Proteste gegen Corona-Maßnahmen - Brandenburger Verfassungsschutz befürchtet Eskalation bei Einführung der Impfpflicht

Mo 06.12.21 | 22:18 Uhr
Archivbild: Polizisten sichern den Bereich zwischen Gegegndemo und Demo in Potsdam. (Quelle: dpa/F. Sommer)
Video: Brandenburg aktuell | 06.12.2021 | Konrad Spremberg, Interview mit Jörg Müller | Bild: dpa/F. Sommer

Proteste der Gegner von Corona-Maßnahmen sind noch punktuell, bekommen aber angesichts der Debatte um die Impfpflicht vermehrt Zulauf. Rechtsextremisten würden diese Demos für sich nutzen, warnt der Brandenburger Verfassungsschutz.

Der Leiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Jörg Müller, befürchtet eine Eskalation der Corona-Proteste, sollte eine allgemeine Impfpflicht eingeführt werden. Das sagte er am Montag im rbb-Fernsehen. Wenn die Impfquote steige, würden die radikalisierten Einzelnen immer weniger und fühlten sich noch weiter in die Ecke gedrängt.

Müller zeigte sich auch besorgt über den vermehrten Zulauf zu Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen. Bekannte Rechtsextremisten würden diese Demos nutzen oder organisieren, um ihre Themen anschlussfähig zu machen und besorgte Menschen auf die Straße zu bringen, um gegen die Demokratie vorzugehen, so Müller in der Sendung Brandenburg aktuell.

Müller: "Nicht jeder, der hingeht, ist Extremist"

Der Verfassungsschützer betonte zugleich, er würde nicht soweit gehen, dass jeder Bürger, der mit solchen Extremisten gemeinsam an einer Demonstration teilnimmt, auch gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoße. Es seien die Standard-Akteure in Brandenburg, wie die AfD oder der extremistische Verein Zukunft Heimat, die eine Demo wie am Wochenende in Cottbus organisierten. "Aber nicht jeder, der hingeht, ist ein Extremist", so Müller.

Ähnliches Gefährdungspotential in Berlin

In Berlin sei das Bedrohungspotential durch radikale Corona-Proteste ähnlich hoch wie in Brandenburg, so die Einschätzung des innenpolitischen Sprechers der Berliner SPD, Tom Schreiber, im rbb-Fernsehen. Er verwies auf die Angriffe auf Journalisten am Wochenende. Gewalttätige Aktionen stünden auf der Tagesordnung.

Der SPD-Politiker forderte, die Rechtsextremisten zu beobachten, die die Proteste infiltrieren. Der Staat dürfe sich nicht erpressbar machen, sondern müsse konsequent und konkret gegen diese Strukturen vorgehen. Aus einem ursprünglichen Protest, der legitim sei in einer Demokratie, würden nun Rechte ihren Honig ziehen und die Proteste kippen – wie damals bei der Flüchtlingssituation.

Zuvor hatte die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher dazu aufgerufen, der radikalen Minderheit von Corona-Leugnern Einhalt zu gebieten. Die Grünen-Politikerin sagte am Montag im rbb, die ganze Gesellschaft müsse sich dagegen verwahren. Immer mehr Menschen würden vom Staat fordern, mehr zu tun, um sie vor einer Infektion zu schützen. Daran müsse sich die Politik orientieren und nicht am lauten Geschrei von einigen Wenigen, die zunehmend von Rechtsextremisten unterwandert würden.

Nonnemacher: Protest vor Privathäuser sind Bedrohungsszenarien

Mit Blick auf den Fackelzug vor dem Haus ihrer sächsischen Amtskollegin Petra Köpping sagte Nonnemacher, Proteste vor Privathäusern von Politikern oder Prominenten seien "widerlich und inaktzeptabel". Das seien Bedrohungsszenarien. Protestiert werden könne vor Amtssitzen. Nonnemacher berichtete, dass vor einigen Monaten auch vor ihrem Wohnhaus demonstriert worden sei. Sie und ihre Familie seien aber nicht zu Hause gewesen.

Am Freitagabend waren rund 30 Personen mit Fackeln vor das Haus von Köpping gezogen. Nach den Worten einer Polizeisprecherin pfiffen die Teilnehmer und führten Plakate mit sich. Auf Twitter bezogen sich die "Freien Sachsen" auf die Aktion. Die "Freien Sachsen" werden vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Bestrebung eingestuft.

Auch in Berlin und Brandenburg gab es am Wochenende Proteste von Gegner der Corona-Maßnahmen, bei denen es zu Auseinandersetzungen kam. In der Hauptstadt kam es am Samstag bei einer Reihe häufig nicht angemeldeter Zusammenkünfte sowie Gegenprotesten zu 58 Festnahmen. Zwei der 650 eingesetzten Polizisten wurden leicht verletzt.

Sendung: Brandenburg aktuell, 06.12.2021, 19.30 Uhr

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