Brandenburg - Landkreise schließen Lücken im Impf-Angebot

Mi 17.11.21 | 15:00 Uhr
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Ein Schild weist nahe dem Bahnhof den Weg zum Impfzentrum Prignitz
Brandenburg aktuell | 16.11.2021 | Anna-Maria Deutschmann | Bild: dpa-Zentralbild/Soeren Stache

Viele Hausärzte haben erst im Januar neue Impftermine, die Schlangen vor den Impfstellen in Brandenburg werden länger. Der Forderung nach neuen Impfzentren kommt die Landesregierung jedoch nicht nach. Die Landkreise werden selbst aktiv. Von S. Teistler

Ein lange Warteschlange hat sich vor einer Turnhalle in Potsdam gebildet. Die Stadt betreibt hier eine mobile Impfstelle. Viele der Wartenden werden heute vier Stunden angestanden haben, bis sie mit der Impfung im Arm wieder nach Hause gehen können. 250 Impfungen am Tag können hier verabreicht werden. Schon gegen Mittag ist abzusehen, dass das nicht reichen wird.

So wie in Potsdam sieht es gerade in vielen Regionen Brandenburgs aus: Schlangen vor Impfbussen, lange Wartezeiten für einen Impftermin beim Hausarzt. Manche gehen gleich nach Berlin ins Impfzentrum, weil in Brandenburg kein Termin zu kriegen ist.

Brandenburg unvorbereitet auf steigende Impf-Nachfrage

Die Zahl der Corona-Infektionen steigt und mit ihnen auch die der Krankenhaus-Einweisungen. Eigentlich ist man sich einig: Das Impfen ist der Ausweg aus der Misere, überall im Land wird für Impfungen geworben und zum Boostern aufgerufen. Darauf, dass die Nachfrage nach den Impfungen steigt, scheint Brandenburg allerdings nicht vorbereitet zu sein.

"Man kann 2G nicht einführen und man kann nicht zu Booster-Impfungen aufrufen, ohne tatsächlich für Impfkapazitäten zu sorgen", kritisiert der Fraktionsvorsitzende der Linken, Sebastian Walter. Auch die Freien Wähler sehen darin ein Versäumnis. Ihr Fraktionsvorsitzender Péter Vida meint, jetzt räche sich, dass man die Impfkapazitäten über den Sommer zurückgefahren habe. "Insbesondere wenn es um die Drittimpfung für die Älteren geht, haben wir jetzt ein Problem. Die Hausarztpraxen kommen damit nicht hinterher."

Das Ende der Impfzentren

Mit den zurückgefahrenen Impfkapazitäten sind die Landesimpfzentren gemeint. Deren Verträge liefen Ende September aus, die Zentren gingen vom Netz. Hauptargument war damals die Forderung der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), den Hausärztinnen und Hausärzten das Impfen zu überlassen. Die Praxen seien in der Fläche des Landes erreichbar und das Impfen eines ihrer Kernkompetenzen.

Peter Noack, Vorsitzender der KVBB, bleibt dabei: Die Impfzentren wieder hochzufahren, sei nicht nötig. Auch weil es allein vier bis sechs Wochen dauern würde, sie wieder ans Netz zu holen. Die Hausärzte, so Noack, hätten genügend Kapazitäten. Derzeit seien rund 1.400 von ihnen an der Impfkampagne im Land beteiligt.

Allerdings sieht auch Noack, dass die Kapazitäten der Praxen derzeit an ihre Grenzen stoßen. Die KVBB versuche deshalb, noch mehr Ärzte und Ärztinnen für das Impfen zu werben oder sie etwa davon zu überzeugen, auch Impfungen am Wochenende anzubieten.

Landesregierung plant Impfgipfel

Bei der Landesregierung stand das Thema am Dienstag beim Impfkabinett auf dem Plan. Weiter einig sei man sich in dem Ziel, die Impfbereitschaft unter den Brandenburgerinnen und Brandenburgern zu steigern. Am Freitag komme man deshalb mit allen Beteiligten zu einem Impfgipfel zusammen, so Gesundheitsstaatssekretär Michael Ranft.

Die Impfangebote in den Arztpraxen und an mobilen Impfstellen sollen dabei ausgeweitet werden. Man wolle dafür sorgen, dass mehr Menschen ihre Erst- und Zweitimpfung bekommen, und auch die Auffrischungsimpfung die Menschen schnell erreich, so Ranft. Wie das gelingen soll, konnte er jedoch noch nicht sagen. Die erste Anlaufstelle für das Impfen seien aber nach wie vor die Arztpraxen. "Ich appelliere da ein bisschen zu Geduld. Es ist eine Herkulesaufgabe, die man nur gemeinsam bewältigen kann."

Die Landkreise springen ein

Währenddessen werden die meisten Landkreise und kreisfreien Städte selbst tätig, um die Lücken im Impfangebot zu schließen. Viele Kommunen bieten zusätzliche Impftage an, schicken ihre Impfbusse übers Land oder haben mit den örtlichen Krankenhäusern Impftermine organisiert. Potsdam und Cottbus wollen sogar dauerhafte Impfstellen einrichten - eine Art Mini-Impfzentrum.

Der Geschäftsführer des Landreistags, Paul-Peter Humpert, sieht in diesen regionalen Lösungen genau den richtigen Weg. Zwar hätten sich auch die Kommunen darauf verlassen, dass die KVBB und ihre Mitglieder das Impfen wie angekündigt selbst schaffen können. "Das ist auch immer noch ein ganz wesentlicher Bestandteil, um die Impfungen zu realisieren. Hinzukommen muss aber ein ergänzendes Angebot, das ist wohl unstreitig."

Der Barnimer Landrat Daniel Kurth (SPD) formuliert es deutlicher: "Es war die Verabredung und Forderung der niedergelassenen Ärzteschaft, dass das Impfen in den Regelbetrieb übergeht. Jetzt werden wir überrannt mit Anforderungen, warum wir Landkreise nicht zusätzliche Angebote machen." Alles, was die Landkreise nun machen könnten, seien zusätzliche Angebote. "Zusätzlich zu einem System, was es nicht schafft. Dafür sind wir eigentlich nicht zuständig."

Zentrale Landesimpfzentren wieder aufzubauen, hält Paul-Peter Humpert vom Landkreistag dennoch nicht für sinnvoll. Die Nachfrage in den Kreisen und Regionen sei unterschiedlich, deshalb reagierten die Kreise jetzt auch dezentral darauf. Für sie sei es jetzt wichtig, Ärzteteams zu gewinnen. "Da gibt es einen großen personellen Engpass." Vom Land erwartet Humpert, dass die Bemühungen der Landkreise am Ende auch finanziert werden. Das hat die Landesregierung inzwischen zugesagt.

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Sendung: Brandenburg aktuell, 16.11.2021, 19:30 Uhr

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24 Kommentare

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  1. 24.

    Wenn der Mangel in Brandenburg behoben ist, kann man sich dann auch als Berliner im Umland auf die Suche nach der 3. Impfung machen? Als Rentner würde ich auch bis Lenzen oder in den Oderbruch fahren.

  2. 23.

    Zu ihrem Hinweis, was den ländlichen Raum anbelangt:
    Na ganz einfach. Baerbock hat doch mal empfohlen mehr die U-Bahnen zu nutzen, als man sich für Zwangsabgaben bei den Kraftstoffen entschlossen hat und dann den Druck auf die Regierenden ausübte.
    Dann fahre ich eben in Zukunft von Niedergörsdorf nach Templin mit der U-Bahn, sofern die in den nächsten Jahren gebaut wird. Ich habe damit kein Problem.
    Übrigens die Dieselfeinstaubproblematik hat Baerbock völlig ausgeblendet. Kein Thema mehr. Menschen sterben deswegen immer noch vorzeitig, aber wen interessierts. Die Messstationen in Stuttgart, Berlin usw. kann man abbauen und bei ebay verkaufen.

  3. 22.

    Korrekt. Entspricht den Kommentaren 1 und 2. Bitte lesen!
    https://www.rbb24.de/politik/thema/corona/beitraege/2021/11/brandenburg-nonnemacher-aertzte-mobile-impfteams-impfzentren.html

  4. 21.

    das die Hausärzte hoffnungslos überlastet sind ist lange bekannt, die Wintersaison ist auch Erkältungszeit und so mancher geht schon mit dem kleinsten Husten zum Arzt, u.U in der derzeitigen Situation nachvollziehbar. Es wäre problemlos möglich genügend Ärzte, auch welche, die im Ruhestand sind, zu mobilisieren.

  5. 20.

    Ich frage mich, was dann eigentlich die ganzen Menschen ohne eigenes Fortbewegungsmittel im ländlichen Raum machen sollen ? Wie sollen sich die Leute dort auf den Dörfern testen lassen, bevor sie den ÖPNV oder das Taxi benutzen dürfen? Wie kommen diese dann eigentlich zum nächsten Lebensmittelgeschäft oder Apotheke etc. , wenn sie sich vor Ort nicht testen lassen können?
    Sie können sich ja dann noch nicht einmal impfen lassen, selbst wenn sie wollten, da sie ohne Testmöglichkeit vor Ort, das Taxi oder den ÖPNV nicht benutzen dürften.
    Schauen diese ganzen Menschen dann in die Röhre und warten schön brav auf ihren erlösenden Hungertod?
    Gut Möglich das einige Gemeinden in den kommenden Monaten wieder oder erstmalig von Impfmobilen angefahren werden. Aber ist es realistisch das die fortbewegungsmittellosen Dörfler dieser sehr positiv gewagten Annahme hoffnungsvoll entgegen sehen?
    Bitte, diese Fragen nicht als sarkastisch abtun, es sind Fragen die sich nicht wenige tatsächlich stellen.

  6. 19.

    Den Eindruck bekommt man.

    Noch nie vorher hatte Brandenburg einen so schwachen und farblosen Ministerpräsidenten, der eigentlich schon lange hätte mit der Faust auf den Tisch hauen müssen und die Minister und sonstigen Landesbediensteten, die ihren Job nicht ordentlich machen, feuern. Es ist ja nun wirklich nicht das erste Mal, daß in Brandenburg eine Impfkampagne voll gegen die Wand gefahren wird.

    Die Haus- und sonstigen Ärzte, die impfen, sind komplett überlastet, das sehe ich auch bei unserem Hausarzt, aber die KVBB sieht keinen Bedarf. Um mit den Worten des Bundespräsidenten zu sprechen: "Was muß eigentlich noch passieren".

  7. 18.

    Nene... "boosteRn" ist schon korrekt. Willkommen im 21 Jahrhundert!

  8. 17.

    Genau. Wie will die Politik und die KKV die Impfwilligen dazu bringen, sich impfen zu lassen, wenn man dazu stundenlang anstehen muss in der Kälte oder wochenlang auf einen Termin warten muss. Da hat man doch von Anfang keine Lust sich impfen zu lassen. Geduld haben? Wie lange noch? Die Epedemie wartet nicht, dass man sich erst impfen lassen möchte. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man sich kaputt lachen. Seit dem Sommer wird immer wieder vor der vierten Welle gewarnt, aber wir warten erst

  9. 16.

    Liebe Leute, boosten, nicht boosteRn, wo kommt dieser sprachungewandte Blödsinn her? Wir leben im 21. Jhd

  10. 15.

    Fährt man den Karren etwa bewusst an die Wand???

  11. 14.

    Hab gerade im aktuellen Spiegel über ein schweizer Bergdorf mit vielen Impfverweigerern gelesen. Dort wurde sogar die Einfahrt eines Impfbusses verhindert. So was gibt es also auch.

  12. 13.

    Betr. der Wahlen, Richtig, dann bekommt man noch nicht mal das, was man gewählt hat.
    Es bilden sich Zählgemeinschaften, um somit ein Minderheitenergebnis zu verwalten, nicht um zu regieren.
    Was dabei rauskommt, sieht man in den letzten Jahren. Vom größten Volkskabarrett bis hin zur Gemeindevertretung.

  13. 12.

    1400 Impfbereite Ärzte schaffenjeweils vielleicht im Schnitt 50 Impfungen pro Woche neben den anderen Praxisaufgaben. Das hieße in Brandenburg würden pro Woche 70.000 Menschen geimpft. Bei einer Bevölkerungszahl um die 3 Millionen. Ich frage jetzt meinen 6 jährigen Sohn, ob das funktionieren könnte.

  14. 11.

    Alles mehr als schlimm und wenn es nicht so traurig wäre, irgendwie peinlich.
    Im Nachbarkreis Wittenberg (Sachsen Anhalt)fahren Impfbusse selbst das kleinste Dorf an und wer möchte erhält seine Impfung. Einen Termin benötigt man nicht. Es könnte so einfach sein.

  15. 10.

    "Die erste Anlaufstelle für das Impfen seien aber nach wie vor die Arztpraxen. 'Ich appelliere da ein bisschen zu Geduld.'" - So... nach dem nun bei den Alten reichlich Panik fast gemäß dem Motto "Booster sonst ITS" erzeugt wurde, stehen diese (wenn sie denn Glück hatten) nun völlig verzweifelt in monatelangen Warteschlangen bei ihren Hausärzten an. Besser hätte es nicht laufen können!

  16. 9.

    Was sollen große Impfzentren, die viel Kosten und weit weg sind? Potsdam hat gezeigt wie es gehen kann. Turnhallen stehen mitunter sogar im Ländlichen zur Verfügung. Die Hausärzte sind für die Kranken da und nicht nur für Impfungen.
    Wenn ich krank bin, muss ich ewig warten, weil die Sprechzeiten aufgrund der Impftermine stark reduziert werden.
    Brandenburg packt es mal wieder nicht. Werben für Impfungen, die gar nicht realisierbar sind. Wenn wir noch lange warten brauchen wir keine Impfungen mehr, weil dann die einen tot und die anderen genesen sind. und 2G hat nur Sinn, wenn die Impfungen nicht zu lange her sind.

  17. 8.

    "...Ich appellliere da ein bißchen zu Geduld..." und "...man plant einen Impfgipfel..."
    Was soll man dazu noch sagen. Es ist unbegreiflich wie unsere Landesregierung "arbeitet".

  18. 7.

    In Berlin kann man auch noch für Heute einen Impftermin (Impfzentrum Tegel, Moderna) bekommen.
    Für BioNTec gibt's in Berliner Impfzentren diesen Monat keine Termin mehr.

  19. 6.

    Bei der KVBB "will man also versuchen noch mehr Ärzte zu überzeugen...". Jetzt ist bereits Mitte November.

    Dadurch dass man im Januar 2021 angefangen hatte zu impfen, hätte man bereits im August/September bemerken müssen, dass das mit den Auffrischungsimpfungen nicht im richtigen Tempo läuft. Was ist das bloß für ein Versagen.

  20. 5.

    In PM verweigern die KV Ärzte die Impfung an Menschen, die nicht seit Jahren Patient sind! Sorry, ich war nicht krank, ich habe keinen Hausarzt... soll ich mich beim ZAHNarzt impfen lassen???? Hr. Grube von rewe Potsdam schafft es, eine Impfstelle bei sich aufzubauen - mit riesen Andrang - und das Land oder die Kreise brauchen dafür WOCHEN? PM sucht einen neuen Landrat, das Machtvakuum ruft nach Hr. Grube - bitte melden! In PM impft man im KH Bad Belzig 1-2 mal die Woche, nur für Rentner und Schüler machbar von der Uhrzeit her. Danke für nichts... Warum geht das in Berlin? Die haben doch sonst immer nix aufm Kasten - und nun haben sie immer noch Impfzentren, ein weiteres wird eröffnet. Das kann doch nicht so schwer sein, die sind doch erst vor 6 Wochen geschlossen worden!!!

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