Interview | Home-Office-Kontrollen in Berlin - "Wir sind nicht die Bußgeld-Könige"
Seit Ende Januar gelten auch für den Arbeitsplatz strengere Corona-Maßnahmen. Ob sie eingehalten werden, kontrolliert in Berlin das Landesamt für Arbeits-, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit. Dessen Direktor Robert Rath erklärt, wie die Kontrollen ablaufen.
rbb: Herr Rath, wie gehen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konkret bei den Kontrollen vor?
Robert Rath: Diese neue Arbeitsschutzverordnung des Bundesarbeitsministeriums sieht drei Sachen vor: Der Arbeitgeber muss die bisherigen Arbeitsschutz-Standards einhalten. Der Arbeitgeber muss seine Prozesse so umorganisieren, dass er maximale Kontaktreduzierung hinbekommt, unter anderem auch durch das Anbieten von Home-Office. Außerdem muss er Maskentragen vorgeben, wenn er gewisse Vorgaben nicht einhalten kann.
Das kontrollieren wir, indem wir auf die Betriebe direkt zugehen. Zum Teil besuchen wir sie, zum Teil schreiben wir sie an - und bei uns kommen auch Beschwerden an. Diese Beschwerden sind immer ein gutes Indiz dafür, dass im Betrieb etwas nicht funktioniert. Das ist dann ein guter Anlass, den Arbeitgeber zu fragen, wie er es mit dem Arbeitsschutz hält.
Wie viele Leute stehen Ihnen zur Verfügung?
Nicht sehr viele. Wir haben eine ganze Bandbreite von Aufgaben: Wir genehmigen Kraftwerke, wir überwachen die Produktsicherheit - zum Beispiel im Umgang mit FFP2-Masken. Wir genehmigen Biostoffe-Labore, in denen getestet wird, und vieles andere. Wir sind für Inverkehrbringen von Desinfektionsmittel zuständig. Wir haben den Strahlenschutz bei uns und zum Beispiel auch den Mutterschutz, die Kündigungen, die derzeit reinkommen, weil Arbeitgeber ihre Beschäftigten nicht mehr beschäftigen können. Wenn eine gekündigte Personen aber schwanger ist oder im Erziehungsurlaub, dann geht das nur, wenn unsere Behörde zustimmt. Das alles und noch vieles mehr sind unsere Aufgaben.
Einen größeren Teil unserer Kräfte stecken wir jetzt in diese Corona-Home-Office-Kontrollen. Wir wollen in dieser Zeit einen Beitrag zum Infektionsschutz und Überwachung der Rechtsvorschriften in Berlin leisten.
Können Sie eine erste Zwischenbilanz ziehen, was die Art von Verstößen angeht?
Wir haben eine erste Bilanz aus den Anfragen bei der Hotline, per E-Mail oder per Telefon. Wir haben etwa 50 Anrufe und 100 E-Mails bekommen. Die Bandbreite ist recht groß. Zum einen sind es Beschäftigte, die seit langer Zeit schon versuchen zu kämpfen und seelisch verzweifelt sind, weil sie im Betrieb nicht weiterkommen. Meist weinen sie am Telefon, weil sie den Eindruck haben, da müsste doch etwas gehen.
Zum anderen haben wir Anfragen auch von Arbeitgebern, die wissen wollen, ob ihre Maßnahmen ausreichend sind. Die ganze Bandbreite ist vertreten. Und so sieht es dann auch aus, wenn wir an die Betriebe herantreten. Wir haben schon in der Vergangenheit mit der Pandemie in den letzten zwölf Monaten zusätzliche Kontrollen durchgeführt. Normalerweise führen wir im Jahr 2.500 Kontrollen durch. Im letzten Jahr sind zusätzlich 1.000 dazu gekommen im Rahmen der Pandemie. Und das weiten wir nun auch um die Themen Home-Office aus.
Wie wird denn geahndet für den Fall, dass Arbeitgeber gegen diese Verordnung verstoßen haben?
Dafür gibt es Bußgeldvorschriften und es besteht die Möglichkeit, mit Verwaltungszwang, also mit Anordnungen, zu arbeiten. Das sind Möglichkeiten, die wir auch benutzen. Allerdings sind wir nicht Bußgeld-Könige. Unser Ziel ist nicht, wie bei den Ordnungsämtern nach einem Wochenende zu sagen, wir haben 200 Leute bei einer illegalen Corona-Party identifiziert. Unser Ziel ist es, dass in den Betrieben ein ordnungsgemäßer, pandemiegerechte Zustand herrscht. Das heißt, wir gehen auf den Betrieb zu. Wir zeigen, was ihm droht, wenn er sich nicht richtig verhält.
In den allermeisten Fällen bekommen wir es hin, dass der Betrieb selbst schon vieles getan hat, wenn er einen Tipp von uns bekommt oder dass der Betrieb in die Lage versetzt wird, jetzt das Richtige zu tun. Das ist unser Vorgehen.
Sendung: rbb 88,8, 03.02.2021, 17:10 Uhr