Gericht: Vergabe rechtswidrig - Senat droht wegen Großauftrag für Corona-Teststellen Schadenersatz in Millionenhöhe

Mi 11.05.22 | 21:03 Uhr
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Medizinisches Personal von 21Dx führt einen Corona-Schnelltest bei einem Mann durch. (Quelle: dpa/Nicolas Armer)
Video : rbb24 Abendschau | 11.05.2022 | Boris Hermel | Bild: dpa/Nicolas Armer

Ein Großauftrag für den Betrieb von landeseigenen Corona-Teststellen war rechtswidrig, wie das Berliner Landgericht festgestellt hat. Nach rbb-Informationen prüfen mehrere Firmen nun Klagen auf Schadenersatz.

Die rechtswidrige Vergabe des Großauftrags für den Betrieb von landeseigenen Corona-Teststellen könnte Berlin teuer zu stehen kommen. Nach rbb-Informationen prüfen mehrere Firmen Klagen auf Schadenersatz, es drohen Forderungen in Millionenhöhe.

Vorausgegangen war ein Urteil des Berliner Kammergerichts. Das hatte am Dienstag entschieden, dass die wiederholte Vergabe des Auftrags an die Münchner Firma 21DX unzulässig war.

Laut Kammergericht war dabei eine weitere Firma, die sich beworben hatte, unrechtmäßigerweise ausgeschlossen worden. Das Argument der Gesundheitsverwaltung, wonach der Auftrag wegen der Pandemie schnell vergeben werden musste, sah das Kammergericht ebenfalls als unbegründet an.

Verantwortlicher Mitarbeiter bereits freigestellt

Damit bestätigte das Kammergericht eine Entscheidung der Vergabekammer. Die hatte unter anderem gerügt, dass die Gesundheitsverwaltung bei der Ausschreibung stets nur das Angebot einer Firma, nämlich 21DX, berücksichtigt habe. Intern hat die Gesundheitsverwaltung den Fall inzwischen untersucht, der verantwortliche Mitarbeiter wurde im beiderseitigen Einvernehmen freigestellt.

Man habe "verwaltungsinterne Anpassungen vorgenommen", sagte eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung auf rbb-Nachfrage. "In einem ersten Meilenstein wurden die bisherigen Abläufe und Strukturen im Corona-Krisenmanagement sowie in der Zusammenarbeit mit externen Akteur:innen zunächst intern evaluiert und den aktuellen Entwicklungen angepasst." Der Betrieb der landeseigenen Teststellen wurde Ende März eingestellt.

Vergabe an 21DX von Anfang an umstritten

Das nun ergangene Urteil bezieht sich zunächst nur auf den Zeitraum vom Dezember 2021 bis zum März 2022. Umstritten ist der Teststellenbetrieb, seitdem die Firma im März 2021 den Auftrag erstmals erhielt. Schon damals war die Vergabekammer eingeschritten und 21DX hatte die Auftragserteilung zunächst gestoppt. Auch hier droht dem Senat nun ein kostspieliges Nachspiel.

"Es geht um Gelder in Millionenhöhe"

"Für uns ist es erfreulich, dass das Gericht festgestellt hat, dass diese Vergabe nicht rechtens war", sagte Benjamin Föckersperger, Geschäftsführer der Firma Coronatest.de, dem rbb. Sein Unternehmen hatte sich im März 2021 ebenfalls um den Auftrag beworben, war aber gescheitert.

Später kam durch rbb-Recherchen heraus, dass 21DX mit Wissen der Gesundheitsverwaltung Teile der Ausschreibung selbst verfasst hatte. Darin sahen unterlegene Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil für 21DX. "Wir prüfen jetzt mit unseren Anwälten, ob wir das nochmal angreifen und auch Schadensersatz geltend machen. Da geht es ja um Gelder in Millionenhöhe", so Föckersperger.

Sendung: rbb24 Abendschau, 11.05.2022, 19:30 Uhr

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15 Kommentare

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  1. 15.

    Die Politik hat in den letzten 2 Jahren so viel Chaos bzgl. Corona betrieben. So langsam wird sie in die Realität zurückgerufen. Nur bedauerlicherweise wird es nicht die Verantwortlichen treffen, sondern den Steuerzahler.

  2. 14.

    Die frühere sowie die jetzige Senatorin tragen die Verantwortung für dieses Dilemma und müssten einen Teil der Kosten übernehmen.
    Aber das sind Wunschträume von mir aber leider gehen Wünsche eh nicht in Erfüllung.

  3. 13.

    Hallo Heidi,
    da haben Sie völlig recht, die frühere Senatorin müsste zur Verantwortung gezogen werden.
    Aber genau so schlimm finde ich es, dass der neue Senat dies so weitergeführt hat. Auch diese Senatorin müsste die Verantwortung dafür übernehmen.

  4. 12.

    Wenn es zu Zahlungen kommen sollte.
    Bitte direkt mit der Parteienfinanzierung verrechnen.
    Was sich unsere sogenannten Volksvertreter rausnehmen ist nicht mehr zu ertragen.

  5. 11.

    Ich weiß nicht, ob und wie es geht; aber kann man die ehemalige Gesundheitssenatorin Frau Kalayci nicht direkt persönlich verklagen ? Immerhin hat sie ja namentlich und wissentlich mit ihrer Unterschrift das Ganze eingebrockt und dem Land Berlin immensen finanziellen Schaden zugefügt. Und dieser Schaden wäre mit Sicherheit vermeidbar gewesen. Hätte sie wissen müssen, schließlich hat sie doch meines Wissens nach kaufmännische Bank- Ausbildung ... Wer weiß mehr ?

  6. 10.

    Dann können die ehemalige und die jetzige Gesundheitssenatorinnen ihre Geldbörsen bereithalten und den Schaden aus eigener Tasche zahlen. Aber leider betrifft es nicht sie selbst, sondern der Steuerzahler, der damit nun garnichts zu tun hat, muß dafür bluten.

  7. 9.

    Nö, das ist nicht die Obergrenze... hätten die nur 1 Teststelle aufgemacht und am Tag 3 Tests gemacht wäre dies nicht die Obergrenze.
    Es geht um Schadenersatz.... als welcher Schaden ist den anderen Firmen nachweislich entstanden. Eine pauschale Obergrenze gibt es da nicht.

  8. 8.

    Es wird aber auch eine Rolle spielen, was 21DX verdient hat.
    Denn das ist die Obergrenze der Entschädigung.

  9. 7.

    "Meilenstein" - was für eine furchtbare Verwaltungssprache!
    Meilensteine waren die Erfindung des Rads oder die Formulierung der Relativitätstheorie.
    Dass "die bisherigen Abläufe und Strukturen ... zunächst intern evaluiert und den aktuellen Entwicklungen angepasst" wurden, ist kein Meilenstein.
    Wenn die Verwaltung das schon als Meilenstein betrachtet, na dann gute Nacht.
    Und dann noch als "ersten Meilenstein" - da darf man echt gespannt sein, was da noch kommt... :-)

  10. 6.

    Der Mitarbeiter ist das Bauernopfer. Frau Kalayci wird das ganze natürlich ohne Konsequenzen überstehen.

  11. 5.

    Zum Glück gibt es den Steuerzahler, den man melken kann.
    Hier... ich bewerbe mich und werde nicht berücksichtigt. Dann stellt ein Gericht fest, die Vergabe war rechtswidrig - verwaltungsrechtlich. Ich rechne aus, was HÄTTE ich verdienen können.
    Und ich befürchte, für hätte, hätte Fahrradkette, wird es eine ENTSCHÄDIGUNG geben. Für was?
    Recht muss Recht bleiben. Dann doch mit allen rechtlichen Mitteln die Politiker und sonstigen Verantwortlichen sanktionieren.

  12. 4.

    Eine rechtswidrige Entscheidung in diesem Fall wäre ja nichts neues für den Berliner Senat. Das passiert halt, wenn ohne genaue Prüfung der Rechtslage viel zu schnell entschieden wird.
    Aber das ist ja nicht die einzige Fehlentscheidung des Berliner Senats, die die Haushaltskassse Berlins belastet.

  13. 3.

    Wieso wird die damalige Gesundheitssenatorin nicht zur Verantwortung gezogen. Nun soll der Berliner-Steuerzahler für das krumme Geschäft aufkommen? Die Politiker handeln verantwortungslos, da es ja nicht IHR GELD ist. Würden SIE für ihre Fehler in Haftung genommen, würde so manche Korruption gar nicht erst entstehen.

  14. 2.

    Wo sind eigentlich die geblieben, die das verbockt haben?

  15. 1.

    Eine von vielen rechtswidrigen Entscheidungen des Senats…

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