Interview | Arbeitsrechtlerin Livia Merla - Was Urlauber und Rückkehrer aus Risikogebieten jetzt wissen müssen
Was ist zu beachten, wenn man Urlaub in einem Corona-Risikogebiet - wie aktuell Spanien - geplant hat? Muss man für die Quarantäne weitere Urlaubstage nehmen? Wie steht es um die Gehaltszahlung? Eine Arbeitsrechtlerin beantwortet die wichtigsten Fragen.
rbb24: Frau Merla, viele Reisende haben jetzt Sorgen, wie es mit der Quarantäne nach dem Urlaub aussieht? Würde die denn auf die Urlaubstage angerechnet?
Livia Merla: Gundsätzlich nicht. Ich bin auch nicht verpflichtet, Urlaub zu nehmen. Das Problem ist aber eigentlich ein anderes, und zwar, wenn ich in Quarantäne bin, bekomme ich meinen Lohn weiter. Wenn ich aber keinen Urlaub genommen habe, hängt das ein bisschen davon ab, ob ich von zu Hause im Homeoffice arbeiten kann. Und die Gefahr besteht, wenn ich das nicht kann, dass ich auch keinen Lohn bekomme. Wenn man die sichere Variante fahren möchte, sollte man die Quarantäne großzügig in die Urlaubszeit mit einkalkulieren.
Es kann natürlich sein, dass man aus dem Urlaub kommt und dann erst die Quarantäne-Frist beginnt. Wie sieht es aus, wenn man dann keine Urlaubstage mehr hat?
Dann muss ich mit dem Arbeitgeber besprechen, wie es weitergeht. Kann ich von Zuhause arbeiten oder nicht? Und das ist oftmals das Problem, dass es von Zuhause nicht funktioniert. Grundsätzlich gilt: ohne Arbeit kein Lohn.
Das heißt, man könnte freigestellt werden für die Zeit, bekommt dann aber auch kein Gehalt?
Genau. Das Problem ist, dass es Quarantäne-Leistungen gibt, sogenannte Entgeltersatzleistungen. Die bekomme ich aber halt nicht, wenn ich wissentlich in ein Risikogebiet fahre. Ich habe quasi meine Quarantäne selber verschuldet.
Nun fahren viele Reisende los und sind vielleicht nicht nur eine oder zwei, sondern vielleicht vier Wochen im Urlaub. Und mitten im Urlaub werden die Bestimmungen geändert. Rettet einen das?
Auf irgendeine Art und Weise schon. Die Quarantäne-Leistungen kann ich beanspruchen, weil ich nicht wissentlich dorthin gefahren bin. Es gibt auch eine Norm im Bundesgesetzbuch, wonach man für eine kurzfristige Verhinderung seinen Lohn weiter bekommt, wenn ich es nicht verschuldet habe. Das betrifft aber maximal drei, vier Tage.
Die Arbeitgeber haben ja wahrscheinlich auch Interesse daran, dass ihre Arbeitnehmer wieder gesund und munter aus dem Urlaub zurückkommen. Sollte man das schon vor Reiseantritt gemeinsam klären?
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber nicht fragen, wohin ich in den Urlaub fahre. Das ist meine private Angelegenheit. Das Problem ist aber: Er hat eigentlich ein Anrecht darauf zu erfahren, wenn ich in ein Risikogebiet fahre. Er darf mich ja nicht ohne Weiteres zurückholen in den Betrieb, wenn ich eigentlich in Quarantäne muss, denn ich könnte auch Kollegen gefährden. Deshalb ist es immer sinnvoll, im Vorfeld mit dem Arbeitgeber über die Reisepläne zu sprechen, um möglichst viel Konfliktpotenzial zu vermeiden.
Hat der Arbeitgeber dann die Möglichkeit zu sagen: 'Nein, den Urlaub gewähre ich nicht?'
Das kann er nicht. Also nicht aufgrund des Reiseziels. Wenn im Betrieb nichts mehr funktionieren würde, weil beispielsweise alle in Quarantäne sind, könnte man grundsätzlich den Urlaub aus betrieblichen Gründen verweigern. Aber eben nicht wegen des Reiseziels.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Andrea Vannahme, rbb24. Der Text ist eine verschriftlichte und leicht redigierte Version des Fernseh-Interviews.
Sendung: rbb24, 27.07.2021, 21:45 Uhr