Interview | Mit Kind zur PCR-Nachteststelle - "Wenn jemand wirklich Symptome hat, kann man das gar nicht machen"

Fr 14.01.22 | 14:28 Uhr
Symbolbild: ine Frau holt ihren kleinen Sohn waehrend der Corona-Pandemie von einer Grundschule ab (Bild: dpa/Wolfram Steinberg
Video: Abendschau | 13.01.2022 | Andreas Ulrich | Bild: dpa/Wolfram Steinberg

Als ihr siebenjähriger Sohn am Donnerstag in der Schule positiv auf Corona getestet wird, macht sich Mutter Maren K. mit ihm auf zu einer der PCR-Nachteststellen des Senats. Davor: eine Schlange von etwa zwei Kilometern. Fünf Stunden Wartezeit im Nieselregen.

rbb24: Guten Tag Frau K., Sie haben zwei Söhne im Alter von sieben und zehn Jahren. Ihr kleinerer Sohn wurde am Donnerstagmorgen in seiner Grundschule positiv auf das Coronavirus getestet und Sie mit ihm zur PCR-Nachtestung geschickt. Wie lief das ab?

Maren K.: Das positive Ergebnis hatte mein Sohn beim Routine-Test auf Corona mit Schulbeginn. Um kurz nach acht Uhr habe ich den Anruf bekommen, dass das so sei und ich ihn abholen möge. Die Klasse war auf dem Weg zu einem Ausflug, deshalb war die Aufregung groß. Denn es gab einen gewissen Zeitdruck. Ich sollte meinen Sohn dann im Sekretariat abholen. Als ich ankam, saß er dort in einem großen Vorraum und hat auf seine Abholung gewartet - samt der Kinder, die sich in seinem näheren Umfeld in der Klasse befanden.

Wie viele Kinder wurden denn nach Hause geschickt?

Die Klassenlehrerin hat mir erklärt, man gehe da im Helikopter-Prinzip vor: Die direkten Banknachbarn und die Mitschüler, die vor und hinter dem betroffenen Kind sitzen, werden nach Hause geschickt. Außerdem noch zwei Mitschüler, mit denen mein Sohn regelmäßig spielt. Sein großer Bruder, der dieselbe Schule besucht, wurde auch aus der Klasse geholt. Das mache man einfach vorsichtshalber so.

Der große Bruder wurde dann auch aus der Klasse geholt, obwohl er negativ getestet war?

Mein großer Sohn wurde am Donnerstag seltsamerweise gar nicht getestet in der Schule. Obwohl das ja noch die ganze Woche täglich stattfinden sollte. Warum nicht, konnte ich bis jetzt noch nicht klären. Es hieß, die Tests seien aus gewesen. Im Sekretariat war nämlich die Mitarbeiterin mit der Gesamtsituation etwas überfordert. Ich habe im Nachhinein mitbekommen, dass es noch in mehreren Klassen positive Tests gab, und da war wohl einiges zu tun und viele Eltern waren zu informieren.

Meinen großen Sohn habe ich dann zuhause negativ getestet.

Mit dem kleinen Sohn sind Sie dann zur PCR-Nachtestung aufgebrochen, denke ich. Wohin mussten Sie da?

Ich habe erstmal nachgeschaut, wo die Teststellen des Senats sind. Von der Schule kriegt man ein abgestempeltes Formular mit, auf dem steht, dass das Kind zum Zeitpunkt X positiv getestet wurde. Damit hat man in den Teststellen des Senats den Anspruch auf einen kostenfreien PCR-Test.

Wir sind also in die Müllerstraße im Wedding gefahren, das war für uns die nächstgelegene Teststelle. Dort haben wir dann eine sehr lange Schlange gesehen. Als wir deren Ende gesucht haben, mussten wir mehrfach um Straßenecken biegen. Das nahm schier kein Ende. Ich habe dann einen Ordner angesprochen und gefragt, wie lange das wohl dauert. Der Mann meinte, bei der Länge der Warteschlange, die etwa zwei Kilometer sei, müsse ich mit einer Wartezeit von nicht unter fünf Stunden rechnen.

Wir sind also in die Müllerstraße im Wedding gefahren, das war für uns die nächstgelegene Teststelle. Dort haben wir dann eine sehr lange Schlange gesehen. Als wir deren Ende gesucht haben, mussten wir mehrfach um Straßenecken biegen. Das nahm schier kein Ende.

Mutter Maren K.

Das heißt, Sie haben sich dann bei Nieselregen mit dem Siebenjährigen da eingereiht?

Nein, ich habe sofort entschieden, dass wir das nicht machen. Bei einer Stunde Wartezeit wäre das schon schwierig gewesen, das hätten wir aber sicherlich gemacht. Wir sind dann noch zum Senftenberger Ring in die nächste Teststelle gefahren. Da sah es ganz ähnlich aus. Ich habe dann die Senatsverwaltung angerufen und bin nach etwa zehn Minuten durchgekommen. Die Frau, die ich dann dran hatte, sagte, ich könne es noch beim Kinderarzt probieren – andere Möglichkeiten gebe es nicht.

Ich habe dann noch nachgefragt, wozu genau ich den PCR-Test brauche. Denn ich hatte ja zuhause schon einen zweiten Schnelltest mit meinem Sohn gemacht, der auch wieder positiv war. Da hat mir die Dame erklärt, dass man den PCR-Test braucht, weil die Infektion so erst beim Gesundheitsamt gemeldet wird und man eine Quarantänebescheinigung bekommt. Die wiederum brauchen wir Eltern ja zur Vorlage beim Arbeitgeber. Oder auch für die Schule. Und wegen der Kontaktnachverfolgung.

Kurz hatte ich schon gedacht, ich lasse das einfach. Insbesondere, solange mein Sohn keine Beschwerden hat. Ich hätte ihn ja auch so 14 Tage isolieren können.

Wenn ich mir das so anhöre, war es da ja inzwischen schon um die Mittagszeit. Und Sie waren die ganze Zeit mit dem positiven Kind in der Stadt unterwegs und hatten noch immer keinen Abstrich machen können?

Genau. Denn auch der Kinderarzt konnte mir nicht weiterhelfen. Er hat kein Labor zur Verfügung für PCR-Tests.

Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn jemand wirklich Symptome hat, kann man das gar nicht machen. Da geht es ja auch nicht nur um das positiv getestete Kind: Man kann ja auch nicht einfach davon ausgehen, dass die Eltern beschwerdefrei sind. Selbst wenn man, anders als wir, mit dem Auto fahren würde. In der Müllerstraße kriegt man keinesfalls einen Parkplatz. Ein Taxi kommt ja noch weniger in Frage - auch wegen des Fahrers. Wir sind mit dem Bus gefahren, dann in die Straßenbahn umgestiegen und dann mussten wir wegen Bauarbeiten noch ein ganzes Stück gelaufen - das kann man alles nur schaffen, wenn es einem gut geht.

Menschen warten vor einem Testcenter in Berlin am 5. Januar 2022 (Bild: imago images/Emmanuele Contini)Lange Schlange vor einem Berliner Testzentrum

Haben Sie im Laufe des Tages noch eine Lösung gefunden, ihren Sohn testen zu lassen?

Ich habe auf den Seiten des Senats dann, als wir zuhause waren, gelesen, dass man auch einen Anspruch auf einen kostenlosen PCR-Test hat, wenn man in einem gewerblichen Testzentrum einen positiven Schnelltest hatte. Dann hat man den Anspruch, den PCR-Test dort gleich kostenlos zu erhalten.

Aber Ihr Sohn hatte den Schnelltest ja in der Schule gemacht …?

Ja. So hätten wir den Test nicht kostenfrei bekommen. Ich hatte vorher angerufen in einem Testzentrum. Da hätten wir 60 Euro zahlen müssen.

Wir haben dann unseren Sohn dann für den Nachmittag bei einem Testzentrum in unserer Nachbarschaft zum kostenlosen Bürgertest angemeldet, als hätten wir keine Vorgeschichte. Dort war der Test erwartungsgemäß auch wieder positiv. Daraufhin hieß es, dass wir eine Stunde warten müssten, weil es erst dann wieder freie Kapazitäten für einen PCR-Test gäbe. Wir haben uns dann so lange draußen die Beine vertreten und dann hat unser Sohn schlussendlich seinen PCR-Test bekommen.

Was hätte besser laufen müssen für Sie?

Man hat ja keine Chance, vorab zu erfahren, wie viel in, beziehungsweise vor der jeweiligen Nach-Teststelle los ist. Das heißt, jeder fährt da einfach hin. Es ist auch so, dass vor der Nach-Teststelle in der Müllerstraße, die laut den Webseiten des Senats explizit für die Nachtestung von Kita- und Schulkindern vorgesehen ist, mitnichten nur Kinder und Jugendliche stehen. Es standen da vor allem junge Erwachsene.

Besser wäre auf jeden Fall, wenn man für den PCR-Test einen Termin machen könnte. Das müsste ja nicht einmal zwangsläufig am selben Tag sein. Denn es wäre schon besser mit einem infizierten – oder erkrankten – Kind, das ja auch verunsichert ist, punktgenau zur Testung gehen zu können.

Diese lange Schlange in der Müllerstraße mit potenziellen Corona-Fällen war für meinen Sohn schon beängstigend. Und es ist ja auch für die Anwohner dort auch sicherlich schwierig. Man steht ja nicht irgendwo auf einem Feld, sondern auf den Gehwegen vor den Wohnhäusern.

Und es wäre sicher besser, wenn es mehr dieser Teststellen gäbe.

Wie lange müssen Sie jetzt auf das Testergebnis warten?

Das soll am Freitagabend kommen. Ich bin gespannt, ob das auch so sein wird. Gehört habe ich ja auch schon von Wartezeiten von bis zu 72 Stunden.

Das heißt, ihr kleiner Sohn ist jetzt in Quarantäne?

Erstmal wir alle als nahe Kontaktpersonen.

Wie hat sich Ihr Sohn im Verlauf des Tages mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass er nun eventuell Corona hat?

Erstmal war es schwierig für ihn, dass es so schnell kein Ergebnis geben wird und man nichts weiter tun kann als abwarten. Wir haben uns dafür entschieden, uns etwas zu separieren in den einzelnen Räumen unserer Wohnung, uns aber Masken aufzusetzen und ihn nicht die ganze Zeit allein in einem Raum zu lassen.

Was sehr nett war, dass die Lehrerin meines Sohnes noch bei uns zuhause vorbeikam. Sie hatte Lehrmaterialen und Schulbücher dabei, hat sich erkundigt nach meinem Sohn und gute Besserung gewünscht.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung: Fritz, 14.01.2022, 06:30 Uhr

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