren Rat.
    Meine Bitte an die Schauspielertruppe:
    Reißt Euch endlich zusammen und regiert Deutschland wieder einheitlich damit endlich das Virus besiegt wird!
    Es ist momentan nur ein Recht wichtig:
    Das Recht auf ein gesundes Leben.

  8. 39.

    "Wichtig ist , dass ausreichend Impfstoff vorhanden ist und nicht Erklärungen warum das nicht der Fall ist"

    Ihre Antwort ist m.E. unsinnig, da widersprüchlich. Falls sie angeblich alles wissen und kennen, sollten sie der Bundesregierung ihre Fragen und Forderungen übermitteln, statt im Kommentar 9 die Nutzerin @Klara deswegen anzumotzen. Sie hatte mit ihrem Kommentar nämlich recht.

  9. 38.

    Ja, Jens, diese Feier-Kasper hätte man auch mit der Regel "nur zweie" sofort ausgehelbelt, denn 2 Leute können aus max 2 Haushalten sein und bleiben nur zwei... aber ne, ALLE sind jetzt in Sippenhaft für die Feierkasper, anstelle einfach zu impfen...

  10. 37.

    "Jetzt können sich alle ausrechnen, wer beim nächsten Mal KEINE Kreuzchen auf dem Stimmzettel bekommt und wohin die Wählerwanderung gehen wird."
    Moin, ich frag mich schon mit welchen Leistungen der letzten 12 Monate sich die regierenden Parteien beim Wähler für eine Wiederwahl bewerben?
    Schutz der Altenheime/ÖPNV/Schulen und Kitas, der Impfstoffbestellung und Impforganisation?
    Oder mit Lockdown, Verboten, Einschränkungen, Berufsverbot und Insolvenzen?
    Ich bin mal gespannt was auf Plakaten, Flyern und Werbebroschüren abgedruckt wird!
    Mal sehen ob das veröffentlicht wird.

  11. 36.

    Hoffentlich entscheiden sich genug Abgeordnete dagegen! Ausgangssperre in einem Flächenland??? In den kleinen Orten traf man abends eh schon keinen. Wer feiern oder sich treffen will, der findet Möglichkeiten. Sinnvoller wären "kontrollierte" Kontakte, indem man ins Restaurant, Kino o. a. geht und die Kontaktverfolgung gewährleistet ist.
    Ich hoffe, das Brandenburg nicht mitzieht, vor allem, dass das Landesparlament sich nicht selbst entmündigt! Aber Herr Woidke meutert ja nicht, sondern macht mit. Meine Stimme bekommt die SPD nicht mehr, wenn es so weitergeht

  12. 35.

    Ist das ihr ernst, die Bild Zeitung? Sie können ja mal sagen, was hinter dem PayWall Artikel steht, oder machen sie dafür Werbung. Nur zur Info wir leben in der EU, wir profitieren gegenseitig, die Impfdosen wurden fair verteilt. Natürlich hätte man so egoistisch sein können wie sie.

  13. 34.

    Besser man übt sich in Disziplin zum Wohl meiner Mitmenschen und nimmt die Entscheidungen der Demokratie an. Punkt

  14. 33.

    Sie haben wohl noch nie Leute draußen getroffen, da wird sich auf engem Raum unterhalten und das ist genau das Problem. Der Brief von Herr Detlev Krüger ist irgendwie inhaltlich leer. Das einzigste was er verlangt, dass man die Beschränkungen nach der Belegung der Intensivstationen beurteilt. Ist so gut wie kein Unterschied zum Inzidenzwert. Übrigens nach der Belegung, müsste man jetzt schon Lockdown machen, also widerspricht sich Herr Krüger auch da wieder.

  15. 32.

    Wir befinden uns in einer pandemie, vergessen! Selbstverständlich und sozial denkend weise ich meine Gesundheit vor, sowie ein kranker Mensch mitteilt, dass er krank ist und geschützt werden möchte.

  16. 31.

    Sie haben Recht. Hier geht es immer nur um das Billigste. Erst steckt man Millionen Fördermittel in die Entwicklung von Biontek und dann sehen wir zu, wie der meistbietend verscherbelt wird und richten lieber unseren Mittelstand zu Grunde.
    Hätte man das Geld, dass die Lockdowns kosten in anständigen Impfstoff wie Biontek, Moderna und Sputnik gesteckt, wären wir schon viel weiter. Es hilft nur Impfen, nichts sonst.

  17. 30.

    "Wichtig ist , dass ausreichend Impfstoff vorhanden ist und nicht Erklärungen warum das nicht der Fall ist"

    Ihre Antwort ist m.E. unsinnig, da widersprüchlich. Falls sie angeblich alles wissen und kennen, sollten sie der Bundesregierung ihre Fragen und Forderungen übermitteln, statt im Kommentar 9 die Nutzerin @Klara deswegen anzumotzen. Sie hatte mit ihrem Kommentar nämlich recht.

  18. 29.

    Kurz und knapp: nein, möchte ich nicht.
    Was ist an "Impfangebot" so schwer zu verstehen? Ein Angebot muss man auch ablehnen dürfen.
    Und dass (vor allem) Grundschüler vor Ort getestet werden...sollte das doch nochmal auf den Plan rücken, stelle ich ganz klar dagegen! Was für ein fahrlässiger Unfug.

  19. 28.

    Schauen Sie mal lieber das Herr Müller in Berlin alles richtig macht... Da regt sich ein Berliner über den Brandenburger Landtag auf.... Ich bin mit der Notbremse mehr als zufrieden, die Landeshäupter sind doch selbst Schuld. Hätten die sich an die Vorgaben gehalten, wäre sowas nicht nötig gewesen.

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