Berlin und Brandenburg - Anglerglück in Zeiten von Corona

So 12.04.20 | 11:05 Uhr | Von Friedrich Rößler
Ein Mann angelt auf der Havel in Brandenburg (Quelle: imago images/Rainer Weisflog)
Bild: imago images/Rainer Weisflog

Abschalten, mal rauskommen und die Natur genießen: Neben dem Fangen von Fischen sind das Hauptmotive vieler Angler. Das ist in dieser Saison in Zeiten von Corona jedoch gar nicht so einfach. Von Friedrich Rößler

Was Sie jetzt wissen müssen

Kontaktverbot, Mindestabstände - für Angler in Berlin und Brandenburg sind das zwar neue Begriffe, aber keine neuen Verhaltensregeln. Wen es zum Fischefangen in die Natur ans Wasser verschlägt, der flieht auch vor Menschenansammlungen und genießt am liebsten seine Auszeit eher alleine. Für den Berliner Angel-Influencer Manfred Reddig von "buddyundhill" zählen Petri-Jünger sogar zu der sensibelsten Gruppe überhaupt, was den Umgang mit der Corona-Krise betrifft: "Wir Angler suchen uns ja extra Fleckchen, an denen wir nicht mit anderen Menschen in Kontakt kommen." Man wolle eher die Natur und die Ruhe genießen.

Wenn Angler als kleine Gruppe den Fischen nachstellen, verbietet es sich schon rein praktisch, auf engem Raum beieinander zu stehen. Die Petri-Jünger möchten schließlich einen gewissen Aktionsradius bei der Ausübung ihrer Leidenschaft genießen, um Fische zu fangen und nicht ständig überworfene Angelschnüre voneinander befreien.

Zum Angeln nach Brandenburg

Der eigentliche Startschuss für die Saison 2020 fiel am 1. April. Seitdem gilt in Brandenburg keine Schonzeit mehr für den Hecht - auch die Raubfischer dürfen also wieder loslegen. In Berlin darf auf sämtliche Raubfische erst ab dem 1. Mai gezielt gefischt werden. Da lockt natürlich das Nachbarbundesland Brandenburg. Der brandenburgische Regierungssprecher Florian Engels warnt Berliner allerdings vor weiten Ausflügen und bittet darum, lieber im direkten Umfeld den Fischen nachzustellen. Er ruft außerdem dazu auf, Hotspots in Brandenburg generell zu vermeiden. "Bitte haltet Euch an die Regeln und grundsätzlich gilt, dass Gemeinschaftsfischen nicht zugelassen ist." Brandenburg biete genügend Platz, um auf andere Gewässer auszuweichen, falls der Lieblingsangelplatz besetzt sein sollte.

Der 1. April 2020 bleibt aber vielen Berliner Anglern aus einem anderen Grund im Gedächtnis. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hatte plötzlich ein Angelverbot verhängt, dass mit der Corona-Pandemie begründet wurde. Die Petri-Jünger fühlten sich dadurch vor den Kopf gestoßen. Für Manfred Reddig dient Angeln auch der Nahrungsbeschaffung, ein Verbot sei also völlig fehl am Platz. "Ich kann doch einem Otto-Normal-Verbraucher auch nicht sagen, so, du darfst jetzt nicht mehr einkaufen gehen." Der Landesverband Berlin im Deutschen Anglerverband (DAV) zeigte sich ebenfalls überrascht von dieser Ansage. Präsident Klaus-Dieter Zimmermann vermutete zunächst einen Aprilscherz. "Gleichwohl nahmen umgehend Kollegen des Präsidiums unseres Verbandes mit den zuständigen Senatsdienststellen Kontakt auf, um den Sachverhalt zu klären."

Sorge um bundesweites Angelverbot

In der deutschen Angelszene schlug diese Berliner Entscheidung hohe Wellen. Angler in anderen Bundesländern machten sich ebenfalls Sorgen und befürchteten, dass auch bald bei ihnen ein Verbot eingeführt werden könnte - so auch der niedersächsische Angel-Influencer "Grofy". Außerdem erzeuge man somit in Berlin genau das Gegenteil einer Kontaktvermeidung. "Wenn ich in Berlin ein Angelverbot ausspreche und gleichzeitig in Brandenburg die Möglichkeit habe, angeln zu gehen, schaffe ich doch künstlich ein Ballungsgebiet, obwohl ich doch erreichen möchte, dass die Leute nicht dicht zusammenkommen."

Manfred Reddig startete sofort eine Petition gegen das Berliner Angelverbot und traf bei vielen Leidensgenossen einen Nerv. In den sozialen Netzwerken äußerten viele Betroffene sehr emotional ihren Unmut über das Verbot. Der DAV Landesverband Berlin rief in der Situation zur Besonnenheit auf und setzte auf Gespräche mit der Senatsverwaltung. "Es bringt uns nichts, wenn Entscheidungsträger bei Behörden und in der Verwaltung durch übermotivierte Aktionen verprellt werden", argumentierte der Präsident Klaus-Dieter Zimmermann.

Aufatmen in der Angelszene

Schon am Folgetag nahm Berlin das Angelverbot zurück und erklärte, dass der Angelsport unter die Regelung für Sport und Bewegung an der frischen Luft zähle und danach unter Beachtung der Vorgaben der Eindämmungs-Verordnung erlaubt sei. Ein großes Aufatmen ging durch die Angelszene. Jetzt gilt es, auch die wenigen schwarzen Schafe zu ermahnen und weiter für das Thema Corona-Krise zu sensibilisieren. Der DAV Landesverband Berlin bittet seine 8.500 Mitglieder darum, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Manfred Reddig ruft dazu auf, die Mindestabstände noch viel größer einzuhalten, als vorgeschrieben, "damit man uns unser Lieblingshobby nicht erneut nimmt." Der Berliner plädiert sogar dafür, bei Verstößen gegen die Verhaltens-Regeln rigoros zu reagieren. Schließlich bietet Angeln gerade in Corona-Zeiten sehr viel Abwechslung. Sei es nun zur Nahrungsbeschaffung, zum Abschalten oder zum Durchatmen in der Natur.

Sendung: rbb Sport, 09.04.2020, 12 Uhr

Beitrag von Friedrich Rößler

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